QUELLE

DATUM[o. D. / nach 1482-05-17]
TITEL/REGESTAntwort des Erzbischofs von Köln an Friedrich von Neheim, Konzept der Arnsberger Kanzlei
TEXTAntwurt myns gnedigsten lieben herren uff der gebroder von Nyheym ansprach off syner ganden verbessern

(1.) Der Landesherr entgegnet auf den Anspruch der von Neheim, den Zehnten auf Blei und andere Metalle zu erheben, daß dieses Recht wegen der Goldenen Bulle allein den Reichsfürsten zustehe:
... dat wir und alle unser mit kurfürsten und ander des heyligen romschen rychs fursten von keysern, königen und von des heyligen rychs vorwesern milder gedechtnuß na lude der gulden bulle [1] gefryet, privilegirt und berechtiget syn, wat von ertz, es sy golt, silber, kopper, czyen, bly, ysern oder welicherley metalle dat sy, dat in unsen fürstendom und herschafften oder gebieden funden ist oder funden wirt, dat soliches von rechts wegen unser syn sall. Daruff dann unser vorvaren seligen durch die iren und wir nu na die blyczenden und ander gerechtich der bergkwerk an sich genamen und uff gebort mogen halben und als dat von unsen vorfaren seliger gedechtenüß an uns kommen ist und sie vor und wir nu na des inheben der bruche der were gewest und noch syn, gedencken wir darby tzu blyben und soliche gerechticheyt und herlicheit tzu behalden, die uns auch in keyne wyse gebort von unsem stifft zu übergeben und getruwen in recht erkant werden soll, wir oder die unsern den vorgeschr. gebroderen von Nyhem dar umb nicht schuldig syn.

(2.) [Das Bleibergwerk am Erbenstein ist zu Zeiten des Erzbischofs Friederich (von Saarwerden) [2] noch nicht betrieben worden]
Als dann die vorgemelten gebroder von Nyhem in irer ansprach melden, wie dat ertzbischoff Friederich auch uns vorvare seliger gedechteniß iren vader und sie by solichen ane vorgerurt gelassen soll haben mit wyderm begriff irer schrifft, dat mage deshalben gescheen syn, dat solich vorges. blywergk uff dem Ervensteyn bii er(z)bischoff Friederichs seligen zyden noch nicht funden oder uffkommen ist gewest. Darumb bekennen oder gestaden wir in oder nyman an den blyzenden oder anderen ertzen, die funden syn oder werden mogen mit all keyner were oder gerechticheit in unsem furstendom.

(3.) [Die Ländereien, auf denen Blei gefunden wird, gehören nur zum Teil den Brüdern von Neheim, wie die älteren Gerichtsurteile besagen. Alle Funden unterliegen dem landesherrlichen Bergregal laut Goldener Bulle]
Als sich dann die selben gebroder von Nyheym der lender eyn deyls, da dat bly inn gewonnen wirt, annemen, dat ir margklender syn sollen, so ist by unser vorfaren bischoff Diederichs und bischoff Roprechts zyden vil verhandelinge und underscheydunge der lender, da dat bly im funden und ußgewonnen wirt, ergangen und verhandelt - in bywesen der amptlude zu der selben zyt und vil unses styffts undersaßen von ritterschaft, stedefrunden und lantsaßen - na lude richter schyn und ander kuntschafft darover gegeben, [3] dar inn man wol mercken kan, dat sie zu langk daran schryben und sagen, dann der lender eyn deyle in zu etzlichen gudern gehoren, die der von Nyheym lehenguder mogen syn und die selben guder Hencke Schult von Endorp von der vorgeschr. gebroder von Nyheym vader vor und von in na zu lehen entphangen, des he syns lehenbriefe und bewyse hat, da he dat mit bewysen kann. Die andern lender, die darneben anstossen, gehoren zu der kirspels kirchen zu Husten und andern luden, dar sie nicht an heben, sunder darboven an dieselben lender morgen der von Nyheym margklender stoßen, da auch etlich bly ußgewunnen wirt, da nemen sie iren lantdeyl von als gewonlich ist ungehindert, dan der zende von dem bly gebort uns als dem fürsten des landes na vermoge der gulden bullen, da wir den vorges. gebroder von Nyheym gantz nicht an bekennen und holden den blyzenden in der von Nyheym und in allen andern gudern gevelt oder gevallen moge zu den ewigen dagen vor unser und unsers stiffts und furstendoms eygentom. Deßhalben wir meynen uns billich nicht not syn solde, den von Nyheym eynich antwort uß zu geben oder eyniche erkenteniß oder rechtspruch uber solche unser und unsers styffts eygentom und herlicheyt gan zu laßen oder gan soll.

(4.) Die Gerichtshoheit und das Berggericht stehen durch Reichsrecht dem Landesherrn zu. Deshalb können die Amtleute auch nicht dagegen verstoßen, weil sie zulassen, daß in Grafschaft, Freibann oder Marken der von Neheim Blei, Eisen oder andere Erze gesucht werden, selbst wenn diese sich auf einen Brief des Grafen Ludwig von Arnsberg berufen:
so vernemen wir auch in sunderheyt nicht, dat die selben von Nyeheym oder ire aldern ye so groß oder so hoch von gebort oder aldem herkommen gewest oder noch syn, dat sie mer oder wyder herlicheyt oder herschafft haben mogen dan als anderer schlecht ritter und knecht und undersassen der graffschafft von Arnspergh und styffts von Colne und bekennen oder gestan in auch solicher oberkeyt oder herlicheyt in unsen landen gantz nicht mer dann irer schlechten rent und gulde von ihren guden und des jhenen, dat andern unser undersaten von schlechten ritterschafft gebort. Wir vernemen dann sunders ander privileygie oder gerechticheyt die in von romischen kysern oder konigen gegeben weren, da wolden wir uns geborlich inn halden, deßhalben uns billich nicht geboren solde, den von Nyheym oder andern, umb die sach eyniche antwort zu geben, anders dann von unsem herrn dem romschen keyser dann unsen amtplude gebort von unsen wegen berckgericht und ander gericht in unsem lande und op dem unsen zu setzen und besitzen des uns die von Nyheym nicht zu weren haben und sollen und begeren sie mit uwern rechtsspruch zu underwysen umb solcher vermessen anspruch zu verlassen.

(5.) Ihr Argument, daß die Amtleute ein Landgericht in das Dorf Stockum beim Hof Seytfelt widerrechtlich anlegten, wo sie, die Brüder von Neheim, doch "ein oberst Gericht" zu Stockum haben, befremdet. Das Hochgericht steht dem Landesherrn oder seinen Amtleuten zu. Den Herren von Neheim wird auch kein halßgericht zu Stockum oder (Dörn-)Holthausen zugestanden. Wenn sie Gericht mit ihren Leuten halten, soll dies geschehen vor den Gerichten des Stifts. Das landesherrliche Gericht findet im Hof zu Seytfelt, im Gildehaus (gyldhuß) [4] oder sonstwo in Stockum statt.

(6.) Wenn die Herren von Neheim anführen, daß die Amtleute ihnen Kuhgeld, Weidehammel, Grafenkorn, Fastnachtshühner usw. genommen haben und sich dabei auf den Brief des Grafen Ludwig berufen, dann steht in dem Brief nur, daß ihnen der Graf einige Güter und die Abgaben von diesen Gütern versetzt hat. Das bedeutet nicht, daß die Abgaben an den Landesherrn den Herren von Neheim übertragen seien.

(7.) Auch die Lehen von St. Andreas zu Köln in Stockum unterstehen dem Landesherrn.

(8.) Die Beschwerden über einen Schaden von 8.000 Gulden werden abgewiesen. Alle wissen, daß die Herren von Neheim durch Fehden 30.000 Gulden Schaden im Stift Köln verursacht haben durch Raub, Schatzung und Erpressung (heimliches dingzaln). Vor allem haben sie an Bernhard von Seytfeld Gewalt ausgeübt. Die Brüder von Neheim haben viel Geld aus unseren Landen empfangen, das ihnen um des Friedens willen und nicht aus Schuld bezahlt worden ist. Die Untertanen und armen lude des Stifts meinten, dies müsse aufhören, damit nicht Land und Leute verdorben werden.

(9.) Herr Goswin Ketteler, der verstorbene Landdrost der Grafschaft Mark, [5] hat mit den Amtleuten zu Arnsberg einen Frieden zwischen Köln und Mark vereinbart. Die Herren von Neheim müssen sich an diesen Frieden halten. Stattdessen haben sie den Einwohnern von Höingen, Niederense und des Amts Werl Korn im Wert von mehr als 1000 Gulden abgebrannt. Sie haben die Freiheit Hagen, Langscheid und Hüsten gebrandschatzt und die Leute dort ins Unglück gestürzt, ebenso die Mühlen und anderes zu Hachen, Seytfelt und Hövel und so die Untertanen des Landes an den Bettelstock gebracht. Der Schaden beläuft sich auf 30.000 Gulden. Eine Kommission mit acht Mitgliedern aus der Ritterschaft und acht von den Städten soll über die Herren von Neheim richten, um dem Unrecht ein Ende zu bereiten.

Nachtrag:
Auch haben die vorgeschrieben gebroder von Nyheym noch einen bruder gehatt, genant Berndt, der vor auch gewalt mit unses styffts angehorigen luden mit namen mit dem Friesen gedrieben und im syn bly genommen und mit gewalt uß synen blywergk gedrieben und auch nicht vil rechtes gebracht hatt.


PROVENIENZ  Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen
BESTANDHerzogtum Westfalen, Landesarchiv
SIGNATUR274, fol. 8-10v


QUELLE    Reininghaus, Wilfried / Köhne, Reinhard | Berg-, Hütten- und Hammerwerke im Herzogtum Westfalen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit | S. 444-446


FORMALBESCHREIBUNGKonzept der Kanzlei in Arnsberg. [uFN1] Die Goldene Bulle von 1356 überließ die Regalien den Kurfürsten. [uFN2] Gemeint ist Erzbischof Friedrich von Saarwerden, 1370 zum Erzbischof gewählt und 1371 von Kaiser Karl IV. mit der Grafschaft Arnsberg belehnt. Er wird in der Supplik der Brüder von Neheim überhaupt nicht erwähnt. [uFN3] Vgl. die Gerichtsprotokolle von 1453, 1458, 1460, 1471. [uFN4] Hier im Sinne von genossenschaftlicher Versammlungsstätte in (Sundern-)Seidfeld. [uFN5] Beurkundete bis 1473.


PROJEKT    Montanwesen im Herzogtum Westfalen
SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
Zeit2.20   1450-1499
Ort2.45   Westfalen, Hztm. < - 1802>
Sachgebiet3.14.1   Haushalt, Finanzen, Steuern, Abgaben, Zoll
10.14   Montanindustrie
DATUM AUFNAHME2008-02-01
DATUM ÄNDERUNG2010-08-06
AUFRUFE GESAMT1651
AUFRUFE IM MONAT146