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(83 KB)   Rathaus Paderborn / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt   Rathaus Paderborn / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt
TITELRathaus Paderborn


INFORMATIONIn den ersten Jahren der Eroberung Sachsens errichtete Karl der Große bei einer an den wasserreichen, warmen Quellen der Pader gelegenen sächsischen Siedlung eine Burg mit Pfalz und Kirche, die 805 Mittelpunkt des neu gegründeten Bistums Paderborn wurde. Die Stellung als Bischofsstadt, die regelmäßig stattfindenden Kaiserbesuche und die günstige Lage Paderborns am Schnittpunkt mehrerer Fernhandelsstraßen führten zu einer ersten Blüte bereits während der Karolingerzeit. Eine zweite wirtschaftlich und kulturell bedeutende Epoche erlebte Paderborn im 11. Jahrhundert unter Bischof Meinwerk (1009-1036). Bis heute prägen zahlreiche Bauten, die Meinwerk während seiner Amtszeit fertigstellen ließ, das Bild der Stadt.

Im 13. Jahrhundert trat die Stadtgemeinde als selbständige Körperschaft immer deutlicher hervor. Wie in Münster vermehrten sich mit dem Wachsen des bürgerlichen Selbstbewußtseins und dem Streben nach Selbständigkeit die Auseinandersetzungen zwischen dem bischöflichen Stadtherrn und den Bürgern. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts schließlich verlegte der Bischof seine Residenz nach Schloß Neuhaus, wo sie bis 1802 blieb. In der Stadt selbst ist seit 1238/1239 ein Rat mit zwei Bürgermeistern nachweisbar, und 1279 ist erstmals ein Rathaus erwähnt. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts erfolgte der Beitritt zur Hanse, doch konnte auch Paderborn nach der Verlagerung der Handelswege seine wirtschaftliche Stellung nicht halten und beschränkte sich bald auf den Regionalmarkt. Im Laufe der Zeit übernahm die Stadt immer mehr Rechte des Bischofs, so daß sie Ende des 15. Jahrhunderts eine von diesem unabhängige Verwaltung und Gerichtsbarkeit erreicht hatte. Doch schon einige Jahrzehnte später begann, ausgelöst durch Seuchen, Feuersbrünste und Mißwirtschaft des Rates, der wirtschaftliche Niedergang Paderborns. Innerstädtische Auseinandersetzungen und Konflikte mit der Kirche - Anfang des 16. Jahrhunderts hatten sich die Bürger der Reformation angeschlossen - schwächten die Stadt derart, daß Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg (1585-1618) sie wieder unterwerfen konnte. In der Folgezeit wurde Paderborn zum alten Glauben zurückgeführt und verlor alle bislang erkämpften Privilegien. Auf Veranlassung des Fürstbischofs ließ die Stadt in den Jahren 1613-1620 ein neues Rathaus bauen, dessen repräsentative Größe und Gestaltung jedoch von ungebrochenem bürgerlichen Selbstbewußtsein zeugen.

Der Baumeister Hermann Baumhauer aus Wewelsburg errichtete den Neubau des Rathauses auf Teilen eines spätgotischen Vorgängers aus dem Jahr 1473. Von diesem stammen zwei nordsüdlich verlaufende, tonnengewölbte Keller im östlichen, hinteren Bereich des heutigen Gebäudes sowie Teile der darüberstehenden massiven Mauern. Über den Kellerräumen befand sich ursprünglich eine große Verkaufshalle, die von Süden, wo der Markt abgehalten wurde, zugänglich war. Baumhauer erweiterte den Altbau nach Westen, so daß heute die nordsüdliche wie westöstliche Ausdehnung des Gebäudes nahezu übereinstimmen. Gleichzeitig drehte er die Giebel um 90 Grad und verlegte die Hauptfassade an die Westseite. Aufgrund des fast quadratischen Grundrisses konnte er den alten Dachstuhl nutzen, indem er diesen ebenfalls um 90° wendete und die fehlende Breite durch Sparren ergänzte, wodurch das hohe, mehrgeschossige Satteldach nach dem ersten Drittel etwas steiler ansteigt.

Das zweistöckige Rathaus besteht aus verputztem Bruchstein, der mit Hausteingliederungen versehen ist. An der Hauptfassade, deren Gestaltung auch den Einfluß der Weserrenaissance zeigt, treten zwei symmetrische Ausluchten mit kleinen Giebeln hervor, deren Außenränder die Kontur des großen Giebels optisch fortsetzen. Im Erdgeschoß sind traditionelle Elemente des Rathausbaus in den offenen, durch schwere dorische Säulen gestützten Lauben wiederaufgenommen. Die Bögen wie auch der in Haustein ausgeführte Umriß der Wandflächen zeigen im Wechsel mit glatten Steinen leicht vorgehobene Waffelquader, eine typische Zierform der Weserrenaissance. Flache Pilaster stellen die Verbindung zwischen den Säulen und dem das Erdgeschoß abschließenden Gesimsband her. Das Obergeschoß ist ganz in Fenster aufgelöst, die durch Halbsäulen mit ionischen Kapitellen getrennt und oben wie unten durch kräftige Gesimse begrenzt werden. Die identisch gestalteten drei Giebel - die kleinen reichen etwa bis zur halben Höhe des großen Giebels - stellen sich als eine Folge horizontaler Bänder dar. Der Hauptgiebel besteht im Gegensatz zu den dahinterliegenden zwei Stockwerken aus vier durch kräftige Gesimse getrennten Fenstergeschossen, deren Fenster auf Lücke gesetzt sind. Die Brüstungsgesimse sind durch Waffelquader miteinander verbunden; die Rahmung aller Giebelfenster entspricht der an den Fenstern der Ausluchten. Voluten, deren Schweifungen aus dem Umriß hervorstoßen, rahmen die Giebel ein. Auf den Gesimsenden stehen kleine Obelisken, während die Spitze der Fassade in einem langen, schlanken Obelisk ausklingt.

In den Jahren 1870-1878 fand ein großer Umbau des Rathauses unter der Leitung von Rudolf Volmer statt. In dieser Zeit ist das bis dahin einbogige Portal an der Westseite durch das Entfernen eines Fensters zu einem doppeltürigen, in der Mittelachse des Gebäudes liegenden Eingang umgewandelt worden. Zugleich wurde der auf drei Säulen ruhende, erkerartige Verbindungsgang zwischen den beiden Ausluchten errichtet, durch den die gleichmäßige Fensterreihe auch vor dem Hauptgiebel fortgesetzt wird. Oberhalb dieses Ganges ist in der Mitte der Fensterbrüstung ein 1726 datierter Stein angebracht, der in einem bekrönten, mit Laubwerk umrahmten Oval das Stadtwappen enthält. Das Wappen - in Rot und Gold, oben ein durchgehendes Kreuz und unten vier Pfähle - zeigt in abstrahierter Form den Dom über einer Zinnenmauer, unter der die Paderquelle entspringt.

Auch in Paderborn wurde die Raumaufteilung des Rathauses den wachsenden Bedürfnissen der Stadtverwaltung stetig angepaßt. Im Untergeschoß war durch den Neubau des 17. Jahrhunderts ein weiterer, durch zwei quadratische Pfeiler in sechs Joche geteilter und mit flachen Kreuzgratgewölben überdeckter Keller entstanden. Bereits vor 1870 ist die große Verkaufshalle im östlichen Teil des Erdgeschosses durch das Einziehen von Zwischenwänden mehrere Räume geteilt worden. Hier waren städtische Wiegeeinrichtungen, die Feuerspritze und andere Löschgeräte untergebracht. Teilweise wurden die Räume auch an Kaufleute vermietet. in der um vier Stufen tieferliegenden westlichen Hälfte gab es Räume für die Polizei sowie ein Abmelde- und Paßbüro. Während des Umbaus von 1870 bis 1878 wurde das Erdgeschoß in eine von Westen nach Osten durchgehende Eingangshalle umgewandelt und die Haupttreppe zum Obergeschoß, die bis zu dieser Zeit in der Nordostecke des Rathauses lag, in die Mittelachse der Halle verlegt. Das obere Stockwerk war im Osten in einen repräsentativen Vorraum und in verschiedene kleine Geschäftsräume für den Bürgermeister, den Stadtsekretär, die Kämmereikasse und das Leihamt getrennt. Den westlichen Teil nahm ein großer Festsaal ein, der von der Stadt für öffentliche und private Veranstaltungen vermietet wurde. In den Ausluchten befanden sich weitere kleine Geschäftszimmer. Das Dachgeschoß war ebenfalls verpachtet und diente zeitweilig als Haferlager der königlichen Reserve-Magazin-Verwaltung, später dem Museum für Naturkunde. Im März 1945 ist das Rathaus bei einem Bombenangriff bis auf die Umfassungsmauern zerstört worden. In den Jahren 1947-1958 wurde es in seiner alten Form wiederaufgebaut und nur der Innenausbau modernisiert. Heute sind dort das Standesamt und verschiedene Sitzungsräume untergebracht.


Literatur

P. Michels
Baugeschichte des Paderborner Rathauses, Paderborn 1962.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt


QUELLE    Killing, Anke | Historische Rathäuser in Westfalen | Dia 19, S. 69-72
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Ort2.7.8   Paderborn, Stadt
Sachgebiet3.11   Städte und Gemeinden, Ober-/Bürgermeister/Ober-Bürgermeisterin, Mitarbeiter
15.8   Architektur, Baudenkmäler, Architekt/Architektin
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT3404
AUFRUFE IM MONAT333