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(115 KB)   Rathaus Höxter / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt   Rathaus Höxter / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt
TITELRathaus Höxter


INFORMATIONDie "villa regia Huxori", die Kaiser Ludwig der Fromme 823 dem von ihm gegründeten Kloster Corvey schenkte, war Anfang des 9. Jahrhunderts am Übergang des westfälischen Hellweges über die Weser entstanden. Aufgrund ihrer verkehrsgünstigen Lage an der schiffbaren Weser, dem Hellweg und einer Straße, die dem Lauf der Weser folgte und Bremen mit Hannoversch-Münden und Frankfurt am Main verband, wuchs die Siedlung stetig. Bereits 1115 sind eine Weserbrücke sowie ein Markt bezeugt. Mitte des 13. Jahrhunderts, zur Zeit der Verleihung des Dortmunder Stadtrechts (1255), besaß Höxter vermutlich schon seine charakteristische, im Halbkreis an die Weser heranreichende Grundform und erhielt einen starken Befestigungsring. Im Jahr 1265 zerstörten die Einwohner Höxters die als Marktort konkurrierende benachbarte Stadt Corvey. Der nachfolgende wirtschaftliche Aufschwung führte zu einer Blütezeit der Stadt, die bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts andauerte. 1295 wurde die Stadt zum ersten- und zugleich letztenmal als Mitglied der Hanse genannt. Seit dem 14. Jahrhundert verlagerten sich die für die Wirtschaft Höxters wichtigen Fernhandelswege, und die Stadt sank langsam zu einem regionalen Warenumschlagplatz herab. Infolgedessen konzentrierte sich das bislang auf mehrere platzartige Erweiterungen verteilte Marktgeschehen seit Mitte des 15. Jahrhunderts auf den ausgedehnten Straßenzug zwischen Rathaus und Weserbrücke. Die Lage des Rathauses, dem eine ältere Markthalle des 12. Jahrhunderts vorausging, ist ganz auf diesen zentralen Markt bezogen, es liegt in der Mitte des Weges zwischen der Kreuzung der beiden alten Hauptverkehrsstraßen und der Weserbrücke.

Das in den Jahren 1988-1994 umfassend sanierte Rathaus wird heute als multifunktionales Bürgerhaus genutzt, dem ein Gastronomiebetrieb angeschlossen ist. Seine jetzige Gestalt erhielt der Bau, dessen ältesten Teile aus der Mitte des 13. Jahrhunderts stammen, in den Jahren 1608-1618. Der freistehende, zweistöckige Korpus besitzt ein massives Erdgeschoß aus Bruchsteinmauerwerk, über dem sich ein vorkragender Fachwerkbau erhebt. Der Grundriß ist nicht rechteckig, sondern fast trapezförmig mit einem Knick, der besonders an der Nordseite hervortritt. An der Südseite des Rathauses steht ein achteckiger Treppenturm, der den Baukörper um ein Stockwerk überragt und den Keller, die beiden Hauptgeschosse sowie den Dachraum erschließt. Die zu beiden Seiten des Turmes regelmäßig angeordneten Pfostenfenster des erhöhten Erdgeschosses besitzen Gewände mit einem Kehlprofil oder Beschlagwerk. Das Fachwerk zeigt im Obergeschoß einen konsequenten Wechsel von Fenster und Wandfach. An allen Seiten des Rathauses sind die Brüstungsgefache mit Andreaskreuzen geschlossen und die reich profilierten Schwellenzonen mit verschiedenen Ornamenten der Weserrenaissance ausgestattet: Der Balken über der Mauer besitzt einen Konsolenfries, auf dem ein Gesims mit s-förmiger Kontur (Karnies) ruht, die Füllhölzer sind mit Zahnschnitt verziert, die Schwellen zwischen den Balkenköpfen mit einer Schiffskehle, die gefüllt ist mit Kugeln und waagerechten, kannelierten Stäben.

Über zwei durch einen Wasserschlag getrennte Massivgeschosse setzt das ebenfalls vorkragende Fachwerkgeschoß des Treppenturmes in Höhe der Traufe an. Es ist in seiner Gestaltung dem Fachwerk des Obergeschosses angeglichen. Das Turmdach besteht aus einem schlanken Zwiebelheim mit vier Dachgauben, dem eine offene Laterne mit einem kleinen Helm aufgesetzt ist. Das obere Massivgeschoß ist aus kleinteiligem Bruchstein gemauert, während das untere eine abgesetzte Eckquaderung hat und zwei mit abgeschrägten Fensterbänken dem Treppenverlauf folgende Fenster. Im Erdgeschoß des Turmes befinden sich an der Südseite ein ebenerdiges Portal, in dessen oberes Rahmenholz die Jahreszahl 1613 eingearbeitet ist, und ein weiteres mit einer sechsstufigen Freitreppe an der Westseite. Beide Portale sind mit Pilastern und Giebeln gerahmt sowie mit Inschriften ausgestattet.

An beiden Giebelseiten des Rathauses kragt das Fachwerkgeschoß vierfach vor, wobei die reichen Profilierungen der Balkenköpfe, Schwellen und Füllhölzer dem übrigen Bau entsprechen. Der Westgiebel ist durch einen vermutlich 1622 /1623 eingebauten hölzernen Erker betont, der auf vier mit Beschlagwerk versehenen Steinkonsolen ruht. Er wird durch kannelierte Säulen mit ionischen Kapitellen gegliedert und trägt einen Dreiecksgiebel. Die nördliche Traufenwand hat unregelmäßig angeordnete, meist gekuppelte Fenster, deren Gewände ebenfalls ein Kehlprofil oder Beschlagwerk besitzen. Der Fachwerkstock gleicht in seiner Gestaltung der Südseite.

Das Innere des Rathauses wurde mit dem Ziel saniert, dem Gebäude die ursprüngliche Raumaufteilung des 17. Jahrhunderts zurückzugeben, wozu die gesamte Bausubstanz der nachfolgenden Jahrhunderte entfernt worden ist. Das vollständig gepflasterte, bis 1809 als Ratskeller genutzte Untergeschoß besaß seit seinem Umbau von 1608 bis 1615 ein zweischiffiges, sechsjochiges Kreuzgratgewölbe, das auf fünf Pfeilern ruhte. Im nordwestlichen Bereich befand sich eine Garküche mit Herdstelle und Grundwasserbrunnen. Von der südlichen Wand ging eine große Nische mit einem Schacht ab, bei der es sich vermutlich um den Abort des Ratskellers handelte. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war neben der Weinkammer des Rates, die durch Eisengitter vom Schankraum abgetrennt war, auch die Wohnung des Kellerwirtes im Untergeschoß untergebracht. Nach Aufgabe des Ratskellers wurden dort 1860 eine Militärkantine und die Stadtwache, 1886 eine Militärbadeanstalt und 1924 Arrestzellen für die im Rathaus befindliche Polizeistation eingerichtet.

Seit der Entkernung ist das Erdgeschoß in eine große Eingangshalle und einen kleineren, drei Stufen über dem Hallenniveau liegenden Raum gegliedert. Die Decke der zweischiffigen Halle wird durch zwei Säulen mit stark profilierten Kopfbändern und einer entsprechenden Halbsäule vor der östlichen Außenwand getragen. In der Mitte der Querwand westlich des Treppenturmes befinden sich ein Kamin aus der Spätrenaissance (1614) und der Eingang in den zweiten Raum. Von diesem wurde vermutlich schon 1622/1623 im südlichen Teil eine kleine, als Gerichtssaal genutzte Ratsstube abgetrennt, was durch die Darstellung der Justitia im Giebeldreieck des gleichzeitig eingebauten Westerkers bestätigt wird. 1764 war die Halle durch eine Fachwerkwand in Höhe der Säulen geteilt worden. Alle übrigen Wände stammten aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, so daß im Erdgeschoß bis zur Entkernung fünfzehn Räume entstanden waren, in denen sich nach- bzw. nebeneinander ein Gerichts- und Ratszimmer mit Registratur, das Archiv, die Feuerspritze, eine Polizeistation, die Stadtkasse und eine Druckerei befanden. Ähnlich sah es im Obergeschoß aus, das ursprünglich ebenfalls in zwei oder drei Räume geteilt war und wo der große Saal für Versammlungen des Rates, der Zünfte oder anderer städtischer Körperschalten verwendet worden ist. Auch hier wurden aufgrund der sich ständig ändernden Nutzung im 19. und 20. Jahrhundert zahlreiche Wände eingezogen. Nur der Dachraum blieb ungeteilt und diente lange Zeit als Getreidespeicher.


Literatur

Das Rathaus in Höxter
hg. v. G. U. Großmann (Schritten des Weserrenaissance-Museums Schloß Brake, Bd. 7), München/Berlin 1994.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt


QUELLE    Killing, Anke | Historische Rathäuser in Westfalen | Dia 18, S. 64-68
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Ort2.4.5   Höxter, Stadt
Sachgebiet3.11   Städte und Gemeinden, Ober-/Bürgermeister/Ober-Bürgermeisterin, Mitarbeiter
15.8   Architektur, Baudenkmäler, Architekt/Architektin
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT1270
AUFRUFE IM MONAT79