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(108 KB)   Rathaus Brakel / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt   Rathaus Brakel / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt
TITELRathaus Brakel


INFORMATIONDie nördliche Schmalseite des Marktplatzes in Brakel wird von der spätgotischen Giebelfront des in der Mitte des 14. Jahrhunderts erbauten, langgestreckten, zweigeschossigen Rathauses begrenzt. Den Staffelgiebel schmücken - ähnlich wie beim Ratskammergiebel in Lemgo - durchbrochene Vierpässe in den Staffelecken. Das monumentale, dreibahnige Maßwerkfenster im Dachgeschoß gleicht stilistisch stark den Fenstern am Chor der benachbarten Kirche St. Michaelis. Nach einem Brand, der 1570 unter anderem auch das Dach und die Mitteldecke des Rathauses zerstörte, wurde 1573 das korbbogige Hauptportal mit verzierter Quadereinfassung errichtet. Die Diamant- und Waffelquader wie auch die Rosetten sind für die Weserrenaissance charakteristisches Formengut. An beiden Seiten des Portals befinden sich heute vermauerte und mit Fenstern versehene Eingänge, die an die ehemalige Nutzung des Erdgeschosses als Markthalle erinnern. In den sechziger Jahren wurde das Rathaus schließlich in ein modernes Bürogebäude verwandelt, so daß sich die Innenaufteilung heute völlig verändert zeigt. Im Rahmen dieses Umbaus wurden auch die alten Fenster in Höhe des Maßwerkfensters durch Kreuzstockfenster ersetzt und der restaurierte Ratskeller mit Wandmalereien des 16. Jahrhunderts der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht.

Brakel, an einem an der Talaue von Aa und Nethe orientierten Fernweg östlich von Paderborn gelegen, wird 836 erstmals als "villa Brechal" erwähnt. Im 13. Jahrhundert hatten zunächst die Herren von Brakel als Vögte des Stiftes Neuenheerse die Herrschaft inne, die zwischen 1213 und 1223 die Stadt gründeten und ihr Stadtrechte verliehen. 1229 wird Brakel erstmals "civitas" genannt. In den folgenden Jahrzehnten gelangten Anteile an der Stadtherrschaft auch an Burchard von Asseburg und die Grafen von Everstein. Wahrscheinlich bildete sich - wie in den anderen Städten Westfalens - auch in Brakel schon in den dreißiger Jahren des 13. Jahrhunderts eine eigene Ratsverfassung aus, deren Entstehung vermutlich durch die Konkurrenz mehrerer Stadtherren begünstigt wurde. 1259 ist der Rat der Stadt sicher belegt. In der Zeit zwischen 1250 und 1350 befand sich Brakel auf dem Höhepunkt seines mittelalterlichen Wachstums. Gegen 1303 wurde die Altstadt um eine östliche Siedlung erweitert, die 1383 erstmals als "Neustadt" bezeichnet wurde. Bereits seit dem Ende des 13. Jahrhunderts bemühten sich die Bischöfe von Paderborn erfolgreich um eine Ausweitung ihrer Herrschaftsanteile in Brakel. Mit dem Aussterben der Familie von Brakel 1384 ging die Stadt schließlich ganz auf die Bischöfe von Paderborn über.

Als paderbornische Territorialstadt erhielt Brakel 1385 das Privileg, jährliche Ratswahlen ohne Hinzuziehung eines bischöflichen Vertreters durchzuführen, womit die Stadt eines der bedeutendsten Rechte der spätmittelalterlichen bürgerlichen Bewegung im Kampf gegen den Stadtherrn durchsetzte. Vermutlich Ende des 15. Jahrhunderts wurde das Verfahren der Ratswahl im Brakeler Rats- und Bürgerbuch schriftlich festgehalten: Ein bis zwei Wochen vor dem jährlichen Ratswechsel bestimmten die derzeitigen Ratsmitglieder zwölf Bürger als neuen Rat und führten diesen zu Michaelis (29. September) offiziell ein. Nachdem der neue Rat erstmals zusammengekommen war, ernannten die alten Bürgermeister aus diesem Gremium die beiden neuen Bürgermeister und weitere Amtsträger. Wie in vielen Städten des Mittelalters wurde der Rat also nicht durch eine Wahl der Gesamtgemeinde bestimmt, sondern eine Art Selbstergänzungsrecht des Rates ausgeübt. Diese Form der Wahl hatte ein auf bestimmte, häufig kaufmännisch orientierte Familien der städtischen Oberschicht beschränktes Ratskollegium zur Folge. In Brakel wie in vielen anderen Städten führte diese Praxis im 14. und 15. Jahrhundert zu Auseinandersetzungen zwischen Rat und Bürgerschaft, in denen Teile der Bürgerschaft die alten Räte zu verdrängen oder zumindest den Kreis der ratsfähigen Familien zu erweitern suchten. Nach der Ablegung der Amtseide, der Übergabe der städtischen Vermögenswerte und der Stadtschlüssel folgte als erste Amtshandlung der Brakeler Ratsherrren die Festlegung der Verteidigungsaufgaben der Bürger. Als nächstes mußten sich die Bäcker und Metzger gegenüber dem neuen Rat verpflichten, ihre Waren entsprechend der tradierten Gewohnheiten der Gilden anzubieten und laut der zum Teil vom Rat festgelegten Preise zu verkaufen. Auf diese Weise versuchten die neuen Ratsherren, die Verteidigung ihrer Stadt nach außen und die Versorgung der Bürgerschaft nach innen zu sichern.


Literatur

Brakel 829-1229-1975, Höxter 1979.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/O. Mahlstedt


QUELLE    Killing, Anke | Historische Rathäuser in Westfalen | Dia 06, S. 30-32
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Ort2.4.4   Brakel, Stadt
Sachgebiet3.11   Städte und Gemeinden, Ober-/Bürgermeister/Ober-Bürgermeisterin, Mitarbeiter
15.8   Architektur, Baudenkmäler, Architekt/Architektin
DATUM AUFNAHME2004-02-26
AUFRUFE GESAMT600
AUFRUFE IM MONAT106