QUELLE

DATUM1775-06-10   Suche   Suche DWUD
AUSSTELLUNGSORTRheine
TITEL/REGESTStadt Rheine: "Brand-Reglement"
TEXT[S. 75] Die väterliche Vorsorge, welche unsere Vorfahren in Anschaffung der Brandgereitschaft gehabt haben, ist so erpreislich, daß selbe bey den spätesten Nachkommen zu jeden Zeiten in wahrer Verehrung wird gehalten werden; allein, da es bekannt ist, wie wenig Nutzen diese guten Gereitschaften ohne eine vernünftige Veranstaltung verschaffen, so hat der Magistrat, um in diesem wichtigen Geschäft, woran sowohl das Wohl der ganzen Stadt insgemein als einzelner Bürgern insbesondere gelegen ist, eine heilsame Verordnung einzuführen,nachfolgendes B R A N D - R E G L E M E N T angeordnet:

1mo werden bey jeder Pumpe drey Brandmeister angeordnet werden, wovon zwey Schmiede seyn sollen, welche die Pumpe dirigieren und das [S. 76] Wasser, wo es vonnothen erachtet wird, richten können, und ein Zimmermeister oder Schreiner, welcher die Direction über die Notleiter und Hakens haben soll; weilen es sich aber
2do oftmalen zutragt, daß der Brand in jener Nachbarschaft ausbricht, wo die Pumpenmeisters wohnen, so sollen besagte Meister aus diversen Fandels angeordnet werden, damit bei vorkommendem Unglück die Pumpen gehörig können besorget werden,
3tio sollen bey jeder Pumpe 12 Mann aus dem nämlichen Fandel, wo die Pumpen stehen, zum Pumpen und 4 Mann zum Pütten, damit selbe sich successive ablösen können, bestellt werden, nicht weniger auch
4to sechs Mann, welche die Notleitern, und zwey Mann, welche bei jeder Pumpe die Nothaken tragen, sollen benennet werden, damit man sich derselben im Notfall bedienen könne, diese Leute sodann, welche die Pumpen bedienen, sollen
5to nach bezeigtem Diensteifer und verrichteter fleißiger Arbeit ein halbes Jahr von der Rottarbeit befreyet sein, damit aber auch
6to bey einer solchen Begebenheit eine Ordnung eingeführet werde, so sollen
7mo sobald die Brandglocke geläutet wird, der Lohnherr, Stadtdiener und die Pfortner sich nach dem Rathaus begeben und die Eimer und sonstige Gerätschaften besorgen, weilen aber
8vo die Stadt so viele Brand-Eymer nicht hat, noch auch im Stande ist, soviel Eymer als zum Wassertragen bey einem großen Brand erfordert werden, anzuschaffen, so sollen
9no alle und jede Burger ohne Ausnahme hinfuhro zu allen und jeden Zeiten und zwar 14 Tage a die publicationis anfanglich bey 100 Backsteine Strafe einen Eimer voll Wasser hinter ihrer Tür stehen oder hängen haben, damit die Eimer bey vorkommender Not zu Händen stehen; damit aber dieses eingefolget werde, so wird
10. der Magistrat so oft als es ihm gefällt die Häuser visitieren lassen und werden die Ungehorsamen sofort ohne alle Rücksicht in besagte 100 Backsteine straffällig erklärt und dem Umstand nach darüber ausgepfändet werden; dannenhero
11. sollen die Bürger, sobald das Brandzeichen gegeben wird, aus jedem Hause eine capable Person mit einem Eimer, worauf der Name des Eygenthumers soll gezeichnet seyn, bey ihren Offizieren und Corporals stellen. Die Stadtoffiziere und Unteroffiziere sollen sodann
12. die Leute in doppelte Reihen stellen und selbe mit guten Worten zur Arbeit anfrischen. Die Bürgermeister aber werden
13. sich alle Mühe geben, die Leute in guter Ordnung zu halten und durch ihr Beispiel dieselben zur fleißigen Arbeit aufzumuntern. Die Ratsherren aber werden [S. 77]
14. sich sofort zu den Pumpen begeben und sorgen, daß die zu den Pumpen verordneten Leute ihre Dienste gehörig verrichten und werden also
15. bey entstehendem Unglück die zwey ersten Ratsherren sich nach die
Thypumpe, die zwey anderen Ratsherren sich nach die Embspumpe
und die zwey jüngsten Ratsherren sich nach die Münsterpumpe begeben, damit bey der Arbeit die gehörige Ordnung beybehalten werde. Es versteht sich also,
16. daß die zu jeder Pumpe anzuordnenden Leute sich, sobald die Brand-Klocke geläutet wird, nach ihre assignierte Pumpen begeben, die übrigen Bürger aber alle bei ihren Pumpen sich bey obgedachter Strafe mit ihren Eymern einfinden müssen, da die Stadt aber
17. mit vier guten Pumpen versehen ist und bekannt ist, wieviel Diensteifer die Herren Patres bey entstehendem Unglück in Löschung des Feuers bezeigen, so werden
18. die Herren Patres ihrem getanen Versprechen nach jedesmal eine Pumpe besorgen, wessenendes zu der vierten Pumpe den Patres zwei Schmiede und ein Zimmermann sollen benennet werden, nicht weniger selben die nötigen Eymers sollen gereichet werden; schließlich sollen
19. die Stadts-Fuhrleute mit ihren Pferden und Schlitten, sobald das Brandzeichen gegeben wird, zum Wasserholen bey den Pumpen erscheinen und dieses bey Verlust der Stadtsweyde und 2000 Backsteinen Strafe. Damit nun
20. diese unsere heilsame Absicht von unseren Nachkommen nicht vereitelt werde, so wird zur Bestätigung dieses Brand-Reglements die gnädigste Konfirmation bey höchster Regierung nachgesuchet werden, und nach erfolgter gnädigster Bestätigung sollen
21. die Pumpen dreymal im Jahr und zwar gegen Michaelis, gegen Lechtmißen und gegen Pfingsten auf der nämlichen Art als wenn wirklich Brand wäre, damit die Leute hierinnen desto geschickter werden, probiert werden, nichtweniger
22. sollen die Bürger bey entstehendem nächtlichen Unglück jeder ein Licht vor ihre Fenster stellen, damit eines Teils die Leute auf der Straße sehen können, andererseits aber den Diebstählen zuvorgekommen werde. Schließlich soll dieses Brand-Reglement nach eingeholter gnädigster Erlaubnis nicht nur zu eines jeden Wissenschaft publiciert sondern auch allen Ratsmitgliedern, den Stadtoffizieren, Pumpenmeistern und den Patres hiervon ein Exemplar communicieret werden.

Beschlossen Rheine im Stadts Rat
den 10. Junii 1775

in fidem J. C. Lensing, Secret. subs. mpp.


QUELLE     | Vom Löscheimer zum Strahlrohr | S. 75-77


SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
90   Gesetz, Verordnung, (Staats-)Vertrag
Zeit3.6   1750-1799
Ort3.7.19   Rheine, Stadt
Sachgebiet3.11   Städte und Gemeinden, Ober-/Bürgermeister/Ober-Bürgermeisterin, Mitarbeiter
3.14.2   Ordnungsverwaltung, Sicherheit
DATUM AUFNAHME2007-04-17
DATUM ÄNDERUNG2015-03-25
AUFRUFE GESAMT1981
AUFRUFE IM MONAT151