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(91 KB)   Harkortsche Fabrik, Hagen-Haspe / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem (o) / Münster, Westfälisches Amt für Denkmalpflege (u)   Harkortsche Fabrik, Hagen-Haspe / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem (o) / Münster, Westfälisches Amt für Denkmalpflege (u)
TITELHarkortsche Fabrik, Hagen-Haspe
DATIERUNG1986 / 1987


INFORMATIONDas Bild zeigt die wahrscheinlich älteste, noch erhaltene Fabrikanlage in Westfalen. Die Harkortsche Fabrik in Hagen-Haspe, deren Schlußstein das Baujahr 1853 ausweist, dokumentiert den Wechsel von der Vor- zur Frühindustrialisierung.

Im oberen Bildteil ist der Zustand der Fabrik im Februar 1986 kurz nach der "Wiederentdeckung" zu sehen. Gelände und Gebäude machen einen verwahrlosten Eindruck.

Auf dem unteren Bildteil aus dem Juli 1987 haben sich das Gelände und die Gebäude verändert. Das Gelände wurde entrümpelt, die Holzschiebetür entfernt und Fenster und Türen mit Kalksandstein zugemauert Dieser Ausschnitt zeigt einen Zwischenzustand, denn die Zukunft der Harkortschen Fabrik ist ungewiß.

Sie belegt jedoch unter anderem die 300 Jahre lange unternehmerische Tätigkeit der Familie Harkort. Johann Caspar Harkort (1648-1714) gründete am 12.01.1674 die erste Harkortsche Firma unweit des seit 1373 belegten Gutes Harkorten. Seit dem 18. Jahrhundert "gingen von dieser weit über Westfalen hinaus bekannten Unternehmerfamilie beträchtliche Impulse für die deutsche Industriegeschichte aus". Schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts produzierten die Harkorts Eisenbahnbedarf, Dampfmaschinen, Förderwerke und Webstühle.

Johann Caspar Harkort V. (1785-1877) war es, der 1832 auf dem heutigen Gelände die Eisenbahnbedarf produzierende Fabrik gründete. Gebäude, die zuvor als Frucht-, Loh- und Walkmühle, Gerberei und Hammerwerk dienten, nutzte er um. Als 1838 der Eisenbahnverkehr in Westdeutschland mit der Verbindung Erkrath-Düsseldorf aufgenommen wurde, hatte der Firmengründer maßgeblichen Anteil, denn beim Bau verwendete Hacken, Schrauben, Schienenstühle usw. stammten aus seinem Betrieb. Hier stellt er als erster auch Schienenverbindungslaschen, Waggonräder und -achsen her.

Ab 1864 widmete sich die Firma zusätzlich dem Brückenbau. Die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts leistungsfähigste und weltweit gefragte Brückenbauanstalt verlegte 1850 ihren Sitz nach Duisburg. Diese war am Bau des Schiffshebewerks Henrichenburg beteiligt.

Die Fabrik Johann Caspar Harkorts V., die die Industrialisierung des Ruhrgebietes in starkem Maße beeinflußte, geriet in Vergessenheit. Diente ein Gebäude nach dem 2. Weltkrieg noch bis etwa 1955 als Gießerei, ein weiteres als Verzinkerei, so verkam das Gelände nach und nach zum Schrottplatz. Erhalten blieb die Fabrikhalle.

Ende 1985 erkannte ein Geschichtsstudent den Wert der kurz vor dem Abbruch stehenden Anlage. Die Presse meldete: "Diese Fabrik - einst eines der bedeutendsten Pionierunternehmen Deutschlands - stellt ohne Zweifel eines der wichtigsten Technischen Kulturdenkmäler dar."

Im Februar 1986 stellte das Westfälische Amt für Denkmalpflege (WAFD) beim Hagener Oberstadtdirektor den Antrag, das Fabrikgelände an der Grundschötteler Straße nach § 4 DSchG vorläufig unter Schutz zu stellen. Neben dem öffentlichen Interesse sprächen auch wissenschaftliche Gründe für die Erhaltung und Nutzung. Die Anlage sei auch wichtig für die Geschichte Hagens und die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse.

Zwei Wochen später sprach die Untere Denkmalbehörde Hagen die vorläufige Unterschutzstellung nach § 4 DSchG für das Backsteingebäude und den Schornstein aus, die einen Monat später um weitere Gebäude erweitert wurde. Damit ist über eine endgültige Eintragung in die Denkmalliste noch nicht entschieden, obwohl damit zu rechnen ist.

Das Gutachten über die Harkortsche Fabrik stellt den Denkmalwert weiter heraus:
"Hinzu kommt, daß die erhaltenen Gebäude aus der Anfangszeit der industriellen Revolution stammen und sich hier der Übergang von der vorindustriellen zur industriellen Produktion, und von der Wasserkraftnutzung zur Dampfkraft dokumentieren läßt ... . Alter der Anlage, Industrie- und technikgeschichtliche Bedeutung, sowie der Zusammenhang mit der Unternehmerfamilie Harkort und dem nahegelegenen, national bedeutsamen "Haus Harkorten" begründen einen erheblichen Zeugniswert und machen die Anlage zu einem bedeutenden Technischen Kulturdenkmal."

Dennoch bleibt die Harkortsche Fabrik nicht gesichert. Probleme bei Grundstücksverhandlungen und die künftige Nutzung des als Wohn- und Mischgebiet ausgewiesenen Geländes warfen Fragen des Erhalts auf. Die Oberste Denkmalbehörde erklärte sich grundsätzlich zum Grunderwerb bereit, wenn kein anderer Investor gefunden würde. Der fand sich schließlich. Gelände und Gebäude sind heute im Besitz der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Nordrhein-Westfalen.

Verschiedene Stellen schlugen die Sicherung des Backsteingebäudes durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vor, um die Fabrik nutzungsneutral instandzusetzen (s. unterer Bildteil).

Ob die vermutlich älteste Fabrikanlage Westfalens erhalten bleiben kann, bleibt offen. Es wäre schade, wenn die Fabrik, die die Industrialisierung Westfalens mitbestimmte, wieder - und dieses Mal wohl für immer - verlorenginge.

Standort:
Harkortsche Fabrik
Grundschötteler Straße
5800 Hagen-Haspe


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/J. Klem (o) / Münster, Westfälisches Amt für Denkmalpflege (u)


QUELLE    Klaukien, Jürgen | Technische Kulturdenkmäler im Ruhrgebiet | Dia 02, S. 23f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Ort1.4   Hagen, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet10.13   Industrie, Manufaktur
DATUM AUFNAHME2004-02-25
AUFRUFE GESAMT4225
AUFRUFE IM MONAT324