INFORMATION | Frankreich nimmt geringfügige Rückstände bei den deutschen Reparationsleistungen zum Anlass, das Ruhrgebiet militärisch zu besetzen, um es als "produktives Pfand" zu sichern. Das bis zum 16.01.1923 besetzte Gebiet erstreckt sich ungefähr bis zur Lippe im Norden, bis Lünen, Dortmund und Hörde im Osten und bis zu den Höhen zwischen Ruhr und Wupper im Süden. Die deutsche Regierung beantwortet die Ruhrbesetzung mit passivem Widerstand, um eine Nutzung des "produktiven Pfands" durch die Besatzungsmächte unmöglich zu machen und diese zu einer Verhandlungslösung zu zwingen. Es ergeht eine dichte Folge von Anordnungen, mit denen jede Form der Zusammenarbeit mit den Besatzungsbehörden untersagt wird. Darüber hinaus sollen die Angehörigen der Besatzungsarmee auch im Alltagsleben vollständig isoliert werden. Die Umsetzung des Konzepts eines umfassenden Widerstands gelingt jedoch nur unvollkommen, da die Gegenmaßnahmen der Besatzung Wirkung zeigen. Vor allem die Abriegelung des besetzten Gebiets durch die Besatzungsmächte hat dramatische Folgen für die Versorgung der Bevölkerung, so dass es wiederholt zu Hungerrevolten kommt, bei denen es sich keineswegs - wie häufig unterstellt - um kommunistische Umsturzversuche handelt.
Die immensen Kosten, die unter anderem die Lohnfortzahlung für streikende oder infolge der Ruhrbesetzung arbeitslos gewordene Arbeiter durch den Staat verursacht, können nur durch eine gewaltige Erhöhung des Papiergeldumlaufs finanziert werden, wodurch die Hyperinflation ausgelöst wird. Ab Februar wird der passive Widerstand durch einen "aktiven" Widerstand mittels Sabotageakten flankiert. Nationalistische Kräfte unter den Aktivisten des Ruhrkampfes steuern aber bewusst auf einen bewaffneten Konflikt mit den Besatzungstruppen zu, so dass diese Form des Widerstandes zur Jahresmitte wieder aufgegeben werden muss. Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt fordert zahlreiche Todesopfer unter der Bevölkerung des Ruhrgebiets und unter den Besatzungstruppen. |