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(60 KB)   Dr. Gabriele Isenberg, Direktorin des Westfälischen Museums für Archäologie - Amt für Bodendenkmalpflege, Münster 1997 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/S. Sagurna   Dr. Gabriele Isenberg, Direktorin des Westfälischen Museums für Archäologie - Amt für Bodendenkmalpflege, Münster 1997 / Münster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/S. Sagurna
TITELDr. Gabriele Isenberg, Direktorin des Westfälischen Museums für Archäologie - Amt für Bodendenkmalpflege, Münster 1997
DATIERUNG1997


INFORMATION
"Es gibt noch immer viel zu wenig Frauen in Führungspositionen von Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung. Wenn wir uns die Praxis einmal anschauen, dann bestätigt sich leider immer noch täglich, daß Führungspositionen in unserer Gesellschaft - ich schließe die Parteien ausdrücklich mit ein - im Regelfall mit Männern besetzt werden. Um eine Führungsposition zu erlangen, muß eine Kandidatin zumeist besser sein als ihre männliche Konkurrenz." [1]
Diese Feststellung, die Bundeskanzler Helmut Kohl in einer Rede auf der Festveranstaltung zum zehnjährigen Bestehen des Bundesfrauenministeriums 1996 hielt, spiegelt die Realität treffend wieder. In der Tat ist der Frauenanteil in den Führungsetagen der Wirtschafts-, Wissenschafts- und Verwaltungsbetriebe nach wie vor ernüchternd. 1996 waren von den Führungskräften in deutschen Unternehmen nur 6,9 % Frauen. Auf 496 Vorstandsstühlen sitzen Frauen - neben 12.657 Männern. Nur 3,4 % aller Abteilungen der obersten Bundesbehörden werden von einer Frau geführt. Seit der Gründung der Bundesrepublik gab es zwei verbeamtete Staatssekretärinnen. Auch an den Universitäten ist die Situation der Frauen nicht viel besser: lediglich 6 % der Lehrstühle sind mit Professorinnen besetzt, obwohl die Zahl der Studentinnen in den letzten Jahren deutlich anstieg und auch mehr Frauen promovieren und sich habilitieren [2] Nur wenige Frauen schaffen den Sprung an die Spitze. Ihnen gilt dann vielfach die Aufmerksamkeit der Medien. Die Historikerin Dr. Gabriele Isenberg ist eine von ihnen. Sie leitet seit dem 01.01.1997 das Westfälische Museum für Archäologie - Amt für Bodendenkmalpflege in Münster. Zum ersten Mal hat damit eine Frau in einem westfälischen Museum die Direktorenstelle inne. Das Bild zeigt Frau Dr. Isenberg vor einer Ausstellungsvitrine in der Schausammlung des Museums.

Dr. Isenberg durchlief eine typische, unspektakuläre "Akademiker-Karriere". Nach dem Studium der Mittelalterlichen Geschichte, der Kunstgeschichte, der Ur- und Frühgeschichte und der Germanistik promovierte sie nach einem Studienaufenthalt in England 1975 an der Universität Münster. Schon während des Studiums befaßte sie sich intensiv mit der Stadtarchäologie. Aufgrund ihrer Studienschwerpunkte leitete sie ab April 1974 die erste große Stadtausgrabung in Minden. Aus diesem Engagement folgte eine Anstellung - zunächst mit einem Zeitvertrag - als Referentin im Amt für Bodendenkmalpflege. Die archäologische Bauforschung in der mittelalterlichen Geschichte Westfalens bildete fortan den Arbeitsschwerpunkt von Frau Dr. lsenberg. Herzstück ihrer Arbeit waren die zahlreichen Ausgrabungen vor Ort. Dort, in vielen Publikationen und Vorträgen sowie auf Kongressen stellte sie ihre wissenschaftliche Qualifikation immer wieder unter Beweis und erwarb sich den Respekt ihrer Fachkollegen. Obwohl sie sich nicht um Ämter und Posten in Fachorganisationen bemühte, wurde sie immer wieder in Gremien berufen. Vor allem ihre wissenschaftliche Reputation trug neben ihren Führungsqualitäten zur Berufung zur Direktorin des Westfälischen Museums für Archäologie bei.

Zwei wichtige Aspekte kennzeichnen die Karriere von Frau Dr. lsenberg: Sie hat lange und intensiv für ihre wissenschaftliche Anerkennung gearbeitet und sich in der Konkurrenz mit den männlichen Kollegen behauptet. Außerdem hat sie keine eigene Familie gegründet. Die anhaltende Verantwortung der Frauen für die Familie beendet auch heute manche Managerinnen-Karriere. Allein die potentielle Gebärfähigkeit der Frauen läßt sie im Kampf um Führungspositionen häufig unterliegen. Die Geburt eines Kindes bedeutet auch in der Gegenwart oft noch das überraschende Ende des beruflichen Aufstiegs. Die Vereinbarkeit von Kindererziehung, Familie und beruflicher Höchstleistung scheint vielen immer noch unmöglich. [3] Ein weiteres Karrierehandicap für Frauen ist das noch immer verbreitete Denkmuster, daß Männer Karriere machen müssen, während Frauen Karriere machen können. Viele Frauenförderpläne scheitern noch heute in ihrer Umsetzung an den informellen Netzwerken der Männer, - aber auch an der mangelnden Bereitschaft vieler Frauen, sich dem Konkurrenzkampf zu stellen.

Doch nicht nur der männliche Widerstand gegen weibliche Konkurrenz hindert die Frauen am beruflichen Aufstieg. Viele Frauen nehmen den Kampf um Führungspositionen gar nicht erst auf. Der Rückzug auf "weibliche Werte" und/oder die bewußte Verweigerung "männlicher Karriereorientierung" schmälern die Chancen von Frauen, Führungspositionen zu erlangen. "Relativ zu den Männern zeigen Frauen eine geringere Bereitschaft zu aufwärts gerichteter beruflicher Veränderung." [4] Oftmals fehlt Frauen der Mut, sich offen in Machtkämpfe zu wagen. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, daß ihnen von ihren Kollegen absurde Doppelbotschaften vermittelt werden: Frauen sollen Karrierewillen zeigen, aber sich nicht wie Karrierefrauen benehmen. Auf keinen Fall sollen sie die Verhaltensweisen der Männer kopieren. Die Furcht vor dem Image als "Mannweib" wird - auch von den Frauen selbst - als Karrierehemmnis eingesetzt.

Viele Frauen sind nicht bereit, zugunsten einer Karriere auf eine Familie zu verzichten. Noch immer stellen Frauen eher als Männer ihre berufliche Laufbahn zugunsten von Kindern zurück oder geben sie ganz auf. Diese Haltung ist auch ein Produkt der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Viele Führungspositionen sind allein wegen des Zeitaufwandes kaum mit der Kindererziehung zu vereinbaren. Die Aufgabe von Karrierewünschen erscheint manchen Frauen daher als einzige Möglichkeit, Beruf und Familie zu koordinieren. Dem entspricht, daß Managerinnen viel seltener Kinder haben und häufiger alleine leben als ihre männlichen Kollegen.

Die Chancengleichheit der Frauen auf dem Arbeitsmarkt hat im Verlauf des 20. Jahrhunderts deutliche Fortschritte gemacht. Von einer tatsächlichen Gleichstellung der Frauen im Erwerbsleben kann aber noch lange nicht gesprochen werden. Wenn es auch - schon wegen der Rechtslage - keine offensichtlichen Benachteiligungen mehr gibt, belegen Quotendiskussion und Frauenförderpläne den immer noch vorhandenen Handlungsbedarf.


[1] Zit. nach: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Frauen in Deutschland, S. 41.
[2] P. Pinzler: Kinder, Kirche, Karriereknick. Warum vier hochqualifizierte Frauen nicht in die Topetagen aufstiegen. In: Die Zeit, Nr. 43, 18.10.1996, S. 33f., hier S. 34.
[3] P. Pinzler: Karriereknick, S. 34.
[4] Zit. nach ebd.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/S. Sagurna


QUELLE    Kurzweg, Martina | Frauenerwerbsarbeit im Wandel | Dia 12, S. 48-50
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.10   1950-1999
Ort3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet6.8.8   Frauen
10.9.2   Arbeitswelt
15.11   Museen, Sammlungen, Ausstellungen
DATUM AUFNAHME2004-02-25
AUFRUFE GESAMT550
AUFRUFE IM MONAT85