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1. Fragestellung

 
 
 
Im späten 19. Jahrhundert wurde unter dem Begriff "Kultur" vor allem die Summe der Spitzenleistungen verstanden, die in Kunst und Wissenschaft von den "großen Männern" einer Nation erbracht worden waren. Um diese "Leistungen" zu erkennen, bedurfte es des Abstands der Zeit; die Kultur einer Nation erschien deshalb vor allem durch einzelne Perioden ihrer Vergangenheit geprägt, während die Kulturwürdigkeit von Werken der Gegenwart, etwa der zeitgenössischen Kunst, kaum zu beurteilen war. Dominant unter den öffentlichen Aktivitäten, die etwa seit der Jahrhundertwende im Begriff "Kulturpflege" zusammengefaßt wurden, war deshalb die Pflege bestimmter Zeugnisse der Vergangenheit, d. h. die Bau- und die Naturdenkmalpflege sowie der Aufbau von Archiven, Bibliotheken und Museen.

Im frühen 20. Jahrhundert wandelte sich das Kulturverständnis in zweifacher Weise. Zum einen wurden nicht mehr nur die Spitzenleistungen der "großen Männer" einer Nation, sondern auch das Geistesleben der gesamten Bevölkerung eines "Stammes" bzw. einer Region, d. h. ihre Traditionen, Werte und Ideen, Einstellungen und Mentalitäten sowie deren künstlerische Ausdrucksformen bis hin zu den (kunst-)handwerklich materiellen Produkten als Kultur gefaßt. Zum anderen wurde die Hochschätzung vergangener Kulturen durch die Akzeptanz dessen als kulturwürdig ergänzt, was als zeitgenössisches Kunstschaffen des Volkes erschien, insbesondere wenn es in der Tradition handwerlich-bäuerlicher Arbeiten stand. Deshalb konnte die entstehende Kulturpflege auch zur Förderung spezifischer zeitgenössischer Künstler und Werke übergehen; damit trat ihr Charakter als selektierende Kulturpolitik noch deutlicher hervor.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Kultur immer weniger als eine autonome, primär historisch geprägte Sphäre des Geisteslebens angesehen; statt dessen wurde ihre Abhängigkeit von der zeitgenössischen Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Bedeutung ihrer Trägergruppen betont. Damit wurde auch die Lebensweise der sozialen Gruppen, die Soziokultur, in das Kulturverständnis integriert. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurden schließlich die Prägekräfte der Kommerzialisierung und Internationalisierung gegenüber den traditionellen nationalen, regionalen und sozialspezifischen Determinanten der Kultur in den Vordergrund gerückt. Das räumlich und sozial bestimmte kulturelle Leben erschien zunehmend durch den Markt von Angebot und Nachfrage sowie durch die globaler werdende Zivilisation überformt, erhielt aber auch gerade durch ablehnende Reaktionen auf die Kommerzialisierung und Internationalisierung eine neue Bedeutung.

Insgesamt gesehen erweiterte, d. h. demokratisierte und internationalisierte sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts das Kulturverständnis in Deutschland beträchtlich. Um die Realität und Vielfalt des kulturellen Lebens erfassen und gliedern zu können, ist es sinnvoll, zusätzlich zu den bereits genannten Kriterien der Vergangenheits- und Gegenwartsorientierung, der sozialspezifischen Trägerschaft, der regionalen, nationalen und internationalen Ausrichtung auch die Inhalte und Zielsetzungen, letztlich das Kriterium der Weltanschauung, heranzuziehen. Damit können insgesamt sieben Kulturen und Kulturmilieus gebildet werden. Unter diesen sieben gleichermaßen für das Deutsche Reich bzw. die Bundesrepublik und für Westfalen relevanten Kulturen und Kulturmilieus sollen die verstanden werden. Sie sollen im folgenden näher skizziert werden. Abschließend wird dann auf den Prozeß der Auflösung dieses kulturellen Spektrums in den 1960er Jahren und dessen Ursachen näher eingegangen.
* Überarbeitete Fassung von: Karl Ditt, Kultur in Westfalen 1870-1970: Kategorien und Thesen, in: Westfälische Forschungen 47, 1997, S. 1-29.
 
 
 

2. Kulturelles Spektrum Westfalens
1870-1970

 
 
 

2.1 Klassische Kultur

 
 
 
Die Ursprünge der Klassischen Kultur liegen im 18. Jahrhundert, als Forscher, Philosophen, Dichter und Künstler der Aufklärung begannen, die Ansprüche von Religion und Herrschaft in Frage zu stellen und statt dessen überprüfbare Erkenntnisse sowie bestimmte moralische und politische Werte - z. B. Arbeitsorientierung und Hochschätzung von Leistung anstelle von Herkunft, Streben nach Selbständigkeit, Freiheit und Vervollkommnung der Individualität - für das Denken und Handeln der Menschen in den Vordergrund zu stellen. Darüber hinaus entwickelten sie philosophisch-politische Weltanschauungen - z.B. Überzeugung vom Fortschritt in der Geschichte, Nationalismus) -, die dem menschlichen Handeln neue Ziele geben sollten. In Skulptur und Architektur, Musik und Kunst, Literatur und Theater, Natur- und Geisteswissenschaften wurde diesen Werten und Anschauungen Ausdruck gegeben; zudem fanden sie vor allem im höheren Bildungssystem mit dem Ziel Aufnahme, die Jugend zu erziehen und zu "veredeln". Damit entstanden wesentliche Voraussetzungen dafür, daß sich die Klassische Kultur im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu einer das deutsche Sprachgebiet übergreifenden Nationalkultur entwickelte.

Die hegemoniale Stellung, die die Klassische Kultur im Kaiserreich einnahm, resultierte jedoch nicht nur daraus, daß sie die Ideen und Werte des Bürgertums widerspiegelte, sondern auch daraus, daß sie vom Bürgertum als herausragender Bestandteil der nationalen, deutschen Kultur insgesamt angesehen wurde. Vor allem nach der Reichsgründung vermischten sich die Ziele, die sich teils auf die Förderung einer moralisch handelnden, harmonischen Individualität sowie der Spitzenleistungen von Kunst und Wissenschaft, teils auf die Förderung der Leistungen des deutschen Volkes insgesamt richteten, zu einem konservativen, sendungsbewußten kulturellen Nationalismus. Die Pflege und Propagierung dieser individualistischen und nationalistischen, d. h. durchaus widersprüchlichen Zielsetzungen wurden zu einer wichtigen Aufgabe der sich im Kaiserreich entwickelnden bürgerlichen Kulturorganisationen und -institutionen sowie der entstehenden Kulturpolitik des Staates, der Länder, Provinzen und Städte. Das bedeutete eine Kanonisierung, aber auch Politisierung der Klassischen Kultur im Kaiserreich. Im Zuge der seit der Jahrhundertwende auflebenden breiten Volksbildungsbewegung sollte sie auch den Unterschichten vermittelt werden.

In Westfalen wurden die Klassische Kultur und die Wissenschaften zunächst vor allem in häuslichen Kreisen und in Vereinen gepflegt. Im Jahre 1872 entstand auf Anregung des Oberpräsidenten als erste gesamtwestfälische, kulturelle Dachorganisation der Provinzialverein für Wissenschaft und Kunst in Münster. Obwohl sich ihm ein Großteil der westfälischen Kulturvereine anschloß, blieb diese Dachorganisation ohne große Folgen für das regionale Kulturleben. Bedeutsamer waren die während der 1870/80er Jahre auf lokaler Ebene entstehenden kunst-, natur- und geisteswissenschaftlich orientierte Vereine, die z. T. jeweils mehrere hundert Mitglieder organisierten. Sie unterstützten die bereits in den 1820er Jahren in Preußen eingeführte Denkmalpflege, die sich der Sammlung, Inventarisierung, Erforschung und Darstellung der Geschichts- und Kunst-, dann auch der Naturzeugnisse widmete, und entwickelten eine breite Vortrags- und Publikationstätigkeit. Aus ihren Sammlungen entstanden die ersten, zumeist universal ausgerichteten Lokalmuseen sowie die Landesmuseen für Kunst (und Kulturgeschichte) (1908), für Naturkunde (1891) und für Vor- und Frühgeschichte (1931) in Münster. Diese Museen waren nicht nur Stätten der Sammlung und Sicherung, sondern prägten auch durch ihre Akzentsetzungen und Ausstellungen das gesellschaftliche Verständnis von lokaler, regionaler und z. T. auch nationaler Kultur und Geschichte, entzogen es der Vorherrschaft des Adels und setzten es der Diskussion und Kritik aus, d. h. "demokratisierten" die Interpretation.

Nach der Jahrhundertwende begannen zudem mehrere westfälische Städte auf Drängen und z. T. mit Hilfe von Spenden des Bürgertums eigene Theater zu errichten (Dortmund und Bielefeld 1904, Münster 1906, Hagen 1911, Bochum 1914, Recklinghausen 1925). Diese dauerhaften Einrichtungen hoben das Niveau der Aufführungen, die solange zumeist von Wandertruppen in größeren Gastwirtschaften geboten worden waren, und erreichten eine relativ breite bürgerliche Öffentlichkeit; damit wurden auch sie zu wichtigen Foren für die Verbreitung der Ideen und Zielsetzungen der Klassischen Kultur. Ebenfalls nach der Jahrhundertwende begannen einzelne Städte - z. T. auf der Basis von Privatstiftungen - eigene Bibliotheken aufzubauen, um der Bevölkerung bessere Voraussetzungen für den Genuß gehobener Unterhaltung, aber auch für den Erwerb allgemeiner und beruflicher Bildung zu bieten; unter diesen Einrichtungen nahm die im Jahre 1908 eingerichtete Stadt- und spätere Landesbibliothek Dortmund bald eine führende Stellung ein. Mit dieser Gründungswelle von Kultureinrichtungen, die programmatisch weitgehend einem nationalen und klassisch-elitären Kulturverständnis verpflichtet waren, schuf sich das Bürgertum über die breite Palette seiner Vereine hinaus eine kulturelle Infrastruktur.

Kern und Träger der Klassischen Kultur, das Konzept der humanistischen Bildung und das Bildungsbürgertum, gerieten jedoch gegen Ende des 19. Jahrhunderts in eine ideologische und soziale Krise, die zunächst bis zum Ende des Dritten Reiches dauerte. Sie resultierte teils aus der mangelnden Berücksichtigung von Technik und Naturwissenschaften, teils aus ihrem Ansatz, die Realität in idealisierter Weise widerzuspiegeln und den politischen Ideologien zu wenig Bedeutung beizumessen. Infolgedessen ließ in der Weimarer Republik die Gründung neuer Kulturorganisationen und -institutionen nach, und zahlreiche Einrichtungen, die bis dahin primär die Klassische Kultur verbreitet hatten, öffneten sich für Konzepte und Werke aus anderen Kulturtypen, insbesondere aus der Heimat- und Volkstumskultur. Allein in den Städten des Ruhrgebiets scheint - gleichsam in einem kulturellen Nachhinken - die Präsentation von Werken der Klassischen Kultur erst während der 1920er Jahre ihren Höhepunkt gefunden zu haben. Im Dritten Reich blieb die Klassische Kultur unangetastet, da sie von den Nationalsozialisten als "deutsches Kulturerbe" anerkannt wurde. Zudem setzten die ablehnenden Reaktionen des Publikums den Versuchen zur Politisierung der Klassischen Kultur häufig Grenzen, da ein "unpolitischer" kultureller Freiraum verteidigt werden sollte: In Westfalen wird dies etwa an den Spielplänen des Bochumer Stadtheaters unter dem Intendanten Saladdin Schmitt deutlich.

Nach dem Ende des Dritten Reiches erfuhr die Klassische Kultur neue Resonanz. Sie hatte sich nicht diskreditiert, sondern erschien wiederum als "deutsches Erbe", aus dessen Ideen- und Moralvorstellungen ein politisch-kultureller Neuanfang erwachsen und das in der Erweiterung zu einer (christlichen) Abendlandideologie ein Bollwerk gegen die sog. Zivilisation und Massenkultur bilden könne - Vorstellungen, die im Bürgertum auflebten, z. T. von der britischen Reeducation-Politik unterstützt und von der Bildungs- und Kulturpolitik der Länder und Kommunen gefördert wurden. Außerdem konnte die Klassische Kultur - wie z. T. schon in der Weimarer Republik - von der Verbreitung des Rundfunks und Fernsehens profitieren, da die öffentlich-rechtlichen Anstalten einen Bildungsauftrag hatten.
 
 
 

2.2 "Volkskultur"

 
 
 
Parallel zur Klassischen Kultur, die mit ihrem inhaltlich auf die "Klassik", formal auf die Spitzenleistungen von Kunst und Wissenschaft fixierten Kulturbegriff vor allem im Bürgertum der Städte verbreitet war, existierte im 19. Jahrhundert auf dem Lande und in den Kleinstädten mit der sog. Volkskultur ein eigenes Konglomerat von Kulturformen. Es umfaßte ein breites Spektrum von lokalen und regionalen, beruflichen und religiösen Sitten und Bräuchen, Geselligkeiten (Festen) und Protestformen. Sie zielten auf die symbolisch-praktische Bewältigung der Jahres-, Arbeits- und Familienzyklen, die Bewahrung einer traditionellen Rechts- und Sozialverfassung sowie die Gemeinschaftsbildung und Unterhaltung. Diese regional differenzierten Volkskulturen gaben jedoch keineswegs der Existenz einer "Gemeinschaft" bzw. nivellierten Gesellschaft und nur selten einem geographischen Zusammengehörigkeitsgefühl Ausdruck. Zwar entwickelten die Geselligkeiten und die damit verbundenen Vereine einen sozial übergreifenden Anspruch, der auf Traditionspflege und Stärkung eines gewissen Lokal-, Regional- und z. T. auch Nationalstolzes zielte, sie standen jedoch bis weit in das 19. Jahrhundert keineswegs dem gesamten "Volk" offen. Dies zeigt sich etwa in der Geschichte der Schützenvereine, die im ländlichen Westfalen, insbesondere im östlichen Sauerland, bis in die 1960er Jahre hinein z. T. mehr als die Hälfte der männlichen Bevölkerung vereinten und deren Schützenfeste die dominierenden Feste des Jahres bildeten. Hier gab es häufig mehrere Schützenvereine pro Gemeinde, in denen sich teils die Bauern, teils der gewerbliche Mittelstand, teils die Handwerksgesellen oder Landarbeiter organisierten. Ähnliche soziale Differenzierungen zeigte das Spektrum der im 19. Jahrhundert entstehenden Gesang- und Turnvereine, deren Unterhaltungs- und Geselligkeitsaktivitäten sich im Kaiserreich zu Elementen der Volkskultur entwickelten. Ihre Zunahme resultierte weniger aus der Verallgemeinerung von lokalen oder regionalen Volkstraditionen, vielmehr aus der vom Bürgertum bewußt vorgenommenen Verkoppelung von Unterhaltung und Nationalismus.

Offener und informeller, weil primär der Unterhaltung und dem Konsum dienend und deshalb auch von größerer Attraktionskraft für die Unterschichten, waren dagegen die Karnevalsfeiern, Kirmessen sowie die Vergnügungs- bzw. Volksparks in den Städten. Die Kirmessen waren zumeist aus Jahrmärkten hervorgegangen bzw. deren Begleiterscheinungen; sie entwickelten mit der Vielfalt ihrer Vergnügungs- und Kaufangebote eine schichtenübergreifende, überlokale Anziehungskraft, die bis zum "Blaumachen" führte, d. h. sie durchbrachen bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts mancherorts den Arbeitsrhythmus. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts unterlagen sie verstärkt Prozessen der Technisierung und Kommerzialisierung. Dazu trug die Aufnahme technischer Erfindungen wie etwa des Kinematoscops, die Vergrößerung der Fahrgeschäfte (Karussels, Achterbahnen) und die Entfaltung regionaler Werbemaßnahmen bei. Auch die nationale Organisierung der Schausteller seit den 1880er Jahren und die zunehmende Reglementierung durch die Aufsichtsbehörden drängten die traditionellen individuellen Schaustellungen, Merkwürdigkeiten, Kunst-, Kraft- und Geschicklichkeitsleistungen und Glücksspiele zurück.

Überlokale Bedeutung erreichten in Westfalen die Kirmes in Crange bei Castrop-Rauxel, die die Bevölkerung des Ruhrgebiets anzog, die Allerheiligen-Kirmes in Soest, das Libori-Fest in Paderborn und der Send in Münster. Die in den 1880er Jahren entstehenden Vergnügungsparks, in Westfalen auf dem Fredenbaum in Dortmund, waren gleichsam permanente Kirmessen auf anspruchsvollerem Niveau. Sie hatten ihre Blütezeit im Kaiserreich und in der Weimarer Republik und boten neben Restaurationsbetrieben vor allem technisierte Unterhaltungsanlagen (Achterbahnen, Wasserrutschen), Bootsfahrten, Schießbuden usw. Während ein Großteil der ländlichen Sitten und Bräuche mit dem Rückgang der Landwirtschaft, dem Einflußverlust der Kirchen und der Suburbanisierung vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückgingen, konnten sich die Unterhaltungsformen der Volkskultur in den Städten aufgrund ihrer Erlebnisformen und Kommerzialisierung - gleichsam als universale Frühform der Massenkultur - halten.
 
 
 

2.3 Volkstums- und Heimatkultur

 
 
 
Die Volkskultur wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von einem konservativen Bildungsbürgertum entdeckt und aufgewertet, d. h. in ihren Zeugnissen gesammelt, gesichert, erforscht und z. T. auch wiederbelebt. Damit wurde sie in einer spezifischen Verfremdung "kulturfähig" und begann seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts die Klassische Kultur in ihrer Funktion als nationales Kulturerbe zu ergänzen. Für diese Erweiterung des Kulturverständnisses waren mehrere Prozesse verantwortlich. Zum ersten begann das Bürgertum nach der erfolgreichen Reichsgründung von 1871 Rückschau zu halten und die Vergangenheit als eine Erfolgsgeschichte zu interpretieren, die in Verlauf und Zeugnissen nicht nur auf nationaler, sondern auch auf regionaler und lokaler Ebene beschrieben und erhalten werden sollte. Die Hinwendung zur Kultur des Volkes und der Heimat war also der Ausdruck eines Lokal- und Regionalstolzes und damit ein Komplementärphänomen des Nationalismus.

Zum zweiten führten der Übergang vom Agrar- zum Industriestaat und der Prozeß der Urbanisierung dazu, daß zahlreiche materielle Zeugnisse der Vergangenheit, vor allem Bau-, Kultur- und Naturdenkmäler, aber auch z. B. Mundarten, Sitten, Bräuche und Werte zerstört bzw. zurückgedrängt wurden. Unter dem Einfluß neoromantischer Vorstellungen betrachtete man diese Traditionen und Alltagszeugnisse der ländlichen, handwerklich-bäuerlichen Gesellschaft als Zeugnisse und Mosaiksteine des "Volkstums", das wiederum als Nährboden für die Spitzenleistungen einer Kultur angesehen wurde; das geniale Individuum würde aus dem durch Rasse, Landschaft und Geschichte bestimmten Volkstum hervorgehen. Die materiellen Zerstörungen der überlieferten Stadtbilder und Kulturlandschaften sowie der Wertewandel erschienen deshalb als kulturell-gesellschaftliche Verluste. Daraus leitete sich die Auffassung ab, daß das "Volkstum" und die als seine Prägekräfte angesehenen "Rasse" und "Landschaft" gegen sog. zivilisatorische oder moderne, d. h. nivellierende Einflüsse zu verteidigen und in ihren Zeugnissen sammel-, untersuchungs- und ausstellungswürdig seien.

Zum dritten versuchten konservative Reformkräfte seit dem Ende des 19. Jahrhunderts der hierarchisch erstarrten Gesellschaft des Kaiserreichs einerseits, den modernen Vorstellungen einer demokratischen oder sozialistischen Gesellschaft andererseits die Vorstellungen organischer Hof-, Stammes- und Volkskultur- und gemeinschaften als neue soziale und politische Leitideen entgegenzustellen.

Aus diesen nationalen und zivilisationskritischen Anschauungen entstand eine breite Palette von reformorientierten, teils idealistisch, teils völkisch-biologistisch orientierten Vereinen sowie eine entsprechende Literatur und Kunst. Sie thematisierten und idyllisierten "Heimat" und "Volkstum", bauten landschaftliche Stereotype auf bzw. verstärkten sie, stellten die Gemeinschaft gegen das Individuum, produzierten entsprechende Ideologien und werteten schließlich "das Fremde" gegenüber der "Heimat" ab. In der Weimarer Republik gewannen diese Anschauungen an Überzeugungskraft, schienen doch nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg die Werte "Heimat" und "Volkstum" sichere Grundlagen für eine soziale, kulturelle und politische Erneuerung zu bieten. Im Dritten Reich wurde ihre Förderung zu einem wichtigen Ziel der offiziellen Kulturpolitik. Zahlreiche Literaten und Künstler nutzten dies, indem sie idyllisierende oder monumentale Widerspiegelungen von sog. Volkskultur-, Gemeinschafts-, Natur- und Rassethemen vorlegten. Basis und Resonanz hatten diese Anschauungen vorwiegend in Kreisen des konservativen Bildungsbürgertums, aber auch, da sich in den zumeist kleinstädtischen Heimatvereinen die lokalen Honoratioren vereinigten, bei mittelständischen Kaufleuten, Fabrikanten und Handwerksmeistern. Fehlende Bildungsvoraussetzungen und soziale Schranken schlossen die Unterschichten von der Partizipation an der Heimat- und Volkstumskultur faktisch aus, obwohl deren Vertreter gerade diese Schichten zu gewinnen suchten. Von einem Großteil der Aktiven und Teilnehmer der tatsächlichen lokalen und regionalen Volkskultur waren die konservativen Kulturreformer damit häufig nicht nur durch ihren idealistischen Anspruch, sondern auch durch ihre soziale Herkunft und Stellung getrennt.

In Westfalen waren im Kaiserreich zunächst die organisierte Heimatbewegung und die z. T. plattdeutsch gehaltene Heimatdichtung besonders stark vertreten, letztere besaß durch ihre ersten Protagonisten Karl Wagenfeld und Augustin Wibbelt einen religiösen Akzent. In den 1920er Jahren breitete sich dann neben der Heimatliteratur, die zunehmend völkische Anschauungen transportierte, vor allem die Heimatkunst stärker aus; in Münster und Dortmund entstanden entsprechende, an das jeweilige Museum angelehnte Künstlergruppen. Die Volkstums- und Heimatkultur wurde dann von den Kulturpolitikern des Provinzialverbandes Westfalen, eine der zwölf höheren kommunalen Selbstverwaltungsorganisationen Preußens, mit einer kulturpolitischen Ideologie überhöht. Ihnen ging es über die Bewahrung der typischen Kulturzeugnisse der Vergangenheit hinaus um deren Präsentation als Zeugnisse eines "westfälischen Volkstums", um die Weckung eines Westfalenbewußtseins und die Förderung der Volksbildung, ja um die Versöhnung der Klassengegensätze auf dem gemeinsamen Boden der Heimat. Wenn auch die Reichweite und der Erfolg dieser Politik sich primär auf die Medien und die Politik der Dachorganisation der Heimatvereine, des Westfälischen Heimatbundes,und die von ihm organisierten Westfalentage und weniger auf die konkreten Aktivitäten der lokalen Heimatvereine konzentriert zu haben scheinen, so trug sie doch wesentlich dazu bei, daß dieser Kulturtyp in Westfalen während der 1920/30er Jahre seine stärkste Resonanz erfuhr. Seine Inhalte und Ziele beeinflußten die Arbeit der geisteswissenschaftlichen Vertreter der Universität Münster - der bis in die 1960er Jahre einzigen Universität Westfalens -, gingen in Literatur und Theater, Kunst und Museen ein und fanden auch Platz im Rundfunk. Mit der NS-Ideologie war die Heimat- und Volkstumsideologie kompatibel, ja sie nahm im Dritten Reich aufgrund ihrer Substitutfunktionen für eine fehlende, genuine NS-Kultur, des Einbaus folkloristischer Elemente und breiter kulturpolitischer Fördermaßnahmen noch Aufschwung.

Nach dem Untergang des Dritten Reiches wollten zahlreiche Vertreter der Heimat- und Volkstumsideologie diese Funktionen nicht wahrhaben. Sie pflegten weiterhin das Selbstverständnis, sich nach dem Beginn des Dritten Reiches weder umgestellt zu haben noch sich nach dessen Ende umstellen zu müssen. Sachlich setzten sie in neuer politischer Umgebung ihre Kernaufgaben der Bewahrung, Sammlung, Forschung und Verschönerung fort, nahmen als neue Aufgabe die Integration der Vertriebenen hinzu und begannen sich ideologisch etwas zu öffnen. In Westfalen konnte die regionale Heimatbewegung mit dieser Programmatik und der anhaltenden Unterstützung des Provinzialverbandes, seit 1953 Landschaftsverband Westfalen-Lippe, ihre Stellung behaupten. Auch unabhängig von der Heimatbewegung war die Kraft dieser Kultur, ihre Funktion, die Erfahrung rapiden Wandels und der Verluste, die die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, Flucht und Vertreibung gebracht hatten, zu kompensieren, so stark, daß sie sich auf nationaler Ebene in Musik (Volksmusik), Literatur und Film bis zum Ende der 1950er Jahre halten, ja sogar noch ausdehnen konnte. Diese Resonanz machten sich - von der Heimatbewegung zwiespältig betrachtet - auch die kommerziellen Interessenten der Massenkultur zunutze.
 
 
 

2.4 Moderne

 
 
 
Seit den 1890er Jahren entstand in Deutschland die Kultur der Moderne. Einer ihrer Ursprünge war die Auffassung, daß die zeitgenössische Klassische Kultur, die entstehende Volkstums- und Heimatkultur sowie die religiös und politisch gebundenen Kulturen die materiellen, sozialen und ideologischen Wandlungsprozesse des Industriezeitalters nicht adäquat reflektierten, daß insbesondere die bloße Widerspiegelung, geschweige denn die Idealisierung der Wirklichkeit durch die Kultur sowie die ihr zugedachten Erziehungs-, Veredlungs- und Politisierungsaufgaben unzeitgemäß geworden seien. Ebenso lehnten die Vertreter der Moderne die in einigen Kulturbereichen entstehende Fin-de-siècle-Stimmung und den historistischen Stileklektizismus als Konzepte einer sinnvollen, eigenständigen Interpretation der Gegenwart ab. Vielmehr versuchten sie - vor allem in Architektur, Kunstgewerbe, Musik, Literatur, Theater und Kunst - durch die Abkehr von den Vorgaben der Realität und der traditionellen (Re-)Konstruktionsprinzipien, durch die Aufgabe einer Rücksichtnahme auf gesellschaftliche Wertmaßstäbe und den Publikumsgeschmack, z. T. auch durch bewußte Gesellschaftskritik in künstlerischer Verfremdung und Provokationen neue, subjektive, das etablierte Kulturverständnis sprengende Ausdrucksformen zu entwickeln. Als Mitglieder einer europäischen Bewegung verstanden die Vertreter der Moderne zudem Kultur nicht als eine nationale, durch Geschichte oder Raum geprägte, sondern als eine weitgehend bindungslose, d. h. autonome und internationale Sphäre; auch damit standen sie im Gegensatz zu traditionellen Anschauungen.

Zu den Konsequenzen der Aufgabe überlieferter Kulturmaßstäbe gehörte eine vergleichsweise rasche Abfolge der Stile, so etwa vom Impressionismus zum Expressionismus und zur Neuen Sachlichkeit, der sich vor allem in Kunst, Literatur und Musik vollzog. Dieser Stilwandel wurde dadurch begünstigt, daß sich seit der Jahrhundertwende ein Massenmarkt mit neuen Medien (Film, Schallplatte, Rundfunk, Fernsehen), Darstellungs- und Reproduktionsmöglichkeiten entstand, der eine eigene Nachfragemacht ausübte und Moden einleitete. Die Vertreter der Klassischen und der Heimatkultur sahen sich mit ihren Prinzipien und Idealen in Frage gestellt; Begleiterscheinung der in der Folgezeit stets sich erneuernden und variierenden Moderne blieb deshalb das Ressentiment der Vertrteter der Klassischen Kultur sowie der Heimat- und Volkstumskultur. Die daraus entstehenden Konfrontationen wurden zu einer eigenen Triebkraft der Kulturentwicklung.

In Westfalen blieb die Moderne in Literatur, Theater, Musik und Kunst relativ schwach. Zwar gab es hier im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts mehrere Dichter und Künstler, die Werke der Moderne schufen, so z. B. August Macke, Christian Rohlfs, Wilhelm Morgner; viele verstreuten jedoch zumeist nach kurzer Zeit ab, da es in Westfalen an namhaften Ausbildungsstätten und großen Märkten fehlte. So war das Ruhrgebiet weniger eine moderne "Metropolis" als ein "Revier der großen Dörfer", in dem sich erst seit der Jahrhundertwende - gleichsam nachholend - eine Klassische Kultur entwickelte, die geradezu ein notwendiger Ausgangs- und Absetzpunkt für die Entstehung der kulturellen Moderne gewesen zu sein scheint. Hier scheiterten auch im Theater die in den 1920er Jahre unternommenen Ansätze der Präsentation moderner Formen und zeitgenössischer Inhalte weniger an den Intendanten als am Publikum. Allein in der Bildenden Kunst entstanden vor allem nach dem Ersten Weltkrieg in einigen Städten Westfalens Künstlerkreise, z. B. in Bielefeld die Gruppen "Rote Erde" und "Der Wurf", in Münster die "Freie Künstlergemeinschaft Schanze", in Hamm die Gruppe "Junges Westfalen", in Paderborn die "5 Westfalen", in Hagen der "Hagenring" und in Dortmund die "Dortmunder Künstlergenossenschaft e. V.", die mit z. T. modernen Werken eigene Ausstellungen organisierten und in die lokalen Museen vordrangen. Das im Jahre 1902 vom Mäzen Karl Ernst Osthaus in Hagen gegründete Museum Folkwang, das mit seinem Baustil, seinen Ausstellungen und Sammlungen ein Vorreiter der Moderne bildete, traf auf Widerstand, und seine Bestände wurden nach dem Tode seines Gründers im Jahre 1921 in das kapitalkräftige Essen überführt. In der westfälischen Dichtung dieser Zeit dominierte dagegen die Heimatliteratur. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten führte deshalb in Westfalen weder zu einer Welle von Exilierungen, noch zu einem generellen Kulturbruch. Für einige Künstler bedeutete sie eine Akzentverschiebung, für wenige ein Produktionsverbot und für manche Museen schließlich die Entlassung ihrer Leiter oder die Beschränkung ihrer Ausstellungspalette und Bestände im Zuge der Aktion "Entartete Kunst".

Nach dem Ende des Dritten Reiches zeigten sich erneut Ansätze der Kultur der Moderne in Westfalen, insbesondere im Bereich der Kunst und ihrer Museen. So bildeten sich um einige der bestehenden Kunstmuseen neue Kreise modern arbeitender Künstler wie z. B. in Hagen die "Westfälische Sezession 1945" oder in Recklinghausen die Gruppe "Junger Westen"; zudem entstand etwa mit dem Museum "Quadrat" in Bottrop eine Ausstellungsstätte, das primär dem Werk des modernen Künstler Josef Albers gewidmet war. In zahlreichen anderen Kunstmuseen traten an die Stelle der teils konservativen, teils nationalsozialistischen Direktoren ideologisch offenere Leiter, die den Werken der modernen Kunst neuen Platz einräumten, "wiedergutzumachen" und nachzuholen versuchten.
 
 
 

2.5 Arbeiter- und Arbeiterbewegungskultur

 
 
 
Vor dem Kaiserreich gab es in Deutschland keine eigene Arbeiterkultur, allenfalls eine "Kultur der Arbeit" bzw. spezifische Berufskulturen. Sie basierten auf arbeits- und berufsspezifischem Wissen und Erfahrungen, äußerten sich in Gemeinschafts- und Resistenzformen und fanden in Symbolen, Ritualen und Festen kulturellen Ausdruck; Ziel war die Aufrechterhaltung traditioneller Rechte und der Solidarität. Die in den 1860er Jahren unternommenen Versuche des liberalen Bürgertums, die Arbeiter über die Vermittlung von beruflicher und allgemeiner Bildung in die bürgerliche Gesellschaft sozial und kulturell zu integrieren, erreichten nur kleine Gruppen. Sie scheiterten letztlich an der mangelnden Konzessionsbereitschaft und dem Herrschaftsbedürfnis des Bürgertums sowie den Repressionsmaßnahmen des Staates.

Daraufhin entwickelten Sozialdemokratie und Freie Gewerkschaften in den 1880er Jahren eine sog. Arbeiterbewegungskultur. Teils wollten sie in der Klassengesellschaft ein eigenes Milieu aufbauen, das Selbsthilfe, Selbstdarstellung und Selbstbewußtsein der Arbeiter fördern und den eigenen Organisationen neue Mitglieder gewinnen sollte, teils wollten sie in Eigenregie die Arbeiter mit "dem Besten" der bürgerlich-klassischen Kultur vertraut machen und kulturell erziehen. Dazu gründeten sie zahlreiche Zeitungen und Vereine, die der ganzen Familie von "der Wiege bis zur Bahre" Gemeinschaft, Aufgaben und Sinn boten. Zu den mitgliederstärksten Vereinen gehörten die Arbeiter-Turn- und Sängervereine, die Theaterbesucherorganisation Freie Volksbühne, die Freidenker und die Naturfreunde.

Die Arbeiterbewegungskultur stand jedoch von Beginn an vor einem vieldiskutierten Grundproblem. Einerseits reproduzierte sie inhaltlich zumeist das bürgerliche Kulturangebot, andererseits versuchte sie die emanzipativen Zielsetzung der Solidarität - nicht zuletzt durch die Gemeinsamkeiten der kulturellen Betätigung und Erfahrung in einem sozialistisch-kommunistischen Kontext - zu akzentuieren. D. h. die Arbeiterbewegungskultur baute zwar die Schwellenangst der Arbeiter vor den bürgerlichen Kulturinstitutionen ab, verbürgerlichte dabei aber auch; die Erfahrung der häufig überlegenen Konkurrenz des professionalisierten und zumeist reicheren bürgerlichen Kulturangebots lockerte zudem das Klassenbewußtsein. Letztlich verblieb die Arbeiterbewegungskultur im Kaiserreich und in der Weimarer Republik in einem Ghetto, da ihre Vertreter keine Zusammenarbeit mit den bürgerlichen Kulturorganisationen suchten und das Bürgertum seinerseits Anerkennung und Zusammenarbeit ablehnte.

In Westfalen scheint die Arbeiterbewegungskultur, die sich vor allem in den Städten des märkischen Sauerlands, des Ruhrgebiets und Minden-Ravensbergs ausprägte, keine Besonderheiten angenommen zu haben. Wie anderswo auch boten hier Gewerkschaftskartelle, sozialdemokratisch-gewerkschaftliche Bildungskommissionen und Vereine den Arbeitern Bunte Abende mit Liedern, Konzerten, Vorträgen, Rezitationen, Sport- und Theaterveranstaltungen, organisierten den Theaterbesuch und stellten Bibliotheken bereit; insgesamt lag der Akzent auf einem Angebot von Unterhaltung und Klassischer Kultur. Eine Arbeiterkultur, die über den lokalen Rahmen hinaus und von anderen Gruppen der Gesellschaft anerkannt worden wäre, ging daraus nicht hervor - die Leistungen blieben auf Laienniveau. Allenfalls bildete sich gegen Ende der 1920er Jahre im Ruhrgebiet ein Kreis sozialistisch inspirierter Literaten von regionaler Bedeutung heraus - Bruno Gluchowski, Erich Grisar, Peter Polter, Erik Reger -, zudem wurden mit den Sprechchören und Agit-Prop-Aufführungen neue theatralische Gestaltungsmittel adaptiert. Jenseits der Zielsetzung, durch die Organisation eines speziellen Kulturangebots die Arbeiter zu "veredeln" und das eigene Milieu zu stärken, wurde jedoch kein eigenes kulturpolitisches Konzept entwickelt. Das zeigte sich in der Weimarer Republik, als die SPD in einigen westfälischen Städten die politische Macht mitübernehmen konnte. Teils mangels einer eigenen Programmatik, teils aus der Überzeugung, daß die Republik nicht durch eine Klassenkultur geprägt werden dürfe, überließ sie die kommunale Kulturpolitik zumeist den bürgerlichen Koalitionsparteien, die wiederum die Aktivitäten und Institutionen der Klassischen und der Heimatkultur stärkten.

Die Auseinandersetzung der Arbeiterbewegung mit der kulturellen Moderne bestand zumeist in der Ablehnung; mit den neuen Formen der Massenkultur freundete sie sich nur widerwillig und unter dem Druck ihrer Mitglieder an. Teils folgten die Vertreter der Arbeiterbewegung den Abwertungen dieser Kultur durch die Vertreter der Klassischen Kultur, teils wollten sie an der Auffassung von der bildenden, erziehenden und politischen Mission ihrer eigenen Kulturarbeit festhalten. Gegen Ende der Weimarer Republik lebte damit das alte Grundproblem der Arbeiterbewegungskultur wieder auf, die Verfolgung politischer Ziele und das Bestreben nach "Hebung" der Arbeiter einerseits und die sich weitgehend auf Unterhaltung und damit auf das Angebot der Massenkultur richtenden Interessen ihrer Anhänger andererseits miteinander zu vereinen: eine kaum lösbare Aufgabe.

Umso erstaunlicher ist es, daß weder die Zerschlagung der Arbeiterbewegung im Dritten Reich noch die auf nationaler Ebene vielfach ablehnende und skeptische Haltung der Sozialdemokratie, die Kulturorganisationen wieder aufzubauen, es nach 1945 verhindern konnten, daß entsprechende Initiativen im Ruhrgebiet und im Bielefelder Raum Erfolg hatten. Hier entstanden sozialdemokratische Zeitungen und Kulturvereine neu, und zusätzlich wurden in Recklinghausen ganz im Sinne der traditionellen Devise, den Arbeitern das Beste der bürgerlich-klassischen Kultur zu bieten, die Ruhrfestspiele ins Leben gerufen. Erst in den 1960er Jahren, als sich die sozialdemokratische Bewegung weiter verbürgerlichte und das Klassenbewußtsein verschwand, verlor auch das sozialdemokratische Kulturleben in Minden-Ravensberg und im Ruhrgebiet seine Bindekraft.
 
 
 

2.6 Religiöse Kulturen

 
 
 
Ähnlich wie der sozialistischen Arbeiterbewegung gelang es gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Katholischen, weniger dagegen der Evangelischen Kirche, sich stärker am kulturellen Leben zu beteiligen und ein eigenes Milieu aufzubauen. Hintergrund ihres Engagements war, daß sich nach der im 18. Jahrhundert einsetzenden Säkularisierung, des Aufschwungs der Wissenschaften und der Entstehung der Klassischen Kultur als einer neuen, bürgerlichen "Ersatzreligion" gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Aufschwung der Arbeiterbewegung, der anlaufenden Massenkultur und der weiteren Infragestellung der biblischen Aussagen und kirchlichen Glaubenssätze durch die Wissenschaften die Prozesse der Dechristianisierung und Entkirchlichung noch beschleunigten. Auf diese umfassenden Herausforderungen reagierten die Kirchen mit der Entwicklung einer breiten Palette von Symbolen, Feierlichkeiten, Prozessionen und Wallfahrten, der Gründung eines eigenen umfangreichen Komplexes von Bildungs- und Kulturvereinen sowie der Entsendung ihrer Vertreter in die Kulturvereine des Bürgertums; die Katholische Kirche, die im sog. Kulturkampf durch den Staat besonders herausgefordert wurde, war dabei letztlich erfolgreicher, ein eigenes Milieu aufzubauen. Eine Verallgemeinerung ihrer Kulturen über die eigene Klientel hinaus blieb jedoch aus, d. h. die katholische Kultur blieb wie die sozialistische in einem Ghetto.

Zu den größten Organisationen innerhalb des Vereinskatholizismus gehörten die bereits 1844 gegründeten Borromäusvereine, die "gute" Bücher bereitstellen wollten, das 1849 gegründete Kolping-Werk, die seit 1855 gegründeten Knappenvereine und die seit den 1880er Jahren entstehenden Arbeitervereine, die die soziale Unterstützung und religiös-kulturelle Betreuung katholischer Handwerksgesellen und Bergarbeiter übernahmen, dann vor allem der 1890 gegründete Volksverein für das katholische Deutschland. Er wollte auf die Erfordernisse der Industriegesellschaft durch die Verbreitung der Volksbildung eingehen und sie durch die "Förderung der christlichen Ordnung" religiös beeinflussen. Inhaltlich stellten die kirchlichen Kulturvereine bis zum Ersten Weltkrieg neben Unterhaltung und religiös-moralischer Stärkung vor allem Angebote aus der Klassischen Kultur, seit den 1920er Jahren - infolge der Adaptierung des Gemeinschaftsgedankens - auch aus der Heimat- und Volkstumskultur bereit. Darüber hinaus versuchten sie vor dem Ersten Weltkrieg durch die Reformkinobewegung sowie durch die Gründung von Turn- und Sportabteilungen in den katholischen Jünglingsvereinen, die im Jahre 1920 in einer Dachorganisation, der Deutschen Jugendkraft (DJK), zusammengeschlossen wurden, bestimmte Formen der Massenkultur zu adaptieren. Fürchteten die Vertreter der Arbeiterbewegung, daß die Hinwendung zu diesen neuen Unterhaltungsformen die sozialistische Programmatik verblassen lassen würde, so fürchteten die Präsides der katholischen Vereine eine Gefährdung der Sittlichkeit und Entfremdung ihrer Mitglieder; infolgedessen erfolgte die Aufnahme der neuen Massenkulturformen in beiden Fällen mit Zurückhaltung.

In den westfälischen Regionen Münsterland, Paderborn und kurkölnisches Sauerland war der Katholizismus im Vergleich zum übrigen Deutschland besonders stark; hier waren z. T. mehr als 90 v. H. der Bevölkerung katholischer Konfession. Die Mitgliedschaft der Katholiken in der bedeutendsten Kulturorganisation der Katholischen Kirche, dem Volksverein für das katholische Deutschland, lag in Westfalen während des Kaiserreichs und der Weimarer Republik etwa doppelt so hoch wie in den übrigen preußischen Provinzen und deutschen Ländern. Dies war die Voraussetzung dafür, daß sich nicht nur ein selbstbewußtes katholisches Glaubensleben entwickelte, sondern daß sich auch in Symbiose mit der Volkskultur eine reiche katholische Kultur entfaltete. Sie kam vor allem in Festen, seit den 1880er Jahren auch in einer Gründungswelle katholischer Vereine zum Ausdruck. Im westfälischen Teil der Diözese Paderborn sollen vor dem Ersten Weltkrieg knapp die Hälfte der katholischen Bevölkerung in entsprechenden Vereinen organisiert gewesen sein: ein Resultat der erfolgreichen Werbung der Kirche in einem durchweg ländlich geprägten Raum. Darüber hinaus wurden hier Filialen des Bühnenvolksbundes, d. h. der katholischen Theaterbesucherorganisation, gegründet. In den kleineren Städten und Dörfern hatte die Katholische Kirche z. T. bis in die 1950er Jahre eine unbestrittene Funktion als kulturelle Zensurinstanz, ja fast ein Kulturmonopol, das sie u. a. durch die Adaptierung der neuen Formen der Massenkultur, vor allem des Films und des Sports, zu verteidigen suchte. Die hohe Zahl und Zunahme der katholischen Vereine im Ruhrgebiet seit den 1880er Jahren erklärt sich nicht nur aus dem hohen Anteil von Katholiken, sondern auch daraus, daß sie sich an der Bewältigung der sozialen Not beteiligten, zuziehende Arbeitskräfte zu integrieren suchten und die Sozialdemokratie bekämpften. Darüber hinaus wurden in den größeren Städten katholische Vereins- und Pfarrbibliotheken, Lesezirkel und Theatergruppen gegründet. Als zu Beginn der Weimarer Republik die kulturellen Aktivitäten der Katholischen Kirche im Zentral-Bildungsausschuß der katholischen Verbände zusammengefaßt wurden, entstanden auch im Ruhrgebiet auf lokaler Ebene Katholische Bildungsausschüsse, die Kulturveranstaltungen, insbesondere Lesungen und Vorträge, organisierten.

Die Versuche der Evangelischen Kirche, eine eigene Kultur zu entwickeln, waren deutlich schwächer. Im Unterschied zur Katholischen Kirche war ihr Verhältnis zum Staat eng, so daß ihren Aktivitäten ein Großteil des Antriebs zum Aufbau einer Gegenkultur fehlte; statt dessen partizipierte sie im Kaiserreich an dem Glanz der nationalen Feste. Die enge Symbiose zwischen Evangelischer Kirche und Monarchie in der Gründungsphase der Arbeiterbewegung, z. T. auch die starke Bildungsorientierung der evangelischen Arbeitervereine, hielt einen Großteil der protestantischen Arbeiter von einer Teilnahme ab, so daß der Resonanzboden der politischen und kulturellen Organisationsversuche geringer war: Die protestantischen Arbeiter wurden deshalb für andere Kulturtypen, insbesondere für die sozialistische, empfänglicher. In Westfalen waren vor allem Minden-Ravensberg, Lippe, das märkische Sauerland und das Siegerland protestantisch. Hier hatte sich im frühen 19. Jahrhundert z. T. in Reaktion auf die Aufklärung mit dem Pietismus eine Bewegung entwickelt, die die Welt in einem gottlosen Zustand sah, aus dem nur durch eine besondere Frömmigkeit Erweckung, Erlösung und Wiedergeburt erlangt werden könnte. Während in Minden-Ravensberg zwei bis drei Generationen vielfältig engagierter Geistlicher diesen Glauben u. a. durch eine breite Erbauungsliteratur sowie zahlreiche Kultur- und Geselligkeitsvereine und -veranstaltungen (Musikfeste) auch gegen innerkirchliche Reformbestrebungen stärkten und damit schichtenübergreifend Resonanz fanden, scheint er im Siegerland stärker von Laien propagiert worden zu sein.
 
 
 

2.7 Massenkultur

 
 
 
Die sog. Massenkultur, die letzte große Einzelkultur des hier behandelten Spektrums, setzte Ende des 19. Jahrhunderts ein, begann sich in der Weimarer Republik zu entfalten, erhielt während des Dritten Reiches teils Restriktionen, teils Förderungen und nahm dann in der Bundesrepublik einen rasanten Aufschwung; erst jetzt erhielt sie definitiv einen vergesellschaftenden Charakter, d. h. erfaßte alle Schichten der Gesellschaft. Ihre Produzenten wollten Unterhaltung und Entspannung bieten, um Profit zu machen. Eine erste Voraussetzung für die Entfaltung der Massenkultur war die Existenz technischer und organisatorischer Möglichkeiten, Massen ansprechen zu können. Technisch mußten Möglichkeiten zur Erreichbarkeit und Mobilisierung von Massen sowie zur Vervielfältigung oder Wiederholung der Inhalte geschaffen werden. Dies wurde mit der Verbesserung der Transportmöglichkeiten bzw. der Entwicklung der Massenmedien - Presse, Schallplatte, Kino, Rundfunk, Fernsehen - möglich, die Schrift, Ton und Bild reproduzieren konnten. Organisatorisch war dazu ein eigener Apparat der Produktion, Organisation und Distribution, d. h. die Entstehung einer Unterhaltungsindustrie, erforderlich. Inhaltlich mußte ein Angebot bereitgestellt werden, das möglichst jedermann, d. h. geschlechter-, schichten-, konfessions- und parteiübergreifend, interessierte und ohne spezifische Voraussetzungen zugänglich war. Das bedeutete einerseits, daß spezifische ästhetische, moralische, weltanschauliche oder politische Anschauungen möglichst nicht propagiert, insbesondere keine Erziehungs- und Politisierungsabsichten verfolgt werden sollten, um nicht abschreckend zu wirken. Auch war es sinnvoll, weitgehend auf Bildungsvoraussetzungen zu verzichten. Das bedeutete andererseits, ein möglichst breites Unterhaltungs- und Entspannungsangebot bereit zu stellen. Dazu gehörte die Organisierung von Reisen und Sportereignissen bis hin zur Bereitstellung von leichten Lesestoffen und Hörspielen, Musikstücken und Filmen. Dabei bedienten sich die Produzenten der Massenkultur häufig der Inhalte, die ihnen die anderen Kulturtypen zur Verfügung stellten und paßten sie gebenenfalls z. B. durch Bildung von Stereotypen und glättenden Bearbeitungen (einfache Kontraste, Idyllen, Happy Ends) ihren Bedürfnissen an.

Die Schaffung eines Systems massenhafter Produktion und Distribution bedeutete eine beträchtliche Marktabhängigkeit und ein hohes finanzielles Risiko. Die Produzenten der Massenkultur standen in dieser Hinsicht unter den gleichen Gesetzen wie die Warenproduzenten. Teils verstärkte dies inhaltliche Nivellierungsbestrebungen, teils führte das Bestreben nach Erhöhung der Attraktivität des Angebots und die Konkurrenz der massenkulturellen Formen untereinander zu technisch-künstlerischen Höchstleistungen des Unterhaltungsangebotes. Außerdem übte die Marktabhängigkeit auch einen gewissen Zwang zum Wechsel des kulturellen Angebots, zur Adaptierung und Initiierung von Moden, sowie einen Anreiz zur engen Verflechtung mit den Medien aus.

Die Massenkultur fand vor allem seit den 1920er Jahren Resonanz. Die Vertreter der etablierten Kulturen reagierten jedoch zumeist mit Ablehnung, da die Zielsetzungen der Unterhaltung, Entspannung und des Profits traditionelle, kulturelle und soziale Bindungen oder Abgrenzungen überwanden bzw. vernachlässigten sowie moralische, religiöse und politische Erziehungsziele in Frage stellten. Jedoch versuchten sie zugleich, bestimmte Massenmedien und Massenkulturformen, so den Rundfunk, den Film, das Fernsehen und den Sport, zur Verbreitung der eigenen Kulturideologie einzusetzen. Letztlich behielten diese jedoch einen Großteil ihrer kommerziellen bzw. öffentlich-rechtlichen Autonomie.

In Westfalen scheint die Massenkultur keine Besonderheiten entwickelt zu haben. Im Bereich des Films erfolgte nach dem Auftreten der ersten Wanderkinos seit der Mitte der 1890er Jahre die Gründung fester Kinos nach der Jahrhundertwende. Ihre Zahl, Größe und Ausstattung nahmen zu Beginn der 1920er Jahren noch einmal zu, um dann bis zum Beginn der 1950er Jahre zu stagnieren, seit Beginn der 1960er Jahre dann zurückzugehen. Gemessen an der Bevölkerung wich im Jahre 1935 die Zahl der Kinoplätze in der Provinz Westfalen mit 24 pro 1 000 Einwohner nur leicht vom reichsdeutschen Durchschnitt (27 Plätze) ab. Das Publikum dürfte anfangs entsprechend der Wirkungsstätten der frühen Filmvorführungen - Kirmessen und Varietes - eher aus den Unterschichten gekommen sein, erweiterte sich aber bald mit dem Übergang zu den festen, gut ausgestatteten Kinos sowie der "Veredlung" und Verlängerung der Filme auch auf die Mittel- und Oberschichten.

Dominierte im Medium Film von vornherein das Unterhaltungsangebot, so lag im frühen Rundfunk der Akzent neben der Informationsvermittlung vor allem auf der Darbietung von Elementen der Klassischen Kultur (Bildungssendungen, Klassische Musik und Literatur in Form von Hörspielen). Das Programm integrierte jedoch unter dem Einfluß der Parteien und gesellschaftlichen Organisationen bald auch Lesungen und Vorträge aus den Bereichen der Heimatkultur, der Kirchen und der Arbeiterschaft, dann auch der leichten Unterhaltung (Sport, Musik). Das Medium Rundfunk bot damit ein breiteres kulturideologisches Spektrum als der Film. Im Dritten Reich wurde der Rundfunk zunächst im Sinne der Nationalsozialisten politisiert, griff dann aber auch die Interessen einzelner Berufsgruppen auf und erhöhte seinen Anteil an leichter Unterhaltung, insbesondere im Bereich der Musik. In der frühen Bundesrepublik wurde die Unterhaltungsdominanz im Programm wieder eingeschränkt; statt dessen differenzierte sich das Programm stärker denn je: Prozesse, die sich an der Geschichte des im Jahre 1924 in Münster gegründeten Nord-Westdeutschen Rundfunks ablesen lassen. Jenseits des unmittelbaren Programmangebots zeigte sich die Bedeutung des Rundfunks auch darin, daß der jeweilige Standort der Sender zu einem Kristallisationspunkt für zahlreiche Kulturproduzenten wurde. So gewann etwa innerhalb Nordrhein-Westfalens Köln, wohin im Jahre 1927 einer der neun Regionalsender des Deutschen Reiches, die Westdeutsche Funkstunde, der spätere WDR, von Münster hin verlegt wurde, an kultureller Bedeutung.

Der Sport, der im Unterschied zum Turnen nicht die Prinzipien der (militärischen) Exaktheit, Haltung und Disziplin, sondern des Wettkampfs betonte, breitete sich in Westfalen wie im Reich insgesamt seit der Jahrhundertwende aus. Triebkräfte der Entwicklung waren je nach Sportart Gruppen aus den Mittel- und Oberschichten. In der Weimarer Republik expandierte der Sport beträchtlich, da er über seine Eigendynamik für Aktive und Zuschauer hinaus vielfältigen Interessen entgegenkam. Die Kommunen unterstützten den Sport durch den Bau von Hallen und Stadien, die Reichswehr sah in bestimmten Sportarten ein paramilitärisches Übungsfeld, die Unternehmer förderten den Werksport, weil er eine Möglichkeit bot, das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu stärken, und die Kirchen nahmen den Sport in ihr Kulturangebot auf, um kulturell gleichsam konkurrenzfähig zu bleiben. Wie kaum ein anderes Element der Massenkultur erhielt der Sport damit Unterstützung aus einem breiten gesellschaftlichen und politischen Spektrum; bis zum Ende der Weimarer Republik konnte er sich jedoch im allgemeinen nicht von seinen ausgeprägten weltanschaulichen Einbindungen befreien. Lediglich das Ruhrgebiet entwickelte sich seit den 1920/1930er Jahren zu einer Sport-, speziell Fußballregion, gab es hier doch mit der Städte- und Unterschichtenkonzentration ein hohes Potential von Aktiven und Zuschauern sowie ein hohes gesellschaftliches Integrationsbedürfnis, das der Sport z. T. erfüllen konnte.

Im Unterschied zu einigen anderen Kulturideologien, die häufig der segregierten Identitätsstiftung dienen sollten, hatte die Durchsetzung der Massenkultur bedeutende soziale Integrationsfolgen. Mit ihrem Ziel, durch die Popularisierung bestimmter Themen, Ideen, Werte und Zielsetzungen möglichst große Resonanz zu gewinnen, schuf die Massenkultur Verbindungen zwischen Gruppen und Räumen, in denen üblicherweise unterschiedliche kulturelle Sozialisationen herrschten. Vor allem die kulturell noch relativ wenig festgelegte Jugend erhielt dadurch Gelegenheit zu Unterhaltung, Geselligkeit und Identitätsfindung jenseits der traditionellen religiösen und politischen Milieus. Letztlich nahm die Massenkultur damit die Bedeutung und Funktionen der Volkskultur an.
 
 
 
 

3. Reduktion des kulturellen Spektrums
seit den 1960er Jahren

 
 
 
Die Skizzierung der Kulturtypen in Westfalen und ihres Wandels, die hier vor allem unter Berücksichtigung ihrer sozialen Träger, Organisationen und Institutionen sowie ihrer ideologischen Ausrichtung vorgenommen worden ist, hat mit der besonderen Ausprägung der "Raum" und "Stamm" betonenden Heimat- und Volkstumskultur sowie der in Teilen Westfalens herrschenden Arbeiterbewegungskultur und der religiösen Kulturen besondere Akzente hervortreten lassen. Die Akzentuierung dieser Kulturen läßt sich durch die Konzentration bestimmter sozial und konfessionell geprägter Bevölkerungsgruppen einerseits, eine spezifische Kulturpolitik bestimmter Organisationen und Institutionen (Kirchen, Arbeiterbewegung, Provinzial- bzw. Landschaftsverband Westfalen) andererseits erklären. Andere Kulturtypen gewannen in Westfalen kein besonderes Profil; insbesondere war die Kultur der Moderne trotz einzelner Ansätze im Bereich der Kunst wenig vertreten - nicht zuletzt eine Folge des Fehlens kultureller Massenmärkte in der Form von Metropolen.

Das skizzierte Spektrum der Kulturen in Westfalen mit seinen besonderen Ausprägungen existierte im großen und ganzen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre - dann schrumpfte es. Zum ersten verlor die Klassische Kultur mit ihrer Gegenüberstellung der Dimensionen von Kultur und Natur, Kultur und Zivilisation, ihrem idealistischen Menschenbild und aufklärerischen Erziehungsdenken in den 1950er Jahren an Bedeutung. Zudem ließ ihr die öffentliche Kulturpolitik jetzt nicht mehr wie selbstverständlich das Gros ihrer finanziellen Ressourcen zuteil werden. Schließlich trat auch das Bildungsbürgertum, das diese Ideen mit Hilfe idealistisch-nationaler Argumente und gegen naturwissenschaftlich-wirtschaftliche Ideologien zur Hegemonialkultur gemacht hatte, im Zuge der sozialen Nivellierungsprozesse in der frühen Bundesrepublik in den Hintergrund; seine Philippika gegen Technik und Bürokratie, Avantgarde und Massenkultur wurde zum Rückzugsgefecht.

Ebenfalls an Bedeutung und Resonanz verloren die Volks- sowie die Volkstums- und Heimatkultur. Ob in den ländlichen Gebieten gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch eine geschlossene Volkskultur existierte, ist zweifelhaft. Das Brauchtum und die Volksfeste verschwanden jedenfalls allmählich, verloren ihre Sozialisationsfunktionen oder erhielten durch Kommerzialisierungsprozesse einen anderen Charakter. Wiederbelebungsversuche durch die Heimatbewegung und insbesondere die Nationalsozialisten schufen in der Regel nur Folklore. Die Heimatkultur verlor in der Bundesrepublik mit der Abnahme ihrer Trägergeneration, dem Deutlichwerden, daß ihre interpretative Bewältigung der Realität und ihre Handlungsvorschläge nachhinkten und unzulänglich waren, der Kommunalisierung und Verstaatlichung mancher ihrer Aufgaben sowie der Reduzierung ihrer Förderung durch die öffentliche Hand an Beachtung. Vor allem die beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen, die die Heimat- und Volkstumskultur lange Zeit als Ausdruck der genuinen Kultur der Bevölkerung gefördert hatten - nicht zuletzt, um das Raumbewußtsein in ihrem Geltungsbereich zu stärken -, konnten diesen Niedergang nicht verhindern bzw. dem Verblassen der traditionellen Paradigmen von Raum und Volkstum keine neuen, realitätsangemesseneren Definitionen der Spezifika der rheinischen und westfälischen Kultur entgegenstellen. Damit machten sie letztlich den Weg frei für vielfältige Initiativen der Städte einerseits und des Landes Nordrhein-Westfalen andererseits, die seit den 1970er Jahren zunehmend begannen, Formen der Alltags- und Stadtteilkultur finanziell und durch die Bereitstellung von Einrichtungen zu fördern bzw. "kulturelle Leuchtfeuer" zu setzen. Das Land begann dann in den 1980er Jahren auch, in der Nachfolge seiner regionalen Wirtschaftspolitik eine regionale Kulturpolitik zu betreiben, nicht zuletzt um ein neues Regional- und Landesbewußtsein entstehen zu lassen, hinter dem das traditionelle Rheinland- und Westfalenbewußtsein verblassen sollte.

Noch stärker trat nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die Bedeutung der religiösen Kulturen und der Arbeiterbewegungskultur zurück. Weder die Kirchen noch die Sozialdemokratie bauten ihre weltanschaulich-kulturellen Vorfeldorganisationen wieder auf. Zu deutlich waren bereits gegen Ende der Weimarer Republik deren Verselbständigungsbestrebungen geworden, zu groß die Erodierung des jeweiligen Milieus, zu lang insbesondere die Unterbrechung des Vereinslebens aufgrund der nationalsozialistischen Verbote, zu stark auch die Einsicht, daß es in der geplanten demokratischen Gesellschaft keine Ghettokulturen geben sollte. Nur im Ruhrgebiet kam es aufgrund einer verspäteten Sozialdemokratisierung zur Ausbildung eines dichten, bis in die 1970er Jahre reichenden kulturellen Organisationsgeflechtes. Die Reduzierung des Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen kulturellen Spektrums in den 1950/60er Jahren resultierte also einerseits aus einer deutlicher werdenden Inkongruenz zwischen Ideologie und realer Entwicklung, dem Nachlassen der Mobilisierungskraft, ja auch der Diskreditierungen der politischen und religiösen Weltanschauungen sowie der Heimat- und Volkstumsideologie. Sie war ein Begleitphänomen der Auflösung der sozialen Milieus und der damit verbundenen Mentalitäten.

Andererseits wurde die Auflösung des kulturellen Spektrums von der Expansion anderer Kulturen und der hinter ihnen stehenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Triebkräfte vorangetrieben. Dazu gehörte zum ersten die Kultur der Moderne. Sie war in Westfalen teils aufgrund mangelnder Metropolen und Kulturmärkte, teils aufgrund der besonderen Stärke der Heimat- und Volkstumskultur, die einen Großteil der öffentlichen Kulturförderung auf sich vereinen und wichtige Kulturinstitutionen besetzen konnte, relativ schwach vertreten. Zwar dauerte die gesellschaftliche Ablehnung der modernen Kultur, insbesondere im Bereich der Musik und Malerei, bis weit in die 1950er Jahre an. Sie profitierte aber unmittelbar vom Zusammenbruch des Dritten Reiches mit seiner antimodernen Kulturpolitik, dann auch von der Liberalisierung des kulturellen Lebens, die ihre Kritiker aus den anderen Kulturen zu größerer Zurückhaltung und Toleranz erzog. Die Öffnung Deutschlands nach Westen, das Wiederanknüpfen an Traditionen der Weimarer Zeit und Wiedergutmachungsmaßnahmen verbesserten dann die Voraussetzungen für die Entwicklung und Resonanz der Moderne in Kunst, Architektur, Musik, Theater und Literatur. Trotz der Entstehung entsprechender Künstler- und Dichterkreise, der Gründung von Museen für moderne Kunst und der Einführung moderner und modernisierter Stücke in das Theater blieb jedoch dieser Kulturtyp in Westfalen - gerade im Vergleich zum Rheinland - weiterhin schwach ausgeprägt.

Zweite Triebkraft der Zerstörung des kulturellen Spektrums mit ihren ideologisch gebundenen Kulturen war die Massenkultur. Sie konnte nicht nur die zahlreichen, insbesondere im Dritten Reich unternommenen Versuche, für politische Ideologien eingespannt zu werden, überstehen, sondern profitierte auch in der Bundesrepublik von der Öffnung nach Westen und der Zunahme der Freizeit. Sie wurde von allen sozialen Gruppen der Bevölkerung vor allem für die Ausfüllung ihrer Freizeit und ihres Unterhaltungsbedarfs genutzt. Diesem Bedürfnis kamen die Sparten der Massenkultur mit ihren breiten Angebot, einem raschen Programm- und Ereigniswechsel und zunehmender Professionalisierung, vor allem im Sport, entgegen. Die Verbreitung der Medien förderte die Massenkultur zusätzlich: Das Radio hielt bis zum Ende der 1950er Jahre in nahezu jeden Haushalt Einzug, das Kino erfuhr ebenfalls bis zum Ende der 1950er Jahre einen Zuschauerboom und wurde dann - ähnlich wie das Theater - durch das neue Massenmedium Fernsehen zurückgedrängt, das sich in der zweiten Jahrhunderthälfte, insbesondere mit der in den 1980er Jahren erfolgenden Öffnung für das Unterhaltungsangebot von Privatsendern, mit dem Radio zum wichtigsten Medium der Freizeitnutzung entwickelte. Diese Medien vermittelten in zunehmendem Maße Unterhaltung, insbesondere in der Form von Hörspielen, Filmen, leichter Musik und Sport. Damit erweiterte die Massenkultur ihren generationen- und sozialspezifischen Einzugsbereich deutlich und gewann an Dynamik; sie wurde seit den 1960er Jahren zur dominierenden Kulturform.

Dritte Triebkraft der Zerstörung des überlieferten kulturellen Spektrums wurde schließlich die Ende der 1960er Jahre einsetzende umfassende Protestbewegung der Jugend, die sich u. a. auf dem Feld der Kultur kritisch mit den überlieferten Ideen, Werten und Autoritäten auseinandersetzte und damit insbesondere die Klassische Kultur, die Heimat- und Volkstums sowie die religiösen Kulturen angriff. Sie erweiterte das Kulturverständnis, begriff - in der Nachfolge von Marx, Adorno und Horkheimer - ein Großteil der kulturellen Strömungen, insbesondere die kommerzielle Massenkultur, als Kultur der Herrschenden, d. h. als Form des Opiums für das Volk und der Ablenkung von den gesellschaftlichen Gegensätzen und sah vielmehr die Funktion der Kultur in der Gesellschafts- und Ideologiekritik. Darüber hinaus suchte sie die Teilhabe an der Kultur auszudehnen ("Kultur für alle") und stärker durch selbstbestimmte Unterhaltungs- und Geselligkeitsformen auf der lokalen Ebene zu etablieren. Mit diesen Zielsetzungen gewann sie seit den 1970er Jahren vielfach die Unterstützung der kommunalen Kulturpolitik.

Infolgedessen begann sich das etablierte Kulturspektrum seit den 1970er Jahren von sieben auf vier große Kulturformen zu verringern: auf eine bildungsbürgerlich geprägte Klassische Kultur, die jedoch ihre Leitfunktion verloren hatte, auf eine professionalisierte Kultur der Moderne, die weiterhin primär Expertenkreise ansprach, in ihren historischen Formen jedoch zu einem Bestandteil der Klassischen Kultur wurde, auf eine dominante, sehr differenzierte und kommerzialisierte Massenkultur, die die breite Bevölkerung ansprach, und auf eine lokale, in vielfältigen Formen auftretende Soziokultur, die ebenfalls Funktionen der ehemaligen Volkskultur übernahm, z. T. auch Nährboden für Trends der Moderne und der Massenkultur wurde.
 
 
 
 

4. Literatur

 
 
 

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4.2 Westfalen

 
 
 
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Bierbach, Wolf
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Bootz, Andreas
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Ditt, Karl
Prinzipien und Perspektiven Landschaftlicher Kulturpolitik in Westfalen, in: Archivpflege in Westfalen und Lippe 52. 2000, S. 30-42.

Ditt, Karl
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Vom Kaiser-Panorama zum Heimatfilm. Kinogeschichten aus Bielefeld und der Provinz Westfalen, Marburg 1996.

Foerst, Walter (Hg.), Rundfunk in der Region. Probleme und Möglichkeiten der Regionalität, Köln 1984.

Foerste, Lotte
Westfälische Mundartliteratur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Münster 1987
Frank, Matthias
Kultur im Revier. Die Geschichte der Ruhrfestspiele Recklinghausen (1946-1956), Würzburg 1986.

Framke, Gisela (Hg.)
8 Stunden sind kein Tag. Freizeit und Vergnügen in Dortmund 1870 bis 1939, Dortmund o. J.

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Die Literatur Westfalens. Von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, Paderborn 1993.

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"... für die schwer arbeitende Bevölkerung". Kulturpolitik in Bochum 1945-1960, Bonn/Berlin 1992.

Fritz, Rolf
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Gärtner, Marcel
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Gehrmann, Siegfried
Fußball, Vereine, Politik. Zur Sportgeschichte des Reviers 1900-1940, Essen 1988.

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Honnef, Klaus/Schmidt, Hans M. (Hg.)
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