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(116 KB)   Winkelmann, Friedrich: Porträt Vinckes als Kammerpräsident in Ostfriesland und Westfalen, 1804 / Privatbesitz / Münster, Landesarchiv NRW Staatsarchiv Münster   Winkelmann, Friedrich: Porträt Vinckes als Kammerpräsident in Ostfriesland und Westfalen, 1804 / Privatbesitz / Münster, Landesarchiv NRW Staatsarchiv Münster
TITELPorträt Vinckes als Kammerpräsident in Ostfriesland und Westfalen, 1804
URHEBER OBJEKTWinkelmann, Friedrich
DATIERUNG1804
GEOPOSITIONGoogle Maps OSM | 51.745228273865200 (NS), 8.712327182292938 (EW) (exakt)


INFORMATIONJugendlich sah, wie das im Juni/Juli 1804 angefertigte Porträt zeigt, auch noch das Gesicht des Präsidenten der Kriegs- und Domänenkammer in Aurich aus. Erstmals wurde Ludwig Vincke im Jahre 1803 ein führendes Amt in der Regionalverwaltung übertragen, was als Vertrauensbeweis der Regierung in die fachliche Qualifikation des strebsamen Westfalen zu werten ist. Wegen der eingeschränkten Kompetenzen der Kammer - aufgrund der beachtlichen traditionellen ständischen Selbstverwaltungsrechte Ostfrieslands - sah Ludwig dem neuen Wirkungskreis zunächst mit gemischten Gefühlen entgegen. Doch alsbald bekannte er seiner Schwester Luise: "Es liegt ein ganz eigenes Gefühl darin, der erste in einer ganz beträchtlichen Provinz zu sein, vielleicht kann kein einziger Zivilbeamter in unserem Staate dieses mit gleichem Grunde von seiner Lage sagen". [1] Der höchste Repräsentant einer Provinz war, wo es ihn gab, der Militärgouverneur. Ostfriesland war aber weitgehend von Truppen entblößt, nur in Emden lag eine Garnison aus angeworbenen Söldnern. Auch kannte die Provinz keine Pflicht zur Stellung von Rekruten. Aufgrund dieser Besonderheit besaß der junge Kammerpräsident in der Tat die höchste Autorität vor Ort.

Nicht ganz stimmig für einen Bewunderer der englischen Selbstverwaltung kritisierte Vincke, daß die Grundsteuer größtenteils in die landschaftliche Kasse floß, daß die Stände um Beiträge zu größeren Aufgaben gebeten werden mußten und daß die Ämter wie Sinekuren in den Händen adeliger Landdrosten lagen. Einige Jahre später, als Vincke Denkschriften zum preußischen Reformwerk beisteuerte, rühmte er hingegen unter dem Beifall Steins einige Elemente der ostfriesischen Verfassung. Nicht die adeligen Vorrechte hob er heraus, sondern die unbeschränkte persönliche Freiheit der Bauern, ihre Repräsentation in den Ämtern, die Landtagsfähigkeit der Städte, die Zusammensetzung der Landtage aus Adel, Bauern und städtischen Abgeordneten. Obwohl Vincke nur ein Jahr in Ostfriesland tätig war, trennte er sich ungern von hier. Im Rückblick bedauerte er den Weggang, glaubte er doch in Aurich glücklicher und nützlicher gewesen zu sein als in Münster und Hamm, als Präsident zweier für den preußischen Staat bedeutenderer Kammern. Aufgrund seiner Anhänglichkeit an Ostfriesland empfand er die Zuordnung der Provinz zum Königreich Hannover, die auf dem Wiener Kongreß vereinbart wurde, sehr schmerzlich. Eindringlich versuchte er den Verlust abzuwenden und Hardenberg mit dem merkwürdigen Argument zu überzeugen, ein Ostfriese sei mehr wert als zwanzig halbfranzösierte Bewohner des linken Rheinufers. Als das verklärte Ostfriesland 1866 doch noch an Preußen fiel, war Vincke schon über zwanzig Jahre tot. Anders erging es der Region Westfalen, für die er 1804 zum Kammerpräsidenten bestellt wurde.

Noch kurz vor Vollendung seines 30. Lebensjahres, am 10. November 1804, wurde Ludwig Vincke als Nachfolger Steins zum Präsidenten der Kammern von Münster und Hamm ernannt. Die größere Aufgabe fand äußerlich schon in der Besoldung einen Niederschlag. Wurde der Auricher Posten mit rund 2.150 Reichstalern, so der Münsteraner mit 2.250 und der Hammer mit 1.350 Reichstalern dotiert. Nicht zufällig stand Münster an der Spitze. Von hier aus war das durch die Säkularisation neuerworbene, ehemals fürstbischöfliche Territorium zu verwalten. Eine anspruchsvolle Integrationsaufgabe lag vor dem jungen Präsidenten, die freilich bereits von seinem Amtsvorgänger behutsam in Angriff genommen worden war. In Hamm, von wo aus die altpreußisch-protestantischen Gebiete verwaltet wurden, überließ Vincke Kammerdirektor von Rappard die Führung der laufenden Geschäfte. Sein eigener Amtssitz war das Schloß zu Münster, dessen linken Flügel er bewohnte, während der höchste militärische Repräsentant des preußischen Staates in Westfalen, der kommandierende General Gebhard Leberecht von Blücher, im rechten residierte. Beide standen in einem guten Einvernehmen zueinander.

Was die Tätigkeit des Kammerpräsidenten von Münster zusätzlich belastete, war nicht so sehr die Truppenstationierung in Westfalen als die Ressentiments führender gesellschaftlicher Kreise des Münsterlandes. Allgemein war die neueingeführte Kammer bei der Bevölkerung unbeliebt. Zwischen Vincke und den Münsteranern bestand ein wechselseitig kühles Verhältnis, das bis zu einem gewissen Grade immer bestehen bleiben sollte. Die Pflege unvoreingenommener persönlicher Beziehungen zu Katholiken war dadurch keineswegs ausgeschlossen. Im Kollegium, das Vincke 1804 vorfand, gab es eine Mehrheit westfälisch-protestantischer Altpreußen neben einer Minderheit katholischer Münsterländer, unter ihnen August Ferdinand Graf von Merveldt, zu dem der Präsident vertrauensvolle Beziehungen unterhielt. Ein sehr gutes Verhältnis bestand auch zu dem zehn Jahre älteren Domdechanten Ferdinand August Spiegel Freiherr zum Desenberg, während der illustre Kreis um Franz von Fürstenberg und Amalie von Gallitzin auf Distanz blieb. Letzterer steht für einen beachtlichen Teil des münsterländischen Adels dieser und auch der kommenden Generation. 1815 war Vincke deshalb nicht gerade erfreut darüber, daß ihm wieder das Münsterland als Wirkungskreis zugewiesen wurde. Trotz aller Vorlieben für die altpreußischen Märker, die in seiner Heirat mit Eleonore von Syberg ihren sprechendsten Ausdruck fand, plädierte Vincke als Oberpräsident in der Provinz Westfalen immer für eine ausgeglichene soziale und konfessionelle Rekrutierung der Beamtenschaft auch in den oberen Rängen, wobei er in Berlin nicht in der gewünschten Weise Gehör fand.

Das abrupte Ende von Vinckes Karriere an der Spitze der Kammern, den seit der französischen Besatzung im Jahre 1806 sogenannten Administrationskollegien, ist als ein prägendes Ereignis herauszuheben. Erfolgte die Entlassung am 30. März 1807 durch den französischen Gouverneur schon wegen einer dezenten Sabotage, so entwickelte sich nun in Vincke eine offene Widerstandshaltung, bis hin zur Werbung für einen bewaffneten Aufstand. Er verließ Münster als preußischer Patriot, wenn auch mit Zweifeln am Monarchen und der Regierung, doch als Gegner rheinbündischer Gesinnung. Keineswegs zweifelte er aber an der Notwendigkeit zeitgenössischer Reformen in Staat und Gesellschaft.


[1] Zit. nach Heinrich Kochendörffer, Vincke. Erster Teil (1774-1807), Soest 1932, S. 120.


TECHNIKÖl auf Leinwand
FORMATjpg
MASZE36 x 29 cm


OBJEKT-PROVENIENZPrivatbesitz
FOTO-PROVENIENZMünster, Landesarchiv NRW Staatsarchiv Münster


QUELLE    Burg, Peter | Ludwig Freiherr von Vincke | Dia 05, S. 34-37
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.7   1800-1849
DATUM AUFNAHME2004-02-23
AUFRUFE GESAMT1873
AUFRUFE IM MONAT151