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(85 KB)   Synagoge Bielefeld: Die Ruine, 1939 / Bielefeld, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek   Synagoge Bielefeld: Die Ruine, 1939 / Bielefeld, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek
TITELSynagoge Bielefeld: Die Ruine, 1939
DATIERUNG1939
GEOPOSITIONGoogle Maps OSM | 51.745228273865200 (NS), 8.712327182292938 (EW) (exakt)


INFORMATIONMit der Pogromnacht vom 09.11.1938 verbindet sich vor allem die Erinnerung an die Zerstörung der Synagogen. [1] Hunderte von Synagogen und Beträume wurden im ganzen Reichsgebiet zerstört. Die genaue Zahl vermag bis heute niemand exakt zu benennen. In der Propaganda der NSDAP wird das Pogrom auf die "spontane Empörung" des deutschen Volkes als Reaktion auf das Attentat auf den deutschen Diplomaten vom Rath am 07.11. in Paris und seinen Tod um 17.39 Uhr am 09.11. zurückgeführt. Tatsächlich hatten sich diese zerstörerischen Ereignisse schon länger aufgebaut und erfolgten keineswegs spontan und unvorbereitet. Nach dem "Anschluss" Österreichs im März 1938 richteten sich die Terrorakte bald nicht mehr nur gegen die Menschen, sondern auch gegen ihre Synagogen. Am 14.10. und 15.10. wurden insgesamt dreizehn Wiener Synagogen verwüstet. Auch in Deutschland arbeitete man 1938 an einer systematischen Entfernung von Synagogen aus dem Stadtbild. In München, Nürnberg, Kaiserslautern und Dortmund waren zwischen Juni und Oktober bereits die Synagogen abgebrochen oder gesprengt worden. Dies geschah nicht durch spontane Pogrome, sondern auf politischen Druck und behördliche Anweisung. Ebenso kam es auf dem Lande, vor allem in kleineren hessischen und fränkischen Gemeinden, bereits im September und Oktober zu Übergriffen auf Synagogen [2] (zu Dortmund siehe Bild 5  Medien).

"Die gezielte Entweihung und Zerstörung aller Synagogen im deutschen Reich und Herrschaftsbereich war die wirkungsvollste und grausamste mögliche Attacke auf das zentrale öffentliche Symbol der jüdischen Minderheit insgesamt -und auf das Herz des sozialen Geflechts der Gemeinden. [...] Unmissverständlicher als durch die Synagogenbrände konnte auch das NS-Regime nicht zum Ausdruck bringen, dass ihm jegliches weitere Verbleiben der jüdischen Bevölkerung in Deutschland unerwünscht war"
schreibt Michael Brocke. [3]

Auch die Mehrzahl der westfälischen Synagogen wurde in der Pogromnacht zerstört. Meist setzte man die Gebäude in Brand, nachdem zuvor die Inneneinrichtung zertrümmert worden war. Vielerorts lagen die Torarollen und der silberne Toraschmuck auf der Straße. Bei diesen Aktionen waren die Rollen zwischen Partei, Gestapo, Ordnungspolizei, SA und SS genau verteilt, um den reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Die Polizei sollte die Aktionen nicht "stören", Plünderungen jedoch unterbinden. In Einzelfällen "musste" man es bei der Verwüstung belassen, weil infolge der dichten Bebauung ein Feuer auch die Nachbargebäude bedroht hätte. Versuchte hier und dort die Feuerwehr den Brand zu löschen, wurde sie unter massiven Drohungen und dem Zerschneiden von Schläuchen durch die SA und die Schaulustigen am Löschen gehindert. Man wies die Feuerwehrleute an, nur ein Übergreifen der Flammen auf die Nachbarhäuser zu verhindern.

Die Ruinen mussten meist in den folgenden Wochen und Monaten auf Anweisung der Behörden gänzlich abgetragen werden oder fielen während des Krieges den Bombardierungen zum Opfer, Von den mehr als 200 Synagogen, die es in den dreißiger Jahren in Westfalen gab, standen im Sommer 1945 nur noch ca. 70. Die jüdischen Gemeinden hatten diese Gebäude bereits vor 1938 verkauft, da sie infolge des Mitgliederschwundes durch Fortzug und Auswanderung keine Gottesdienste mehr abhalten konnten. Die neuen nichtjüdischen Eigentümer nutzten die Gebäude zu profanen Zwecken. Daher entgingen sie der Vernichtung.

Das Foto aus dem Jahr 1939 zeigt die ausgebrannte Ruine der Bielefelder Synagoge. Sie war am Morgen des 10.11. durch Gestapo und SS in Brand gesetzt worden. Seit diesem Tag sind die Torarollen und der Toraschmuck verschollen. Die Synagoge brannte bis auf die Umfassungsmauern ab. Die Ruine aber sollte noch einige Jahre stehen bleiben. Erst im Dezember 1942 waren alle Spuren beseitigt. Heute erinnert an dem Grundstück Turnerstraße 5 ein 1978 aufgestellter Gedenkstein an die Synagoge. [4]


[1] Zum Novemberpogrom ist in dieser Reihe ein eigenes Heft erschienen: Andreas Determann: Das Novemberpogrom 1938 in Westfalen. Münster 1988 (Westfalen im Bild. Dokumente zur Zeitgeschichte, H. 6).
[2] Feuer an Dein Heiligtum gelegt. Zerstörte Synagogen 1938. Nordrhein-Westfalen. S. XIX.
[3] Feuer an Dein Heiligtum gelegt. Zerstörte Synagogen 1938. Nordrhein-Westfalen. S. XX.
[4] Einwohner, Bürger, Entrechtete, Sieben Jahrhunderte jüdisches Leben im Raum Bielefeld. Katalog bearbeitet von Monika Minninger, Anke Stüber, Rita Klussmann. Bielefeld 1988. S. 175ff.


TECHNIKFoto
FORMATjpg


FOTO-PROVENIENZBielefeld, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek


QUELLE    Ridder, Thomas | Synagogen in Westfalen | Dia 10, S. 38-40
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
Ort2.1   Bielefeld, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet6.8.10   Juden
16.4   Jüdische Gemeinden
16.6.1   Kirchenbau, Sakralbauten / Kirchenaausstattung
DATUM AUFNAHME2004-02-23
AUFRUFE GESAMT5709
AUFRUFE IM MONAT274