MEDIEN

(80 KB)   Ehemalige Synagoge Dortmund: "Zierde der Stadt, für Jahrhunderte berechnet" / Dortmund, Stadtarchiv   Ehemalige Synagoge Dortmund: "Zierde der Stadt, für Jahrhunderte berechnet" / Dortmund, Stadtarchiv
TITELEhemalige Synagoge Dortmund: "Zierde der Stadt, für Jahrhunderte berechnet"


INFORMATIONDortmund zählt zu den Orten Westfalens, in denen bereits seit dem Mittelalter die Ansiedlung von Juden urkundlich belegt ist. Die früheste Erwähnung von Juden in Verbindung mit Dortmund und Westfalen fällt in die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts. Schon im Mittelalter verfügte die jüdische Gemeinde über ein eigenes Bethaus mit Mikwe. Im 16. Jahrhundert vertrieben, konnten sich die Juden erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder in Dortmund ansiedeln. [1]

Die sich neu entwickelnde Gemeinde richtete ihr erstes Zentrum in einem Privathaus an der Weberstraße (heute Hansastraße/Freistuhl) ein. Von 1854 an verfügte die Kultusgemeinde über ein eigenes Synagogengebäude am Wüstenhof (heute Hansastraße/Bissenkamp/Hohe Luft). Das rasche Anwachsen der Mitgliederzahl von etwa 600 um 1870 auf ca. 2000 Personen im Jahr 1900 veranlasste die Gemeinde bereits in den neunziger Jahren, eine neue und größere Synagoge zu planen. Hierzu konnte sie in zentraler Lage am Hiltropwall ein passendes Grundstück erwerben. Die Gemeinde wünschte sich ein großes, repräsentatives Bauwerk.

Anders als viele deutsche Großstadtgemeinden entschied sich die Dortmunder Gemeinde gegen den romanischen Stil. Auf der dem Synagogengrundstück gegenüberliegenden Seite war 1895 das Gebäude der Oberpostdirektion im neugotischen Stil fertiggestellt worden. Dessen Baustil entsprach den Vorstellungen Kaiser Wilhelms II. Die Anpassung der Synagoge an den Stil des staatlichen Gebäudes und damit an den Stil des Deutschen Reiches scheint bei der Auswahl der Wettbewerbsentwürfe bestimmend gewesen zu sein. Die Entscheidung des Preisgerichts für Eduard Fürstenau, Regierungsbaumeister in der preußischen Bauverwaltung in Berlin, kann daher als politisch verstanden werden. Die Mehrheit der Dortmunder Juden reagierte so auf Strömungen in der Gesellschaft, die den deutschen Juden jegliches Nationalgefühl absprachen und damit ihre Gleichberechtigung anzweifelten.

Die Anfang Juni 1900 feierlich in Gegenwart zahlreicher Repräsentanten der Provinz und der Stadt eingeweihte Synagoge besaß 750 Sitzplätze für Männer im Erdgeschoss und 450 für Frauen auf den Emporen. Als Synagoge einer Gemeinde mit liberalem Ritus besaß sie auch eine Orgel. Der Dortmunder Oberbürgermeister Schmieding nannte in seinem Grußwort die Synagoge eine "Zierde der Stadt, für Jahrhunderte berechnet".

Das Ende dieser Synagoge kam schon Herbst des Jahres 1938. Bereits im Sommer gab es erste Bestrebungen, das Gebäude abzureißen. Wahrscheinlich ging es darum, Dortmund als künftige "Gauhauptstadt" zu planen. In dieser konnte es unmöglich eine Synagoge geben, die zu den prächtigsten in ganz Deutschland gehörte. Gegenüber der Synagoge wollte sich zudem die Kreisleitung der Dortmunder NSDAP ansiedeln. Deren Leiter Friedrich Hesseldieck wollte die Synagoge daher aus ideologischen Gründen entfernt haben. Mit Drohungen und erpresserischen Mitteln zwang man die Kultusgemeinde zum Verkauf des Gebäudes. Sobald die Stadt als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen war, beschlagnahmte die Gestapo einen Tag später die Kaufsumme. Am 19. Oktober 1938 begann die Sprengung der Synagoge, am 30. Dezember war der Abriss beendet.

Auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge befindet sich heute das Stadttheater. Der Bereich heißt seit 1988 "Platz der alten Synagoge". Eine Tafel und ein Gedenkstein erinnern an die Synagoge und an die Menschen, die dort beteten.


[1] Diethard Aschoff: Juden in Westfalen. S. 9. - Günter Birkmann, Hartmut Stratmann: Bedenke, vor wem du stehst. S. 48-54. - Feuer an Dein Heiligtum gelegt. Zerstörte Synagogen 1938. Nordrhein-Westfalen. S. 109.


TECHNIKFoto
FORMATjpg


FOTO-PROVENIENZDortmund, Stadtarchiv


QUELLE    Ridder, Thomas | Synagogen in Westfalen | S. 28f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
Ort1.2   Dortmund, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet16.4   Jüdische Gemeinden
16.6.1   Kirchenbau, Sakralbauten / Kirchenaausstattung
DATUM AUFNAHME2004-02-23
AUFRUFE GESAMT4190
AUFRUFE IM MONAT250