QUELLE

DATUM1863-10-30   Suche   Suche DWUD
URHEBER/AUSSTELLERBörstinghaus, J.
TITEL/REGESTArbeitsordnung für die Arbeiter der Steinkohlenzeche Hannover
TEXT[Bl. 352v] Arbeitsordnung
für die auf der
Steinkohlenzeche Hannover
beschäftigten Arbeiter.

Auf Grund des über das Bergbau Aufsichtsrecht der Bergbehörde und über das Verhältnis der Bergbau und Hütten Arbeiter bestehenden Gesetzes vom 21. Mai 1860 wird für die Steinkohlenzeche Hannover, vorbehaltlich der Bestätigung der Bergbehörde, folgende Arbeits-Ordnung erlassen:

§. 1.
Jeder Arbeiter muß bei der Annahme zur Arbeit seine Legitimationspapiere und, in sofern er bereits früher beim Bergbau beschäftigt gewesen ist, namentlich ein Zeugniß des Bergwerks-Eigenthümers, bei dem er zuletzt in Arbeit gestanden hat, oder dessen Stellvertreters, beziehungsweise der Polizei-Behörde, oder wo dieses nicht der Fall ist, die zu seiner Aufnahme in den Knappschafts-Verein oder aber zu seinem Beitritt zum Tagelöhner Kurfond erforderlichen Bescheinigungen bei dem Betriebsführer deponieren.

[Bl. 352v] §. 2.
Jeder auf der Zeche beschäftigte Arbeiter verpflichtet sich, neben Beobachtung der im Gesetze vom 21. Mai 1860 enthaltenen Polizei-Verordnungen die ihn überwiesenen Arbeiten mit Sorgfalt und nach bergmännischen Regeln auszuführen, und hat, wenn er dawiderhandelt oder den Anordnungen seiner Vorgesetzten nicht pünktlichen Gehorsam leistet, oder aber willkührlich ohne erhaltenen Urlaub feiert, ohne Erlaubniß Grubenhölzer oder Gezähe verwechselt, die von anderen Arbeitern genommenen Kohlen als die seinigen fördern läßt, an den Streckenpfeilern Kohlen raubt, die Markscheiderstufen losreißt, mit seinen Mitarbeitern Streit anfängt, dieselben neckt, schimpft oder schlägt, die Strecken und Querschläge oder überhaupt die Grubenbaue durch Befriedigung seiner natürlichen Bedürfnisse verunreinigt, sich ungesittet aufführt oder seine Vorgesetzten belügt, eine Disziplinarstrafe bis zur Höhe eines Thalers nach Festsetzung der Gruben-Verwaltung zu erlegen.

§. 3.
Zu spätes Erscheinen bei der Arbeit und [Bl. 353r] zu frühes Verlassen derselben wird außerdem entsprechenden Lohnabzüge mit 2 1/2 bis 10 Sg. bestraft.
Wer ohne genügende Hinderungs-Ursachen 1/4 Stunde nach beendigtem Verlesen erscheint, hat kein Recht mehr, für die Schicht zugelassen zu werden.

§. 4.
Jeder Arbeiter ist verpflichtet, ein vorschriftsmäßiges Lohnbuch zu führen, und solches spätestens bis zum 15. des Monats auf der Steigerstube abzugeben, und den verdienten Lohn nebst Abzüge in dasselbe eintragen zu lassen.

§. 5.
Betrunkene Arbeiter werden zur Arbeit nicht zugelassen, und es ist der Genuß von Branntwein und sonstigen geistigen Getränken während der ganzen Dauer der Arbeitszeit untersagt. Wer solche Getränke auf die Grube bringt oder bringen lässt, daselbst verbirgt, trinkt oder betrunken zur Grube kommt, erleidet eine Disziplinarstrafe bis zum Betrage von 20 Sg.

§. 6.
Zur Anbringung von mündlichen Ansuchen [Bl. 353v] und Beschwerden, welcher Art diese auch sein mögen, haben höchstens drei Mann gleichzeitig in ruhiger Weise den Repräsentanten oder Betriebsführer anzugehen.

§. 7.
Die nach dieser Arbeits-Ordnung verhängten Strafgelder fließen zur Knappschaftskasse.

Zeche Hannover, den 30. October 1863.
Der Repräsentant
gez. J. Börstinghaus.
Beglaubigt Hambarti

[Nachsatz]
Vorstehende Arbeitsordnung wird auf Grund des §. 1 und 3. des Gesetzes vom 21. Mai 1860 hiermit oberbergamtlich bestätigt.
Dortmund, den 3. November 1863.

[Stempel]

Königliches Ober-Berg-Amt.
[Unterschrift unleserlich]
ERLÄUTERUNGSeit dem 21.05.1860 waren Arbeitsordnungen für alle Zechen verpflichtend. Die Zechenleitungen erstellten das Reglement und legten es der Bergbehörde zur Genehmigung vor. Die Vorschriften dienten einerseits der Disziplinierung der Arbeiter, andererseits trugen sie - wie das Alkoholverbot - auch erheblich zur Arbeitssicherheit bei.

Vor Schichtbeginn wurden die Namen aller Arbeiter verlesen und abgehakt. Dadurch war stets die genaue Zahl der einfahrenden Bergleute bekannt. Bei Grubenunglücken und anderen Zwischenfällen konnte man so schnell feststellen, wie viele Arbeiter sich noch in der Grube befanden. Das morgendliche Verlesen wurde bald durch die Einführung der Markenkontrolle abgelöst.


PROVENIENZ  Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen
BESTANDOberbergamt Dortmund
SIGNATURNr. 1774


SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ1.3   Einzelquelle (in Volltext/Regestenform)
Zeit3.8   1850-1899
Ort1.1   Bochum, Stadt <Kreisfr. Stadt>
1.2   Dortmund, Stadt <Kreisfr. Stadt>
1.5   Ruhrgebiet
Sachgebiet10.6   Wirtschaftsstruktur, Wirtschaftsorganisationen
10.9   Arbeit, Beschäftigte
10.9.2   Arbeitswelt
10.14   Montanindustrie
DATUM AUFNAHME2004-03-31
AUFRUFE GESAMT3274
AUFRUFE IM MONAT234