QUELLE | ||
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DATUM | 1920-08-08 ![]() ![]() | |
URHEBER/AUSSTELLER | Bäker, Hermann | |
AUSSTELLUNGSORT | Freisenbruch | |
TITEL/REGEST | Brief des Hermann Bäker an seinen Freund Wilhelm Stockmeier mit Schilderung seiner Arbeitsbedingungen als Ziegler | |
TEXT | Briefumschlag ist adressiert: An Herrn Wilhelm Stockmeier Müssen No. 82 Post Pivitsheide Lippe Detmold Absender: Hermann Bäker Freisenbruch b[?] Steele = Ruhr Kreis Hattingen. Freisenbruch, 8.8.20. Lieber Freund Wilhelm! Im Besitz deines werten Briefes, kann ich dir mitteilen das es mir noch recht gut geht. Du wirst sicher schon auf ein Schreiben gewartet haben, aber nimm es mir nicht für übel, denn man hat immer soviel zu schreiben, daß man selbst nicht weis welcher der erste sein soll. Nun lieber Freund Wilhelm wie geht es dir denn noch immer? Wie du mir schriebst, bist du noch wohl immer in Detmold und verlebst dort deine frohen Stunden. Bei euch zu Haus ists ja auch noch nicht alle beim alten wenn du auch mitunter mal zur Arbeit heran gezogen wirst, das tut solchen Zimmerpudels keinen Schaden, weist ja bescheit. Wie ist es denn mit Simon und Gottlieb haben die eine gute Stelle auf Ziegelei oder ist das auch nicht so berühmt? Mir hat es dieses Jahr noch einmal geglückt. Unsere Ziegelei gehört zur Zeche Centrum, zu ihr gehören zwei Ziegeleien eine in Wattenscheit und eine in Freisenbruch. Der Meister ist in Wattenscheit, wir haben hier einen Vitzemeister, ein netter Kerl aus Silbach. Die Gegend hier ist ganz schön, einige Bauernhöfe, etwas Wald und gerade an der Stadt. Des Sontags sind wir immer auf der Ruhr und kahnen oder sonst gehen wir bischen nach Essen in Zirkus Hagenbeck. Vor 14 Tagen haben wir 3 Tage gestreikt, wegen einer Lohnerhöhung von 1,20 M pro Stunde, viele haben bewilligt, viele auch nicht. Unsere Zeche hat für einen Monat bewilligt ob wirs dann noch weiter kriegen, das steht dahin. Ich bekomme jetzt 5,65 M und mein Vater 6,40 M pro und dann 10 stündige Arbeitszeit, dazu kommt noch jeden Monat 10 Centner Kohlen Centner 60 Pfennig und Amoniak grad so wie den Bergleuten. Übers Essen können wir grad nicht klagen, Erbsen und Bohnen sind jeden Tag unsere Herzenskronen. Alle 4-5 Wochen fährt mal einer nach Haus und holt Brot u. dergl. auf diese weise essen wir uns schon durch. Wenn alles gut geht werde ich nächsten Winter hier wohl auf Zeche bleiben, denn im Lippschen ist ja doch nichts zu suchen. Nun will ich abschliessen. mit vielen Grüssen verbleibe ich dein Freund Hermann. schönen Gruss an deine Eltern u. alle daheim. schreibe b.b.w. Auf Wiedersehen. | |
ERLÄUTERUNG | Im lippischen Raum gab es Mitte des 19. Jahrhunderts kaum industrielle Erwerbsmöglichkeiten für die besitzlose Landbevölkerung. Als Folge setzte sich die Wanderarbeit als Ziegler mehr und mehr durch. Der wirtschaftliche Aufschwung im Ruhrgebiet und den großen Städten wie Hamburg und Berlin führte zu einer regen Bautätigkeit und einem Boom der Ziegeleien. Die lippischen Wanderziegler arbeiteten eine Kampagne (Frühjahr bis Herbst) auf einer Ziegelei und kehrten im Winter heim zu ihrer Familie. Kontakt zur Ehefrau und zu Freunden hatten sie während dieser Zeit nur über den Postweg. Etliche Ziegeleien im Ruhrgebiet unterhielten eigene Ziegeleien. Schieferton, der Ziegelrohstoff war in vielen Gruben vorhanden und wurde beim Kohlenabbau sowieso mit gefördert. Zudem hatten die Zechen gerade in wirtschaftlichen Boomphasen einen enormen Ziegelbedarf. Mit diesem Baustoff wurden die expandierenden Tagesanlagen und die Strecken unter Tage ausgebaut. | |
PROVENIENZ | ![]() | |
BESTAND | Ziegelei | |
SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN | ||
DATUM AUFNAHME | 2004-03-30 | |
AUFRUFE GESAMT | 3919 | |
AUFRUFE IM MONAT | 14 | |
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