„Die Nützlichkeit der Fabriken und Manufacturen ist so allgemein anerkannt, daß es eine unnöthige Zeit- und Wortverschwendung seyn würde, wenn man dieses erst darzustellen suchen wollte. Man darf nur einen Blick auf das Herzogthum Berg und die Grafschaft Mark werfen, wenn man die ausserordentliche Folgen der Industrie sehen will, wo selbst während dieses zerstöhrenden Krieges, der auch unsern Wohlstand zu untergraben drohte, doch hin und wieder noch mit Vortheil für den Unternehmer neue Fabriken und Manufacturen errichtet und die vorhandenen vervollkommnet worden sind und werden. Indessen fehlt uns doch noch manche Fabrik, die in unserer Gegend angelegt werden könnte, die den Flor des Landes vergrößern und den Unternehmer reichlich belohnen würde. Die mannichfaltigen Englischen Waaren sagen uns, welche an Stahl- und Compositions- und Manufactur-Waaren uns noch fehlen.
Unternehmende Kaufleute, die Vermögen und Kenntnisse besitzen, können von den Engländern, was uns mangeln sollte, lerne; haben ja diese auch von uns so manche Kunst gelernt und zur höhern Vollkommenheit gebracht! Was Männer, die Talente besitzen, und Kraft zum Ausdauern haben, vermögen, davon haben uns mehrere unserer Fabrikanten überzeugt. Man gehe nach Ratingen und sehe, was dort Herr Brögelmann unternahm und ausführte, welche schöne Fabrik er stiftete, die sonst unserm Lande fremd war, wie viele Menschen er ernährt, die sonst zum Theil dem Lande zur Last lagen, welche Reichthümer er sich erwarb, womit er neue Fabriken anlegt und womit er auf mannichfaltige Weise der Menschheit nützet, und, zu seiner Ehre sey es gesagt – die Nothleidenden unterstützet und Gutes stiftet!
Mit gleichem Eifer und Thätigkeit legte Dr. Rumpe zu Altena seine Englische Nehnadeln-Fabrik an. Mehreren hundert Menschen gibt er Brod und Nahrung. Sein erworbenes Vermögen setzte ihn in den Stand, auch zugleich eine Fingerhuts-Mühle und Englische Plattenhammer anzulegen. Mit Recht schätzt ihn sein Vaterland und liebt ihn sein König.
Mehrere Kaufleute haben mit ungemeiner Wirksamkeit und mit vielem Erfindungsgeist in Westfalen Anlagen gemacht, die in der That geschätzt zu werden verdienen.
Außer einigen wenigen Fabriken in Metall- und Manufactur-Waaren, die die Engländern noch vorzugsweise besitzen mögen, könnten vielleicht noch manche andere Fabrik in der Grafschaft Mark angelegt werden, die sich theils zu den bereits vorhandenen gut schicken, theils wo die Lage und das Clima die Unternehmung begünstigen würde.
Ich will hier keine Vorschriften machen, die sehr mangelhaft seyn würden, doch fehlet es uns nicht – an einem Manne, der die gründlichste Kenntniß mit Patriotismus verbindet, der vermöge seines Amtes mit allen Märkischen Fabriken genau bekannt ist, und dem die Englischen Fabriken, wegen seiner Reisen nach Holland und England, nicht fremd sind. Ein solcher Mann ist ganz im Stande, ausführliche Nachrichten zu geben: welche Fabriken noch in der Grafschaft Mark fehlen, und welche noch mit Vortheil angelegt werden können? Auch unsre Fabrikanten können uns manche nützliche Vorschläge thun, in Fabriken, die mit der ihrigen verwandt sind. Mancher Fabrikant war selbst geneigt, diese oder jene Fabrik zu der seinigen anzulegen, und unterließ es nachher; er hat sich indessen Kenntnisse davon gesammelt, und sie unterblieb zum Nachtheil seines Wohnorts. Auch diese könnten dem Publikum durch die Bekanntmachung derselben nützliche Dienste leisten. Der Nutzen, den der Westf. Anz. dadurch stiften könnte, würde sehr erheblich seyn. Ich will hier den Anfang machen und einiger Nebenfabriken erwähnen, die noch angelegt werden könnten; es würde mich sehr freuen, wenn dieser Gegenstand von andern näher ausgeführt würde.
1) Eine Salpetersiederey wäre zu unsern Pulver-Fabriken eine nützliche Anlage.
2) Bleyweiß und Mennig könnten die Theilnehmer unsrer Bleybergwerke mit vielem Nutzen verfertigen.
3) Eine Tapeten- und bunt gefärbter Buchbinderpapier-Fabrik wäre auch eine nützliche Unternehmung.
4) Vortheilhaft wäre eine Fabrik von gefärbtem Leder, Carduan, Saffian u.u.
5) Wachstuch ließe sich vielleicht in unsrer Gegend mit Nutzen verfertigen.
6) In einer holzreichen Gegend, wo der Arbeitslohn nicht hoch ist, wäre eine Möbel-Fabrik eine nützliche Unternehmung. Es versteht sich, daß hier die Rede von schönen Möbeln ist. Die besten Möbeln läßt man von Frankfurt und Hamburg kommen. –
7) Eine Töpfer-Bäckerey wäre in einer Gegend, wo sich sehr gute Töpfer- oder Thon-Erde fände, für Westfalen sehr nützlich.
8) Im Amte Hamm oder Unna wäre eine Essigsbrauerey nach Holländischer Art vielleicht eine gute Speculation für einen Landwirth, zumahl wenn sie mit einer Branntweinbrennerey verbunden würde.
9) In der Gegend von Iserlohn fehlt eine Kratzen-Fabrik, und noch einige andere Handwerke, die Drath gebrauchen.
10) In der Gegend von Hagen und Limburg hat man Marmorstein. Könnte dieser nicht nützlich zu Caminen, Fensterrahmen u.d.gl. verschnitten werden? Vielleicht wäre da eine Steinkugeln- Knicker- Spielkugel-Mühle keine üble Sache?
11) Eisen- und Verzinntes Blech.
12) Eine Spiegelfabrik.
Ich will zu dem aufgestellten Gegenstande sehr gern mitarbeiten, und freue mich sehr, daß diese wichtige Sache zur Sprache gebracht wird, wiewohl ich aus Erfahrung weiß, wie wenig Aufmunterung neue Vorschläge finden. Man verlangt gleich kathegorische Gewißheit ungewöhnlicher und schnell eintretender Vortheile. Wer die nicht zu geben weiß, findet keinen Eingang, und wer die gibt, verspricht fast immer mehr, als er leisten kann.
Ich füge einige Specialbemerkungen bey.
ad 7) Thon findet sich in der Provinz an verschiedenen Orten, von der reinsten Thon-Erde abstuffend in allen Nuancen, dazu in großem Ueberfluß, z.B. bey Deilinghoven, Niederhemer, und am Fuße des Gebirgrückens zwischen Iserlohn und Menden. Unter andern scheinen wir einige dieser Thonarten der Grenzhauser Erde ganz gleich zu kommen, aus der bekanntlich die Erdenwaare gebacken wird, die man Steingut nennt und von der unglaublich große Quantitäten jährlich abgesetzt werden. Man denke sich nur allein die Cohorte von sogenannten .....penkrämern, welche das Land von allen Richtungen her durchziehen.
ad 9) Die von dem Mechanikus Hr. Fridrich Nicolai zu Hattingen eingerichtete Krazzenbiegmaschine und Stechmaschine würde zu Iserlohn ihre Stelle finden. Der Iserlohner Kratzendrath wird bald seinen alten Ruhm der zähen Härte wieder erreichen, da man jetzt das Uebel an der Quelle zu heilen sucht.
ad 10) Zu einer Fabrik von ächten Knikkern gehört ein würflich brechendes Gestein; das ist sehr gut im sogenannten Goldberge zu finden, wo es in eigenen Lagern liegt; ein schwarzer tafelförmiger, kalkartiger Stein. Wer Marmor-Schneidemaschinen und Poliermühlen anlegen wollte, dem bin ich bereit, die Zeichnungen von dergleichen Maschinen zu Ashover und Derbyshire mitzutheilen, dessen Marmor fast von der nämlichen Art als der Hagensche ist; zum Debit von Marmor gehört aber Wohlstand in Holland, und um den stehts bekannter Maßen schlimm aus.
ad 12) Eine Anstalt zum Walzen und Verzinnen von Eisenblechen wäre allerdings hier anzulegen; allein dazu gehört großes Capital und viel Kenntniß bey einem sehr starken Gefälle.
Eine der nöthigsten und gewiß auch lohnendsten Fabriken wäre eine Nagel- und Kettenfabrik zu Altena, um den Ausschuß des dortigen Draths zu gute zu bringen, und damit die Qualität der gröbern Sorten zu verbessern. Es ist auffallend, daß die erste Drathfabrik in der Welt diese fast bey allen andern anzutreffende Vollkommenheit nicht besitzt.
W. den 18ten Jänner 1801.
Eversmann.“
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