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Arnold Mallinckrodt (1768-1825), Jurist und Herausgeber des "Magazin für Westfalen" (1797-1799) und des "Westfälischen Anzeiger" (1799-1809)
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Unmaßgebliche Vorschläge zur Verbesserung der Luftschiffahrt. Ein Versuch


Folgende Vorschläge mögen zur erwünschten Erreichung des vorgesetzten Zwecks auch noch so vollkommen, oder ganz untauglich, oder wohl gar – ungereimt erscheinen, ich theile sie dennoch hier mit. Kommen andere durch meine unvollkommne’ Ideen zu vollkommneren, so ist mir das schon genug, und ich will mich dann gerne um der guten Sache willen – auslachen lassen. Man beweise die Unmöglichkeit der Ausführung, oder auch nur der Verbesserung dieser Vorschläge.

[S. 551] E r s t e r V o r s c h l a g . Der Luftballon wird durch Stricke nach allen Richtungen hingeleitet. In einer geraden Linie, als der nächsten zwischen zwei Orten, und in gewissen Entfernungen von einander, werden Thürme von der erforderlicher Höhe erbaut, und zwischen ihnen zwei Stricke, die Leitstricke heissen mögen, ausgespannt. Der eine von diesen dient zum Hin-, der andere zum Rückwege. Der Ballon ist durch einen „Verbindungsstrick“ mit einem der Leitstricke durch einen Ring so verbunden, daß ersterer frei und ungehindert an diesem sich fortbewegen kann. Ein dritter, ein Zugstrick, läuft durch einen vorne an dem Ballon angebrachten Ring in das Schiff, und erstreckt sich mit dem andern Theile bis zu einem der Luftpostthürme. In diesen ziehen Maschinen, die auf irgendeine Art, z. B. durch Menschen, Thiere oder Wasser in Bewegung zu setzen sind, den Ballon an sich. Zugleich kann der Luftpassagier, um die Geschwindigkeit zu vermehren, den Zugstrick durch eine andere Maschine in seinem Schiffe aufhaspeln helfen. Günstiger Wind wird die Arbeit und Bewegung befördern. [...]

[S. 553] Z w e i t e r V o r s c h l a g . Eine oder mehrere Luftruder – oder Flügelmaschinen werden an dem Ballon angebracht. An horizontal liegenden oder perpendicular stehenden Walzen sind zwei, vier oder mehrere leichte Flügel befestiget. Der Luftschiffer setzt sie durch Drehen einer Maschine in Bewegung, und zwar in eine solche, welche die Geschwindigkeit der entgegenströmenden Luft übertreffen muß. Die Flügel greifen erst dann in diese ein, wenn sie dieselbe zugleich umfassen und zurückdrängen.

[S. 554] Der erste Versuch, gleich den Vögeln die Luft zu durchrudern, ist bei gänzlicher Windstille anzustellen.
Mechanische Künstler sind hiermit aufgefordert, auf die Verfertigung der angegebenen Maschine zu denken. [...]

[S. 555] Man möchte einwenden, die Luftschiffahrt allgemein einführen zu wollen, sey schon wegen der damit verbundenen Kosten nicht denkbar und thunlich. Eine solche Unternehmung ist freilich nur für eine ganze Nation berechnet, und es kann vielleicht noch dadurch gespart werden. Jeder reise anstatt zu Wasser [S. 556] oder zu Land in Zukunft durch die Luft. Es ist nicht wahrscheinlich, daß dieselbe Geldsumme, die zu einer Landreise von z. B. vier oder acht Tagen erforderlich ist, auch zu einer Luftreise von einem Tage bei Zurücklegung desselben Wegs zwischen zwei Orten erforderlich seyn sollte. Den Gewinn an Zeit schlage man zugleich mit an.
Findet einer der der andere der obigen Vorschläge Beifall, so wünsche ich als Deutscher, daß meine Landsleute die ersten Versuche, ihn oder sie auszuführen, anstellen möchten. –
[...]

[S. 559] Franklin sagt, die Erfindung der Luftschiffahrt sey noch ein Kind, mit der Zeit könne es noch ein Mann werden. Ist es das, so möchte sich das Antlitz der Welt ein wenig verändern, und zwar zum freundlichern. Das Gute ihrer Folgen überstiege dann alle menschliche Schätzung und Rechnung. Selbst die, welche ins Unendliche geht, wäre unzureichend. Ich schweige daher davon, und sage nur, daß es sehr angenehm wäre, wenn man z. B. an einem Tage in Frankfurt am Mayn frühstücken, in Wien zu Mittag speisen, in Dresden sich [S. 560] erfrischen, in Berlin oder Hamburg das Abendessen einnehmen und wieder in Frankfurt übernachten könnte oder Abends, durch die Windpost, aus den entferntesten Orten Deutschlands, Briefe und Zeitungen erhielte, die am Morgen desselben Tags geschrieben und gedruckt wurden? Oder wenn man, während unsers rauhen Herbstes und Winters, in die Lustgärten der Erde, nach Italien, Griechenland, Asien, nach den drei Indien und auf Otahiti hinschweben, und in kurzer Zeit bei allen Erdenvölkern die Runde machen, und die Welt mit allen ihren tausendmal tausend Dingen, mit ihren wogenden Meeren, mit ihren lieblichen Gefilden unter sich die Revue passiren lassen könnte?

Einst wird man auch die vollkommenste Luftschiffahrt für eine Kleinigkeit halten. Die Nachwelt wird Aetherfahrten in das Weltall, unter die Sterne anstellen. Ein Trieb, der in die Menschheit eingepflanzt ist, und der sie ins Unendliche treibt, bestätigt zum voraus diese Erwartung. Schon weiß man, wie die Luft, in der wir leben, zubereitet werden muß; man nimmt sich die dazu nötigen Ingredienzien zur Reise [S. 561] mit. Die Nachkommen werden den Aether, die Lichtstrahlen, die anziehenden und abstossenden Kräfte benutzen. Abstossende Kräfte sind auf dieser Welt im Ueberfluß, und zwar gegenwärtig unendlich mehr, denn anziehende vorhanden. Ausserdem ist sie auch so beschaffen, daß einen die Lust zum Emigriren gar leicht anwandelt. Da die tausend Millionen Menschen, die sie trägt, dennoch nicht ruhig nebeneinander leben können, so mag sich dann jeder, zur Vermeidung allen Streites, auf einen besondern Stern setzen. Und was bei der Flucht von ihr, im Falle dieselbe kein Schlagbaum unmöglich macht, noch besonders angenehm wäre: Man entginge dem Erdentode, fände irgendwo die Quelle der Unsterblichkeit, tränke aus ihr, athmete Lebenslust, und verjüngte sich ewig. Nicht nur diese Welt, nein, auch das Weltall ist für den Menschen geschaffen. Die Terrener oder die Irdenen stellten eine Communication unter den Sternen her. Nur müßten sie dann alles, was sie hier klein und sterblich macht, wie z. B. Ehrgeiz, Habsucht, Herrschsucht, Flinten, Kanonen, kleine und große Zänkereien, dergleichen die Kriege sind u. s. w., auf der Erde zurücklassen; sie müßten [S. 562] die friedlichen Sterne nicht revolutioniren wollen, sondern willig in den großen Ton des Weltalls, in den „Frieden“ sich fügen, und in die ewige Freundschaft der Unsterblichen eintreten.

* * * g.
[= Johann Friedrich Benzenberg ?]

 
Anonym (Johann Friedrich Benzenberg, 1777-1846, ?)
Unmaßgebliche Vorschläge zur Verbesserung der Luftschiffahrt. Ein Versuch
in: Magazin für Westfalen. Der Geographie, Geschichte, Statistik, und allem nützlichen Wissen gewidmet. Herausgegeben von M. Weddigen und A. Mallinckrodt, Bd. 4 = Jahrgang 1799, Dortmund 1799, S. 550-562.
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