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Vortrag der Abgeordneten von den vereinigten Kreissynoden in der Grafschaft Mark, 1819
Erste Seite des Abdrucks in den Verhandlungen der Gesammtsynode in der größeren evangelischen Kirche zu Unna den 9. und 10. October 1832 Bildnachweis
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Auszüge aus dem Vortrag der Abgeordneten von den vereinigten Kreissynoden in der Grafschaft Mark 1819:
„[...]
Wenn wir hier im Namen der in die Kreissynoden der Grafschaft Mark vereinigten Gemeinden nicht allein den lebhaften Wunsch aussprechen, für die Beibehaltung unserer Presbyterialverfassung nach ihren wesentlichen Grundsätzen, sondern die offene Erklärung abgeben, daß wir, nach unserer jetzigen Ueberzeugung, mit freier Einwillung nie eine Verfassung annehmen werden, durch welche die wesentlichen Grundsätze unserer bisherigen umgestoßen werden, und daß wir glauben, nur mit Einwilligung unserer Gemeinden könne dieselbe aufgehoben werden; da nach je-dem Kirchenrecht, die Verfassung einer Kirche nur mit freier Einwilligung ihrer Glie-der aufgehoben oder geändert werden kann, und wir sie als ein von unsern Vorfahren theuer erworbenes, unantastbares Eigenthum ansehen, daß wir deshalb jede andere Verfassung nur als eine aufgedrungene betrachten können: so ist es nicht eine blinde Anhänglichkeit an das Bestehende und Gewohnte, welche uns zu dieser Erklärung veranlaßt, sondern die wie wir glauben wohlbegründete und durch vielfa-che Erfahrung bestätigte Ueberzeugung; daß diese Verfassung die Einzige einem evangelischen Kirchenvereine angemessene sey.
Sie gründet sich zuerst auf die Grundsätze des natürlichen Gesellschaftsrechts. Die evangelische Kirche ist eine für sich bestehende Corporation im Staate; mehrere ähnlicher Art befinden sich in demselben bürgerlichen Gemeinwesen, als einer solchen schon muß ihr das Recht einer freien und selbstständigen Gemeinschaft zu-kommen, das Recht ohne störenden Einfluß von Außen ihre inneren Angelegenheiten zu ordnen, zu verwalten, und dazu die ihr passend scheinenden Personen aus ihrer Mitte zu wählen.
Sie ist zweitens die Verfassung, die die ersten von den Aposteln unsers Herrn gestif-teten christlichen Gemeinden annahmen, die sich überall als eine freie in ihren in-nern Angelegenheiten vom Staate unabhängige Gemeinschaft betrachteten und be-trachten mußten; da die Kirche Jesu Christi keine, in den Kreis der bürgerlichen Ge-setzgebung und Verwaltung gehörigen Gegenstände ihrer Anordnung unterwirfft, und in derselben nur von solchen Angelegenheiten die Rede ist, welche sich auf die Erhaltung und Verbreitung christlichen Glaubens und christlicher Gesinnung bezie-hen.
Sie gründet sich drittens auf das Bekenntniß der evangelischen Kirche, die Jesum Christum den von Gott gesendeten Erlöser, als den Stifter ihrer Gemeinschaft und als ihren einzigen und ewigen Herrn und König verehrt, der allein der Gemeinde Haupt ist, von keinem andern höchsten Gesetzgeber und Richter wissen will, allen Christen gleiche Rechte zugesteht, und in der Kirche nicht zwei Stände, einen herrschenden und einen beherrschten, von denen der letztere dem ersten unterworfen ist, anerkennt.
[...]
Indem wir in dieser unserer Erklärung die Rechte unserer evangelischen Kirchengemeinschaft als eines selbstständigen und freien Vereins feierlich verwahren; so erkennen wir eben so die Rechte des Regenten hinsichtlich der Kirche an; nemlich:
Das Recht Kenntniß zu nehmen von alle dem, was in den Versammlungen des Presbyteriums, der Kreis- und Provinzialsynode verhandelt und beschlossen wird. Dem überall wachenden Auge der Obrigkeit darf nichts entzogen werden, und am wenigsten scheut sich die evangelische Kirche, bereit zu seyn zur Verantwortung jedermann, der Grund fordert von dem, was in ihr durch sie geschieht.
Das Recht der Aufsicht über diese kirchlichen Versammlungen und das kirchliche Gemeinwesen überhaupt; damit in und durch dieselben nicht das Recht verletzt und nothwendigen Staatszwecken entgegengehandelt werde. Die evangelische Kirche betrachtet sich in keiner Hinsicht dem Staate entgegengesetzt, und ist weit von der Meinung entfernt, das ewige Heil ihrer Glieder dadurch befördern zu können, daß die Ehrfurcht vor dem Regenten und dem bürgerlichen Gesetz geschwächt, die Gemeinschaft der Staatsbürger irgendwo aufgelöst und dadurch die Beförderung des bürgerlichen Wohls erschwert werde; aus diesem Grunde auch
Das Recht alle von der Kirche ausgehenden Anordnungen, Urtheile, Beschlüsse und Wahlen zu bestätigen, und diese Bestätigung zu verweigern, wenn durch dieselben der Staatszweck gehindert, oder bestehende bürgerliche Gesetze verletzt würden.
Endlich verehrt die Kirche in dem Regenten den Schutzherrn ihrer Gemeinschaft, und bittet Gott stets um Heil und Segen für ihn.
[...]
Diese Grundsätze [unserer Verfassung] sind folgende:
1) Alle Glieder unserer evangelischen Kirche sind als solche gleich, in welchen bürgerlichen Standesverhältnissen sie auch gegen einander stehen mögen. Alle haben bei gemeinschaftlichen Anordnungen und Berathungen ein gleiches Stimmrecht, das sie entweder persönlich oder verfassungsmäßig durch Stellvertreter ausüben.
2) Alle ordinirten Prediger unserer evangelischen Kirche sind gleich, und es findet unter ihnen kein Unterschied des Ranges statt. Die Auswahl einiger von ihnen zu Moderatoren begründet unter ihnen keinen Unterschied des Ranges. Eben diese Gleichheit findet auch unter den Kirchenvorständen derselben und aller Gemeinden statt.
3) Alle Gemeinden untereinander und alle kirchlichen Kreise sind gleich, und jeder Gemeinde, wie jedem kirchlichen Kreise gebührt eine gleiche Stimme bei Berathung allgemeiner kirchlichen Angelegenheiten.
4) Die Gemeinden haben das Recht, ihre Prediger selbst durch freie Wahl zu ernennen, wodurch jedoch die erweislichen und herkömmlichen Rechte der Patrone keinesweges eingeschränkt werden sollen.
5) Die kirchlichen Versammlungen des Presbyteriums, der Kreis- und Provinzialsynoden, sind die einzigen anordnenden und richtenden Behörden in rein kirchlichen Angelegenheiten, von denen keine Berufung an eine Staatsbehörde statt findet.
6) Die von den Gliedern der Gemeinden gewählten Aeltesten derselben sind berechtigt, auf Auftrag ihrer respectiven Presbyterien, an den Synodalversammlungen Theil zu nehmen, und diese sind nur gesetzliche Versammlungen, wenn die durch die Verfassung bestimmte Zahl Aeltesten sich bei denselben zur Berathung und Stimmenabgebung gegenwärtig befindet.
7) Die Vorsteher des kirchlichen Kreises und der kirchlichen Provinz werden, von den diese Abtheilungen der Kirche repräsentirenden Versammlungen aus den Gliedern derselben, und zwar nicht auf Lebenszeit, sondern nur auf bestimmte Jahre ernannt, und sind wegen ihrer Verwaltung nur diesen kirchlichen Versammlungen verantwortlich.
Die kirchlichen Kreise, die sich zu diesen Grundsätzen bekennen, sind folgende:
1) der Hammsche Kreis enthält 16 Gemeinden;
2) der Unnaische Kreis enthält 18 Gemeinden;
3) der Dortmundische Kreis enthält 19 Gemeinden;
4) der Bochumsche Kreis enthält 18 Gemeinden;
5) der Hattingensche Kreis enthält 12 Gemeinden;
6) der Hagensche Kreis enthält 18 Gemeinden;
7) der Lüdenscheider Kreis enthält 19 Gemeinden;
8) der Iserlohner Kreis enthält 20 Gemeinden;
9) der Soester Kreis enthält
Hennecke, Superintendent der Bochumschen Kreissynode.
Hennecke, Superintendent der Soester Kreissynode.
Erkenzweig, Superintendent der Hammschen Kreissynode.
Bäumer, deputirter Prediger aus der Dortmunder Kreissynode.
Johann Friedrich Wilhelm Küper, deputirter Prediger aus der Bochumschen Kreissynode.
Zimmermann, Superintendent der Hagenschen Kreissynode.
Trippler, Supperintendent der Unnaischen Kreissynode.
Fr. Keßler, Superintendent der Lüdenscheider Kreissynode.
Denninghoff, deputirter Prediger aus der Lüdenscheider Kreissynode.
Florschütz, Superintendent der Iserlohner Kreissynode.
Wilhelm Hülsemann, Deputirter der Iserlohner Kreissynode.
Senger, Präses der evangel. Märk. Synode.“
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