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Präeses Bäumer, Ueber die Kirchenagende für die Hof- und Domkirche zu Berlin und deren Einführung bei den Gemeinen des Märkischen Synodalbezirks an die Gesammtsynode der Grafschaft Mark, 1823


„I. Inhalt der Agende.
Betrachten wir die aufgestellten Formulare und Gebete im Allgemeinen: so müssen wir es erkennen, daß dieselben in der eigentlichen Bedeutung einen christlichen Inhalt haben, und diesen größtentheils auf eine angemessene Weise häufig in biblischen Worten aussprechen, und mit einzelnen Ausnahmen einen salbungsvollen evangelischen Charakter an sich tragen. Wozu man aber eine Form, die noch aus der katholischen Zeit übrig geblieben, in einer großen Zahl selbst lutherischer Gemeinen ganz unbekannt geworden, und nur in einigen noch üblich ist; ich meine das Bezeichnen mit dem Kreuz beybehalten hat; vermag ich um so weniger einzusehen, da an dasselbe fast nur eine magische Bedeutung geknüpft werden kann und dieses Zeichen fast überall bey dem Volke eine Ursache oder ein Gegenstand mancherley abergläubischer Vorstellung geworden ist. [...]“
 
Amtseid nach der Kirchenagende, 1823
 
Amtseid nach der Kirchenagende, 1823
Amtseid nach der Kirchenagende, 1823
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„Das Ordinationsformular enthält einen Amtseid der bisher unter uns in keinerley Weise üblich war; ob in andern evangelischen Ländern kann ich nicht sagen. Da ein solcher Eid, weder bey der Confirmation noch bey er Trauung oder ähnlichen kirchlichen Handlungen vorgeschrieben ist; so ist es um so auffallender ihn hier zu finden, und um so mehr, da der Inhalt desselben gröstentheils sich nicht auf das kirchliche sondern bürgerliche Verhältniß des Predigers und auf temporale und locale politische Zustände bezieht, und die Ordination selbst doch eine reine kirchliche Handlung ist, welche allein nur das Verhältniß bezeichnet und darstellen kann, in welches der zu Ordinirende zu der Kirche überhaupt und zu einer einzelnen Gemeine insbesonders tritt. Bey meiner geringen Kenntniß des Alterthums möchte ich es faßt bezweifeln ob ein Amtseid des Predigers sowohl der Form als dem Inhalt nach wie der vorliegende in einer Tradition der evangelischen Kirche begründet sey.

Ich finde es ganz in der Ordnung, daß der Prediger zu einem treuen und gerechten Verhalten gegen die Obrigkeit und insbesonders gegen den König verpflichtet werde, und dazu, die bestehende Ordnung nach Möglichkeit in seinem Wirkungskreise aufrecht zu erhalten. Diese Verpflichtung liegt aber mittelbar schon in den Verbindlichkeiten die er gegen die Kirche übernimmt, und wo sie noch besonders von ihm verlangt werden möchte: so wäre es der Sache angemessener, daß sie ihm von einer bürgerlichen Behörde vor einem bürgerlichen Forum abgenommen werde.
[...]“
 
Quelle: Landeskirchenarchiv der Evangelischen Kirche von Westfalen
Zitiert nach: Jörg van Norden, Thron und Altar? Quellen zur Genese der Rheinisch-Westfälischen Kirchenordnung 1817-1842
(Materialien für den Dienst in der Evangelischen Kirche von Westfalen. Reihe G: Kirchengeschichte 2),
Bielefeld 1993, S. 105-106.

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