[ Start | Kultur | Kirche und Religion | Frömmigkeit | Wallfahrten ]
   
  zurück
Andachtsbild zur Stromberger Wallfahrt, um 1780/1800

Andachtsbild zur Stromberger Wallfahrt, um 1780/90
Kolorierte Holzschnitte mit Typendruck
41,8x 33,4 cm (Blatt)
WLMKuK Münster, Inv.Nr. C-9971 LM (Geschenk des Freundeskreises)
Foto: WLMKuK Münster, Sabine Ahlbrand-Dornseif

Im Zuge der Rekatholisierung waren im 17. Jahrhundert die traditionellen Wallfahrten wiederbelebt und gefördert worden; im Fürstbistum Münster vor allem die Marienwallfahrt in Telgte und die Wallfahrten zu den als wundertätig verehrten Kruzifixen in der Coesfelder Lambertikirche und in der Stromberger Johanneskirche, im Bistum Paderborn die Wallfahrt zu den Liborireliquien im Paderborn Dom und zu den Marienbildern der Kirchen in Verne und Kleinenberg, im südlichen Westfalen zur Muttergottes von Werl und auf dem Wilzenberg bei Schmallenberg oder zum Kloster Brunnen bei Sundern.
Wallfahrten sollten nicht nur verzweifelten Menschen Hoffnung schenken; sie dienten auch der konfessionellen Bindung der Untertanen. Die geistlichen Obrigkeiten förderten Wallfahrten ganzer Kirchspiele, die in einer großen Prozession zum Wallfahrtsort zogen, dabei die Sozialstruktur einer politisch-kirchlichen Gemeinschaft deutlich machten und der Identifikation mit dem katholischen Bekenntnis dienten. „Bistumsleitung und Staatsführung dachten sich die Wallfahrtszentren als bevorzugte Orte der Gnaden- und Ablaßgewinnung unter der Voraussetzung demütig-reuiger Bußgesinnung und Beichtleistung; das Moment des geistlichen und weltlichen Gehorsams sollte ebensowenig unterschätzt werden wie das der Immunisierung der Stiftslande gegenüber den protestantischen Häresien“ (Andreas Holzem).
Die Förderung der Wallfahrten ließ zwar nach 1770 unter dem Generalvikar Fürstenberg deutlich nach, und man versuchte, offensichtlich abergläubische Praktiken einzudämmen; eine ausgesprochene Behinderung der Wallfahrten wie in Süddeutschland oder in Österreich gab es jedoch in den westfälischen Bistümern nicht.
Der Bilderbogen der Stromberger Wallfahrt zeigt, daß um 1780 die Buße angesichts der Vergegenwärtigung der Passion Christi im Mittelpunkt stand – und damit die Disziplinierung des Gläubigen: das „miraculöse“ Kreuz ist umgeben von Passionsszenen vom Abendmahl bis zur Grablegung; die beigegebenen Verse betonen die Bußfertigkeit:
„Wann ich Jesu dich ansehe, hangend an dem Creutz vor mir, /
Ich undanckbar vor dir stehe, hab nichts was dir präsentir, /
Dich die Lieb so weit getrieben, und ins Hertz gedrungen ein,/
Daß du mich sogar geschrieben, in die heilge Wunden dein.“

 
Wallfahrtskritik
„Das Wallfahren und Prozessiongehen ist bey dem hiesigen Landvolke übertrieben. Nicht damit zufrieden, die Gnadenörter des Hochstifts Paderborn zu besuchen, gehen sie auch ins Köllnische, Münsterische, nach Werl und Telgte, und verlassen durch dergleichen entfernte Wallfahrten ihre Haushaltungen 6 und mehrere Tage ohne Vorstand. Daß durch dergleichen Wallfahrten, die wahre Andacht und die Rechtschaffenheit nichts gewinne, hingegen die Liederlichkeit große Fortschritte mache, ist durch häufige Zeugnisse und Klagen frommer und weiser Männer, und noch mehr durch unläugbare Beyspiele schon lange erwiesen.“
 
Aus: Von den beträchtlichsten Mängeln und Gebrechen im Bißthume Paderborn von einem Landeskundigen 1797, in: Dortmundisches Magazin, Jahrgang 1797, S. 532-564, hier S. 546

Zum Seitenanfang 
 
Der LWL -  Freiherr-vom-Stein-Platz 1 -  48133 Münster -  Kontakt -  Impressum