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Silhouette der Amalie Fürstin von Gallitzin (1748-1806), um 1780/85
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45,4 x 39,8 cm (Blatt)
WLMKuK Münster, Inv.Nr. KdZ 209 LM
Foto: WLMKuK Münster
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Auszüge aus dem Tagebuch der Fürstin Gallitzin, 1791:
„Angefangen den 12. Januar 1791, Tag meiner General-Beichte der zwei letzten Jahre.
Beständig Beten und Scheiden von der Eigenliebe, das ist der Weg der Heiligung, den Gott Abraham gehen ließ. Dieses sei mein Losungswort für dieses Jahr 1791.
O Gott! gieb, daß ich am Ende desselben, wofern ich es überlebe, dieses so wohl bedachte Losungswort ohne zu erröthen ansehen dürfe.
In meiner Einsamkeit früh halb 11 nach d.h. Communion, 2. Januar.
den 15. [Januar 1791]
Am 12. dieses, zweitem Jahres-Tag meines Bundes mit dem Vater entledigte ich mich der durch meine kränklichen Umstände schon seit Ostern immer zurückgesetzten Last einer zweijährigen General-Beichte, an welche ich seit dem Dreikönigstage alle meine Zeit verwandt hatte, ohne daß es, ausgenommen zwei Tage, meinem Kopf besonders geschadet hätte.
Ich fühlte auch jenen Tag eine ganz besondere Erweckung mit großem Muth und Hoffnung, daß Gott, der dieses ganze Jahr hindurch, absonderlich aber seit dem August, mich durch Ekel und Abscheu gegen Alles, was meiner verderbten Natur eigen ist und ich doch durch bloßes Streben nicht zu ändern weiß, eben so mächtig zu sich hinweiset, als er mich Anfangs durch den so tröstlichen sanftern Zug fühlbarer Gnaden und Rührungen wie auf Flügeln getragen zu sich riß und mich sonst noch von Zeit zu Zeit mit erleichternden Kräften ausrüstet, die er mir dieses Jahr, absonderlich seit Ostern, beinahe ganz entzogen hat, - mir auch zu der näheren Vereinigung mit ihm verhelfen wird, auf welche er selbst alle willkürlichen Kräfte meiner Seele gerichtet hat und so gespannt hält, daß sie zu allen den übrigen Genußarten, welche die untern Kräfte ihnen noch anbieten, verdorben sind. Doch auch nur jenen einen Tag belebte Muth und lebendigere Hoffnung die Erweckung.
Gott, der meinem kranken Kopf, der doch bei der größeren Anstrengung, die die General-Beichte erforderte, Linderung geschickt hatte, hat mir selbe seit diesem Tage wieder ganz entzogen. Es soll mich wundern, welche gute Gaben alle Gott aus dem so aussichtslosen Zustand, den er aus der allmähligen Anhäufung aller Arten des Drucks über mich hat kommen lassen, mir wird hervorkeimen lassen. Denn daß dieser Zustand ein Füllhorn von Gnaden sei wenn ich nur dahin gelange, ihn endlich so heimlich, so in Christo verborgen und hingegeben, zu tragen, als ich einsehe, daß ich’s sollte, daran zweifle ich nicht. Eine große Gabe habe ich schon darin erkannt, daß ich von meinem Unvermögen bei einem, wie mich dünkt, so viel reinern Willen lerne, meine Forderungen an Andere herabstimmen und – in dem ungerechten, oder vielmehr nach dem falschen Maßstab gebildeten Urtheil Jacobi’s über mich und in dem vergeringerten Maaße meines Einflusses, wie mein Wille sich, wie mir scheint, wirklich geläutert hat – wie thöricht es ist, um menschlichen Beifall sich zu bemühen und wie gefährlich es ist, in seinem eignen Urtheil über sich nach dem Urtheil selbst der Besten unter den Menschen sich zu richten.“
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