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us: Ueber die Religionsfreyheit der Katholiken bey Gelegenheit der von den Protestanten in dem laufenden Jahr4e zu begehenden Jubelfeier. Im Oktober 1817. Von dem Frhrn. Clemens August zu ...:


„Dieses führt mich auf die Beantwortung der Frage:
ob die Entblößung der katholischen Kirche von den erforderlichen Personen mit der Religionsfreyheit der Katholiken verträglich sey?

Die Wesentlichkeit des Bischofthums in der katholischen Kirche, kann nicht verkannt werden. Könnte das Bischofthum vernichtet werden, so würde eben dadurch die Lehre, die Zucht vernichtet, das Daseyn der Priester, die Befriedigung der geistlichen Bedürfnisse der Katholiken unmöglich gemacht, die katholische Kirche selbst vernichtet werden.

Daß eine große Seltenheit der Bischöfe für die Katholiken sehr drückend sey, folgt von selbst.

Wenn nun wohl jeder zugestehen wird, daß wenigstens seit dem westphälischen Frieden zu wenig Bischöfe in Deutschland waren, was folgt daraus in Hinsicht ihrer jetzigen Seltenheit?

[...]

Die Frage ist nun: ob der Zustand des auf deutschen Boden sich befindenden Kirchentheils in dieser Hinsicht mit der Religionsfreyheit der Katholiken vereinbar sey?

Dieser Zustand wurde dadurch veranlaßt, daß mit einem Schlage alle Domkapitel in Deutschland (ein einziges ausgenommen) säkularisirt, die Anwendung der gehörigen Mittel, um das Aussterben derselben zu verhüten, nicht gestattet, und die Ausübung ihres Rechts, den Bischof zu wählen, das ist, jenes Rechts gehindert wurde, welches der bestehenden, auch von dem Oberhaupte der Kirche als noch bindend anerkannten Disziplin zu folge, das Mittel ist, um das Bischofthum in Deutschland zu erhalten.

[...]

Es bedurfte der Zeiten wie die verflosse4nen, es bedurfte der bewaffneten Vermittelung der fremden Macht, eines Protektorats wie das von Bonaparte, einer mächtigen Willkühr wie die seinige, um dergleichen verwirklichet zu sehen; sonst würde die, unsere Fürsten beseelende Achtung der Religionsfreyheit, die religiöse biedere Gesinnung unserer Fürsten, der feindseligen Tendenz ein unübersteiglicher Damm gewesen seyn.

Bedürfte es hier einer Beurkundung, so würde sie der § 63. des Reichsdeputationsschlusses vom 25. Februar 1803 gewähren. Da heißt es:
Die bisherige Religionsübung eines jeden Landes soll gegen Aufhebung und Kränkung aller Art geschützt seyn; insbesondere jeder Religion der Besitz und ungestörte Benuß ihres eigenthümlichen Kirchenguts, auch Schulfonds nach der Vorschrift des westphälischen Friedens ungestört verbleiben; dem Landesherrn steht jedoch frey, andere Religionsverwandte zu dulden, und ihnen den vollen Genuß bürgerlicher Rechte zu gestatten.

Nicht allein die Seltenheit der Bischöfe, sondern auch jene der Priester ist nicht im Einklang mit der Religionsfreyheit der Katholiken, indem dadurch die geistlichen Obrigkeiten in die Unmöglichkeit versetzet werden, der, nach der Lehre der katholischen Kirche, ihnen aufliegenden Pflicht gemäß, für die gehörige Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer Diözesanen zu sorgen, und zugleich die Diözesanen in die drückende Lage gerathen, die Befriedigung der erwähnten, in der Lehre der katholischen Kirche gegründeten Bedürfnisse, mehr oder weniger entbehren zu müssen.

Die Seltenheit der Priester wurde vorzüglich durch die Suppression der Mannsklöster, und durch die Allgemeinheit der Verpflichtung zum Kriegsdienste veranlasset.

Zuerst wollen wir von der Suppression der Mannsklöster reden; da aber diese nicht allein aus dem angeführten Gesichtspunkte betrachtet, sondern auch in andern Hinsichten mit der Religionsfreyheit der Katholiken sich nicht zu vertragen scheint, so muß ich hier im Allgemeinen auch die andern Rücksichten berührend, meine Ansicht über diese Klöster und über die Suppression derselben mittheilen.

Nach meiner Ansicht lassen sich die Mannskloster (von den zur Krankenpflege gestifteten abgesehen) in zwey Hauptklassen theilen, nämlich:

in jene, welche bestimmt sind, um solchen eine Zuflucht zu verschaffen, für die es Bedürfniß ist, (religiöses Bedürfniß) den mit dem Weltverkehr verbundenen Sorgen und Reizen zu entfliehen, und dem beschaulichen Leben, dem Gebete für Kirche und Staat ganz sich zu widmen,
und in jene, welche bestimmt sind, solchen die sich der Seelsorge widmen, durch ihren klösterlichen Stand, durch den Stand der Armuth, des Gehorsams, der Keuschheit, der Abtödtung, des Gebets, es zu erleichtern, daß sie in dem, von der Seelsorge unzertrennlichen Verkehr mit der Welt, wie der Apostel Jakob schreibt, von der Welt nicht beflecket werden, sondern stäts bewahren und nähren jene Tugend der Armuth, des Gehorsams, der Keuschheit, des Gebets, der Abtödtung, des kindlichen Vertrauens auf die Vorsehung, welche jedem Geistlichen eigen seyn sollte.

Wenn ich nun hier die eigentliche Bestimmung der Mannskloster angegeben zu haben glaube; so ist doch dadurch nicht ihr ganzer Nutzen angegeben.

Selten oder in keiner Diözese wird man an jedem Orte so viel feste Stellen für Geistliche gestiftet, oder die Mittel, so viele an jedem Orte anzustellen, finden; daß es zur Deckung des Bedürfnisses nicht noch anderer Geistlichen als Aushülfe bedürfte. Diese Aushülfe boten die Mannklöster dar.

[...]

Es bedarf in jeder Diözese eines anständigen Aufenthaltsorts für Geistliche, welche auf einige Zeit den Bußübungen obliegen müssen; für solche, welche Unverbesserlichkeit beurkunden; für solche, welche, körperlicher Gebrechen wegen, nicht mehr im Weinberge des Herrn arbeiten, aber nicht nebst ihrem Stellvertreter in ihrer bisherigen Wohnung bleiben können. Das Mittel, diese Bedürfnisse zu decken, boten die Kölster dar.

Die Suppression der Mannsklöster also (einiges gilt auch von Frauenklöstern) beraubte manche Katholiken des
Mittels, ihr religiöses Bedürfniß nach Entfernung vom Verkehr mit der Welt zu befriedigen; deren einige nun gezwungen zu diesem Verkehr, der Kirche zum Aergerniß, den Staaten zum Schaden gereichen dürften;

beraubte manche, die sich der Seelsorge widmen wollen,
eines kräftigen Mittels, das innere bey der äußern Thätigkeit so leicht hinwelkende Leben, zu bewahren und zu nähren;

beraubte die Welt
jener Beyspiele, welche das Leben der in Lüsten schwelgenden Kinder dieser Welt, und jenes der Lauen rügten, den Ermatteten und Kleingläubigen, was die Gnade vermag, zeigten; Beyspiele, deren sicherlich die Welt recht sehr bedarf, deren Vernichtung der katholischen Kirche nicht gleichgültig seyn kann;

beraubte die Geistlichkeit
eines Spiegels, welcher in diesem Stande die Tugenden ihr darstellte, die sie anlegen sollen;

beraubte den Bischof
solcher Mittel, welche ihn in den Stand setzten, der nach der Lehre der Kirche vom Heilande ihm aufgelegten Pflicht gemäß,
die religiösen Bedürfnisse seiner Heerde zu befriedigen; -
die auf Abwege gerathenden Geistlichen durch Bußübungen in der Einsamkeit, zurückzuführen; -
die Geistlichen, welche sich als unverbesserlich zeigen, und der Gemeinde zum Aergerniß seyn würden, zu entfernen; -
den, körperlicher Gebrechen wegen, unbrauchbar gewordenen Geistlichen eine anständige Wohnung zu verschaffen.

Die Suppression der Klöster hat es erwirket, daß die Seelsorger zum Theile mit Arbeit, welche ihre physischen Kräfte übersteigt, beladen sind; - daß die Katholiken an manchen Orten, wo nur ein Geistlicher ist, wo oft weit und breit keine Hülfe, auch nicht für den Nothfall zu finden ist, der drückenden Sorge ausgesetzt sind, auch in dem letzten entscheidenden Augenblicke der Heilsmittel beraubet zu seyn. Dieses ist natürlich am meisten da der Fall, wo der größere Theil der Gemeinden außerhalb der Dörfer zerstreuet umher, oft Stunden weit entfernt wohnet.

Dem Gesagten zufolge scheint die Suppression der Klöster nicht mit der Religionsfreyheit der Katholiken im Einklange zu seyn.“

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