John Aikin: Ueber die Wahl einer Gattin (1793 / 1797)
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Ueber die Wahl einer Gattinn.
[Aus Dr. Aikin’s Letters from a Father to his Son.]
Nirgend ist der gute Rath, den Eltern ihren Kindern ertheilen, nöthiger, und nirgend dienlicher, als bey der Wahl, die sie in Ansehung ihrer Verheyrathung treffen; denn dies ist eine Sache, worinn jene schon Erfahrung haben, und diese nicht. Und doch pflegt gemeiniglich in diesem Falle, ihr guter Rath die wenigste Wirkung zu thun. Hievon lassen sich mehrerley Ursachen angeben. Die vornehmste derselben ist unstreitig die, dass gemeiniglich Leidenschaft in dieser Angelegenheit den herrschendsten Einfluß hat, und der vernünftigen Ueberlegung dabey keine Stimme verstattet. Es scheint mir aber doch auch, dass die Achtlosigkeit, welche man gegen Rath und Ermahnungen dieser Gattung zu bezeugen pflegt, nicht selten ihren Grund in der Art hat, mit welcher sie ertheilt werden, da diese so oft zu allgemein, zu förmlich ist, und sich zu wenigen nach der Empfindungsweise junger Leute bequemt. Wenn ich glücklich genug bin, bey meiner kurzen Erwägung dieses Gegenstandes jene Fehler zu vermeiden: so hoffe ich, dass du mein Sohn, demjenigen eine ungezwungene Aufmerksamkeit schenken wirst, was mein zärtlichster Wunsch, dein wahres Glück in einer so wichtigen Sache zu befördern, mir an die Hand geben wird.
Die Verschiedenheit der Meinungen zwischen Söhnen und Vätern bey der ehelichen Wahl lässt sich hauptsächlich auf die Quelle zurückführen, dass die Söhne gemeiniglich nur den ersten Monat ihrer Ehe, und die Väter die ganze Zeit ihrer Dauer im Auge haben. Vielleicht wirst du, und mit Recht, nicht einräumen, dass dies zwischen uns beyden der Fall sey, und wirst behaupten, dass du eben sowohl, als ich, beym Nachdenken über diese Verbindung ihre bleibenden Folgen in Erwägung [S. 99] ziehest. Desto besser! Dann sind wir über den Gesichtspunkt einig, aus welchem sie zu betrachten ist; und ich habe vor dir nur den Vortheil der Erfahrung und einer ausgebreiteten Beobachtung voraus.
Ich brauche nicht viel über den Antheil zu sagen, welchen persönliche Reize an der hier zu treffenden Wahl haben müssen. Gern will ich zugeben, es sey allerdings wünschenswerth, dass der Gegenstand, auf welchem unsere Augen lebenslang am meisten verweilen sollen, billig ein angenehmer Gegenstand seyn sollte. Aber du wirst mir auch eben so gern einräumen, dass Wünsche, die noch weiter gehen, von zu eingebildeter und flüchtiger Art sind, um dann in Rechnung zu kommen, wenn von einem dauernden Glücke und Vergnügen die Rede ist. Vielleicht würde ich in dieser Rücksicht noch besorgter für dich seyn, als du selbst, und Gleichheit der Jahre und feste blühende Gesundheit fordern, wodurch dieser Vortheil bis zu einer Lebensperiode fortdauerte, die du gar noch nicht in Betrachtung ziehst. Aber dies bey Seite gesetzt; laß uns nun die beyden Hauptpunkte erwägen, auf welche das von einer ehelichen Lebensgefährtinn zu erwartende Glück am meisten ankommt, die Eigenschaften nämlich, die sie als Gesellschafterinn und Gehülfinn haben muß.
Gesetzt, du solltest dich darauf einlassen, eine Reise um die Welt mit der Bedingung zu machen, dass du eine Kajüte des Schiffs mit einem unbekannten Reisegefährten theilen solltest; wie viel würde dir da nicht daran gelegen seyn, seinen Karakter und seine Denkart kennen zu lernen, ehe du dich einschifftest. Und wenn sich’s nun, nach näherer Erkundigung, fände, dass es ein vernünftiger, gebildeter, vorzüglich aber ein sehr bequemer und gefälliger Mann sey; wie glücklich würdest du dich da schätzen! Fände sich’s aber nun oben drein, dass sein Geschmack, seine Lieblingsbeschäftigungen und Meinungen mit den deinigen übereinstimmten, so würde deine Freude vollkommen werden. Du würdest nicht zweifeln, dass der Umstand, der euch beyden zusammenbrachte, den Grund zu einer vertrauten und höchstangenehmen Freundschaft legen würde. Wenn ihn hingegen seine genauere Bekannten dir als einen schwachen, unwissenden, eigensinnigen und zanksüchtigen Mann schilderten, dessen Sitten und Neigungen den deinigen ganz zuwieder wären; so würdest du vermuthlich lieber dein ganzes Vorhaben wieder aufgeben, als dich entschliessen, so viele Monate hindurch mit einem Gesellschafter eingesperrt zu leben.
Mache nun von deinem Gleichnisse die Anwendung auf die Gefährtinn deiner Lebensreise, die Vertraute aller deiner Stunden, die Theilnehmerinn an allen deinen Schicksalen, die Mutter und Erzieherinn deiner Kinder. Fühlst du es dann nicht sehr auffallend, wie unendlich wichtig es für dich seyn muß, was die Person für Eigenschaften des Verstandes und Herzens hat, die mit dir in alle diese Verhältnisse tritt; und wie unbedeutend dagegen äußere Reize und bloß körperliche Vorzüge sind? Da es aber kaum glaublich ist, dass du alles, was sich in Ansehung jener edlern innern Vorzüge wünschen lässt, werdest erhalten können: so kömmt es sehr darauf an, zu bestimmen, welche von ihnen die wesentlichsten sind, damit deine Wahl doch wenigstens so gut als möglich [S. 100] ausfalle. Da nun aber Geschmack, Sitten und Meinungen nicht ursprüngliche und angebohrne, sondern erworbene Eigenschaften sind: so können sie nicht so erheblich seyn, als die Grundeigenschaften eines gesunden Verstandes und eines guten Temperaments. Besitzt eine Frau diese Eigenschaften, so wird sie, wenn sie ihren Mann lieb hat, sich die übrigen in dem Maaße eigen zu machen wissen, in welchem sie sieht, dass er sie an ihr zu sehen wünscht; und wenn sich denn auch am Ende zwischen ihnen beyden eine merklich große Verschiedenheit in diesen Stücken findet: so kann sich doch häusliches Glück gar wohl damit vertragen. Aber Vernunft und gute Laune sind einer Gefährtinn unsers Lebens unentbehrlich nothwendig. Sie machen die Grundlage des ganzen Glücksgebäudes aus. Und da beyde durchaus wesentlich sind: so bedarf es der Frage nicht, welche von beyden es am meisten sey. Zum Glück finden sie sich öfter beysammen als getrennt. Denn die wichtige und billige Schätzung der Dinge, welche die gesunde Vernunft lehrt, bringt auch die Gleichmüthigkeit und den sanften, nachgiebigen Sinn hervor, worin die gute, gefällige Laune eigentlich besteht. Es giebt freylich eine Art von gedankenloser Gutherzigkeit, die nicht selten mit einem schwachen Verstande verbunden ist; da sie aber keine eigenthümliche Richtungskraft hat, so hängen ihre Äußerungen gar sehr vom Eigensinn und Zufall ab; und es lässt sich nicht sicher darauf rechnen, dass wahre Glückseligkeit daraus entstehen könne. Wenn indeß diese leichte Nachgiebigkeit mit den einnehmenden Reizen der Jugend und Schönheit geschmückt erscheint: so laufen selbst Männer von Geist einige Gefahr, die Mängel eines seichten Verstandes zu übersehen, vornehmlich, wenn sie die allzu herrschende Meinung hegen, dass Frauenzimmer nichts weiter sind, als bloßes Spielzeug. Mehr bestimmt, ihren Herren und Meistern die Zeit zu vertreiben, als die höhern und wichtigern Zwecke des Lebens erreichen zu helfen. Aber noch nie verheyrathete sich Einer mit einer Thörinn, ohne es bitter zu bereuen. Denn obgleich die tändelnde Schöne für die Stunde des Scherzes und der Fröhlichkeit gut genug seyn möchte; so wird die Thorheit doch dann, wenn sie die Zügel der häuslichen, und vornehmlich der mütterlichen Zucht in die Hände nimmt, einen vernünftig denkenden Gatten beständiges Herzleid erwecken.
Auf der andern Seite giebt es Beyspiele von vorzüglichen Fähigkeiten des Verstandes, die mit so vielem Eigensinn und wunderlicher, widerwärtiger Laune verknüpft sind, dass dadurch alle Glückseligkeit des Lebens vernichtet wird. Bösartigkeit ist zuweilen mit Witz, Stolz und Eigensinn mit Talenten, Grämlichkeit und Argwohn mit Scharfsinn, und kaltsinnige Zurückhaltung mit feiner Beurtheilungskraft verbunden. Da aber alle diese Eigenschaften schon an sich selbst nicht liebenswürdig sind; so ist es eben nicht nöthig, vor denen zu warnen, welche sie besitzen. Gemeiniglich verliert durch sie die Schönheit selbst ihren Reiz, und nur der Zauber des Reichthums vermag den Widerwillen zu besiegen, welchen sie erregen.
[S. 101] Wie viel verderblicher sie, als Einfalt und Thorheit, für alle häusliche Glückseligkeit sind, davon hast du dich vielleicht schon selbst durch den Anblick mancher Ehen überzeugt. Manche von den Eigenschaften, wodurch eine Gattinn eine wünschenswerthe Gesellschafterinn wird, machen sie auch fähig, eine treue und edle Gehülfinn zu seyn; aber dazu sind doch auch noch manche andere erforderlich. Die ursprüngliche Bestimmung des andern Geschlechts wird, wie du weißt, gemeiniglich darin gesetzt, dass der Mann an der Frau eine Hülfe und Stütze habe; vielleicht aber ist es diese Vorstellung von einer Ehegattinn, die unsere Einbildungskraft zur Zeit der Bewerbung gerade am wenigsten beschäftigt. Du kannst indeß gewiß versichert seyn, dass gerade hierauf am meisten für den ankommt, den seine Lage nicht über das Bedürfniß eines solchen Beystandes hinaussetzt; und billig sollte die Fähigkeit dazu ein vorzügliches Augenmerk bey seiner Wahl seyn. Romanhafte Begriffe von häuslicher Glückseligkeit werden mit der Zeit unfehlbar der Einsicht in die wahre Beschaffenheit der Dinge weichen müssen; und da wird sich’s zeigen, dass ein großer Theil dieser Glückseligkeit aus einer häuslichen Ordnung und aus einer Menge von kleinen Hülfen und Bequemlichkeiten entspringen muß. Ein stilles und reinliches Wohnzimmer, regelmäßige und angenehme Mahlzeiten, ein wohlgewählter Anzug, ein sparsamer und ordentlicher Haushalt, in dem man gern und leicht einen Freund und Fremden aufnehmen kann, eine geschickte und zärtliche Verpflegerinn in Kranken-Tagen – alle diese Dinge machen einen beträchtlichen Theil von den Vortheilen aus, welche das eheliche Leben uns billig gewähren soll; und ohne sie werden keine Reize der Person oder des Verstandes uns auf die Dauer wahre Freuden verschaffen können. Die Geschicklichkeit in der Haushaltung sollte man billig als die Haupteigenschaft eines Frauenzimmers ansehen, die eine gute Gattinn werden will; und sich eine Frau wählen, welche diese Geschicklichkeit nicht besitzt, oder sie doch nicht ausüben mag, übrigens aber alle mögliche andere Vollkommenheiten hat, ist eben so ungereimt, als es seyn würde, wenn man zu seinem Sachwalter oder Arzt einen Mann wählen wollte, der alles andere, nur nichts von den Rechten und der Arzneykunde verstünde.
[S. 102] Auch das muß ich noch erinnern, dass Kenntniß und guter Wille nicht die einzigen Erfordernisse einer guten Gehülfin sind. Es gehört auch noch eine gewisse Stärke des Körpers und der Seele dazu, die sich zu unsern Zeiten bey Personen des weiblichen Geschlechts weit seltener findet, als man wünschen möchte. So sehr auch eine schwächliche und zarte Gesundheit unser Mitgefühl einnimmt und an sich zieht, so ist sie doch ein sehr unerwünschter und nachtheiliger Umstand für eine Verbindung aufs ganze Leben. Nichts kann der Fähigkeit zu einer Gehülfinn mehr zuwider seyn, als ein Zustand, der beständig des Beystandes bedarf, den er nie selbst leisten kann. Sehr weit bin ich von der Absicht entfernt, dein Herz gegen die Eindrücke des Mitleids zu verhärten, oder jene Dienstleistungen zärtlicher Theilnehmungen vermindern zu wollen, wodurch du das kummervolle und mühselige Loos der liebenswürdigsten und verdienstvollsten Personen ihres Geschlechts mindern und erleichtern kannst. Aber die Wahl einer Gattinn ist eine Wahl zu deinem eigenen Besten, durch die du dir neue Quellen des Glücks zu öfnen wünschest; und es wäre doch wahre Thorheit, wenn du statt ihrer neue Lasten und Beschwerden übernehmen wolltest. Mit einem schwachen Nervensystem des Körpers ist jene schüchterne Zaghaftigkeit der Seele, und jene äußerste Feinheit und Reizbarkeit des Gefühls verwandt, die man unter dem Namen weiblicher Delikatesse nur allzu sehr ermuntert. Daß unsere heutige Erziehung dies sogenannte Zartgefühl über seine Schranken weit hinaustreibt, kann demjenigen nicht zweifelhaft seyn, der da bedenkt, wie viel Beweise von Seelenstärke und Selbstbeherrschung die weibliche Pflicht unaufhörlich fordert. Wer die menschliche Gesellschaft in der Nähe und von außen und innen betrachtet, wird bald sehen, dass Anläße zur Unruhe, zum Leiden und Kummer dem weiblichen Geschlechte weit öfter aufstoßen, als dem männlichen. Jenem fallen alle Pflichten gegen Schwache, Kranke und Sterbende zu. Wenn das Haus, durch irgend eine Veranlassung, ein Schauplatz der Leiden und der Traurigkeit wird, dann läuft der Mann gar oft davon, und die Frau muß daheim bleiben, und allen Unfällen die Stirn bieten. Alles dies ist der Fall in der gebildeten Gesellschaft und in Ständen des Lebens, welche über die niedere Volksklasse erhaben sind. Im Zustande der Wildheit und in den geringeren Ständen müssen sich die Frauen sogar den mühseligsten, beschwerlichsten Arbeiten unterziehen. Hat also die Natur sie an körperlicher Natur und Anlage so schwach und kraftlos gebildet, als wir gemeiniglich glauben, so hat sie hier die Mittel nicht, mit den Zwecken in jenes weise Verhältniß gebracht, welches wir sonst doch in ihren Einrichtungen wahrzunehmen pflegen.
Ich meines Theils bin hier völlig der Meinung derer, die vielmehr eine Aehnlichkeit als ein Widerspiel in dem Hauptkarakter beyder Geschlechter und dessen Ausbildung wünschen. Tugend, Weisheit, Gegenwart des Geistes, Geduld, Entschlossenheit; Fähigkeit, Emsigkeit sind nicht Eigenschaften für ein Geschlecht allein; sie gehören für das ganze Menschengeschlecht, für alle, welche Pflichten zu erfüllen und Leiden zu erdulden haben. Un- [S. 103] streitig ist es eine höchst herabsetzende Vorstellung von dem andern Geschlechte, wenn man glaubt, es müsse sein Einfluß der Schlauheit und Arglist, der Verstellung und wirklicher Schwäche verdanken. Dies Geschlecht ist für unsere Glückseligkeit zu wesentlich nothwendig, um zu bedürfen; zu viel Vergnügen und Nutzen der Welt hängt von ihm ab, als daß es fürchten dürfe, wir würden aufhören, uns ihm zuzugesellen. Ein Frauenzimmer strebe also nach Vollkommenheit in den Eigenschaften, welche vorzüglich in der Rolle gehören, die es vorzüglich zu spielen hat, und dann kann es aller gezierten Weichlichkeit und Koketterie überhoben seyn. Gewiß wird es uns nicht darum weniger liebenswürdig dünken, weil wir in ihm die beste Hülfe finden.
Und so habe ich dir richtige Begriffe von den vornehmsten Erfordernissen einer Gattinn, besonders einer Gattinn für deinen Stand, zu geben gesucht, und alles gethan, was ein wohlmeinender Rathgeber zu thun vermag. Vor dem Einfluß der Leidenschaften kann ich dich nicht schützen, sondern dich nur vor ihrer zu großen Uebermacht warnen. Zweckdienlicher aber würde es seyn, dir alle übereilte Eheversprechungen zu widerrathen; denn dabey kann man den irgend gesetzten Mann, der sie eingehe, nicht mehr als bloß leidend ansehen. Wenn auch der Kopf seine Herrschaft über das Herz verloren hat, so behält er sie doch noch wohl über die Hand. Und wahrlich, wenn wir bey irgend einer Handlung Anstand nehmen sollten, so müsste es bey dieser seyn, von der das ganze Wohl oder Weh unsers übrigen Lebens abhängt. Es ist begreiflich, dass zur Prüfung und reifen Beurtheilung so vieler Eigenschaften, als zum Glück der ehelichen Verbindung erfordert werden, mehr Zeit gehört, als einzelne Tage und Wochen, mehr gehört, als zufällige Besuche oder Schauspiele. Studire u. beobachte den Gegenstand deiner Liebe zu Hause, und in ihrem gewöhnl. Wirkungskreise. Der Stufengang sey hier: Wohlgefallen, Beyfall, Liebe, und endlich Erklärung: so wird deine Wahl dich nicht leicht täuschen können.
Es wird dir vielleicht befremdend dünken, daß ich hier einen Umstand gar nicht berührt habe, der doch gewöhnlich bey der Schätzung der Eltern in Ansehung des ehelichen Glücks ihrer Kinder am meisten in Anschlag kömmt – den Umstand des Vermögens. Aber ich habe hier bloß von der zu wählenden Gattinn selbst reden wollen, nicht von Dingen, die zu ihr selbst nicht gehören. Vermögen, das man erheyrathet hat, ist ganz einerley mit Vermögen, das man auf irgend eine andere Art erworben hat. Es hat seinen Werth, der allerdings nicht gering ist, weil es uns wünschenswürdige Bequemlichkeiten des Lebens verschafft: und sich in einen Stand hineinstürzen, in welchem die Bedürfnisse sich gar sehr vermehren werden, ohne eine gegründete Aussicht zu haben, diese Bedürfnisse bestreiten zu können, das ist nicht nur höchst unbesonnen, sondern durchaus unvernünftig gehandelt. Aber der Weg, den man einzuschlagen hat, diesen Bedürfnissen abzuhelfen, muß von einem Jeden besonders geprüft und gewählt werden; und ich halte dich für klug und überlegend genug, um dir zuzutrauen, daß du diese Frage aller möglichen Ueberlegung würdigen werdest.
[S. 104] Eben so erwägenswerth ist auch die Hinsicht auf die Familienverbindungen, in die man durch eine Heirath geräth. Auch diese ist unstreitig sehr wichtig; aber man muß dabey eben so nach den Eingebungen gemeiner Klugheit handeln, als in jedem andern Falle, wo man sich in dergleichen Verbindungen einläßt, ob sie gleich freilich in diesem Falle weit enger und stärker eingegangen werden, als in jedem andern. Wer Herr über sein Nachdenken und Verfahren ist, dem darf man es zu trauen, dass er diese Gegenstände eben so leicht und weise beurtheilen und entscheiden werde, als andere, die im täglichen Leben vorkommen. Und daß deine Entscheidungen allemal dir und deiner Selbstbeherrschung Ehre machen mögen, ist der herzliche Wunsch deines zärtlichen Vaters.
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Aus: John Aikin, Letters from a father to his son, on various topics, relative to literature and the conduct of life. Written in the years 1792 and 1793. London 1793
Nachdruck einer deutschen Übersetzung in:
Münsterisches gemeinnützliches Wochenblatt 13. Jg., S. 98-104
= Wochenend-Beilage zum Münsterischen Intelligenzblatt [der zweimal wöchentlich erscheinenden offiziellen Zeitung für das Fürstbistum Münster], 23.6.1797 /30.6.1797
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