Die Wohnungsmarktsituation 2019 im Vergleich der fünf größten Städte Westfalens
von Peter Wittkampf
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit rund 17.000 Beschäftigten
für die 8,3 Millionen Menschen in der Region Westfalen-Lippe. Er betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser
und 18 Museen und ist außerdem einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung.
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von Peter Wittkampf
"Wohnraumnot in Großstädten" – so oder ähnlich lauteten im Juli 2019 Schlagzeilen in vielen regionalen und überregionalen Zeitungen. Sie bezogen sich auf eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (Köln), wonach seit 2016 die Fertigstellung neuer Wohnungen in vielen Städten den tatsächlichen Bedarf nur unzureichend deckte. Für die fünf größten Städte Westfalens ergab die Studie, dass bis 2018 diese Bedarfsdeckung in Dortmund nur zu 59% und in Münster zu 61% erreicht worden sei. Für Bielefeld wurden dagegen 106% Bedarfsdeckung, für Bochum 128% und für Gelsenkirchen 139% angegeben.
Wie stellt sich – über die genannte Studie hinaus – die Wohnungsmarktsituation im Einzelnen dar?
Überall ist in den letzten Jahren der Wohnungsmarkt u.a. durch folgende Faktoren geprägt:
Im Ergebnis bedeutet dies, dass nicht nur insgesamt mehr Wohnungen gebraucht werden, sondern dass auch ganz bestimmte Wohnwünsche überproportional zunehmen. Daraus resultiert mancherorts eine sehr angespannte Wohnungsmarktsituation. Diese wird z.T. durch örtliche Besonderheiten noch weiter verschärft. Am Beispiel der Stadt Münster kann dies besonders deutlich werden:
Zu den Gründen, warum zu wenig Wohnungen gebaut wurden, zählt sicherlich die Tatsache, dass die Ausweisung zusätzlichen Baulandes den Bedarf bei weitem nicht deckte.
Auch der Bau speziell von öffentlich geförderten Mietwohnungen hinkt hinter dem Bedarf her (s. Beitrag Fennhoff) – und zwar nicht nur in Münster. In der Stadt Bochum wurden mittels einer Expertenbefragung als stärkste Hemmnisse für den Bau solcher Wohnungen folgende Gründe ermittelt:
Wenn das Wohnungsangebot knapp ist, steigt die Höhe der Mieten. In den fünf größten Städten Westfalens war in den letzten zehn Jahren die Steigerung der durchschnittlichen Kaltmieten in Münster ganz besonders deutlich (+34,6%), dicht gefolgt von Dortmund (+34,2%); am geringsten war sie in Gelsenkirchen (+16,6%). Bei einer zusammenfassenden Betrachtung muss man sich darüber im Klaren sein, dass viele Faktoren für die Mietpreise ausschlaggebend sind. So kostet der Quadratmeter bei kleinen Wohnungen deutlich mehr als bei größeren, und in neu errichteten Wohngebäuden zahlt man pro Quadratmeter erheblich mehr Miete als in Altbauten. Wenn also in einer Stadt oder einem Stadtteil in den letzten Jahren viele relativ kleine Wohnungen gebaut wurden, ist dort jetzt das durchschnittliche Mietniveau kräftig angestiegen.
In diesem Zusammenhang sind folgende Fakten bemerkenswert:
Und von entscheidender Bedeutung ist natürlich nach wie vor die Lage einer Wohnimmobilie. U.a. führt dies zu einer teilräumlichen Spreizung des Mietniveaus, sodass sich in bestimmten Vierteln einer Stadt die durchschnittlichen Mieten um ca. 3 Euro pro m2 von denen in anderen Vierteln unterscheiden können.
Ungeachtet dieser Besonderheiten lassen sich aber durchaus generelle Aussagen über die durchschnittliche Höhe der Mieten in den fünf größten westfälischen Städten machen. Neben der Tatsache der allgemeinen Preiserhöhung sind dies u.a. folgende Beobachtungen:
Angesichts von Wohnraumknappheit und -verteuerung ergibt sich für die Städte die Notwendigkeit, neue Wohnareale zu planen und weitere Wohnmöglichkeiten zu schaffen. Dies gilt ganz besonders für jene Städte, in denen ein weiterer Bevölkerungsanstieg erwartet wird. Das statistische Landesamt IT.NRW hat im Juli 2019 eine Vorausberechnung veröffentlicht, nach der insbesondere für Münster von 2018 bis 2040 von einem Einwohnerzuwachs von knapp 14% bzw. weiteren fast 44.000 Menschen ausgegangen wird. Für die anderen vier Städte wird entweder eine sehr viel geringere Bevölkerungszunahme (Bielefeld, Dortmund) oder sogar ein Rückgang (Gelsenkirchen, Bochum) prognostiziert (Tab. 2).
In Münster wurde deshalb bereits die Forderung erhoben, einen ganz neuen, zusätzlichen Stadtteil zu planen. Die aktuellen neuen Wohngebiete (z.B. die Konversionsflächen der ehemaligen York- und Oxford-Kasernen sowie die relativ kleinen zusätzlichen Wohngebiete an der Peripherie einiger Vororte) dürften bei weitem nicht ausreichen.
In Bielefeld überlegt man ebenfalls die Realisierung eines neuen Stadtteils, und zwar konkret zwischen dem Campus Nord und Babenhausen. Er soll ca. 10.000 Menschen Wohnraum bieten.
In Bochum plant man für den Wohnbedarf u.a. die Großprojekte im Quartier Ostpark (ca. 1.100 neue Wohneinheiten) oder in Gerthe-West.
In Dortmund werden weitere Wohnquartiere u.a. im "Erdbeerfeld" (Mengede), Hohenbuschei (Brackel), Ida-Carré (Lütgendortmund) sowie auf ehemaligen Werksarealen von Hoesch und Union geschaffen.
Auch Gelsenkirchen plant bzw. realisiert zusätzliche Wohnquartiere, z.B. in Buer-Resse oder im Stadtquartier Graf Bismarck.
• | Empirica AG (2018): Wohnungsmarktbericht für die Stadt Gelsenkirchen. Teilbericht zum Handlungskonzept Wohnen. Berlin (www.gelsenkirchen.de/de/Infrastruktur/Stadtplanung/Gesamtstaedtische_Konzepte/_doc/Wohngsmarktbericht_Gelsenkirchen_Juni_2018_web.pdf) |
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• | Institut der deutschen Wirtschaft / Henger, R., M. Voigtländer (2019): Ist der Wohnungsbau auf dem richtigen Weg? Köln (= IW-Report 28/2019) (www.iwkoeln.de) |
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• | ISP Eduard Pestel Institut für Systemforschung e.V. (Hg.) (2019): Gut Wohnen im Münsterland – eine Macher-Region mit enormem Potenzial – Stadt Münster. Hannover |
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• | IT.NRW Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Hg.) (o.J.): Statistische Jahrbücher (verschiedene Jahrgänge). Düsseldorf (https://webshop.it.nrw.de) |
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• | IT.NRW Information und Technik Nordrhein-Westfalen (Hg.) (2019): Bevölkerung in den kreisfreien Städten und Kreisen Nordhrein-Westfalens 2018 bis 2040/2016. Düsseldorf (www.it.nrw.de) |
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• | Stadt Bielefeld (Hg.) (2019): Wohnungsmarktbericht 2018/2019. Bielefeld |
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• | Stadt Bochum (Hg.) (2019): Wohnungsmarktbarometer 2019. Befragung von Wohnungsmarktexperten. Angebotspreise für Miete und Kaufeigentum in Bochum. Bochum (https://geoinfo.bochum.de) |
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• | Stadt Dortmund, Amt für Wohnen (Hg.) (2019): Wohnungsmarktbericht 2019. Dortmund (www.dortmund.de/media/p/wohnungsamt/downloads_afw/wohnungsmarktbericht_Dortmund_2019.pdf) |
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• | www.leg.de (LEG Wohnungsmarktreport NRW 2019) |
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• | www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Gesellschaft_Politik/Wohnraumversorgung_MS |
Erstveröffentlichung 2020