Mietwohnungsmarkt und Mietpreise in Westfalen

13.07.2015 Peter Wittkampf

Prinzipiell unterliegen auch die Mietpreise den Marktgesetzen von An­gebot und Nachfrage. Auf der An­ge­botsseite sind dabei vor allem die Anzahl und die Qualität der mietbaren Wohnungen und der Mehrfamilienhäuser ausschlaggebend. In Be­zug auf die Anzahl wiederum spielen u.a. folgende Aspekte eine Rolle:

  • die Bevölkerungs- und Einwohnerentwicklung, Wachstums- und Schrumpfungsprozesse in den Städten und Gemeinden bzw. in der Region und der teilweise daraus resultierende Wohnungs-Leerstand,
  • die Planung und Realisierung von Bauvorhaben in den einzelnen Kommunen und das hierbei ge­wählte Verhältnis von Ein- und Mehrfamilienhausbebauung, wobei Mietwohnungen u.a. auch dadurch frei werden, dass bei positiver Wirtschaftsentwicklung die bis­herigen Mieter aufgrund gestiegener Kaufkraft in Einfamilienhäuser umziehen.
Abb. 1: Durchschnittliche Kaltmieten 2013 und deren Entwicklung von 2011–2013 (Quelle: LEG-Wohnungsmarkt- report NRW 2013)

Die Nachfrage nach Mietwohnungen hängt u.a. ab von der Entwicklung

  • der Ehescheidungs- und Trennungsraten, die ja die Nachfrage nach kleinen Wohnungen entschei­dend beeinflusst,
  • der Anzahl der Studierenden in einer Stadt, die gleichzeitig Hochschulstandort ist,
  • der Wirtschaft, da z.B. prosperierende Unternehmen den Fachkräftebedarf häufig nicht nur "vor Ort" decken können, sodass Zuzüge erfolgen,
  • der Zuwanderung ausländischer Migranten.

Nicht zuletzt ist es die Attraktivität einer Kommune bzw. eines Stadtteils, die den Wohnungsmarkt entscheidend prägt. Wohnungsmakler wissen: Die drei wichtigsten Kriterien für den Marktwert einer Wohnimmobilie sind "Lage, Lage, Lage".

In Westfalen-Lippe liegen die mo­natlichen Kaltmieten im Durch­schnitt bei etwa 5,50 Euro pro m2. Die durchschnittlich güns­tigs­ten Werte in dieser Hinsicht weisen der Kreis Höxter sowie die Städte Gelsenkirchen und Hagen auf (Abb. 1). Ge­mein­sam sind ihnen eine deutliche Negativtendenz der Bevölkerungsentwicklung, wirtschaftliche Probleme und ein Anstieg der Ar­beitslo­sen­quote von 2010 bis 2014. Der Wohnungsleerstand betrug in der Stadt Hagen im Jahr 2008 5,4%, in Gelsenkirchen 2009 4,8%. Gelsenkirchen verlor allein in den Jahren 2008 bis 2013 weitere 1,6% der Bevölkerung, der Kreis Höxter sogar 4,7%. Die Stadt Müns­ter beispielsweise wies dagegen von 2000 bis 2010 einen Bevölkerungsgewinn von 5,3% auf. Die Arbeitslosenquote der Stadt Gelsenkirchen lag 2014 bei über 15%.

Dennoch erklären die genannten Daten das Mietniveau nicht vollständig. Relevant ist außerdem u.a. die Frage, welche Priorität die Verfügbarkeit geeigneten Wohnraums – gerade auch in Mehrfamilienhäusern – für die örtlichen Planungsämter hatte.

Manchmal lässt "der Markt" auch keine höheren Mieten zu, z.B. bei einer deutlich unterdurchschnittlichen Kaufkraft (s. Beitrag Böhnisch). Diese betrug 2013 etwa in Gelsenkirchen 17.880 Euro pro Kopf, im Kreis Höxter 19.118 Euro, während sie beispielsweise im Kreis Olpe bei 21.400 Euro, im Kreis Siegen-Wittgenstein bei 21.477 Euro und im Ennepe-Ruhr-Kreis bei 22.572 Euro lag.

Das mit Abstand höchste Mietpreisniveau weist die Stadt Müns­ter auf. Mit durchschnittlich 8,93 Euro pro m2 Wohnfläche liegt es über 40% höher als in Bielefeld, wo die zweithöchsten Mietpreise innerhalb von Westfalen-Lippe gezahlt werden. In den begehrtes­ten Wohnlagen Müns­ters kosten Kaltmieten ca. 15  Euro pro m2 Wohnfläche. Da Müns­ters Einwohnerzahl weiterhin steigt und die Attraktivität der Stadt ungebrochen ist, scheint ein Ende der Entwicklung auch bei den Immobilien- und Mietpreisen nicht absehbar.

Die Entwicklung der durchschnittlichen Kaltmieten passt im Prinzip in das gerade skizzierte Szenario: Der wirtschaftliche Strukturwandel, der in altindustrialisierten Städten wie etwa in Gelsenkirchen noch nicht zufriedenstellend gelungen ist, anderswo aber zu einem deutlichen Aufschwung führt, wie auch demographische Aspekte bilden den Hintergrund für entsprechende Entwicklungen bei den Mietpreisen. In Gelsenkirchen ging das durchschnittliche Niveau der Kaltmieten von 2011 bis 2013 um über 2% zurück, während es überall sonst in Westfalen-Lippe anstieg (Abb. 1). Besonders kräftige Zu­wächse gab es in Teilen Südwestfalens, dem "in­dus­triellen Herzen Westfalens", und im Münsterland, wo sich die Wirtschaft ebenfalls sehr positiv entwi­ckelte und die Mieter in der Lage sind, höhere Mietforderungen zu bezahlen. Die deutlichsten Steigerungen des durchschnittlichen Ni­veaus der Kaltmieten gab es freilich in Großstädten außerhalb des Ruhrgebietes, in Münster, Bielefeld und Paderborn, wobei Paderborn als wachsendes Wirtschafts- und Wissenschaftszentrum in letzter Zeit be­sonders deutliche Mietpreissteigerungen aufwies (Abb. 1).

Abb. 2: Anteil der Warmmieten an der Haushaltskaufkraft und Mietpreisspannen im Vergleich der Postleitzahlgebiete der Kreise/kreisfreien Städte 2013 (Quelle: LEG-Wohnungsmarkt- report NRW 2013, eigene Berechnungen)

Für den Mieter sind aber nicht nur die Kaltmieten wichtig, sondern auch die übrigen Kos­ten, die schließlich die tatsächlichen Wohnkosten ergeben. Wenn man die "Warmmiete" ins Verhältnis zur jeweiligen Durchschnitts-Kaufkraft der Haushalte setzt, zeigt sich folgendes Bild: In großen Teilen Südwestfalens (Märkischer Kreis, Kreis Olpe, Hochsauerlandkreis, Ennepe-Ruhr-Kreis, Kreis Siegen-Wittgenstein) verfügen die Haushalte über eine relativ hohe Kaufkraft, sodass sich bei mo­deraten Mietpreisen eine günstige Relation ergibt. Hier ma­chen die Wohnkosten "nur" etwa 15 bis 17% der Haushaltskaufkraft aus (Abb. 2). Vor allem in den Großstädten liegt der Anteil dagegen bei über 18%. Weil in Münster die Mietpreise besonders hoch sind, verschlingt dort die Miete einen be­sonders ho­hen Teil der durchschnittlichen Haus­haltskaufkraft.

Interessante Hinweise auf räumliche Besonderheiten ergeben sich auch beim Mietpreis-Vergleich in­nerhalb der Städte und Kreise. Die Preisspanne zwischen den teuers­ten und den preiswertesten Durch­schnitts­mieten verrät etwas über das Gefälle zwischen den be­sonders be­gehrten Stadtteilen oder Städten und weniger nachgefragten Kommunen oder Stadtteilen. Die Städte Münster und Bielefeld sowie die Kreise Paderborn und Siegen-Wittgenstein zeigen die deutlichsten Unterschiede zwischen den Mietpreisen in den Postleitzahlgebieten, die sie jeweils umfassen (Abb. 2). So sind beispielsweise die Unterschiede besonders hoch zwischen den Mietpreisen in der zentralen Stadt Paderborn und denen in den peripher und relativ weit entfernt von Paderborn ge­legenen Kom­munen des Kreises, et­wa Bad Wünnenberg oder Büren. Ähnliches gilt für Siegen und Burbach, letzteres im äußersten Süden des Kreises Siegen-Wittgenstein ge­legen.

Innerhalb der kreisfreien Großstädte entscheiden dagegen häufig das "Image" der Stadtviertel, deren Lage und deren Sozialstruktur. Am Beispiel der Stadt Bielefeld kann dies exemplarisch deutlich gemacht werden. Der Unterschied zwischen den Mietpreisen in zentralen Lagen und denen beispielsweise im Stadtteil Sennestadt ist beträchtlich. Über Sennestadt heißt es in einer Veröffentlichung der vom Land geförderten Initiative "Soziale Stadt NRW" (www.soziale-stadt.nrw.de), dort habe eine Analyse überdurchschnittlich hohe Werte festgestellt in Bezug auf Überalterung, Einwohneranteil mit Migrationshintergrund, Arbeitslosigkeit und geringes Einkommen. Außerdem werde Sennestadt zunehmend geprägt durch soziale, ethnische und demografische Segregationstendenzen.

Beitrag als PDF-Datei ansehen/speichern (Größe: < 1 MB)

↑ Zum Seitenanfang


Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2013, Aktualisierung 2015