Vom Regionalmarketing zum Regionalmanagement: Stärkung der westfälischen Regionen durch kooperatives Handeln

13.06.2016 Thomas Hauff

Kategorie: Gebiet und Identität

Schlagworte: Westfalen · Marketing

Inhalt

Seit den 1990er Jahren haben Akteure aus Verwaltung, Politik und Wirtschaft die Initiative ergriffen, um gemeinsam ihre Regionen nach außen zu profilieren, das regionale Bewusstsein zu stärken und die regionalen Kräfte zu bündeln. Dies geschah als Reaktion auf den sich verschärfenden Wettbewerb um Einwohner, Investitionen, Fachkräfte und Touristen. Im Folgenden werden die Entwicklung der regionalen Initiativen und deren Handlungsschwerpunkte vorgestellt.

Münsterland

Die "Aktion Münsterland e.V." wurde 1990 als "Regionalmarketingverein" gegründet, um das Münsterland als aktiven Wirtschafts-, vielseitigen Erholungs- und Lebensraum zu profilieren (z.B. durch den Innovationspreis). Es entwickelte sich eine der mitgliederstärksten Regionalinitiativen Deutschlands, die zum 01.01.2009 mit dem "Münsterland Touristik Grünes Band e.V." zum "MÜNSTERLAND e.V. – Verein zur Förderung des Münsterlandes" fusionierte. Ziel war die Bündelung der regionalen Marketingaktivitäten und die Schaffung von Synergien zwischen den Handlungsfeldern "Wirtschaft", "Wissenschaft", "Tourismus" und "Kultur". Dabei wurden auch Aufgaben im Regionalmanagement (z.B. regionales Clustermanagement) und in der regionalen Strukturpolitik (z.B. Regionalagentur) übernommen.

2014 und 2015 fand ein Strategieprozess zur künftigen Ausrichtung von Münsterland e.V. und zur stärkeren Einbindung der regionalen Kräfte statt. Drei Kernaufgaben stehen nun im Mittelpunkt: "Regionalmarketing nach innen und außen; regionale Projektkoordination bzw. Projektmanagement; Schnittstellenfunktion und Koordinierung der regionalen Strukturförderung aus EU-, Bundes- und Landesprogrammen" (Münsterland e.V. 2015, S. 3).

ZukunftsLAND ist keine klassische Regionalmarketinginitiative, sondern das Ergebnis der erfolgreichen Bewerbung des Westmünsterlandes auf die Ausschreibung der REGIONALE 2013/2016 des Landes NRW. Mit der REGIONALE 2016 werden wichtige Zukunftsfragen ländlich geprägter und wirtschaftlich erfolgreicher Regionen modellhaft bearbeitet (v.a. Strukturwandel in Landwirtschaft und Wirtschaft, demographischer Wandel, Landschaftswandel). Der Prozess wird durch die REGIONALE 2016-Agentur GmbH koordiniert. Bis Anfang des Präsentationsjahres 2016 haben 23 Projekte die Realisierungsreife erreicht (www.regionale2016.de).

Ostwestfalen-Lippe (OWL)

Anfang 1993 wurde die OWL Marketing GmbH gegründet. Sie ist ein Unternehmen der Kreise des Regierungsbezirks Detmold, der Stadt Bielefeld, der regionalen Wirtschaft und seit 2011 auch der staatlichen Hochschulen. Die OWL Marketing GmbH hat rasch das Aufgabenspektrum über klassische Regionalmarketingaufgaben hinaus erweitert: z.B. 1997 EXPO Initiative OWL, 2005 Integration Teutoburger Wald Tourismus, 2006 Modellregion für Bürokratieabbau. Damit hat sich OWL Marketing zu einer Regionalmanagementgesellschaft weiterentwickelt, die gesamtregionale Entwicklungsaufgaben übernimmt und gleichzeitig die Marke "OstWestfalenLippe" stärkt (OWL GmbH 2013).

Angesichts des verbreiterten Aufgabenspektrums kam es 2012 zur Streichung des Begriffs "Marketing" aus dem Gesellschaftsnamen. Die "OstWestfalenLippe GmbH – Gesellschaft zur Förderung der Region" sieht sich als regionale Entwicklungsplattform und Impulsgeber, um OWL zu einem der wettbewerbsstärksten Wirtschaftsstandorte in Europa zu entwickeln. Die Initiative "Innovation und Wissenschaft" legte mit dem Clusterprozess "it´s OWL" (Intelligente Technische Systeme OWL) die Grundlagen für den Gewinn des Wettbewerbs "Deutschlands Spitzencluster" (2012). Auch im Tourismusmarketing, in der regionalen Arbeitsmarktpolitik und in der regionalen Kulturarbeit engagiert sich die OWL GmbH (OWL GmbH 2014/2015).

Die Lippe Tourismus & Marketing AG (LTM AG) wurde im Jahr 2003 als Unternehmen von öffentlicher Hand und privaten Partnern gegründet, um ein einheitliches Marketing für Wirtschaft, Tourismus, Bildung und Kultur zu schaffen, Kräfte zu bündeln und den Wirtschaftsstandort Lippe zu stärken. Insbesondere wurden die Aktivitäten anlässlich des Varusjahres 2009 genutzt, um Lippe zu positionieren. Hierzu dient vor allem auch die touristische Dachmarke "Land des Hermann – Teutoburger Wald".

2015 wurde beschlossen, die LTM AG in eine GmbH umzuwandeln; der Schwerpunkt liegt weiterhin in den Bereichen Tourismus und Standortmarketing. Durch das "Europäische Kompetenzzentrum Wandern" wird die Profilierung (u.a. als Gesundheitsregion) fortgesetzt (www.walk-eu.de).

Das Regionalmarketing Kulturland Kreis Höxter entstand 2000, um ein Gütesiegel für regionale Qualitätsprodukte zu entwickeln. Regionale Erzeuger und Handwerker sowie das Regionalbewusstsein sollten gestärkt, die typische Kulturlandschaft des Kreises Höxter erhalten und ein positives Image nach außen vermittelt werden. Gleichzeitig dient das "Kulturland Kreis Höxter" als touristische Dachmarke.

Seit 2015 wird mit der Standortmarketingkampagne "Region plus X" zusätzlich die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts nach außen vor allem für Fach- und Führungskräfte kommuniziert (www.xregion.de).

Abb. 1: Regionalmarketing in Westfalen (Quelle: eigener Entwurf)

Südwestfalen

Auf Initiative der Landräte der fünf Kreise Südwestfalens kam es 2006 zunächst zu einer projektorientierten Zusammenarbeit, um regionale Akteure zu vernetzen und Südwestfalen in der Außendarstellung als Marke zu entwickeln (s. Beitrag Grothues). Erstes gemeinsames Großprojekt war die erfolgreiche Bewerbung für die REGIONALE 2013, die zum "Katalysator" für die regionale Zusammenarbeit wurde. Der breit getragene REGIONALE-Prozess stellte die Handlungsfelder "Generationenregion", "Innovationsregion" und "Naturerholungsregion" in den Mittelpunkt. Insgesamt wurden und werden noch 42 Projekte realisiert (Südwestfalen Agentur 2014a).

Parallel dazu wurde ab 2011 gemeinsam mit den Wirtschaftsakteuren auch ein Regionalmarketing-Prozess initiiert. Unter dem Motto "Alles echt" soll Südwestfalen nach außen als wirtschaftlich starke Region mit hoher Lebensqualität profiliert werden, um u.a. Fach- und Führungskräfte zu gewinnen. Nach Ende der REGIONALE 2013 arbeitet die Südwestfalen Agentur GmbH weiter als regionale Entwicklungsgesellschaft mit den Schwerpunkten "Regionalmarketing", "Regionale Entwicklung/LandLeben" und "Netzwerkarbeit/Interessenbündelung".

Im Jahr 2000 haben sich Unternehmen und Schlüsselakteure zu Sauerland Initiativ e.V. zusammengeschlossen, um das Sauerland als innovative, zukunftsfähige und attraktive Wirtschaftsregion zu positionieren. Wichtiges Projekt ist u.a. die jährliche Ausschreibung des Innovationspreises Sauerland.

Seit 2009 erfolgt eine stärkere Zusammenarbeit mit dem Sauerland-Tourismus e.V. Das positive Image der touristischen Dachmarke "Sauerland" wird genutzt, um die Stärken der Wirtschaftsregion zu kommunizieren. Neben profilbildenden Projekten bleibt die ganzheitliche Weiterentwicklung der Regionalmarke Sauerland Ziel der Initiative (Sauerland initiativ 2015).

Im Kreis Siegen-Wittgenstein bestehen seit 1986 Regionalmarketingprojekte. 2007 wurde das Potenzial der in der Region lebenden Menschen mit dem Slogan "Siegen-Wittgenstein – Die Menschen sind unser Kapital" in den Mittelpunkt gestellt. Dabei diente Regionalmarketing aber nicht nur als Kommunikationsinstrument, sondern auch als Instrument zur kooperativen Entwicklung ("Zukunftsstrategie 2020").

2015 hat Siegen-Wittgenstein auf die Marke Südwestfalen reagiert und sein Regionalmarketing stärker hierauf ausgerichtet. In Zusammenarbeit mit der Südwestfalen Agentur wird der Kreis unter der Dachmarke "Südwestfalen" als Lebens-, Arbeits- und Urlaubsregion kommuniziert.

Westfälisches Ruhrgebiet

Auch im westfälischen Ruhrgebiet engagieren sich gesellschaftliche Gruppen für die Stärkung der Region (z.B. "Westfalenstruktur" 1996 bis ca. 2011). Die 2012/2013 von Politik und Wirtschaft gegründete Initiative "Mitten in Westfalen" verfolgt aktuell das Ziel, im Regierungsbezirk Arnsberg die Regionen Südwestfalen und Ruhrgebiet durch Bündelung des Know-hows und gezielte Projekte zu stärken.

Fazit

Die westfälischen Regionen haben auf die gestiegenen Herausforderungen verstärkt mit Instrumenten des Regionalmarketings und Regionalmanagements reagiert und hierbei auch Impulse der REGIONALEN aufgegriffen. Die Neupositionierungen im Münsterland, in Ostwestfalen-Lippe sowie in Südwestfalen machen deutlich, dass neben dem Regionalmarketing verstärkt auch Regionalmanagement- und Regionalentwicklungsaufgaben übernommen werden. Dennoch ist es Ziel aller Initiativen geblieben, "Regionalmarken" als unverwechselbare Vorstellungsbilder bei den Zielgruppen zu verankern (v.a. Touristen, Fach- und Führungskräfte).

Beitrag als PDF-Datei ansehen/speichern (Größe: < 1 MB)

↑ Zum Seitenanfang


Weiterführende Literatur/Quellen

↑ Zum Seitenanfang

Erstveröffentlichung 2016