"Westfalen im Bild" - Bildansicht

Ehrenmal / Mahnmal / Skulpturprojekte: Mahnung und Reflexion (Stehender Soldat mit ergänzenden Bänken, Münster 1923 / 1987)
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Mit den politischen, ideologischen Aussagen über Krieg und Gewalt provozierten viele Denkmäler schon vor Jahren eine aktualisierte Stellungnahme. Sind die Aussagen noch gültig, zeitgemäß-verständlich oder abzulehnen? Auf Grund solcher Fragen erfuhren ältere Anlagen mancherorts eine erläuternde, korrespondierende Ergänzung. So wurde ein älteres Ehrenmal, das in die "Skulptur-Projekte in Münster" 1987 einbezogen war, mit Schrift-Bänken zu einer Art Mahnmal ergänzt.

Das ursprüngliche Ehrenmal war 1923 an der Hauptallee des Schloßgartens
Münster errichtet worden. Alexander Frerichmann hatte dort einen stehenden Soldaten als Bekrönungsfigur über einem dreigeteilten, in Stufen sich verjüngenden Sockel in Sandstein geschaffen. "Der etwa lebensgroß gestaltete Krieger in Uniform und Mantel, Helm, beide Hände auf sein Gewehr gestützt, ist isoliert, ohne anekdotische Szenerie, wohl aber mit traditionellen, lorbeerumkränzten Attributen des Krieges - Helm, Patronenbündel - und einem Eisernen Kreuz dargestellt". [1] Traditionelle, "ehrende" Intentionen verrät auch die Widmung der Stifter, Überlebende eines münsterischen Regiments: "Unseren Gefallenen Kameraden / zum ehrenden Gedächtnis / 2. Westf. Feldartillerie-Regiment Nr. 22 / Ob auch alles um uns sank / Lasst uns nicht entarten! / Haltet Schwert und Ehre blank! / Unsere Toten - warten" (Inschrift). Aufschlußreich ist das zeitgenössische militärideologische "Ehr"-Verständnis, das offenbar ein bestimmtes Verhalten erforderte: "Ehrendes" Erinnern! Nicht "Entarten"! "Schwert und Ehre" als unlösbare, sinnvolle Einheit! Verpflichtung der "Toten" bzw. "Kameraden" zur Nachahmung und Revanche.

Ob die historischen "Aussagen" des Ehrenmals heute noch nachvollzogen werden können, darf bezweifelt werden. Zum Verweilen am Ehrenmal und zu dessen Betrachtung lud dagegen Jenny Holzer 1987 ein, indem sie einen Kranz von fünf Sandstein-Bänken um das Ehrenmal herum aufstellen ließ, die zunächst einfach einen Anreiz zur Aufmerksamkeit und zum Verweilen boten. Wer sich aber setzen will, wird seither mit einer englischsprachigen Inschrift konfrontiert: "No one ever knows what to do" in deutscher Übersetzung: "Wer weiß schon, was zu tun ist"!? [2] Diese Inschrift widerspricht den Intentionen des Ehrenmals im Kern seiner suggestiven, selbstsicheren Aussage. Die englische Sprache ruft eine Distanz zum Ehrenmal und zu dessen rein deutschem Blickwinkel hervor. Sie demonstriert zugleich einen kultursprachlich, national übergreifenden Horizont des zu erinnernden Krieges. Andererseits läßt die Materialwahl, der Sandstein, im Gesamteindruck keinen Zweifel daran, daß Ehrenmal und Bänke zusammengehören und ein mahnendes Ensemble bilden sollen. Auf diese Weise hat Jenny Holzer unzweifelhaft neue Wege der Denkmalsrezeption beschritten, die auf Dauer erhalten sind. [3]


[1] Ursula Uber, Freiplastiken in Münster, Münster 1977, S. 84.
[2] Klaus Bußmann und Kaspar König (Hg.), Skulptur-Projekte in Münster 1987, Köln 1987, S. 43.
[3] Zur öffentlichen Kritik vor Ort: vgl. Ulla Siegert, Annette Tiemann und Simone Twiehaus, Jenny Holzer - fünf Bänke 1987, in: Hans Galen (Hg.), Zeitgenössische Skulptur im öffentlichen Raum, das Beispiel Münster, Ausstellungskatalog, Münster 1991, S. 82f.


TECHNIKFoto


FOTO-PROVENIENZMünster, LWL-Medienzentrum für Westfalen/S. Sagurna


QUELLE  Vogt, Arnold | Krieg und Gewalt in der Denkmalskunst | Dia 11, S. 37f.
PROJEKT  Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
3.10   1950-1999
Ort3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet5.1   Militär und Krieg / Allgemeines
15.12.5   Kriegs- und Militärdenkmäler
DATUM AUFNAHME2004-02-23
AUFRUFE GESAMT1657
AUFRUFE IM MONAT355