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Marcus Weidner

Stein - seine Denkmäler

 
 

 
  

Selm-Cappenberg



Denkmal am Schloss, 1992

 
 
 
 
Auftraggeber border= 
Freundeskreis für Brauchtumspflege beim Heimatverein Selm e. V. 
Einweihung border= 
20.06.1992 
Entwurf / Herstellung border= 
Marko Pogacnik (geb. Kranj/Slowenien 08.1944), 1967 Abschluss der Kunstakademie Ljubljana als graduierter Bildhauer; 1965-1971 Mitglied der internationalen Künstlergruppe OHO im Bereich alternativer und abstrakter Kunst; 1971 Gründung der landwirtschaftlichen und künstlerischen Gemeinschaft, "Sempas Familie"; seit 1979 Beschäftigung mit "Geomantie und Heilung der Erde", zu der auch die "Lithopunktur", die Heilung und Ausbalancierung von Orten und Landschaften, vergleichbar der Akupunktur. 
Material border= 
Stelen: heimischer Sandstein / Kreisüberschneidungen: rosa Sandstein / Kopfstück: Bronze 
Aufstellungsort/e border= 
Sommer 1992 - : Selm-Cappenberg, Freiherr-vom-Stein-Straße/Cappenberger Straße, an einem Feldweg 
Luftaufnahme border= 
Google Maps 
Luftaufnahme border= 
Live Earth 
Information border= 
Stilisierter Megalithtempel auf einer Plattform (Durchmesser 851 cm), die sich aus vier sich überschneidenden Kreisen zusammensetzt, aufgestellt in der Nähe von Schloss Cappenberg. Die in Form eines Achtecks aufgestellten acht Sandsteinblöcke (Höhe je 213 cm) sind abwechselnd rechteckig oder konkav gestaltet und bilden einen begehbaren Innenraum. Die Rechteckpfeiler tragen Tiefenreliefs (78 x 213 cm), von denen drei an das Werk Steins und eines, das nach Süden ausgerichtet und zusätzlich oberhalb mit einem bronzenen Kopfstück Steins (Höhe ca. 35 cm) versehen ist, an die Person selbst erinnern. Die Form eines Achtecks geht auf den achteckigen Turm zurück, der nach Entwürfen Steins in Nassau errichtet worden war. In ihm, so der Künstler, habe Stein sein "ganze Weltbild formuliert".[1]

Das Denkmal steht auf einer kleinen Anhöhe - dem höchsten Ort Selms - zwischen zwei Linden, von denen eine angepflanzt wurde. Der Außenbereich wurde in die Gestaltung (Anlegung von Terrassen, Wegen usw.) einbezogen. In den Jahren 1988-1990 war der Künstler an der Gestaltung einer Landschaftsskulptur im Schlossbereich und im Ostteil des Schlossparks beteiligt. Anhand der seinerzeit mit Sandsteinstelen und Natursteinen markierten "Kraftlinien, die Cappenberg durchqueren bzw. hier ihre Quelle nehmen und durch ihre Schwingungen die Lebensenergiestruktur des Ortes prägen", wurde das Denkmal so platziert, das dessen Achse "am südlichen Rand des Weihers vor dem Schloss die Achse der Allee, die durch die Mitte des Queensberges im Park verläuft, [kreuzt] und mit einem der beiden Kreise der Landschaftsskulptur verbunden ist". [2]

Bereits seit längerer Zeit hatten sich Stadt und Heimatverein mit der Idee getragen, ihrem prominentesten Bewohner in der Nähe von dessen früherem Wohnort ein Denkmal zu setzen. Anstoß gab schließlich der Freundeskreis für Brauchtumspflege beim Heimatverein Selm e. V. Von den im Rahmen eines Wettbewerbs eingereichten Entwürfen wurde der Plan des slowenischen Künstlers Marko Pogacnik aufgegriffen, der mit finanzieller Unterstützung der NRW-Stiftung und anderer Stifter bis zur Einweihung im Sommer realisiert werden konnte; der Platz wurde von Graf von Kanitz zur Verfügung gestellt.

Intention Pogacniks war es, einige der aus den Reformen Steins resultierenden und bis in die Gegenwart fortdauernden Impulse in Form eines Steinkreises ("Lithopuncture Circle") zum Ausdruck zu bringen, d. h. historische Vorbilder aus der Biografie Steins im Denkmal zu visualisieren. Drei Aspekte flossen - so der Künstler - "leitmotivisch in die Ausgestaltung des Denkmals" ein:
"1. Aus Untertanen werden freie Individuen
Der rote Faden führt hier von seinen Reformen, die 1807 die Bauernbefreiung und Berufsfreiheit ermöglichten, zum heutigen Einsatz für die Menschenrechte.

2. Der Bürger wird zur aktiven und verantwortlichen Teilnahme am Staatswesen erzogen
Diese Entwicklungslinie beginnt 1808 mit seiner Reform der Staatsbehörden und der Einsetzung einer neuen Städteordnung und führt zur modernen Demokratie.

3. Die antinapoleonischen Befreiungskriege und die Bemühungen um ein vereintes Deutschland
Die Auseinandersetzung Freiherr vom Steins mit dem Despotismus beginnt 1808 mit der Ächtung durch Napoleon. Als Präsident des Rates für die Verwaltung der von den Preußen und Russen besetzten Deutschen Gebiete und als Teilnehmer am Wiener Kongreß bemüht er sich um ein vereintes Deutschland - ein Aspekt, der, wenn auch unter anderen Vorzeichen, im Jahr 1990 seine Aktualisierung in der Wiedervereinigung Deutschlands erfahren hat."[3]

Alle diese Aspekte, und einen vierten, sah Pogacnik im Nassauer Turmbau verwirklicht:
  • im Erdgeschoss: zwei Bäder und eine Kapelle, die die "seelische Reinigung" bzw. die "geistige Anbindung an das Göttliche symbolisieren";
  • im mittleren Geschoss: der Saal als "Idee der aktiven Teilnahme der Bürger am Staatsleben";
  • im dritten Geschoss: der "Festsaal für die siegreiche antinapoleonische Koalition", der den "Antidepotismus" zum Ausdruck bringe;
  • Entwurfsänderungen Steins (1816), aufgrund derer das mittlere Geschoss in ein persönliches Arbeitszimmer umgewandelt wurde und somit für "die Persönlichkeit des Freiherrn" stehe.[4]

Die vier Relieffelder spiegeln die vier Aspekte wider:
  1. "Die Entwicklung vom Untertanen zur Freiheit des modernen Menschen;
  2. Die Möglichkeit der aktiven und verantwortlichen Teilnahme am Staatsleben für jeden Bürger;
  3. Vom napoleonischen Despotismus zu einem freien und vereinten Deutschland;
  4. Aspekte der Persönlichkeit des Freiherrn vom Stein unter Einbeziehung seiner Porträtbüste. Dabei werden drei seelische Aspekte des Freiherrn figurativ dargestellt:
    a. Die moralisch-ethisch hochgebildete Gestalt eines Reformators;
    b. die künstlerische Seite einer Seele; diesen Aspekt hat Friedrich Wilhelm III. in seinem Entlassungsbrief von 1807 als 'exzentrisch' und 'genialisch' bezeichnet;
    c. Ein Staatsmann der deutschen Selbstbestimmung".[5]

Gemeinsam ist den Reliefs, dass sie jeweils aus einer Spirale, die Pogacnik "als ein grundlegendes Symbol [...] der Entwicklung" auffasst, zumal Stein "grundlegende soziale und geistige Prozesse in Gang gesetzt" habe. Alle diese Spiralen weisen eine Gipfelfigur auf, die an das hierarchische Modell der Weltordnung im Denken Steins erinnern soll. Zudem spielen die vier Reliefs auf religiöse Themen an (Adam und Eva, Heilige Familie, Kreuzigung, Himmelfahrt als Symbol der vollkommenen Vollendung der Lebensbahn). Die Grundform der Spirale kennzeichnet auch den Innenraum, der im Gegensatz zum Außenbereich, der für das öffentliche Wirken Steins steht, die "unsichtbare geistige Entwicklung seines Menschwesens" symbolisiert. Ausgehend von der Plattformmitte wird die Spirale auf den Innenseiten fortgeführt.

Die Entscheidung für den Entwurf Pogacniks fiel Ende März 1991. Nach der Klärung der finanziellen Fragen konnte das Denkmal am 20.06.1992 im Beisein von rund 300 Personen eingeweiht werden. Die Feier begann um 11.00 Uhr mit einer Einlage des Freiherr-vom-Stein-Chors ("Oh Herr, welch' ein Morgen"). Die Festgäste wurden durch Carl Albrecht Graf von Kanitz im Schlosshof begrüßt; er wies v. a. auf Steins "liebenden Umgang" mit Bäumen hin, die er in Cappenberg gepflegt habe, auf dessen Naturverständnis und Liebe zur Freiheit, um die immer wieder gerungen werden müsse. Dann hielt Kreisdirektor a. D. Prof. Dr. Otto Krabs eine Festansprache über Leben und Werk Steins.

Im Weinberg wurde daraufhin, nach der vom Selmer Blasorchester intonierten Nationalhymne, das Denkmal durch den Landesdirektor i. R. und Vorstandsmitglied der NRW-Stiftung, Herbert Neseker, eingeweiht, indem er die Bronzebüste enthüllte. Grußworte sprachen Günter Wulfert vom Freundeskreis für Brauchtumspflege, der sich für das Denkmal besonders engagiert hatte, Regierungspräsidentin Dr. Raghild Berve, der stellvertretende Bürgermeister Ernst Kraft und für die Vertreter Cappenbergs im Freundeskreis Josef Schild. Im Anschluss hieran wurde auf Kreutzkamps Wiese ein Volksfest veranstaltet, das von der Arbeitsgemeinschaft Cappenberger Vereine und Gruppen ausgerichtet wurde, u. a. mit Bierzelt, Kutschwagenfahrten, dem Selmer Blasorchester und einer Damentanzgruppe. Wegen der Wetterverhältnisse musste der Start von fünf Heißluftballons am Abend abgesagt werden.[6] 
Anmerkungen border= 
[1] Pogacniks, Exposé, S. 3.
[2] Pogacniks, Exposé, S. 8f.
[3] Pogacniks, Exposé, S. 2.
[4] Pogacniks, Exposé, S. 3f.
[5] Pogacniks, Exposé, S. 5f.; bei 3c: am Rand: "Selbstbesinnung".
[6] Ruhr-Nachrichten, 22.06.1992 (?). 
Quellen / Literatur border= 
Kleiner Lüner Anzeiger, 17.06.1992; Rhein-Lahn-Zeitung, 01.07.1992; Ruhr-Nachrichten, 27.03.1991, 18./19.06.1992, 22.06.1992 (?)

Marko Pogacnik, Exposé zum Denkmal, 30.01.1991 [Msk.]; Karl-Heinz Schönrock, Die Denkmäler für Freiherrn vom Stein in Nassau, in: Heimatjahrbuch [Rhein-Lahn-Kreis] 1993, S. 85-91; Hartmut Werdermann, Würdigung aus Stein. Das Freiherr-vom-Stein-Denkmal in Cappenberg, in: Heimatbuch Kreis Unna 15, 1994, S. 84-86.

Website des Künstlers (letzte Überprüfung: 06.10.2007)
Website der Stadt Selm (letzte Überprüfung: 24.10.2007) 
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