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(72 KB)   "Einkaufspolonaisen in Münster": Menschenmenge vor einer Pferdemetzgerei in Münster, Februar 1918, Foto aus: Eduard Schulte, Kriegschronik der Stadt Münster 1914-1918, Münster 1930 / Münster, Stadtarchiv   "Einkaufspolonaisen in Münster": Menschenmenge vor einer Pferdemetzgerei in Münster, Februar 1918, Foto aus: Eduard Schulte, Kriegschronik der Stadt Münster 1914-1918, Münster 1930 / Münster, Stadtarchiv
TITEL"Einkaufspolonaisen in Münster": Menschenmenge vor einer Pferdemetzgerei in Münster, Februar 1918, Foto aus: Eduard Schulte, Kriegschronik der Stadt Münster 1914-1918, Münster 1930
DATIERUNG1918-02


INFORMATIONDas im Februar 1918 aufgenommene Foto zeigt eine wartende Menschenmenge vor einer Pferdemetzgerei in Münster. Das "Schlangestehen" vor Lebensmittelgeschäften, Markthallen oder städtischen Verkaufsstellen wurde zum Symptom der ansteigenden Versorgungsschwierigkeiten. Sobald in den Tageszeitungen Anzeigen erschienen, in denen die Ausgabe bestimmter Nahrungsmittel angekündigt wurde, machten sich die Menschen schon lange vor Ladeneröffnung auf den Weg, um möglichst frühzeitig und ganz vorn in der Schlange zu stehen; denn wer konnte in dieser Zeit schon garantieren, ob auch für die zuletzt Gekommenen noch genügend Vorräte vorhanden waren?

Im Sommer 1918 machte sich die Knappheit an Gemüse so stark bemerkbar, daß, wie die Münsterische Kriegschronik vom 13. 07. berichtet, "vor einem um 1/4 nach 7 Uhr geöffneten Gemüsegeschäft die Frauen schon um 4 Uhr nachts sich anstellten, einige sich auf Klappstühlen ansetzten. Auf dem Markt und an den sonstigen Gemüseständen treten die Frauen fast militärisch an, hintereinander am Bordstein entlang oder im Kreise und warten stundenlang auf den Gemüsewagen." [1]

Glück und Gunst spielten beim Einkauf eine immer größere Rolle. Eine Auswahl hatten die Käufer in den seltensten Fällen. Bei steigender Nachfrage mußten die Waren, die der Verkäufer anbot, auch genommen werden. Angesichts des ständigen Fleischmangels wichen die Verbraucher auch auf Pferdefleisch aus, das vor Kriegsbeginn nur in geringen Mengen verzehrt worden war.

Oft waren aber die zugeteilten Lebensmittel bereits nach kurzer Zeit ausverkauft und viele Menschen, die die ganze Nacht vor den Geschäften gewartet hatten, mußten müde und mit leerem Magen den Heimweg antreten. Es kam zu Protesten und Krawallen, an denen vor allem Jugendliche und Frauen beteiligt waren. Neben den sonstigen Entbehrungen, die der Krieg der Zivilbevölkerung auferlegte, stellte das endlose Warten vor den Lebensmittelgeschäften eine zusätzliche Belastung besonders für die Frauen dar, deren Männer im Heeresdienst standen. Gingen sie einer beruflichen Tätigkeit nach - während des Krieges übernahmen Frauen verstärkt die Arbeit der eingezogenen Männer - wurden aus Zeitmangel die älteren Kinder zum Einkaufen geschickt.

Der Andrang vor den Geschäften besonders nach den sogenannten "freien" Waren, die nicht auf Karten verkauft wurden, war manchmal so groß, daß die Polizei, wie das folgende Beispiel vom Februar 1916 aus Münster zeigt, eingreifen mußte.
"Um ein paar holländische Heringe fanden sich heute hinter dem Rathaus wo auf dem Syndikatplatz seit kurzem über die offenen Verkaufsstände ein großes Zelttuch zum Schutz gegen Regen und Schnee aufgeschlagen ist viele hunderte Menschen ein. Trotz allem Zureden wurde das Gedränge und die Unordnung so stark, daß die Polizeibeamten schließlich scharf vorgingen und die ersten Leute auf die hinteren Reihen gewaltsam zurückdrängten. Hunderte von Menschen schrieen, Frauen und Kinder kreischten auf, alte Leute fielen hin." [2]


[1] Eduard Schulte, Kriegschronik der Stadt Münster 1914-1918, Münster 1930, S. 340.
[2] Ders., S. 188.


TECHNIKFoto
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FOTO-PROVENIENZMünster, Stadtarchiv


QUELLE    Roerkohl, Anne | Der Erste Weltkrieg in Westfalen | Dia 09, S. 38f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
Zeit3.9   1900-1949
Ort3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet9.4   Konsum, Nahrung
DATUM AUFNAHME2004-02-25
DATUM ÄNDERUNG2014-11-10
AUFRUFE GESAMT4176
AUFRUFE IM MONAT168