Re-Education und der Jugendhof Vlotho

Die britische Besatzungsregierung hat sich nach dem zweiten Weltkrieg mit einem breiten Spektrum von politischen Bildungs­initiativen um die Weckung von Toleranz und demokratischem Bewusstsein unter der deutschen Jugend bemüht. Durch eine behutsame, auf einen  Wandel des Bewusstseins zielende politische Jugend­arbeit konnte ein wichtiger Beitrag zum Abbau nationalistischer Mentalität geleistet werden.

 

Der Jugend­hof Vlot­ho bildete eine Art joint venture zwischen deutschen und britischen Jugendbehörden. Geistiger Vater von Vlotho war der Jugendamtsleiter Klaus von Bismarck, ein Ur­großneffe des Reichskanzlers und hoch­dekorierter Wehrmachts­offizier des Zweiten Weltkriegs.

 

Bismarcks Konzept war geleitet von der Über­zeugung, dass ein bloßes An­knüpfen an die nach Weltanschauungen getrennte Jugendarbeit von vor 1933 unbedingt verhindert und der jungen Generation statt dessen die Chance einer Neuorientierung durch ungefärbte Wissensvermittlung und lager­übergreifende Begegnungs­möglichkei­ten eröffnet werden müsse. Auf Basis dieser Überlegungen gelang es Bismarck und anderen, die Briten für den Plan einer unabhängigen Jugendleiter­stätte unter deutscher Führung zu gewinnen. Als Ort bot Bis­marck die in einem alten Bauernhof untergebrachte ehemalige HJ-Bannführerschule in Vlotho an.

 

Nur drei Monate später, Ende Mai 1946, fand dort der erste Lehrgang statt. Formal unterstand die Einrichtung der Militär­regie­rung, die aber auf eine direkte Einflussnahme verzichtete. Die praktische Lei­tung lag in den ersten drei Jahren in den Händen Klaus von Bismarcks, unter dessen Füh­rung sich Vlotho bin­nen kurzer Zeit zu einem „Mekka der deutschen Jugend­arbeit“ ent­wi­ckelte.

 

Basierend auf dem Vortrag: „Building up Democracy from the Bottom - British Youth Education Programmes 1945-1949“ von Prof. Dr. Markus Köster (LWL-Medienzentrum für Westfalen)