Salzbergbau sowie Öl- und Gasspeicher im westlichen Münsterland

01.01.2014 Peter Wittkampf

Inhalt

Geologische Grundlagen

Im Zechstein, der jüngeren der beiden Formationen des Perm, bedeckten vor ca. 250 Mio. Jahren mehrfach Flachmeere bestimmte Gebiete des heutigen Mitteleuropa. Die Salzschichten, die bei ihrem Verdampfen zurückblieben, verfestigten sich. U. a. bildete sich in der Zechstein-1-Phase Steinsalz, das so­g. "Werra-Salz". Eine solche Salzpfanne erstreckt sich heute vom Niederrhein bis in das deutsch-niederländische Grenzgebiet bei Gronau im nordwestlichen Münsterland. Ihr Steinsalz liegt in einer Tiefe von etwa 1.000 –1.400 m und eignet sich sehr gut für den Salzbergbau. Denn es besteht zu 98–99% aus Natriumchlorid (NaCl), ist also sehr rein. Außerdem ist die Lagerstätte nicht nur bis zu 400 m mächtig, sondern auch relativ flach gelagert, und sie weist keine nennenswerten Verwerfungen oder Störungen auf.

Die genannte Steinsalzschicht wird in dem bezeichneten Gebiet unter- und überlagert von Anhydrit, was sie gut abdichtet. Weiter nach oben folgen Buntsandsteinformationen, oberhalb einer Tiefe von ca. 300 m dann die Schichten der Unterkreide. Die Ablagerungen des Quartär vervollständigen an der Oberfläche die geologische Schichtfolge (Abb. 1).

Abb. 1: Geologischer Schnitt mit Kavernen (gelb) im ''Werra-Steinsalz'' (schematisch) (Quelle: Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen)

Die Salzgewinnung und -nutzung

Seit 1972 fördert die Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen (SGW) zwischen Ahaus-Graes und Gronau-Epe pro Jahr etwa 2 Mio. t Salz. Für ein Feld von 22,5 km2 bei Epe besteht eine Konzession bis 2069, ein anderes von 7 km2 bei Ahaus-Alstätte kann bis 2103 genutzt werden. An der SGW sind mit 65% die Firma Solvay, zu 25% Vestolit und zu 10% Bayer beteiligt.

Bei der Salzförderung wird das Verfahren der "kontrollierten Bohrlochsolung" angewendet. Durch eines von zwei konzentrischen Spülrohren wird Wasser zugeführt, das das Salz löst. Die Sole wird anschließend durch das andere der konzentrischen Rohre nach oben gespült (Abb. 2).

In den etwa 5–6 Jahren, in denen an einer Stelle "gesolt" wird, entsteht unterirdisch eine zylinderförmige Kaverne mit einer Breite von ca. 70 m, einer Höhe von ca. 200 m und einem Hohlraumvolumen von bis zu ca. 700.000 m3. Die Aussolung wird hierbei präzise gesteuert, so­dass die Kaverne exakt die ge­wünschte Form erhält. Zwei SGW-eigene Wasserwerke liefern die für die Solung nötige Wassermenge.

2012 waren insgesamt 107 Bohrungen abgeteuft. Das Kavernenfeld bei Epe umfasst zur Zeit bereits mehr als 80 Speicherkavernen, und jedes Jahr kommen etwa zwei weitere hinzu. Der Abstand zwischen ihnen bleibt aber so groß, dass unter Tage die nötige Stabilität gewährleistet ist und an der Erdoberfläche nur relativ geringe Bergsenkungen auftreten, die z. B. die Bachverläufe nicht beeinträchtigen.

Abb. 2: Schema der Aussolung einer Kaverne im Steinsalz bei Gronau-Epe (Quelle: Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen)

Früher wurde von einem Bohrplatz mittels einer Bohrung jeweils eine Kaverne aufgeschlossen. Heute kann man von einem Bohrplatz aus sieben verschiedene Kavernen eröffnen. Der Abstand zwischen den Bohrplätzen hat sich hierdurch deutlich vergrößert und die Problematik der Eingriffe in Natur und Landschaft somit erheblich verringert.

Die gewonnene Salzsole wird mit Hilfe eines etwa 350 km langen Pipelinenetzes zu Betrieben in Marl, Rheinberg und nach Belgien transportiert. Die entsprechende Solemenge be­läuft sich täglich auf etwa 20.000 m3. Die Sole dient als Grundstoff für die chemische Indus­trie und wird vor allem bei der Herstellung von Soda, von Wasch- und Reinigungsmitteln, Kunststoffen, Futtermitteln, Kühlmitteln, Seifen und Arzneimitteln verwendet.

Die Dichtigkeit der 60 cm di­cken Pipelines wird stetig durch Mengen- und Druckmessungen kontrolliert, zusätzlich werden wöchentliche Hubschrauberflüge und Stre­ckenbegehungen zur Überwachung durchgeführt.


Die Nutzung der Salzkavernen als Öl- und Erdgasspeicher
Durch die dichte Steinsalzumgebung bot es sich an, letztere nach der Aussolung als Speicher für Öl oder Gas zu nutzen. Bereits 1976, also kurz nach der Ölkrise von 1973/74, begann man mit der Erdölbefüllung der ersten Kaverne. Weitere folgten in den folgenden Jahren. Aus der NWO-Erdölleitung von Wilhelmshaven nach Wesseling bzw. einer Stichleitung von der Pumpstation Ochtrup aus wird Erdöl eingefüllt; es dient als strategische Öl-Reserve Deutschlands.

Seit 1978 werden Kavernen auch als Erdgasspeicher genutzt, denn auch bedeutende Gas-Fernleitungen führen in der Nähe vorbei. Mehr als 70 Kavernen wurden bisher mit Gas befüllt. Eine einzige Kaverne mit beispielsweise 400.000 m3 Nutzvolumen kann, bei entsprechendem Gasdruck, etwa 60 Mio. m3 Arbeitsgas speichern. Die Gesamtkapazität des Kavernenfeldes, des größten Kavernenspeichers der Welt, beträgt etwa 3,5 Mrd. m3 Arbeitsgas.

Etwa drei Viertel der Gasspeicher werden von den Firmen E.ON Storage und RWE Gas genutzt. Die übrigen Kavernen wurden von anderen deutschen Unternehmen sowie von niederländischen Energieversorgern angemietet.

Bei eventuellen Engpasssituationen greift man auf die eingelagerten Gasvorräte zurück.

Abb. 3: Bergbauberechtigungs-flächen der SGW und Flächen des Naturschutzes (Quelle: Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen)

Landschaftsökologische Aspekte, Maßnahmen und Probleme

Der Baustellenbetrieb und andere betriebsbedingte Umweltbeeinträchtigungen verlangen nach Ausgleichsmaßnahmen. Sie SGW engagiert sich deshalb bei der landschaftsökologischen Optimierung nahe gelegener Schutzgebiete. Hier ist vor allem das "Amtsvenn" zu nennen, ein in Teilbereichen abgetorftes Hochmoor und das bedeutendste Moorgebiet Nordrhein-Westfalens (Abb. 3).

Die SGW beteiligt sich an einem umfassenden System des landschaftsökologischen Monitorings. Zudem hat die SGW, z. T. in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station Zwillbrock, eine Reihe wichtiger Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt. Hierzu gehören u. a.:

  • Druckentlastungsmaßnahmen im Baufeld sowie lagerungsdichter und horizontgemäßer Wiedereinbau der Böden,
  • auf einer Fläche von etwa 10 ha Anlage neuer Biotope für selten gewordene Tier- und Pflanzenarten, z.B. für die Knoblauchkröte und die Uferschnepfe,
  • Bereitstellung von insgesamt über 50 ha Extensivierungsflächen und weiteren Pufferzonen,
  • Beteiligung an dem grenzüberschreitenden, private Partner und öffentliche Institutionen einbindenden Projekt "Glanerbeek", das Ende 2010 abgeschlossen war und u. a. durch eine neue Wasserführung der Glanerbeek und teilweise Wiedervernässung des Amtsvenns bzw. Hündfelder Moores landschaftsökologische Verbesserungen von besonderer Qualität und Dimension ergeben hat.


Wie ein Schock trafen vor diesem Hintergrund alle Beteiligten die Ereignisse im April 2014, als in der Nähe der Kaverne S 5 große Mengen Erdöl an die Erdoberfläche gelangten. Nach einer aufwendigen Suche nach der Unglücksursache und nach dem Beheben der Undichtigkeit wird die Beseitigung der be­troffenen Boden- und Umweltschäden nun voraussichtlich mehrere Jahre dauern.

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Weiterführende Literatur/Quellen

Erstveröffentlichung 2012, Aktualisierung 2014