Das Ruhrgebiet steht für Migration - und Fußball. Vor allem polnische und türkische Zuwanderer und ihre Nachkommen haben den Ballsport im Revier geprägt. Idealtypisch dafür stehen Ernst Kuzorra und Mesut Özil, der eine Sohn masurischer, der andere türkischer Einwanderer. Beide sind in Gelsenkirchen geboren, standen bei Schalke 04 auf dem Platz und wurden zu Schlüsselspielern der deutschen Nationalmannschaft.
Jetzt sind die bekannten „Knappen“ Namensgeber einer Ausstellung auf der Zeche Hannover in Bochum präsentiert. „Von Kuzorra bis Özil. Die Geschichte von Fußball und Migration im Ruhrgebiet“ richtet am Beispiel von Kickern aus Amateur- und Profiligen einen erfrischenden Blick auf den Alltag und die Geschichte von Integration und Identität im Ruhrgebiet.
Mehr als 150 Exponate und zahlreiche Videostationen mit Porträts von bekannten Fußballspielern und Mannschaften geben lebendige Einblicke in die Geschichte von Fußball und Migration im Ruhrgebiet. Zu den Highlights der Ausstellung zählen Fußballstiefel aus den 1920er-Jahren, der NRW-Pokal für Gastarbeitermannschaften, den der griechische FC Fortuna Dortmund 1966 errang, der Duisburger Integrationspreis für den SV Rhenania Hamborn und zahlreiche Trophäen aus den Pokalwettbewerben im Revier.
Die Ausstellung spannt einen Bogen von den Anfängen des Fußballsports, der zu Ende des 19. Jahrhunderts aus England ins Revier einwanderte, bis zu den vielfältigen und den ethnisch geprägten Vereinen der Gegenwart.
Wichtige Stationen bilden die Geschichte der polnischen und masurischen Spieler in den Fußballmannschaften der 1920er-Jahre und der Nationalitätenstreit um die Schalker Meistermannschaft von 1934.
Die Ausstellung zeigt darüber hinaus Spuren der Flüchtlinge und Vertriebenen in der Zeit von Wiederaufbau und Wirtschaftswunder sowie die Anfänge des Frauenfußballs und der ersten Gastarbeitermannschaften in den 1950er- und 1960er-Jahren. Alltag und Erfolge von Spielerinnen und Spielern aus Einwandererfamilien des Ruhrgebiets von der Kreisliga bis zur Weltspitze bilden jeweils den Kern der Präsentation.
Bei der Vorbereitung der Ausstellung hat das Museum eng mit den Vereinen und Fans zusammengearbeitet. So stellen die Spielerinnen und Spieler dreier Mannschaften ihre Erfahrungen auf dem Fußballplatz und im Alltag in Videoclips vor, die sie im Rahmen von Workshops zur Ausstellung erstellt haben.
Die erste Idee für die Ausstellung entstand im Umfeld einer internationalen Summerschool des Netzwerks Migration in Europa, das im Westfälischen Landesmuseum für Industriekultur zu Gast war. Der Sozialwissenschaftler Stefan Metzger und der Politikwissenschaftler und Dokumentarfilmer Daniel Huhn gaben den Anstoß für das Projekt, das das Team des LWL-Industriemuseums Zeche Hannover mit ihnen und in Zusammenarbeit mit DOMID – Dokumentationsstelle und Museum zur Migration in Deutschland e.V. weiter entwickelt hat.
Mit Förderung der Friedrich-Ebert-Stiftung konnte ein vorbereitender Expertenworkshop durchgeführt werden, und die Heinrich Böll Stiftung NRW hat die Konzepterstellung finanziell unterstützt. Die Förderung der DFB-Kulturstiftung und des Fonds Soziokultur haben zur Realisierung der Ausstellung, der Workshops und des Begleitprogramms beigetragen.
Zum umfangreichen Begleitprogramm (s. rechte Spalte) gehören Vorträge, ein interkulturelles Fußballturnierfür Kinder (10.10.) und eine Podiumsdiskussion über Fußball, Integration und Identität im Ruhrgebiet (15.10.).
Katalog:
Von Kuzorra bis Özil. Die Geschichte von Fußball und Migration im Ruhrgebiet. Hg. LWL-Industriemuseum, Dietmar Osses. 220 Seiten; reich bebildert. Klartext Verlag Essen, 2015. ISBN 9783837514841. Preis: 14,95 €
Begleitprogramm