Forschungsstelle "Westfälischer Friede": Dokumentation

DOKUMENTATION | Ausstellungen: 1648 - Krieg und Frieden in Europa

Textbände > Bd. II: Kunst und Kultur

MICHIEL P. VAN MAARSEVEEN
Die Darstellung des Achtzigjährigen Krieges in der Malerei der nördlichen Niederlande des 17. Jahrhunderts: Belagerungsdarstellungen

I. Einleitung

Die aufsehenerregenden Siege, die der Statthalter Friedrich Heinrich, Befehlshaber der republikanischen Truppen, im zweiten Viertel des 17. Jahrhundert erlangte, boten Künstlern ausreichend Stoff, um sie in Öl zu verewigen. Seine wichtigsten Erfolge wie die Belagerung von 's- (1629), die Eroberung von Maastricht (1632), die Einnahme von Breda (1637) und die Belagerung von Hulst (1645) sind mehrmals auf unterschiedliche Weise gemalt worden. In diesem Artikel soll eine Übersicht über die Künstler dieser Darstellungen gegeben werden. Die Betonung liegt dabei auf der Art der Visualisierung, der Themenwahl und den eventuellen Auftraggebern.

Bevor man sich den Darstellungen der Kriegshandlungen nach dem Zwölfjährigen Waffenstillstand (1609-1621) zuwendet, ist es notwendig, einen kurzen Blick auf die Gemälde aus der ersten Phase des Achtzigjährigen Krieges zu werfen.



II. Die Gemälde aus der ersten Phase des Achtzigjährigen Krieges

Die siebziger Jahre des 16. Jahrhunderts waren eine kritische Phase des Aufstands gegen die spanische Gewalt. Städte wie Mechelen, Zutphen und Naarden wurden geplündert. Haarlem wurde nach monatelanger Belagerung zur Übergabe gezwungen, Alkmaar und Leiden konnten mit knapper Not der spanischen Macht widerstehen. Am Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, also etwa zwanzig bis dreißig Jahre später, entstand das Bedürfnis, die überstandenen Gefahren für die Nachkommen festzuhalten. Die Darstellungen dieser Ereignisse können auch als Reflektion über die Vergangenheit betrachtet werden und als ein Versuch, diese einschneidenden Vorfälle für spätere Generationen im Bild zu überliefern. Höchstwahrscheinlich wurden viele dieser Werke von einer Stadtverwaltung oder städtischen Institution in Auftrag gegeben. [1] Bei drei Tafeln, die die Belagerung von Alkmaar darstellen, war dies zweifellos so, denn es handelt sich um Bestellungen von zwei Schützen der Stadt. [2] Ebenfalls sind die Gemälde mit den verschiedenen Belagerungen von Venlo, die Frans Everts (tätig im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts) um 1613 für das Rathaus malte, als Auftragswerke angefertigt worden. [3] Auch wenn archivalische Quellen fehlen, spricht der ausgesprochen dokumentarische Charakter dieser frühen Gemälde für eine Bestimmung im öffentlichen Raum.

Nach der ersten, defensiven Phase des niederländischen Aufstandes, bei dem die Initiative in spanischer Hand lag, begann mit der Statthalterschaft von Moritz eine Zeit, in der die nördlichen Niederlande viele Städte von den spanischen Truppen zurückerobern konnten. Es ist bemerkenswert, daß, abgesehen von der Schlacht bei Nieuwpoort, von keinem der Siege Moritz' ein Gemälde überliefert ist. In der Graphik und der Münzkunst sind die Eroberungen des Prinzen festgehalten, aber kein Maler widmete sich dem Thema. Für diese Tatsache gibt es keine befriedigende Erklärung.

Zur selben Zeit stellten südniederländische Maler die wenigen spanischen Eroberungen bereits dar. Im Escorial bei Madrid hängen in der Galería de Paseo Gemälde anonymer südniederländischer Künstler vom Anfang des 17. Jahrhunderts, auf denen die militärischen Triumphe von Philipp II. in den Niederlanden abgebildet sind. Über die Entstehung der Werke ist wenig bekannt, sie verdeutlichen aber, daß um 1600 in den südlichen Niederlanden bereits gemalte Darstellungen von zeitgenössischen militärischen Auseinandersetzungen angefertigt wurden.



III. Die dreißiger Jahre

Erst im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts wurden in großem Maße die Erfolge der nördlichen Niederlande im Bild thematisiert. Als erste Belagerung von republikanischer Seite nach Ende des Zwölfjährigen Waffenstillstands malte 1630 der Maler und Ingenieur Daniel Cletcher (?-1632) aus Den Haag die Belagerung von Grol im Jahre 1627. [4] Ein Pendant zeigt die Belagerung von 's- im Jahre 1629 (Abb. 1). Mit diesen beiden Werken, den einzigen Belagerungendarstellungen Cletchers, entfernt er sich von früheren Verbildlichungen dieses Themas. Während um 1600 Schlachtenmaler der nördlichen, aber auch der südlichen Niederlande die belagerte Stadt immer ins Zentrum stellten, verliert bei Cletcher die Lage der Stadt in der Landschaft an Bedeutung. Die nordniederländischen Maler wählten bei der Darstellung von Belagerungen einen tieferen Horizont, der im Laufe des Jahrhunderts immer weiter sank. Damit konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf die Personen im Vordergrund und die Ereignisse im Mittelgrund, wo bei Cletcher der Aufmarsch zur Festung zu sehen ist. In den südlichen Niederlanden, wo Pieter Snayers (1592-1667) viele Belagerungen malte, blieb der Horizont hoch.

Auch im Werk von Pauwels van Hillegaert (1595/96-1640) ist eine Absenkung des Horizontes zu erkennen, wie das 1631 entstandene Bild "Prinz Friedrich Heinrich bei der Belagerung von 's- im Jahre 1629" (Abb. 2) zeigt. Die Figuren sind auf einem fiktiven Hügel plaziert, wodurch der Maler die Möglichkeit erhält, auch die dahinterliegende Landschaft mit den Befestigungsanlagen, die Friedrich Heinrich hatte anlegen lassen, wiederzugeben. Van Hillegaert scheint vom Werk Sebastiaen Vrancx' (1573-1647) beeinflußt, der in den wenigen von ihm bekannten Belagerungsdarstellungen immer das Lager der Belagerer ins Zentrum stellte.

Pauwels van Hillegaert war der wichtigste Maler von Kriegshandlungen des Achtzigjährigen Krieges. Häufig kombinierte er die Darstellung mit einem Portrait des Statthalters zu Pferde (Abb. 3). So malte er kleine Reiterportraits Friederich Heinrichs mit dem Prinzen im Vordergrund und der Belagerung einer Stadt im Hintergrund. Da der Horizont auf das untere Viertel des Bildes abgesenkt ist, hebt sich die Figur des Prinzen zu Pferde deutlich vor dem Himmel ab. Diese Darstellungen zeigen den Prinzen vor allem in seiner Rolle als militärischer Befehlshaber, wobei der Hintergrund von nebensächlicher, nur dekorativer Bedeutung ist. Bei Friedrich Heinrich wählte van Hillegaert zumeist die Belagerung von Maastricht als Hintergrund, auffälligerweise jedoch nicht die von 's-Hertogenbosch. [5] Neben diesen Bildnissen Friedrich Heinrichs existieren ähnliche Portraits von Prinz Moritz und Gustav Adolf von Schweden. [6]

Die kleinen Reiterstücke können aufgrund ihrer Komposition in zwei Gruppen geteilt werden. Meistens zeigt van Hillegaert den Feldherrn seitlich auf kurbettierendem Pferd. Der Portraitierte schaut den Betrachter von der Seite an, während sein Pferd den Kopf eben abgewendet hat. Der zweite Typus zeigt das Pferd von vorne, beide - Pferd und Reiter - sehen den Betrachter an.

Zeitgleich mit Pauwels van Hillegaert war auch Hendrik Ambrosius Pacx (1602/03-nach 1658) tätig. Auch Pacx malte Reiterportraits von Friedrich Heinrich mit der Belagerung von 's-Hertogenbosch oder Maastricht im Hintergrund. [7] Seine Reiterportraits sind, verglichen mit denen von van Hillegaert, breiter angelegt. Der Prinz wird immer begleitet von einem Schildknappen, der seinen Helm trägt.

Beide Maler schufen sehr ähnliche Werke von Mitgliedern der Familie des Statthalters. In einige Fällen malten van Hillegaert und Pacx sogar identische Darstellungen. Trotz stilistischer Nähe beider scheint Pacx van Hillegaert technisch zu übertreffen. Seine Figuren sind heller und schärfer gemalt. Da aber eine Untersuchung zu Leben und Werk der beiden Künstler fehlt, ist ihr Verhältnis zueinander schwierig einzuschätzen. Sicher ist jedenfalls, daß sie gegenseitig ihre Werke gekannt haben.



IV. Die vierziger Jahre

Die meisten Darstellungen militärischer Erfolge, die die Truppen der Republik unter der Leitung von Friedrich Heinrich erlangten, entstanden in den dreißiger Jahren des 17. Jahrhunderts. Der Tod Pauwels van Hillegaerts 1640 führte zu einer Unterbrechung in der Entwicklung dieses Typus. Wir wissen nur von zwei Malern, die im folgenden Jahrzehnt die Siege von Friedrich Heinrich und seinen Truppen in Öl festhielten: Gerrit van Santen (tätig zwischen 1629 und 1650) und Jan Breecker (tätig zwischen 1632 und 1646) schufen in den vierziger Jahren einige Bilder für die Burg Buren. Von diesen ist nur "Die Belagerung der Schenkenschanze im Jahre 1636" erhalten geblieben (Abb. 4). [8] Das Gemälde zeigt die Rückeroberung der Schenkenschanze durch die Truppen der Republik im Jahre 1636, nachdem die Festung ein Jahr zuvor überraschend durch die spanischen Truppen eingenommen worden war.

Über die Tätigkeit von Jan Breecker sind wir allein durch die Inventare der Burg Buren informiert, für die er 1644 und 1646 sechs Werke geliefert hatte. Nur ein frühes Werk von ihm, das 1632 datierte Reiterportrait Friedrich Heinrichs, ist heute noch bekannt. [9]



V. Monumentale Portraitserien

Die kleinen Reiterportraits von Pauwels van Hillegaert bilden die Voraussetzung für die monumentalen Reiterportraitserien, die zwischen etwa 1635 und 1650 entstanden und von denen noch vier existieren. Anfang des 17. Jahrhunderts wollten viele holländische Regenten ihre Rathäuser mit Portraits der Familie des Statthalters ausschmücken. Der größte Lieferant dieser Portraits war der Delfter Künstler Michiel Jansz. van Mierevelt (1567-1641). Auch im zweiten Viertel des Jahrhunderts bestellten die Stadtregierungen der Republik Oranierportraits. Nun bevorzugte man aber den dargestellten Prinzen nicht stehend, sondern auf einem Pferd sitzend mit militärischen Ereignissen im Hintergrund. Auffallend ist das große Format dieser Reiterserien: Sie messen durchschnittlich 2 m in der Höhe und 1,5 m in der Breite.

Die erste Folge stammt von Herman Mijnert Doncker (vor 1620-nach 1656), der 1636 für das Rathaus von Edam zwei Portraits von Moritz und Friedrich Heinrich zu Pferde fertigte. [10] 1643 malte Isaac Isaacsz. (1599-nach 1668) für das Rathaus von Harderwijk ebenfalls eine Folge von Reiterportraits der Familie des Statthalters. [11] Neben den Prinzen Moritz und Friedrich Heinrich (Abb. 5) ist diesmal auch Wilhelm von Oranien dargestellt. Im Hintergrund der Bilder sind drei militärische Erfolge der Republik festgehalten. Hinter Friedrich Heinrich ist die Belagerung von 's-Hertogenbosch abgebildet, und das aufrückende Geschwader von Reitern hinter Moritz verweist vermutlich auf die Schlacht bei Nieuwpoort. [12]

Als dritte Portraitfolge der Familie des Statthalters zu Pferde sollen drei Gemälde angeführt werden, die Jacob Fransz. van der Merck (ca. 1610-1664) von den Prinzen Moritz, Friedrich Heinrich und Wilhelm II. malte. [13] Die letzten beiden Bilder sind von van der Merck mit den Jahreszahlen 1643 und 1647 bezeichnet. Die Werke unterscheiden sich von den anderen drei Portraitfolgen durch die Hinzufügung eines Puttos, der den jeweiligen Prinzen mit Lorbeer bekränzt. Derartige allegorische Motive sind bei Reiterportraits ungewöhnlich. Im königlichen Palais auf dem Dam hängt die letzte und zugleich umfangreichste Folge von Reiterportraits der Oranier. Sie wurde wahrscheinlich von dem flämischen Portraitmaler Anselm van Hulle (1601-nach 1674) in den vierziger Jahren angefertigt. [14] Van Hulle malte Reiterstücke von Wilhelm von Oranien, dessen drei Söhnen Moritz, Friedrich Heinrich, Philipp Wilhelm sowie seinem Enkel Wilhelm II. Auch wenn die Oranier ausdrücklich als Befehlshaber der republikanischen Truppen portraitiert sind, fehlen hier im Hintergrund, im Gegensatz zu den vorhergehenden drei Folgen von Doncker, Isaacsz. und van der Merck, Hinweise auf bekannte Feldschlachten oder Belagerungen. Das monumentale Reiterportrait der Oranierfamilie ist eine typische Erscheinung des Zeitraums von ungefähr 1635 bis 1650 und kommt anschließend nicht mehr vor. Dies hängt nur am Rande mit der Beendigung der militärischen Aktivitäten des Landes durch den Friedensschluß von Münster 1648 zusammen, denn Belagerungsszenen werden in den fünfziger Jahren noch immer gemalt. Einen wichtigerer Grund ist die erste statthalterlose Zeit (1650-1672). Das eigensinnige Auftreten des jungen Statthalters Wilhelm II., der die Einstellung der Feindseligkeiten und damit den Wegfall der Möglichkeit, sich im Kampf zu beweisen, nur schwer akzeptieren konnte, führte schließlich zu einem Angriff auf die Stadt Amsterdam, die dem jungen Prinzen bei seinen ehrgeizigen Plänen entgegenstand. Nur der vorzeitige Tod von Wilhelm II. im Jahre 1650 behütete die Provinz Holland vor weiteren Aktivitäten dieses streitbaren Statthalters. Das Auftreten von Wilhelm II. hatte zur Folge, daß die Oranier in Mißkredit gerieten und ihre Bedeutung im Machtfeld der Republik stark begrenzt wurde.



VI. Die Belagerungsbilder nach dem Frieden von Münster

Natürlich bedeutete die Unterzeichnung des Friedensvertrages in Münster, daß die historische Grundlage für Bilder von Kriegshandlungen verschwand, doch führte dies nicht zu einem abrupten Ende des Genres. Im Gegenteil, um 1655 zeigte der Rotterdamer Maler Hendrik de Meyer (?-vor 1698) plötzlich großes Interesse an der Darstellung von zwei wichtigen Siegen aus der Spätzeit der Feldherrenschaft Friedrich Heinrichs, für die es offensichtlich auch in dieser Zeit noch einen Markt gab. In der kurzen Zeitspanne von etwa 1654 bis 1656 [15] fertigte de Meyer fünf Gemälde von der Belagerung von Breda 1637 (Abb. 6) und sieben Werke mit der Einnahme von Hulst unter Leitung Friedrich Heinrichs im Jahre 1645.

De Meyer ging vermutlich von Pauwels van Hillegaerts Gemälden mit der Belagerung von 's-Hertogenbosch aus und entwickelte in seinen Bildern dieses Sujet weiter. Den extrem hohen Horizont auf südniederländischen Bildern hat van Hillegaert in seinen Werken zu einem realistischeren Verhältnis von Himmel und Landschaft gesenkt. Heinrich de Meyer zog ihn noch tiefer, so daß die Landschaft nur noch ein Viertel des Bildes einnahm. Folglich wurden die Darstellungen kompakter.

Auffallend ist, daß de Meyer eine ausgesprochene Vorliebe für die Darstellung der Belagerungen von Breda und Hulst nicht aber für die Einnahme von 's-Hertogenbosch oder Maastricht hatte. Nur ausnahmsweise malte er einmal die Eroberung von Sas van Gent im Jahre 1644 [16], ebenso die Eroberung von Hulst, ein Gefecht kurz vor Ende des Achtzigjährigen Krieges. Warum von der Belagerung von Sas van Gent nur ein Werk bekannt ist, während de Meyer die Einnahme von Hulst im folgenden Jahr noch häufiger thematisierte, ist rätselhaft. Möglicherweise liegt es daran, daß mit Hulst die Sicherung der Republik vollständig erreicht war.

Nachdem Hendrik de Meyer keine Belagerungsszenen mehr malte, brach eine Periode von ungefähr 25 Jahren an, in denen keine Bilder dieses Sujets entstanden. Um 1680 stellte der Dordrechter Abraham van Calraet (1642-1722) wieder Belagerungen dar. Er malte vier fast identische Darstellungen der Belagerung von Breda. [17] In seinen Werken kombiniert Abraham van Calraet den niedrigen Blickpunkt de Meyers mit van Hillegaerts Art, Friedrich Heinrich und sein Gefolge vor dem Lager Vught während der Belagerung von 's-Hertogenbosch zu portraitieren (Abb. 2). Mit van Calraet endet die Darstellung von Kriegshandlungen aus dem Achtzigjährigen Krieg. Maler aus dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts bevorzugten Ereignisse der zeitgenössischen Geschichte. Die unangenehme Situation, in der die Republik 1672 steckte und die darauf folgende Rettung der Nation durch Wilhelm III. boten hierfür genügend Stoff. Der neue Pauwels van Hillegaert heißt Jan Huchtenburg. Huchtenburg trat am Ende des 17. Jahrhundert als visueller Protokollant des Krieges zu Lande hervor und kann sich in seiner Produktivität mit van Hillegaert messen.



VII. Darstellungstypen

Versucht man die Belagerungsszenen des zweiten Viertels des 17. Jahrhunderts zu klassifizieren, zeigt sich, daß die Gemälde nach Thema und Komposition in vier Bildtypen eingeteilt werden können.

Die erste Gruppe bilden Ansichten der Stadt vom Lager der Belagerer aus gesehen, wobei die Betonung ganz auf dem Lager im Vordergrund liegt, dem die belagerte Stadt in der Ferne als Silhouette am Horizont untergeordnet ist. Von großer Bedeutung für den Charakter der Darstellung ist die Höhe des Horizonts. Die extrem hohe Scheidung von Land und Himmel im Werk von Pieter Snayers ruft eine andere Wirkung hervor als der niedrige Horizont auf Bildern Hendrik de Meyers.

Die zweite Kategorie der Belagerungsszenen ist eigentlich eine Weiterentwicklung der ersten, unterscheidet sich aber durch das Reiterportrait des Feldherren im Vordergrund, natürlich immer Friedrich Heinrich. Sein Bildnis erhält eine besondere Betonung innerhalb der Darstellung, obwohl es im Verhältnis nur einen kleinen Teil der Bildfläche beansprucht.

Ausgehend von diesem Panorama mit Reiterportrait entwickelt sich der dritte Darstellungtypus: das Reiterportrait mit einer Belagerung im Hintergrund. Hierzu gehören sowohl die kleinen Reiterportraits van Hillegaerts als auch die monumentalen Portraits, die zwischen 1635 und 1650 entstanden. Auf diesen Werken ist das Bildnis des Feldherren zu Pferd isoliert, und die Kriegshandlungen sind weit in den Hintergrund verdrängt.

Die letzte Gruppe von Belagerungsszenen zeigt den Auszug der Belagerten nach Unterzeichnung des Kapitulationsvertrages. Das früheste Beispiel ist "Der Auszug der Verteidiger von 's-Hertogenbosch am 17. September 1629" von Pauwels van Hillegaert. [18] Dieses Ereignis bildete für die sieghafte Partei den Höhepunkt nach monatelanger Belagerung, denn damit war der Sieg endgültig besiegelt.

Nach van Hillegaert widmete sich vor allem Hendrik de Meyer dem Thema des Auszugs. Anders als die Panoramadarstellungen von van Hillegaert, sind die 'Auszüge' de Meyers komprimiert (Abb. 5).

Neben der Frage, welche Szenen einer Belagerung der Künstler des 17. Jahrhunderts festhielt, ist mindestens ebenso relevant, was er nicht darstellte. Die Antwort auf diese Frage ist genauso bestürzend wie einfach: den Kampf an sich. Dies hängt damit zusammen, daß Künstler die Stadt aus einem großen Abstand und nicht von den Schanzen aus oder aus den Laufgräben malten, in denen der eigentliche Kampf stattfand. Befehlshaber wagten sich meistens nicht in diese Bereiche und ließen sich in den sicheren Basislagern portraitieren, wo sie keine Gefahr liefen, erschossen zu werden. Die Berichte über Friedrich Heinrich, der sich unter Gefahr seines eigenen Lebens in Schußentfernung der Stadt begab, zeugt einerseits von dem Mut des Prinzen, macht aber auch deutlich, daß die Anwesenheit der hohen Militärs in den ersten Reihen höchst ungewöhnlich war.



VIII. Auftraggeber

Wie bereits erwähnt, wurden die nordniederländischen Gemälde mit Episoden aus der ersten Phase des Achtzigjährigen Krieges höchstwahrscheinlich von städtischen Institutionen in Auftrag gegeben. Auch die monumentalen Portraitfolgen aus dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts sind meistens von Stadtregierungen bestellt worden. Wählten die Stadtregierungen Reiterportraits mit der Darstellung von Kriegshandlungen im Hintergrund, so hatten Friedrich Heinrich und sein Hof deutlich Vorrang vor dem Panorama der Belagerungsszene. Die Werke, die Daniel Cletcher von der Belagerung von Grol und der Belagerung von 's-Hertogenbosch malte, waren Teil der Gemäldesammlung des Statthalters im "Binnenhof". Im Inventar von 1632 werden beide Stücke als in der "galerije van Zijne Excellentie" inmitten einer großen Anzahl von Portraits, mythologischen und biblischen Historien und Landschaften hängend aufgeführt. [19] Weil die Bilder Cletchers 1630 datiert und zwei Jahre später bereits in der Sammlung von Friedrich Heinrich verzeichnet sind, ist anzunehmen, daß sie im Auftrag des Prinzen angefertigt wurden. Vorstellbar ist, daß sich Friedrich Heinrich und Daniel Cletcher persönlich kannten: Clechter war Mitglied der St. Lukasgilde in Den Haag [20], darüber hinaus war er der Quartiermeister von Johan Albert, Graf von Solms-Braunfels, dem Schwager von Friedrich Heinrich. Außer den beiden Belagerungsdarstellungen in der Galerie von Friedrich Heinrich hing auch in der Galerie von Amalia von Solms eines seiner Werke. [21]

Nicht nur im Quartier des Statthalters, sondern auch in der Burg Buren hingen Belagerungsdarstellungen. Die alte Festung, die durch die Heirat Wilhelm von Oraniens mit Anna von Egmond-Buren in den Besitz der Oranier kam, lag auf dem Weg von der Residenz des Statthalters zu den südlichen Kriegsschauplätzen. Gemälde mit den wichtigsten Eroberungen des Prinzen schmückten den langen Tanzsaal oder die Galerie.

Jan Breecker lieferte für diesen Saal 1646 drei Werke, die die Belagerung von 's-Hertogenbosch (1629), Rijnbeek (1633) und Breda (1637) zeigten und für die er am 3. März 1646 einen Betrag von 478 Gulden empfing. [22] Bereits 1644 hatte Breecker einen Kontrakt über die Anfertigung von drei Bildern unterzeichnet, auf denen die Überquerung des Flusses Florival im flämischen Brabant durch die Truppen der Republik zu sehen war. Hierfür wurden ihm insgesamt 408 Gulden ausbezahlt. [23]

Gerrit van Santen fertigte für die neue Galerie von Buren zwei große Gemälde mit der Belagerung von Sas van Gent (1644) und der von Hulst (1645), beides erst kurz zuvor errungene Erfolge Friedrich Heinrichs. Gleichzeitig lieferte van Santen zwei Stücke mit der Belagerung von Wesel und der Schenkenschanze in kleinem Format. Für diese vier Arbeiten empfing er am 8. Februar 1647 eine Summe von 260 Gulden. [24] Darüber hinaus malte er noch fünf Werke für die Galerie: die Belagerungen von Grol (1627), Wesel (1629), Maastricht (1632), Schenkenschanze (1636) und Gennep (1641). Am 18. Dezember 1647 wurden ihm dafür insgesamt 590 Gulden ausbezahlt. [25] Von allen fünfzehn Belagerungsgemälden in Buren ist nur eines der beiden Werke mit Friedrich Heinrichs Belagerung der Schenkenschanze erhalten geblieben (Abb. 4).

Die Figur Friedrich Heinrichs scheint auf dem Gemälde zu fehlen, denn keiner der Reiter im Vordergrund trägt erkennbare Gesichtszüge oder besondere Kleidung, die auf einen Prinzen weisen würde. Die einzige Person, die in Betracht käme, ist der Reiter auf dem Schimmel, der eine Gruppe Pikeniere kommandiert, da aber der Mann dem Betrachter den Rücken zukehrt, kann kaum der Prinz gemeint sein. Auch auf den beiden Werken Cletchers im Quartier des Statthalters ist die Person Friedrich Heinrichs nicht oder nur mit Mühe zu erkennen. In der Gemäldesammlung des Prinzen finden sich keine Darstellungen mit expliziter Selbstverherrlichung. Besonders bemerkenswert ist dieser Umstand angesichts der vielen Darstellungen erfolgreicher Belagerungen, auf denen das Bildnis des Statthalters an prominenter Stelle erscheint. Es entsteht der Eindruck, daß die städtischen Einrichtungen Gemälden, auf denen Friedrich Heinrich als glorreicher Feldherr portraitiert ist, den Vorrang gaben, während der Prinz es vorzog, seinen eigenen Beitrag am Kampf gegen die ausländischen Mächte nicht zu sehr zu unterstreichen. Der Statthalter wollte die Generalstaaten, die formell über ihm standen, offensichtlich nicht beleidigen. [26]

Von allen drei Künstlern, die im Auftrag Friedrich Heinrichs seine militärischen Erfolge festhielten, sind heute kaum Werke bekannt. Auffälligerweise bemühte der Prinz sich nicht um renommierte Maler wie Ambrosius Pacx oder Pauwels van Hillegaert. Über die Gründe können wir nur mutmaßen. Für den Auftrag von Buren kam van Hillegaert nicht in Frage, weil er einige Jahre vor der Vergabe bereits verstorben war. Erstaunlich bleibt, daß im Quartier des Statthalters Arbeiten von Künstlern wie Daniel Cletcher hingen, während Werke von van Hillegaert fehlen, der nachweislich seit 1621 [27] Gemälde der Familie des Statthalters im Feld fertigte.

Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, daß Friedrich Heinrich trotzdem Werke des Amsterdamers besaß, obschon Hinweise in den Inventaren, Schatzkammerrechnungen und Ordonnanzbüchern Friedrich Heinrichs fehlen. Denn diese Quellen sind bestimmt nicht vollständig. Darüber hinaus verdeutlichen die 1754 und 1763/64 angefertigten Inventare des Binnenhofs und eine Beschreibung der Gemälde im Palast Het Loo von 1763, daß die Oranier im 18. Jahrhundert zwei Werke von van Hillegaert besaßen: "Die Prinzen Moritz und Friedrich Heinrich zu Pferde" [28] und "Prinz Friedrich Heinrich und Graf Ernst Casimir vor der Belagerung von s'-Hertogenbosch im Jahre 1629". [29] Die Herkunft dieser Stücke ist nicht bekannt, aber es ist durchaus möglich, daß diese ehemals Eigentum von Friedrich Heinrich gewesen sind.

Es liegt auf der Hand, daß Belagerungsszenen nicht nur für lokale Obrigkeiten und den Statthalter, sondern auch für den freien Markt produziert wurden. Auf jeden Fall weisen die vielen Varianten von Friedrich Heinrich zu Pferde vor Maastricht oder 's-Hertogenbosch von Pauwels van Hillegaert in diese Richtung. [30] Auch der Umstand, daß Hendrik de Meyer und nach ihm Abraham van Calraet von der Belagerung von Breda mehrere Versionen malten, die einander sehr stark gleichen, deutet daraufhin, daß von mehreren Seiten Interesse für diese Art Gemälde bestanden. Archivalische Beweise für eine Unterstützung dieser Behauptung sind noch nicht gefunden. Dessenungeachtet waren die Belagerungsbilder vorrangig für Institutionen der Obrigkeit und die direkte Umgebung des statthalterlichen Hofes bestimmt.



IX. Schluß

Aus dem Zeitraum zwischen 1621 und 1648 sind insgesamt mehr als hundert Gemälde mit Belagerungen bekannt, unter denen die Reiterportraits den größten Teil ausmachen. Auch wenn die Anzahl der Gemälde recht groß ist, steht sie in keinem Verhältnis zu den zahllosen Darstellungen von Kriegshandlungen, die nicht mit einem bestimmten Ereignis in Zusammenhang gebracht werden können. [31] Diese Gemälde waren für das breite Publikum bestimmt, während die Belagerungsdarstellungen hauptsächlich für die Machthaber angefertigt wurden. So gesehen, spiegelt sich der Unterschied zwischen Gemälden mit konkreten Kampfhandlungen und allgemeinen Darstellungen des Soldatenlebens im Publikum, für das die Werke bestimmt waren.



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ANMERKUNGEN


1. Diese Behauptung wurde bereits von R. van Gelder geäußert: Gelder 1984, S. 148. Siehe auch den Artikel von Marloes Huiskamp in diesem Band.

2. Kat. Alkmaar 1932, S. 12f. und 21.

3. Huiskamp 1994, S. 56.

4. Daniel Cletcher, "Prinz Friedrich Heinrich bei der Belagerung von Grol, 1627", 1630 (Holz, 54,5 x 98,5 cm), Apeldoorn, Paleis Het Loo - Nationaal Museum (Leihgabe der Geschiedkundige Vereniging Oranje-Nassau, Den Haag), Inv.Nr A 1180.

5. Ausst.kat. Leeuwarden 1979, S. 109, Nrn. 118-123.

6. Ausst.kat. Leeuwarden 1979, S. 107ff., Nrn. 104, 124 und 125.

7. Ausst.kat. Leeuwarden 1979, Nr. 122 (fälschlich als Pauwels van Hillegaert), S. 115, Nr. 226-230.

8. Über das Werk siehe Luttervelt 1956.

9. Jan Breecker, "Prinz Friedrich Heinrich zu Pferde", 1632 (Leinwand, 130 x 101 cm). Abgebildet in Ausst.kat. Leeuwarden 1979, S. 102, Nr 52.

10. Ausst.kat. Leeuwarden 1979, S. 105, Nr. 76 und 77.

11. Kempers 1922, S. 12-15 und 17-23; Berends 1923/24.

12. Vgl. Huiskamp 1997, S. 331-342, besonders S. 337, 342, Anm. 25.

13. Ausst.kat. Leeuwarden 1979, S. 113, Nr. 199ff.

14. Ausst.kat. Leeuwarden 1979, S. 109-111, Nr. 144-148. Übrigens wurde diese Folge im Königlichen Palais, dem ehemaligen Rathaus von Amsterdam, nicht im Auftrag der Stadt angefertigt, sondern gelangte erst später in das Gebäude.

15. Diese Jahreszahlen basieren auf datierten Gemälden de Meyers.

16. Hendrik de Meyer, "Die Belagerung von Sas van Gent von Norden aus gesehen, 1644" (Leinwand, 104 x 152 cm), Sas van Gent, Gemeinde Sas van Gent.

17. Ausst.kat. Leeuwarden 1979, S. 103, Nr. 55-57, 59.

18. Pauwels van Hillegaert, "Der Auszug der Verteidiger von 's- am 17. September 1629" (Leinwand, 111,5 x 175 cm), Amsterdam, Rijksmuseum, Inv.Nr A 435.

19. Drossaers/Lunsingh Scheurleer 1974/76, S. 185, Nr. 91-92.

20. Gelder-Schrijver 1932, S. 4.

21. Drossaers/Lunsingh Scheurleer 1974/76, I, S. 193, Nr. 251.

22. Vosmaer 1861, S. 39. Am 12. März 1646 bekam er weitere 100 Gulden für diese drei Gemälde ausgezahlt.

23. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus einem Basisbetrag von 372 fl., ergänzt durch einen Betrag von 36 fl. für die benötigte Leinwand. Vosmaer 1861, S. 39; Leupe 1875, S. 247 (dort ist auf Grund eines Rechenfehlers ein falscher Betrag von 402 fl. angegeben).

24. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus zweimal 80 fl. für die großen Bilder mit van Hulst und Sas van Gent und zweimal 50 fl. für die kleineren Werke mit der Schenkenschanze und Wesel. Vosmaer 1861, S. 39 und Leupe 1875, S. 247.

25. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus zweimal 150 fl. für die Belagerung von Maastricht, zweimal 110 fl. für Grol und Gennep, zweimal 180 fl. für Wesel und die Schenkenschanze. Weiter berechnete Gerrit van Santen einen Betrag von 60 fl. für die Transport- und Reisekosten. Vosmaer 1861, S. 39 und Leupe 1875, S. 255.

26. Carola Vermeeren, "Frederik Hendrik: de vorst der Stadhouders. De vorstelijke aspiraties van een stadhouder weerspiegeld in de schilderijen uit zijn bezit", Vortrag gehalten auf dem Kongress "De Vrede van Münster", Nimwegen und Kleve vom 28. bis 30. August 1996.

27. In diesem Jahr malte van Hillegaert seine früheste bekannte Fassung von der "Absetzung der Stadtsöldner auf der Neude durch Prinz Moritz". Das Werk wurde am 18. November 1913 in Amsterdam bei C.F. Roos & Cie unter des Losnummer 37 versteigert (Leinwand, 64 x 108 cm).

28. Drossaers/Lunsingh Scheurleer 1974/76, II, S. 479, Nr. 19; III, S. 21, Nr. 47.

29. Drossaers/Lunsingh Scheurleer 1974/76, II, S. 652, Nr. 1.

30. Ausst.kat. Leeuwarden 1979, S. 15, 42.

31. Vgl. den Artikel von Michiel van Maarseveen und Michiel Kersten in diesem Band.



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