DOKUMENTATION | Ausstellungen: 1648 - Krieg und Frieden in Europa | |
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HELMUT LAHRKAMP Zu einem Portrait des Malers Jan Boeckhorst und zu den Kunstkontakten des kaiserlichen Feldherrn Ottavio Piccolomini |
Die Zeitgenossen des aus Münster
gebürtigen Malers Jan (Johann) Boeckhorst, der in Antwerpen als "Langer
Jan" bekannt war, haben ihn als einen der besten Portraitisten seiner Zeit
gerühmt. [1] Indessen ließen sich bisher kaum derartige
Bilder ermitteln, obwohl in den uns erhaltenen Nachlaßinventaren
Antwerpener Familien mehrfach Portraits von der Hand Boeckhorsts erwähnt
sind. Leider hat der Künstler seine Gemälde fast nie signiert. Die
Zustimmung der Kunsthistoriker haben bislang ein "Doppelbildnis" in
Pommersfelden und das "Portrait eines jungen Mannes" in München gefunden;
auch werden die "Studie eines Mädchenkopfes" im Barber Art Institute zu
Birmingham und ein "Mädchenportrait", das über London in die USA
verkauft wurde, inzwischen als Arbeiten Boeckhorsts anerkannt. [2] Das
"Bildnis einer Dame" im weißen Satinkleid, das 1987 vom Stadtmuseum
Münster als ein Werk Boeckhorsts angekauft wurde, ist 1990 in der
Ausstellung über den Maler in Antwerpen und Münster gezeigt
worden. [3] Zwar ist das Portrait des Stuartprinzen Henry Duke of
Gloucester (gest. 1660) in Brügge in seiner Zuschreibung umstritten, doch
hat zweifellos eine persönliche Beziehung des Malers zur englischen
Königsfamilie bestanden, wie aus seinem Nachlaßinventar
hervorgeht. [4] Nachdem jene Ausstellung 1990 den hohen Rang des
Münsteraners als "Maler der Rubenszeit" dargetan hat, stößt jede
neue Zuschreibung bislang unbekannter Gemälde auf Interesse, namentlich
wenn es sich um ein Portrait einer bedeutenden historischen Persönlichkeit
handelt. Hat doch ein anonymer Autor des 18. Jahrhunderts, dem heute verlorene
Quellen zur Verfügung standen, bemerkt, Boeckhorst habe solche Portraits
angefertigt, auf denen man die von ihm angewandte Manier van Dycks besser
erkennen könne als bei seinen
Historienbildern. [5]
Der Rat der
südfranzösischen Stadt Bayonne stimmte im September 1986 der Erwerbung
eines großformatigen Bildes für das Musée Bonnat zu, das aus
dem Kunsthandel in Biarritz stammte. Es zeigt im Vordergrund eine aus drei
Personen bestehende Gruppe. Ein kniender Page schnallt einem Feldherrn die
Sporen an, während ein Reitknecht in blauer Livree einen Grauschimmel am
Zaum hält. Der General trägt über seiner metallisch blinkenden
Rüstung einen Spitzenkragen und einen rotgoldenen Umhang, rote Reithosen
und Stulpstiefel; er steht neben einer ramponierten Säule in einer Art
Grotte und führt als Zeichen seines hohen Ranges in der rechten Hand den
üblichen Kommandostab. Im Hintergrund spielt sich vor einer belagerten
Festung ein Gefecht ab. Stil und Auffassung weisen das Gemälde dem Barock
zu. Es mißt in der Höhe 272, in der Breite 234 cm, weist keine
Signatur oder Datierung auf und wurde zunächst der "Ecole de van Dyck"
zugeschrieben, zumal sich eine gewisse Parallele zu dem Bild "König Karl I.
von England auf der Jagd" von Antonis van Dyck (im Louvre)
abzeichnet.
Für den Ankauf des Bildes war
eine Expertise maßgebend, die Michael Jaffé, der damalige Direktor
des Fitzwilliam Museums in Cambridge, erstellt hatte. [6] Aus
stilistischen Gründen sprach er die Urheberschaft dem flämischen Maler
Jan Boeckhorst zu und erkannte im dargestellten Feldherrn den Italiener Ottavio
Piccolomini, der zeitweilig in Flandern die kaiserlichen Truppen kommandierte.
Die Verwandtschaft mit Gemälden van Dycks betonte auch der Konservator
Vincent Ducourau, der diese Neuerwerbung in einem Band über das
Musée Bonnat 1988 erstmals vorstellte; jedoch wies er das Bild
irrtümlich dem holländischen Maler Jan Gerritsz. van Bronchorst
zu [7], der keineswegs im Stile van Dycks gemalt, sondern vorwiegend als
Glas- und Genremaler gewirkt hat. Die Verwechslung wurde bereits in der
Dokumentation des Louvre berichtigt, worauf Anne-Marie Logan im Katalog der
Boeckhorst-Ausstellung hinwies. Es besteht kein Zweifel, daß
tatsächlich Piccolomini auf dem Bayonner Bild abgebildet ist, wie ein
Vergleich mit den beglaubigten Portraits zeigt; kennen wir doch sein Aussehen
durch sein Brustbild im Prager Nationalmuseum, das den erfolgreichen General mit
üppigem schwarzen Haar und Schnurr- und Knebelbart zeigt. Eine Replik
befindet sich im Besitz des Stockholmer
Nationalmuseums. [8]
Die Zuschreibung
beider Bilder lautet auf Justus Sustermans, der seit 1619 als Hofmaler der
Medici-Großherzöge von Toskana in Florenz lebte, wo er zahlreiche
Portraits geschaffen hat. [9] Sie erscheint plausibel, weil Piccolomini
als Florentiner und gebürtiger toskanischer Untertan mehrfach in seiner
Heimatstadt weilte. Allerdings hat man früher auch den kaiserlichen
Hofmaler Frans Luyckx - der wie Sustermans aus Antwerpen stammte - mit diesen
Portraits in Zusammenhang gebracht. [10] Nachweisbar malte ihn Luycx
nach 1645 mit dem Ordenszeichen vom Goldenen Vlies, das ihm der spanische
König verliehen hatte, doch ist jenes Ölbild bislang verschollen und
uns nur durch einen Stich überliefert.
Bekannter ist der von Cornelis Galle d.J.
herrührende Kupferstich, der auf einem Piccolomini-Portrait des Genter
Malers Anselm van Hulle (um 1601 - nach 1674) basiert und vielfach reproduziert
worden ist. [11] Hier sei vorweggenommen, daß van Hulle, der 1646
im Auftrag des niederländischen Statthalters Prinz Friedrich Heinrich von
Nassau-Oranien nach Münster reiste, wo er während des langwierigen
Friedenskongresses Hunderte von Gesandtenportraits anfertigen konnte, 1649 den
Diplomaten nach Nürnberg zu den dortigen Nachverhandlungen folgte. Er hat
während der Nürnberger Friedenstagung das Aussehen des Feldherrn in
einem ganzfigurigen Portrait der Nachwelt überliefert. Das allegorisch
überhöhte Bild, auf dem die posaunenblasende Fama den Ruhm des Helden
verkündet, ist eine Erwerbung des Deutschen Historischen Museums in Berlin,
trägt keine Signatur und ist daher nicht ganz für den Maler
gesichert. [12] Piccolomini wird vor einer Silhouette der
Kongreßstadt Nürnberg als Friedensbringer gefeiert, der die jetzt
unnützen Kriegswaffen und seine Rüstung abgelegt
hat.
Es war üblich, bei der Vorbereitung von
Portraits hochgestellter Persönlichkeiten Ersatzpersonen als Modelle
anzufordern. So hat etwa Rubens laut erhaltener Vorzeichnung für sein
berühmtes Reiterbildnis des Herzogs von Lerma einen Unbekannten in fast
gleicher Kostümierung auf demselben Pferd als Modell benutzt. [13]
Auch van Dyck hat auf seiner Ölskizze für das Reiterbildnis Karls I.
von England nicht den Monarchen selbst, sondern einen anderen Reiter mit
kürzeren Haaren gemalt. [14] Ebenso verhält es sich bei dem
Bild in Bayonne, denn 1988 kam aus englischem Privatbesitz eine Modellskizze
kleineren Formats (54 x 42 cm) zum Vorschein. Bis auf den Kopf Piccolominis ist
die Ausführung mit dem großen Gemälde fast identisch. Die
Provenienz scheint gesichert. [15] Diese Ölskizze war um 1800 durch
einen Agenten des britischen Kunstsammlers Henry Blundell auf Ince in Rom
erworben worden, und zwar von einem gewissen Signore Dappieri, der sie als Pfand
erhalten hatte. Ihr gegenwärtiger Verbleib ist nicht bekannt.
Das Gemälde in Bayonne läßt sich
als Reiterbildnis definieren, obgleich der General nicht zu Pferde sitzt,
sondern neben seinem Streitroß steht. Eine solche Anordnung ist aber
verhältnismäßig selten. Der angesehene Kunsthistoriker Gustav
Glück (1871-1952), ein guter Kenner der flämischen Barockmalerei,
kannte nur zwei derartige Bilder und wies auf ein Gemälde im Museum der
Schönen Künste in Boston hin, das er als ein Werk des Erasmus
Quellinus (1607-1678) aus Antwerpen ansah. [16] Das Bild zeigt einen
älteren selbstbewußten Kavalier in der reichen Tracht seiner Zeit,
der auf einen Stock gestützt neben einem Schimmel steht, den sein
Reitknecht am Zügel führt. Nach Wappen und Inschrift in der rechten
Bildecke ist der Dargestellte der "Messire de Halmale", ein langjähriger
Bürgermeister der Stadt Antwerpen, den der König von Spanien in
Anerkennung seiner Verdienste 1649 in den Adelsstand erhoben hatte. [17]
Eine Signatur ist nicht vorhanden.
Die
Zuschreibung war und ist umstritten. Der Kunstkritiker Théophile
Thoré (1807-1869) hielt das Bild bei einer Ausstellung in Manchester
(1857) gar für ein Werk von Diego Velázquez, doch auch Glücks
Zuschreibung an Erasmus Quellinus wurde bisher von der Forschung nicht
angenommen; im Bostoner Museum lief es zeitweise als "Peter Thys", doch gilt es
dort augenblicklich als Arbeit des norddeutschen Malers Jürgen Ovens
(1623-1678), was aber sehr fragwürdig bleibt. [18] Es könnte
m.E. mit besserer Berechtigung auch Boeckhorst zugeschrieben werden, der mit
Halmale zweifellos in Kontakt gestanden hat. Übrigens ist nicht
unwahrscheinlich, daß auch Piccolomini mit Hendrik van Halmale
persönlich bekannt war, denn Antwerpen wurde zum Sammelplatz seiner
Regimenter bestimmt, die sich im Herbst 1635 in Flandern zur Unterstützung
des spanischen Kardinalinfanten Ferdinand einfanden, der als Nachfolger der
verstorbenen Infantin Clara Isabella Eugenia das Amt des Generalgouverneurs der
Spanischen Niederlande angetreten hatte. Seine Armee wurde durch einige
kaiserliche und kurbayerische Truppenteile verstärkt, um einen
kriegerischen Einfall in Frankreich zu unternehmen; dieser sollte eine Wende in
der Auseinandersetzung der verfeindeten Häuser Habsburg und Bourbon
bewirken, blieb letztlich jedoch trotz gewisser Anfangserfolge für die
Gesamtkriegsführung bedeutungslos.
Ottavio
Piccolomini, ein sehr ehrgeiziger und ruhmbegieriger Offizier, stand seit
Kriegsbeginn bei den Hilfstruppen, die der König von Spanien seinem
deutschen Verwandten Ferdinand II. zur Unterstützung nach Böhmen
gesandt hatte. Er war nacheinander Obristleutnant im Kavallerieregiment des
Grafen Pappenheim in Oberitalien und als Obrist 1627 zeitweise Kommandant der
Leibgarde Wallensteins; er zeichnete sich in der Schlacht bei Lützen 1632
durch besondere Tapferkeit aus. Der Herzog beförderte ihn, dem im Kampf
drei - nach anderen Angaben sogar fünf - Pferde unter dem Sattel
getötet wurden, sofort zum Generalwachtmeister. Nach Wallensteins Absetzung
und Ermordung erhielt er zum Lohn für seine Treue zum Kaiserhaus die
böhmische Herrschaft Nachod und das Feldmarschallspatent. [19 ]Er
nahm im Heer des Kardinalinfanten 1636 am Einfall in die Picardie teil, der in
Paris Entsetzen auslöste und fast zum Sturz des Kardinals Richelieu
geführt hätte. Seit jener Zeit datiert seine enge Verbindung zur
flämischen Aristokratie, deren hervorragendste Vertreter Anton van Dyck
1634/35 in großartigen Portraits der Nachwelt überliefert hat. Dieser
schuf damals die berühmten Reiterbildnisse der spanischen Generäle
Prinz Thomas von Savoyen-Carignan und Albert de Ligne-Arenberg, des Prinzen von
Barbancon. [20]
Nun hat Piccolomini Ende
1636 eine Tochter aus dem Hause Barbancon geheiratet; über die Ehe liegen
nur wenige Nachrichten vor. Vielleicht hielt man die Heirat zunächst
geheim, weil Prinz Albert 1634 infolge der Teilnahme an einer Verschwörung
gegen die spanische Herrschaft in Haft gekommen war. Die Beweise reichten zu
einer Verurteilung zwar nicht aus, doch blieb er bis zum Weihnachtsfest 1642 in
Gewahrsam und wurde erst nach dem Thronwechsel in Madrid wieder in seine alten
Funktionen eingesetzt. Seine Gattin Marie, die zeitweise seine milde Haft oder
besser Internierung teilen durfte, brachte 1640 einen Sohn zur Welt, der auf den
Namen Octave getauft wurde und bei dem Piccolomini Pate stand [21]; er
hat sodann ihrem Mann nach seiner Begnadigung die Kette des hohen Ordens vom
Goldenen Vlies zurückerstattet. Piccolominis junge Frau starb 1642 nach nur
ganz kurzer Ehe. Vermutlich trug sie die Vornamen Dorothée-Caroline. In
den gedruckten Genealogien der Familie Arenberg taucht sie als Gattin des
Feldmarschalls zwar nicht auf, doch ist an der Tatsache der Heirat kaum zu
zweifeln. Die Ehe, die vielleicht wegen des Alters der jungen Frau nie vollzogen
wurde, war kinderlos.
Als Kommandant des
kaiserlichen Hilfskorps gelang Piccolomini am 16. Juli 1638 der Entsatz der von
den Franzosen lange belagerten Festung Saint-Omer, was für Spanien die
Gesamtlage auf dem flandrischen Kriegsschauplatz verbesserte. Bei Thionville
(Diedenhofen) schlug er am 17. Juni 1639 die Armee des Marschalls de
Feuquières, der schwer verwundet in der Gefangenschaft starb; für
das ihm so entgangene Lösegeld schenkte ihm der Kaiser 34.000 Gulden.
König Philipp IV. von Spanien erhob ihn zum Herzog von Amalfi. In jene Zeit
könnte die Anfertigung des Gemäldes in Bayonne fallen. Antonis van
Dyck war damals nach England übergesiedelt, wo er in schneller Folge eine
kaum vorstellbare Zahl von Bildnissen der britischen Aristokratie schuf. Es ist
anzunehmen, daß damals Boeckhorst mit solchen Portraitaufträgen in
Flandern betraut wurde, für die van Dyck als Hofmaler des englischen
Monarchen nicht mehr zur Verfügung
stand.
Piccolomini war nicht nur ein erprobter
Heerführer im Dienst der österreichischen und spanischen Habsburger,
sondern ein "ausgesprochen feinfühliger, kunstliebender Mensch, der
allenthalben Bilder ankaufte - auch dies gehörte zum Lebensstil des
Hochadels." [22] Während seines Aufenthalts in Brüssel, wo der
Kardinalinfant residierte, zahlte der Feldmarschall im Jahre 1639 dem Maler
Gerard Seghers die hohe Summe von 2161 Pattacons für nicht näher
bekannte Gemälde. [23] Seghers handelte mit Bildern und besaß
gute Beziehungen zum Kunsthandel in Sevilla, war er doch zwischen 1611 und 1620
nach dem Zeugnis seiner Biographen in Italien und Spanien gewesen; er hat
anläßlich der Festdekoration beim Einzug des Kardinalinfanten in
Antwerpen mit Boeckhorst zusammengearbeitet und auch mit ihm Gemälde
für die St.-Josephs-Kapelle im Kloster der dortigen Augustinerkanonissen
angefertigt. [24] Möglich erscheint daher, daß Seghers eine
Verbindung Piccolominis zu Boeckhorst hergestellt hat. Man darf annehmen,
daß im Hintergrund des Bayonner Reiterbildnisses der Entsatz der durch die
Franzosen belagerten Festung Saint-Omer geschildert ist. Später nahm
Piccolomini Gerards Sohn Jan Baptiste Seghers nach dessen Italienfahrt in seinen
Haushalt auf. Joachim von Sandrart rühmte diesen als vielversprechenden
jungen Maler, und Piccolomini empfahl ihn dem Erzherzog Leopold Wilhelm von
Österreich, dem berühmten Gemäldesammler. [25] Er nahm
ihn noch 1654 als Begleiter zu dem Regensburger Reichstag mit. Leider kennen wir
bislang keine Werke von ihm, der sich 1667/68 bei der Auseinandersetzung
zwischen Jan Boeckhorst und dem Bildschnitzer Matthias van Beveren als
Vermittler betätigte. [26] Eine Auswertung von Archivalien des
tschechischen Staatsarchivs Zámrsk, das heute den
Piccolomini-Nachlaß aus Nachod bewahrt, könnte der
kunstgeschichtlichen Forschung möglicherweise neue Aufschlüsse
liefern.
Bekannt ist auch, daß Piccolomini
bei dem von seinen Zeitgenossen hochgeschätzten Schlachtenmaler Pieter
Snayers (1592-1667) in Brüssel mehrere großformatige Bilder
bestellte, die seine kriegerischen Erfolge verherrlichten. Sie hingen
zunächst in seinem Schloß Nachod und befinden sich heute teilweise im
Wiener Heeresgeschichtlichen Museum. Der Fürst gab die Bildgröße
an und erteilte genaue Anweisungen für die Darstellung der beteiligten
Truppenteile, so daß sie daher durchaus dokumentarischen Wert besitzen,
wie etwa die Bilder von der Überquerung der Somme im Frankreichfeldzug 1636
oder vom Überfall auf den schwedischen General Carl Gustaf Wrangel bei
Dachau im letzten Kriegsjahr. Nach Mitteilungen des Nachoder Archivars Otto
Elster [27] zahlte Piccolomini Snayers für sein Gemälde der
Schlacht bei Diedenhofen 2.060 Taler; für weitere fünf Bilder wurden
1649 insgesamt 7.553 Gulden vereinbart, die aber nach einem Schreiben des Malers
1651 noch nicht beglichen waren, so daß die inzwischen aufgelaufene Summe
von insgesamt 12.250 Gulden 1657 durch Piccolominis Witwe Maria Benigna
entrichtet werden mußte.
Bedauerlicherweise
wissen wir nichts Näheres über Piccolominis Kontakte zu dem mit
Rembrandt befreundeten Maler Jan Lievens (1607-1674), dem er 1639 1550 Taler
anweisen ließ. Seit 1635 lebte Lievens in Antwerpen, wo er sich durch die
Malweise Anton van Dycks so beeinflussen ließ, daß er seinen
bisherigen Stil aufgab und sich dessen schwungvolle Pinselführung
aneignete, bevor er 1643 nach Amsterdam übersiedelte. [28] Das Bild
in Bayonne kann aber keinesfalls mit ihm in Verbindung gebracht werden. Für
Schloß Nachod bestimmt war jedoch ein Doppelportrait in
Lebensgröße, das Joachim von Sandrart, dessen eigentlicher Ruhm auf
seiner Kunstschriftstellerei beruht, während der Nürnberger
Friedensverhandlung im Jahre 1651 anfertigte. Es mißt 257 x 165 cm, war in
der Nationalgalerie Prag deponiert und soll Piccolomini zeigen, "wie er seinen
Obristen Ranft bey Regensburg in gemachter Bresche Sturm zu laufen commandiret"
- so heißt es wenigstens in der Lebensbeschreibung, die durch Sandrarts
Freunde nach dessen eigenen Angaben verfaßt wurde. "Die Ausführung
ist dem hohen Anspruch angemessen; farblich dominiert das gegen Purpur
gebrochene Rot der Schärpen über die hellbraunen und gelblichen
Töne des Vordergrundes und den lichten grauen, stellenweise bläulichen
Himmel", urteilt Christian Klemm im Werkverzeichnis Sandrarts. [29] Es
ist indessen zweifelhaft, ob jene Aktion von 1634 wirklich gemeint sein kann,
weil Piccolomini hier als ein korpulenter älterer Herr dargestellt ist, was
doch eher dem tatsächlichen Zeitpunkt der Anfertigung des Gemäldes
entsprechen dürfte. Sein Begleiter, der Obrist Hans Christoph Ranfft, der
als "von Wiesenthal" geadelt wurde [30], weilte auf dem Nürnberger
Kongreß in seinem Gefolge und wurde von ihm öfter zu vertraulichen
Sendungen verwendet. Auf das in Berliner Museumsbesitz gelangte Portrait
Piccolominis von Anselm van Hulle aus der Nürnberger Kongreßzeit
wurde bereits hingewiesen.
Es bleibt noch zu
erwähnen, daß der "kaiserliche Kammermaler Cornelis Sottermann", ein
Bruder des in Florenz tätigen Justus Sustermans, im Jahre 1651 Bezahlung
für ein nach Nachod bestelltes Gemälde - das wir leider nicht kennen -
verlangte; er war seit 1629 Freimeister der Lukasgilde in
Antwerpen. [31] Über die bei Elster genannten Italiener Marco
Balessi, Giacomo Bonvicini und einen Formarini, die nach seinem Hinweis von
Piccolomini zeitweise als Maler beschäftigt wurden, wissen wir nichts, was
ihre Bedeutung zeigen könnte. Doch gab der Fürst hohe Summen für
Brüsseler Gobelins aus; einem mit Namen nicht faßbaren Maler, der die
Figuren für einen Gobelinwandteppich entwarf, zahlte er 550
Taler. [32] Schließlich ist der taubstumme Künstler Wolfgang
Heimbach (um 1613/15-1678) zu nennen, der 1651 auf Schloß Nachod weilte
und dort ein bislang verschollenes Portrait Piccolominis hinterließ; er
hat deswegen am 18. Juli 1652 seinem Gönner aus Oldenburg einen Brief
geschrieben, der 1907 in der Beilage einer Heimatzeitung veröffentlicht
wurde. [33] Später ist Heimbach dann Hofmaler des münsterschen
Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen geworden, den er auch mehrfach
portraitiert hat [34].
Piccolomini war
während der Jahre 1644-47 - wie erwähnt - als spanischer
Heerführer in Flandern tätig, nahm aber im Frühjahr 1648 infolge
von Differenzen mit den spanischen Ministern seinen Abschied. Im letzten
Kriegsjahr stellte ihn Kaiser Ferdinand III. nach dem Tod des Generalleutnants
Peter Melander, Graf von Holzappel, in der Schlacht von Zusmarshausen (17. Mai
1648) an die Spitze der kaiserlichen Hauptarmee. Am 9. Juni erreichte er das
kaiserlich-bayerische Heer in dessen Stellung zwischen Braunau und
Schärding, von den Soldaten jubelnd begrüßt. Diese hatten einen
Rückzug über 200 Kilometer - vom Lech zum Inn - hinter sich und
mußten erst reorganisiert und zu äußerstem Widerstand gegen
einen erheblich stärkeren Feind motiviert werden. Gegen die beiden Heere
der Schweden und Franzosen unter Carl Gustaf Wrangel und dem Vicomte de Turenne
beschränkte sich Piccolomini, dessen Autorität auch von den
bayerischen Generälen anerkannt wurde, auf die Verteidigung [35],
zumal die feindliche Artillerieüberlegenheit das Wagnis einer neuen
Schlacht verbot. Der Vormarsch des vereinigten schwedisch-französischen
Heeres kam an Inn und Donau zum Stillstand, obwohl nach dem Unglück von
Zusmarshausen die kaiserlichen Truppenteile der Auflösung nahe gewesen
waren. Sein Verdienst war, daß im Herbst 1648 das labile militärische
Gleichgewicht zwischen den Kriegsparteien gewahrt bleiben konnte. Am 4. November
erhielt Piccolomini die Nachricht vom in Münster endlich geschlossenen
Frieden und führte seine Regimenter in die Winterquartiere. "Wegen seiner
großen Wissenschaft in Staats-Sachen schickte ihn der Kayser als
Principal-Gesandten auf den Executions-Convent zu Nürnberg, allwo er in der
That zeigte, daß er ein so großer Staatsmann als Feldherr sey",
heißt es. [36] Nach dem Ende des Nürnberger Exekutionstages
entsprach Ferdinand III. einer Bitte der deutschen Reichsstände, den
Generalleutnant Piccolomini in den Reichsfürstenstand zu erheben. Er blieb
des Kaisers Ratgeber und starb am 11. August 1656 nach schwerem Leiden infolge
eines Sturzes mit dem Pferde, als er einem Bauern zur Hilfe kommen wollte, der
unter einen umgestürzten Karren geraten war; er wurde in der von ihm
gestifteten Wiener Servitenkirche in der Rossau beigesetzt. [37] Er
hatte aufwendig gelebt und sein zeitweise großes Vermögen im letzten
Kriegsjahr weitgehend verbraucht. Seine noch junge Witwe Maria Benigna
Francisca [38] erbte daher eine große Schuldenlast und ist erst im
Jahre 1701 in Wien
gestorben.