DOKUMENTATION | Ausstellungen: 1648 - Krieg und Frieden in Europa | |
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ASTRID HEYDE Kunstpolitik und Propaganda im Dienste des Großmachtstrebens Die Auswirkungen der gustav-adolfinischen "repraesentatio maiestatis" [1] auf Schweden und Deutschland bis zum Ende des nordischen Krieges (1660) |
Gustav Adolf (1594-1632) gelang es in
nur zwei Jahrzehnten, Schweden - ein Land, das bei seinem Regierungsantritt
(1611) existentiell bedroht und international nahezu bedeutungslos war - zur
führenden protestantischen Großmacht in Europa werden zu lassen. Er
verdankte diesen einzigartigen Erfolg nicht nur seinen hervorragenden
politischen und militärischen Leistungen sowie seiner charismatischen
Persönlichkeit, die sich durch eine geradezu geniale Rhetorik auszeichnete,
sondern auch seiner innovativen Kunstpolitik und Propaganda. Die Grundlagen und
Entwicklungen der gustav-adolfinischen Repräsentation sowie deren
Auswirkungen auf Deutschland und Schweden sollen im Folgenden im Überblick
dargelegt werden.
Michael Roberts bemerkte zum
Regierungsantritt des erst 16jährigen designierten Monarchen: "The prospect
must have appeared daunting to the most of sagacious of statesmen: at the time
of Karl's
death Gustav Adolf had not yet attained the age of seventeen." [2] In
der Tat war die Ausgangslage für Gustav Adolf denkbar diffizil [3]:
Von außen war Schweden existentiell bedroht, innenpolitisch befand sich
das Land am Rande des Zusammenbruchs, da weder Administration noch
Steuererhebung hinreichend funktionierten. Durch die an Christian IV. zu
leistenden Zahlungen nach dem Frieden von Knäröd (1613) wurde das
Reich fast in den Staatsbankrott getrieben. Der Konflikt mit dem "Erbfeind"
Vasa-Polen verdeutlichte darüber hinaus, daß die Thronansprüche
Gustav Adolfs in ihrer Legitimität - zu Recht - umstritten waren, da seine
Thronfolge nicht der im Erbvertrag von 1544 vorgeschriebenen streng agnatischen
Primogenitur entsprach. Erschwerend kam hinzu, daß die
"konungaförsäkran" ("Königsversicherung"), die der
minderjährige Gustav Adolf 1611 hatte leisten müssen, seinen
politischen Handlungsspielraum sehr weit einschränkte. - Er verfügte
nur über ein dominium utile, ein "Nutz- und Nießrecht" an der
schwedischen Krone, nicht aber über ein dominium directum, eine
direkte absolutistische Dienstbarkeit fordernde
Verfügungsgewalt. [4] Schließlich fand Gustav Adolf auf dem
Gebiet der Hofkunstförderung - mit Ausnahme der Münz- und
Medaillenherstellung - ein vollkommenes Vakuum vor, so daß es ihm nicht
möglich war, wirkungsvoll für seine Person Propaganda zu betreiben.
Dies wäre insbesondere auch deshalb von Bedeutung gewesen, weil die
Mißregentschaft der Söhne Gustav Vasas, vor allem von Gustav Adolfs
Vater, Karl IX., das Vertrauen in die Dynastie grundlegend erschüttert
hatte.
Angesichts dieser äußerst
schwierigen Voraussetzungen erscheint die politische Leistung Gustav Adolfs um
so erstaunlicher. Weil er schon in kindlichem Alter in die
Regierungsgeschäfte eingewiesen worden war, waren ihm die Probleme
Schwedens sehr bewußt, und er begriff seine Lage als kategorischen
Imperativ zur Innovation auf allen Gebieten der Regentschaft - auch auf dem
Sektor der monarchischen Kunstförderung. Er sollte daher nicht nur die
bedeutendste Heeresreform seiner Zeit schaffen, sondern auch zu einem Erneuerer
der repraesentatio maiestatis
werden.
Obwohl die Quellenlage, bedingt durch den
Schloßbrand von 1697, sehr lückenhaft ist [5],
läßt sich feststellen, daß Gustav Adolf selbst der spritus
rector der Organisation und des ideengeschichtlichen Konzeptes der
monarchischen Kunstpolitik war. Der König, der ohnehin eine Vorliebe
für die bataille en detail hatte, hätte diesen so wichtigen
Bereich seiner Regentschaft auch nicht an Dritte delegieren
wollen.
Durch seine Erziehung, die von der Doktrin
der ramistischen Exempelpädagogik geprägt war, gemäß der
Devise "Einfachheit, Klarheit, Kürze" [6], war Gustav Adolf
hervorragend auf die Ansprüche der monarchischen Repräsentation
vorbereitet worden. Seine Erzieher, Johann Skytte und Johannes Bureus, hatten
ihn gelehrt, die Selbstdarstellung seiner Person mit seiner Propaganda in
einzigartiger Weise zu vereinen und sich der Erwartungshaltung und dem
Bildungsstand der Rezipienten anzupassen. So wurde er, dem Motto "Nescit
regnare, nescit dissimulare" [7] folgend, gewissermaßen zu einem
"Meister der Mimikry". Dabei ordnete er seine Kunstförderung, die er mit
militärischer Strenge durchorganisierte, vier wesentlichen Prinzipien
unter [8]: An erster Stelle stand die Devise "Nutzen vor Ästhetik".
Im Gegensatz zu anderen Potentaten, die ihre fürstliche Reputation in
ehrgeizigen Kunstprojekten zu bestätigen suchten, war für Gustav Adolf
die monarchische Kunstförderung ein Medium der Repräsentation, das
sich weit weniger an ästhetischen Vorstellungen als am propagandistischen
Nutzen zu orientieren hatte. Dies ergänzte sich inhaltlich mit dem
Grundsatz "Quantität vor Qualität". Die monarchischen Bildnisse
sollten leicht zu kopieren und massenhaft zu verbreiten sein, um die
Popularität des Königs zu steigern. So orderte Gustav Adolf einmal
"einen Haufen Konterfeis zur Verehrung" [9]. Darüber hinaus galt
das Motto "Ständige Wiederholung steigert die Einprägsamkeit". Dies
bedeutete zum einen, daß die monarchische Darstellung von einem einfachen
Identifikationsschema (kurze Haare, Schnurr- und Spitzbart, große Augen,
markante Nase, schlichte Militärkleidung und breiter Spitzenkragen),
unabhängig von jedem Modetrend, bestimmt sein sollte. Zum anderen galt es,
die unterschiedlichen Medien der monarchischen Repräsentation inhaltlich
und ideengeschichtlich miteinander zu verknüpfen. Schließlich
erfolgte die Vergabe der monarchischen Gunstbezeugungen - in unterschiedlichen
Güteklassen - gemäß der justitia distributiva, der
zuteilenden Gerechtigkeit - um dem Prinzip "Proporz als Ausdruck der
'geometrischen Proportion'" [10]
Genüge zu leisten.
Mit diesem innovativen
Konzept unterschied sich Gustav Adolf sehr deutlich von der Kunstpolitik anderer
Potentaten, wie z.B. der seines dänischen "Erzrivalen", Christian IV., der
in der Rolle des rex splendens, seine Reputation in einer
äußerst prachtvollen Repräsentation zu bestätigen suchte,
oder Maximilian I. von Bayern, der mit Hilfe des von rigiden
religionspolitischen Vorstellungen geprägten "Marianischen Staatsprogramms"
Bayern in eine "Sakrallandschaft" zu verwandeln
suchte. [11]
Bei der ikonographischen und
inhaltlichen Entwicklung der gustav-adolfinischen Kunstpolitik lassen sich drei
Hauptphasen unterscheiden: die Propaganda bis 1628/29, die Kunstpolitik für
ein Eingreifen Schwedens in den Dreißigjährigen Krieg (schriftlich
und mündlich ab Ende 1625, bildlich von 1628/29 an) und schließlich
die Propaganda auf deutschem Territorium von 1627 bis
1632.
Während der ersten Phase konzentrierte
sich Gustav Adolf - abgesehen von der Münz- und Medaillenprägung, die
während der gesamten Regentschaft von Bedeutung war - auf die Druckgraphik.
Dies geschah einerseits wegen des Geldmangels, der den Aufbau der
Hofkunstförderung erschwerte, andererseits um dem Anspruch auf eine
massenhafte Verbreitung der königlichen Bildnisse gerecht zu werden. Dabei
gelang es Gustav Adolf, mit nur fünf Graphiken die wesentlichen
realpolitischen Aufgaben des Königsamtes propagieren zu lassen und durch
die mystische Überhöhung seiner Person in den Darstellungen seine
Forderung nach einem dominium directum, das ihm verfassungsrechtlich
durch die konungaförsäkran versagt war, zu
manifestieren. [12]
Der König
präsentiert sich im Rahmen des Konfliktes mit Vasa-Polen in Thrautmans
Spiralstich als miles christianus, als christlicher Soldat, einem der
wichtigsten Topoi bei der Legitimation der Kriegsführung. In van Sichems
Werk (1617) erscheint der designierte Monarch kurz vor seiner Krönung noch
in der Rolle des verfassungstreuen Fürsten, des princeps
constitutus. Im Stich für das Stadtrecht (1617) wird Gustav Adolf in
seiner jurisdiktionellen Funktion, als rex justus, verbildlicht.
Ikonographisch steht diese Graphik in der Tradition von David-Rex-Bildnissen und
mittelalterlichen Königsbildern und spielt damit auf die Idee vom
König als Abbild Christi und Gottes auf Erden (rex imago Christi et
Dei) an. Im Bibelstich (1618) hingegen wird die kirchenrechtliche Aufgabe
des Königs als executor divinae verbildlicht. Die Landkarte des
Anders Bureus (1626) bildet den König in seiner Rolle als Verteidiger des
Vaterlandes, als defensor patriae ab, der das Patronat und Patrozinium
über sein Reich wahrnimmt.
Die gegenseitige
Verpflichtung (obligatio reciproca) [13] zwischen König und
Reich, die die "Königsversicherung" von 1611 vorschrieb, wird in van
Sichems Werk sehr sinnfällig verbildlicht. Das Konterfei des Königs
und die Landschaftswappen, als Symbol des Reiches, stehen in "ikonographischem
Gleichgewicht" zueinander. Die Wappen bilden nicht nur den Rahmen des Portraits,
sondern versinnbildlichen auch den Handlungsrahmen des designierten
Königs.
Im Stadtrecht läßt die
mystische Überhöhung des Königs das realpolitisch vorgegebene
dominium utile bereits als der Königswürde unangemessen
erscheinen. Im Bibelstich durchbricht der König mit dem Reichsapfel, dem
Sinnbild der monarchischen Vollkommenheit, den Rahmen der Landschaftswappen. Im
Werk Bureus'
sind diese Wappen schließlich nur mehr dekoratives Beiwerk. Die Folge von
Graphiken verdeutlicht also, daß das dominium utile des
designierten Königs in das dominium directum des militärischen
Befehlshabers gewandelt wurde. Damit unterstützen und bestätigen diese
Graphiken die tatsächlichen politischen Bestrebungen und Entwicklungen der
monarchischen Politik propagandistisch.
Jene
direkte Befehlsgewalt, die den Untertanen unbedingten Gehorsam abverlangen
konnte, war aber die Voraussetzung für die Großmachtbestrebungen
Gustav Adolfs, die wegen der Risiken und Lasten weder beim Reichsadel noch bei
der breiten Masse der Bevölkerung auf ungeteilte Zustimmung stießen.
So war man auch prinzipiell gegen ein Eingreifen in den
Dreißigjährigen Krieg. Die zahlreichen Klagschriften über die
ungeheuren Belastungen, die die monarchische Kriegspolitik der Bevölkerung
sowohl in humanitärer wie auch in finanzieller Hinsicht
aufbürdete [14], machten dem König deutlich, daß es -
trotz seiner gewachsenen Befehlskraft - einer sehr massiven Propaganda bedurfte,
um sein ehrgeiziges Unterfangen zu
realisieren.
Somit wurde die zweite Phase in der
königlichen Kunstpolitik notwendig, die in ihrer Organisation rigide und in
ihren Inhalten manipulativ war. Getreu der kunstpolitischen Devise
"ständige Wiederholung steigert die Einprägsamkeit" verknüpfte
der König in diesem Kontext mündliche, schriftliche und bildliche
Propaganda miteinander. Er verpflichtete jeden Einwohner Schwedens - unter
Strafandrohung und Kontrolle durch die Priester - zur Teilnahme an den
Gottesdiensten der sogenannten "Bet- und Fastentage". [15] Während
dieser Gottesdienste wurde nach vom König vorgegebenen Themen gebetet und
gepredigt sowie die Texte der von Gustav Adolf verfaßten "Bettagsplakate"
verlesen und ausgehängt. Hierbei baute der König unter
Berücksichtigung der realpolitischen Entwicklung ein antipäpstliches
und antikaiserliches Feindbild auf und schürte die irreale Angst, daß
die kaiserlichen Truppen, die nach der Niederlage Christians IV. bei Lutter am
Barenberge (August 1626) bis Jütland vorgedrungen waren, in Schweden
einfallen könnten. Er ließ damit das schwedische Eingreifen in den
Dreißigjährigen Krieg auf deutschem Territorium als Notwendigkeit zum
Schutz der Bevölkerung in Schweden erscheinen. Im Anschluß an die
Gottesdienste wurden von den Priestern die Soldaten
ausgehoben.
Um während der Gottesdienste
sozusagen in persona anwesend zu sein, ließ er eigens für
diese Propagandainitiative von van Doordt einen Portraittypus entwerfen, der in
den Kirchen zur Schau gestellt wurde (Abb. 1). Dieser Typus war - in Analogie
zur mündlichen und schriftlichen Propaganda - frei von jeder aggressiv
martialischen Attitüde und ließ Gustav Adolf, in schlitzwamsartiger
Kleidung, nur mit einem Degen bewaffnet, lediglich als verteidigungs-, nicht
aber als angriffsbereit erscheinen. Farbe und Form der Kleidung erinnern an den
Lutherrock und wurden von den zeitgenössischen Betrachtern sicherlich als
Allusion auf die lutherische Hausbuchlehre (oeconomia) verstanden, die in
Skandinavien von außerordentlicher Bedeutung war und die Grundlage des
sozialen Zusammenlebens bildete. [16] Gustav Adolf präsentierte
sich also in diesen Bildnissen in der Rolle des lutherischen Landesvaters, der
willens zur Verteidigung des Reiches war, als dux
oeconomicus. [17] Die schwedische oeconomia verpflichtete,
wie Brahes Werk zeigt, das Hausvolk bzw. die Untertanen zum Gehorsam
gegenüber dem Hausvater bzw. Landesvater. In diesem Sinne diente dieser
Portraittypus, der infolge des stadga von 1622 [18], der
königlichen "Musterung" aller schwedischen Maler, äußerst
zahlreich produziert werden konnte, der Rekrutierung der
Bevölkerung.
Dem Druck dieser massiven
Propagandainitiative konnte der Reichsrat auf Dauer nicht standhalten, und so
erhielt Gustav Adolf am 12. Januar 1628 die Zustimmung für ein Eingreifen
in den Dreißigjährigen Krieg (26. Juni 1630) - ein militärisches
Unternehmen, das Schweden von einer Mittelmacht zu einer Großmacht in
Europa werden lassen sollte.
Parallel zu seiner
Propaganda in Schweden hatte Gustav Adolf in Deutschland seit 1627 durch
versierte Drucker und Propagandisten, wie Reusner, Adler Salvius oder Sadeler,
schriftlich "Werbung" für seine Person betreiben lassen. [19] Dort
bedurfte es vollkommen neuer propagandistischer Argumente, da Gustav Adolf hier
weder durch die auf ihre Neutralität bedachten protestantischen
Fürsten legitimiert wurde, noch in der Rolle des Königs von seinen
Untertanen Gehorsam fordern konnte. Der König bedurfte auf deutschem
Territorium der Unterstützung der breiten Masse, im Gegensatz zu Schweden,
wo er als "Adelskönig" sich vor allem die Aristokratie gewogen halten
mußte. In Deutschland präsentierte er sich deshalb als
"Volkskönig", dessen "Imageprägung" sich in einem wirkungsvollen
Spannungsfeld zwischen Volksnähe und sanctificatio ("Heiligung")
bzw. deificatio ("Gottwerdung") befand. [20] Für die
gebildeten Schichten ließ er darüber hinaus sein Handeln im Sinne des
bellum justum, der Lehre vom "gerechten Krieg",
legitimieren. [21] Die Wirkung dieser Propaganda, die in ihrer Planung
und Organisation militärisch strikt war, war einzigartig. Gustav Adolf
erreichte eine für einen Regenten bis dahin ungeahnte Popularität und
wurde zugleich zu einer anbetungswürdigen Kultfigur. Ein
zeitgenössischer Sinnspruch faßt die Verehrung für den
König pointiert zusammen: "Deus heißt auf Teutsch Gott, und aus
diesen vier Buchstaben kommet
Sued." [22]
Aufgrund der schwierigen
Rechtslage Gustav Adolfs als fremdem König auf deutschem Territorium
mußte der Legitimation der Kriegsführung in der Propaganda eine
besondere Bedeutung zukommen. Es können in diesem Kontext drei verschiedene
Ebenen der Rechtfertigung unterschieden werden: mystisch, religiös und
realpolitisch.
In Entsprechung der Forderung nach
Quantitäten in der repraesentatio maiestatis bediente sich Gustav
Adolf bei seiner Bildpropaganda bevorzugt des Flugblattes, das denkbar weit zu
verbreiten und kostengünstig war.
Die
mystische Legitimation erfolgte durch die Propagierung der Idee vom "Löwen
aus der Mitternacht" [23], die in ihren Ursprüngen biblisch,
rosencrucianisch und paracelsistisch war und den König als charismatischen
Heilsträger erscheinen ließ, dessen Handeln ein goldenes Zeitalter
des Friedens versprach. Die Vorstellung vom "Löwen aus der Mitternacht",
die nicht nur in Flugblättern, sondern auch auf zahlreichen Medaillen in
den verschiedensten Lesarten verbreitet wurde, avancierte zum mystischen
Archetypus des Königs. Die militia christiana wurde zur
religiösen Rechtfertigung der Kriegsführung im Sinne des bellum
justum herangezogen. [24] Weil die Vorstellung vom Krieger in der
Rolle des miles christianus bis auf das Mittelalter zurückgeht,
konnte man in diesem Kontext auf ein sehr breites ikonographisches und
typologisches Spektrum zurückgreifen. Besonders beliebt war die Darstellung
des "miles christianus zu Pferde", da mit diesem Topos die Tugenden des
christlichen Ritters, sein Sieg über die fleischliche Begierde,
symbolisiert durch das Pferd, besonders sinnfällig zum Ausdruck gebracht
werden konnte. Dabei konnten die Ambitionen und Intentionen Gustav Adolfs durch
Devisen, Embleme und die Gestaltung des Bildhintergrundes konkretisiert werden.
Nach dem Sieg bei Breitenfeld (September 1631) erreichte die propaganda
fidei über den König neue Dimensionen. Er wurde zum miles
triumphans sanktifiziert und deifiziert, wie z.B. Oeders Werk oder das
Flugblatt "Triumph" (Abb. 2) belegen. Sein als heilsgeschichtlich angesehenes
Wirken konnte auch näher definiert werden, indem seine Rolle als die
eines salvator ecclesiae oder restitutor libertatis dargestellt
wurde. Die realpolitische Legitimation wurde durch die Darstellung der Allianzen
mit den protestantischen Fürsten propagiert [25], wobei wegen der
Kompetenzstreitigkeiten innerhalb der Bündnisse im Rahmen der schwedischen
Propaganda darauf geachtet wurde, die Führungsansprüche Gustav Adolfs
hervorzuheben und ihn als capo des corpus bellicum erscheinen zu
lassen.
Im Rahmen der Eroberung
(expugnatio) und Besetzung (occupatio) der einzelnen Städte
wurde die gustav-adolfinische Propaganda in Analogie zur Logistik der
Kriegsführung betrieben und diente der Manifestation der kriegsrechtlichen
Ansprüche. [26] Um die Bevölkerung zum Gehorsam gegenüber
dem neuen Kriegs- und Stadtherrn, Gustav Adolf, zu verpflichten, mußten
die Drucker, die von schwedischer Seite kontrolliert wurden, auch die
sanctificatio des Volkskönigs propagieren. Zuerst wurde die
Eroberung einer Stadt in einer Art von militärhistorischem Bericht
verbildlicht, um dann den Vollzug der occupatio durch den Einzug der
Truppen zu dokumentieren. Im Rahmen des Kriegsrechts, des ius belli
dienten derartige Flugblätter der Absicherung der militärischen
Ansprüche (assecuratio) und der Verpflichtung der Bevölkerung
zur Satisfaktion (satisfactio), vor allem in Form von
Kontributionszahlungen. [27]
In
zahlreichen Flugblättern wurde die Darstellung Gustav Adolfs mit der
Verbildlichung miniaturhafter Stadtveduten verbunden, um den Eroberungszug des
Königs in seiner chronologischen Abfolge zu dokumentieren und dessen
kriegsrechtliche Forderungen im Sinne der Devise "arma nostra in urbe
vestra" [28] zu manifestieren. Die Huldigung Gustav Adolfs in seiner
Rolle als Stadtherr wurde teils durch pseudodokumentarische Flugblätter,
teils durch Werke, die den König sanktifizieren, zum Ausdruck
gebracht.
Welche Dimension die Verehrung Gustav
Adolfs annehmen konnte, verdeutlicht eine Textzeile in einem Flugblatt über
die Inbesitznahme Augsburgs (Abb. 3), - hier heißt es: "Geängstigt
ward Augspurg die Stadt: Gott durch Gott ihr geholffen hat." Die
deificatio des Königs gipfelte also in der Propaganda in einem
"Gottsein". Dies trug einerseits zu einer kritiklosen Gefolgschaft
gegenüber Gustav Adolf bei, schuf aber andererseits eine Erwartungshaltung,
die dieser unmöglich erfüllen konnte. Es hatte also bei der
Mystifizierung und der Mythifizierung des Königs ein Prozeß der
Verselbständigung begonnen, der für Gustav Adolf sehr problematisch
war.
Seine Huldigung zeigt sich darüber
hinaus in den wertvollen Geschenken der Städte, wie z.B. in Hainhofers
berühmtem Kabinettschrank, Petels Büste oder in den Pokalen von der
Stadt Nürnberg in Form eines Erd- und Himmelsglobus - in Anspielung auf die
Rolle des Königs als Weltenherrscher.
Um
seine Hoheitsrechte im Sinne der ius superioritatis [29] zu
propagieren, ließ Gustav Adolf für die öffentlichen Gebäude
Konterfeis seiner Person anfertigen. Zu diesem Zweck wurde - mit Rücksicht
auf die spezifische juristische Lage Gustav Adolfs als schwedischem König
auf deutschem Territorium - ein eigener Portraittypus entwickelt, der
ausschließlich auf dessen kriegsrechtliche Situation als "Schutz- und
Schirmherr", als protector et patronus [30] der eroberten Gebiete
Bezug nahm.
Dieser Typus des Feldherrnportraits
ist von martialischem Pragmatismus und einem einfachen Identifikationsschema
(Elchlederkoller, zumeist Feldherrnhut, Betonung der
gravitas [31], der Körperfülle, als Zeichen der
Standhaftigkeit) gekennzeichnet, das auch von weniger begabten Künstlern
leicht darzustellen und daher massenhaft zu verbreiten war. Durch Stadtwappen
oder Ausblicke auf das Stadtpanorama durch ein Fenster im Bildhintergrund konnte
ein spezifischer lokalhistorischer Bezug hergestellt
werden.
Volksnähe und Popularität Gustav
Adolfs fanden ihren Ausdruck in den zahllosen kunsthandwerklichen Bildnissen des
Königs. Die Produktion dieser Gegenstände, die in Städten wie
Augsburg oder Nürnberg geradezu industriemäßige Ausmaße
angenommen hatte, war auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der schwierigen
Kriegszeit. Eine Sonderstellung nehmen in diesem Kontext die wächsernen
Kleinplastiken ein, da sie Gustav Adolf in Rezeption des Heiligenkultes unter
Maximilian I. als 'gottselige Person' [32] abbilden und damit die
sanctificatio, die Anbetungswürdigkeit des Königs, besonders
deutlich werden lassen.
Die Präsentation
Gustav Adolfs als "Volkskönig" hatte in Deutschland eine bis dahin
ungeahnte Popularität eines Potentaten zur Folge, führte aber auch zu
einem respektlosen Umgang mit der Person des Königs in satirischen
Flugblättern [33], wo er als Zahnbrecher oder als Bader nur mit
Lendenschurz und Bastkappe bekleidet abgebildet
wird.
Obwohl diese Werke der Verunglimpfung der
Gegner Gustav Adolfs dienten, drohten sie dem Charisma und der Majestät des
Königs zu schaden.
Die kulthafte Verehrung
Gustav Adolfs erreichte mit dessen als "Märtyrertod" gedeuteten Sterben in
der Schlacht bei Lützen (6./16. Nov. 1632) zweifelsohne ihren Zenit. Das
Ableben des Königs wurde von schwedischer Seite auf allen Gebieten der
repraesentatio maiestatis "vermarktet", um die deutsche Bevölkerung
und die protestantischen Fürsten weiterhin der schwedischen Politik zu
verpflichten. [34]
Die Produktion der
monarchischen Münzen und Medaillen [35] läßt die
spezifischen Qualitäten der gustav-adolfinischen Kunstpolitik
kaleidoskopartig erkennen. Es wurde nach einer massenhaften Verbreitung dieser
Medien gestrebt, auch wenn dadurch nicht immer höchste
Qualitätsmaßstäbe bei der Produktion eingehalten werden konnten.
Während bei den Münzen ikonographisch sehr genau zwischen den
"Appellationsräumen", also zwischen den schwedischen Besitzungen und den
Besatzungen unterschieden wurde, ist bei der Vergabe der Medaillen präzise
auf die soziale Bedeutung der Rezipienten und deren Bildungsstand geachtet
worden, um den Forderungen nach zuteilender Gerechtigkeit und
Exempelpädagogik zu entsprechen.
Die
Darstellung des Königs wurde schablonenhaft von einem einfachen
Identifikationsschema definiert. Die Gestaltung der Reversa hingegen war sehr
variantenreich und diente - wie die gemalten Portraits oder die graphischen
Darstellungen - der mystischen Überhöhung, der Legitimation der
Kriegsführung, der Manifestation des ius belli,
etc.
Das Kriegsschiff "Wasa" ist sicherlich ein
besonders überzeugendes Beispiel für die Verbindung von "Nutzen" und
"Ästhetik" und zeigt mit seiner exempelpädagogischen Ikonographie, die
auf vergleichsweise wenige Topoi beschränkt ist, die ständig
wiederholt werden - allein über 50 Löwen-Darstellungen -, die
wesentlichen Prinzipien der monarchischen Kunstpolitik
auf. [36]
Die innovative Propaganda Gustav
Adolfs trug wesentlich zur Verwirklichung seiner politischen Ziele bei. Ohne
seine repraesentatio maiestatis, die erst ein Eingreifen in den
Dreißigjährigen Krieg ermöglichte und in Deutschland die breite
Masse des Volkes mit dem König solidarisierte, wäre der Aufstieg
Schwedens zur Großmacht nicht möglich gewesen. Dabei sollte nicht
außer acht gelassen werden, daß sich Gustav Adolf nicht an
persönlichen Vorlieben orientierte, sondern seine Repräsentation
einzig und allein dem propagandistischen Nutzen unterordnete. Beispielsweise war
ihm, der im Sinne der paulinischen Prädestinationslehre erzogen worden war,
die Volksmasse, die er als "vulgus" bezeichnete, suspekt - er schreibt über
den "Pöbel": "Denn in ihm ist kein Rat, keine Vernunft, kein
Unterscheidungsvermögen, keine Umsicht." [37] Er präsentierte
sich - trotz dieser massiven Vorbehalte - in Deutschland in der Rolle des
"Volkskönigs".
Welche Auswirkungen hatte nun
die gustav-adolfinische Kunstpolitik, für deren Verwirklichung der
König bis zur Selbstverleugnung bereit war, auf Deutschland und auf
Schweden?
Zuerst soll der Einfluß der
Kunstpolitik auf das deutsche Territorium zu Lebzeiten Gustav Adolfs im
Überblick betrachtet werden: Die ungeheure Popularität Gustav Adolfs
trug dazu bei, daß auch das Interesse an den Allianzpartnern und den
politischen Gegnern des Königs enorm anstieg. Nunmehr wurden auch sie in
Werken, die die breite Masse des Volkes erreichten, verbildlicht. So entstanden
beispielsweise zahlreiche Flugblätter über das Zusammenwirken von
Gustav Adolf, Johann Georg von Sachsen und Georg Wilhelm von Brandenburg. Van
Dyck nahm in seine berühmte "Iconographie" [38] den schwedischen
König, Tilly und Wallenstein auf - eine Kupferstichfolge, die insbesondere
in Deutschland sehr weit verbreitet wurde. Das durch Gustav Adolf hervorgerufene
Interesse an den zeitgenössischen Fürsten und Heerführern
motivierte das Entstehen zahlreicher Kupferstichserien und graphischer
Regentenalben in Deutschland und auf internationaler Ebene. [39] Diese
Portraitstiche fanden auch großen Absatz als
Einblattdrucke.
Die martialischen Erfolge Gustav
Adolfs stärkten das Selbstbewußtsein der Protestanten, die vor dessen
Eingreifen eine lange Reihe an militärischen Niederlagen im
Dreißigjährigen Krieg hatten hinnehmen müssen, enorm. Das neue
Selbstwertgefühl drückte sich in zahllosen satirischen
Flugblättern über die Katholiken und deren Politik aus. Diese
Flugblätter hatten eine wichtige "Katalysatorfunktion" in der von massiven
Auseinandersetzungen geprägten
Kriegszeit.
Die Vorliebe Gustav Adolfs für
die Flugblätter als Medium der Propaganda führte zu einer
Blütezeit dieser Werke - wie sie nur der Reformationszeit vergleichbar ist.
Vor dem Eingreifen Gustav Adolfs in den Krieg galt von fürstlicher Seite
aus eine allgemeine reservatio mentalis gegenüber den
Flugblättern als Mittel der Herrscherpropaganda. Der außerordentliche
Erfolg Gustav Adolfs ließ auch andere Regenten auf dieses Medium
zurückgreifen. Um nur zwei Beispiele zu nennen: In dem Flugblatt "Tugendt
vnd Laster Kampff" wird der Sieg in der Schlacht bei Breitenfeld aus der Sicht
der deutschen Fürsten gefeiert, während im Werk "Das Schwerdt des
HERRN" der sächsische Führungsanspruch im corpus bellicum mit
Schweden propagiert wird. [40]
Die
Popularität Gustav Adolfs war nicht nur für die kunsthandwerklichen
Produktionsstätten in Nürnberg oder Augsburg ein einträglicher
Wirtschaftsfaktor, sondern sie verhalf auch Kupferstechern wie Kilian, zu
internationalem Ruhm und Anerkennung. Mit dem sogenannten Kupferstich "Kilian
IV" (Abb. 4) [41] hat der Stecher das bei den Zeitgenossen beliebteste
Portrait des Königs in Deutschland
geschaffen.
Die "Bildflut", die durch Gustav Adolf
über Deutschland geradezu hereinbrach, zwang andere Potentaten, sich
stärker auf dem Gebiet der repraesentatio maiestatis zu engagieren.
Es ist augenfällig, daß nach 1630 wesentlich mehr Darstellungen
für die Ikonographie der zeitgenössischen Fürsten nachzuweisen
sind als vor dem Eingreifen Gustav Adolfs in den Krieg. [42] Da sich die
Exempelpädagogik und der militärische Pragmatismus in der
Präsentation des Königs als sehr wirkungsvoll bei der schwierigen
Rekrutierung der Soldateska erwiesen hatte, rezipierten auch anderer Regenten
den Typus des protector et patronus, vgl. z.B. die Darstellungen Johann
Georg von Sachsens oder Maximilians I.
Auch nach
dem Tod Gustav Adolfs bevorzugte man während des Dreißigjährigen
Krieges bei der Darstellung von Heerführern im allgemeinen - nach dem
Vorbild des Königs - eine schlichte Darstellung, die sich an der
martialischen Zweckmäßigkeit
orientierte.
Die repraesentatio maiestatis
Gustav Adolfs mit ihrem Streben nach Volksnähe in Deutschland
führte zu einer verbesserten politischen Volksbildung, denn den
schwedischen Propagandisten war es gelungen, auch komplizierte Topoi, wie z.B.
die Strukturen des ius belli, für die Allgemeinheit transparent zu
machen. Daraus resultierte für die gesamte Folgezeit des
Dreißigjährigen Krieges die Verpflichtung für die
kriegsführenden Parteien, die martialischen Ereignisse und Entwicklungen
für die breite Masse in der Bildpropaganda zu legitimieren und zu
dokumentieren. Betrachtet man beispielsweise das Verzeichnis
Snoilsky [43] über die Flugblätter in der Königlichen
Bibliothek zu Stockholm, so fällt die außerordentliche Vielzahl an
Werken für die Phase des "Schwedisch-Französischen Krieges"
(1635-1648) auf.
Der Personenkult um Gustav Adolf
hatte bei allem Erfolg einen eklatanten Nachteil verdeutlicht - nach dem Tod des
Königs befand sich die schwedische Propaganda in einem Vakuum und
mußte sich ideengeschichtlich vollkommen neu orientieren und sollte nie
mehr auch nur annähernd so wirkungsvoll werden, wie in der Phase des
"Schwedischen Krieges" (1630-1635). Man verzichtete daher für die folgenden
Jahre des Dreißigjährigen Krieges auf eine enge Verknüpfung der
Verherrlichung von Heerführern bzw. Fürsten und der Propagierung von
Ereignisgeschichte, um unabhängig von Personen ein Kontinuum in der
Kriegspropaganda zu gewährleisten.
Welchen
Einfluß hatte die gustav-adolfinische Propaganda und Kunstpolitik nun auf
das Heimatland des Königs?
Grundsätzlich kann man feststellen,
daß die von Gustav Adolf entwickelten kunstpolitischen Prinzipien für
die Großmacht Schweden nicht nur während der sogenannten
"Vormundschaftsregierung" (1634-1644) und der Regentschaft Christinas
(1644-1654), sondern sogar noch für das Zeitalter Karls XII. (1697-1718)
die Leitlinie bildeten. Erst durch Gustav Adolfs Kunstpolitik war für die
schwedische Noblesse eine systematische, bildliche Repräsentation und die
Organisation einer eigenen Hofkunst von Interesse geworden. [44]
Bezeichnenderweise wählte sich die nobilitas erudita dabei das Motto
Arte & Marte, "für Kunst und Krieg" [45], und vereinte
damit, in der Nachfolge Gustav Adolfs, Kunstpolitik und martialische Ambition.
Es war auch der Schwertadel, der die Großmacht Schweden nach außen
repräsentierte und innenpolitisch dominierte. Dies kann als Ergebnis der
Bemühungen Gustav Adolfs angesehen werden, Schweden in eine
"Militärmonarchie" [46] zu wandeln. Bei der Selbstdarstellung
bevorzugte der Schwertadel die von Gustav Adolf vorgegebene
martialisch-pragmatische Kunstauffassung - trotz einer verfeinerten Lebensart,
bedingt durch den zunehmenden französischen Einfluß, wie z.B. die
Feldherrenportraits von Hans Christoph von Königsmarck oder sogar von Karl
XII. dokumentieren, dessen Bildnisse, gemessen am internationalen Standard,
vollkommen anachronistisch waren.
Der Devise
"Nutzen vor Ästhetik" folgend, verzichteten Königshaus und Adel -
trotz ihres enormen finanziellen Potentials - darauf, die bedeutendsten
Künstler der Zeit zu beschäftigen. Zur Ausschmückung der
Paläste bediente man sich bevorzugt geraubter Kunstwerke, weil dies
wesentlich kostengünstiger war. Auch das Streben nach Quantitäten in
der Repräsentation übernahm man von Gustav Adolf, wie z.B. die
umfangreichen schablonenhaft gestalteten Serien von Offiziersportraits belegen,
die im Auftrag von Karl Gustav Wrangel für Schloß Skokloster
gefertigt wurden. [47]
Die von
Exempelpädagogik und Schlichtheit in der Tradition Gustav Adolfs
geprägte Kunstauffassung erschwerte den Umgang mit Allegorien, die für
Barockkunst sehr bezeichnend sind. Man versuchte deshalb Allegorien, sofern man
von ihnen überhaupt Gebrauch machte, einfach und pointiert zu gestalten.
Dies führte zu geradezu skurrilen Ergebnissen, wie z.B. Bourdons Titelblatt
für
Chemnitz'
Geschichtswerk belegt, wo der tote Gustav Adolf, auf einer Wolke schwebend, in
der Rolle des Herkules die Keule, als Sinnbild von Macht und Tugend, an
Christina reicht (Abb. 5).
Die Kunstpolitik Gustav
Adolfs hatte wesentlich zum Aufstieg Schwedens zur Großmacht beigetragen,
sie hatte aber auch zu einer deutlichen Machterweiterung des Königs
geführt. Aus der Sicht des schwedischen Adels sollte jedoch die
Machthemisphäre der Regenten deutlich eingeschränkt
werden. [48] "Gewarnt" durch die Kunstpolitik Gustav Adolfs, unterband
man deshalb den mythischen oder mystischen Personenkult um Christina oder die
karolingischen Könige weitgehend. Die Staatsportraits Christinas oder Karls
X. nehmen Bezug auf die Idee der nobilitas erudita und sind von einer
schlichten Majestätsauffassung gekennzeichnet, sie verzichten jedoch auf
eine sanctificatio oder deificatio der
Dargestellten.
Die gustav-adolfinische
Kunstpolitik, die sich durch ein innovatives Konzept der repraesentatio
maiestatis auszeichnete, trug nicht nur wesentlich zum Ruhm des Königs
bei und wirkte wegbereitend auf Schwedens Aufstieg zur europäischen
Großmacht, sondern sie beeinflußte auch nachhaltig die
Kunstauffassung und die adelige Repräsentation in Deutschland und in
Schweden.
In der heutigen Forschung begegnet man
der gustav-adolfinischen Kunstpolitik zumeist mit ausgeprägten Vorbehalten,
weil sie keine der sogenannten "großen Kunstwerke" der Zeit hervorgebracht
hat. Berücksichtigt man aber, welche Wirkung diese Form der Bildpropaganda
bei den Zeitgenossen erzielte und zu welchen politischen Erfolgen sie dem
König und den Schweden verhalf, so fragt es sich, ob diese Einstellung in
der Wissenschaft gerechtfertigt
ist.