DOKUMENTATION | Ausstellungen: 1648 - Krieg und Frieden in Europa |
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Textbände > Bd. I: Politik, Religion, Recht und Gesellschaft |
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KONRAD REPGEN
Die westfälischen Friedensverhandlungen. Überblick und Hauptprobleme |
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I. Entstehung, Zusammensetzung,
Verfahrensweise und Ziele des Kongresses
Der
westfälische Friedenskongreß sollte vier große
militärische Konflikte in Europa beenden: den Krieg zwischen Frankreich und
Spanien (seit 1629 bzw. 1635), denjenigen zwischen den nördlichen
Niederlanden und Spanien (seit 1568 bzw. 1621), zwischen Frankreich und dem
Kaiser mit einem Teil der Reichsstände (seit 1629 bzw. 1635) sowie den
Krieg zwischen dem Kaiser mit einem Teil der Reichsstände und Schweden
(seit 1630). Der politische Name dafür war "pax universalis",
"allgemeiner" Friede, auch (synonym) "pax generalis". Dieses Ziel ist
1648 nicht erreicht worden: Ein französisch-spanischer Friede kam nicht
zustande. Wohl aber wurde in Münster am 30. Januar 1648 ein Friede zwischen
Spanien und den Niederlanden unterzeichnet, der den Achtzigjährigen Krieg
beendete [1], und am 24. Oktober 1648 folgte die Unterzeichnung jener
zwei Verträge zwischen dem Kaiser und Schweden [2] und zwischen dem
Kaiser und Frankreich [3], welche dem Dreißigjährigen Krieg
ein Ende setzten und die wir den "Westfälischen Frieden" nennen. Daß
wenigstens diese drei Abschlüsse gelungen sind, hat ein kluger Beobachter
als ein wahres "Weltwunder" bezeichnet. [4] Tatsächlich gab es in
der europäischen Geschichte für ein so verwickeltes Geschehen wie den
westfälischen Friedenskongreß kein historisches Vorbild. Die
besondere Komplexität der Ereignisse von 1648 erklärt sich aus der
Entstehungsgeschichte dieser Diplomatenversammlung.
***
Im Zeitalter des Dreißigjährigen Kriegs
unterbrachen militärische Operationen nur selten die ständige
politische Kontaktsuche nahezu aller Kriegsparteien untereinander. Dies war ein
Gebot der Moral ebenso wie der Staatsräson. Denn ein Zustand des Friedens
als Grundnorm des zwischenstaatlichen Verhältnisses der christlichen
Mächte Europas untereinander wurde auch im Zeitalter der
Konfessionalisierung generell nicht in Frage gestellt. Unabhängig von
diesem prinzipiellen christlichen Friedensgebot lag es im wohlverstandenen
politischen Interesse nahezu jeder militärischen Konfliktpartei, den
Gesprächsfaden mit dem (oder den) Gegner(n) nie abreißen zu lassen,
um bei den Unwägbarkeiten zukünftiger Erfolge und Mißerfolge auf
den Schlachtfeldern für alle Fälle vorbereitet zu sein. Jeder zeigte
sich grundsätzlich friedensbereit - falls auf seine Bedingungen eingegangen
würde. Und dies ständig auszuloten, erforderte unentwegt bilaterale
oder über Dritte vermittelte Fühlungnahme zwischen den
kriegführenden Mächten. So war es auch im Dreißigjährigen
Krieg. Unterhändler aller fünf Großmächte in Osnabrück
(Schweden und der Kaiser) und in Münster (Frankreich, Nord-Niederlande,
Spanien und der Kaiser) führten schon lange miteinander politische
Friedenssondierungen, ehe sie in Westfalen die substantiellen Verhandlungen
aufnahmen: Frankreich und Schweden mit dem Kaiser am 11. Juni 1645, Spanien mit
Frankreich am 21. März 1646, die Niederlande mit Spanien am 13. Mai 1646.
So hatten Spanien und die Generalstaaten bereits
seit 1628 mehrfach die Möglichkeiten und Bedingungen einer Beilegung ihres
überlangen Krieges bilateral erörtert. Ebenso verhielt es sich mit den
Verhandlungen und Kontakten des Kaisers zu Frankreich seit 1630. Nicht anders
hatte der Kaiser mit Schweden nach dem Prager Frieden von 1635 (der zwar die
meisten der Reichsstände, aber einige wenige gar nicht, erfaßt und
andere unzufrieden zurückgelassen hatte) teils durch Dritte, teils direkt
verhandeln lassen. Vor allem gab es zwischen Paris und Madrid vor und nach der
französischen Kriegserklärung an Habsburg von 1635 eine Reihe
bilateraler Versuche einer Verständigung durch Geheimdiplomatie, die der
politischen Öffentlichkeit weitestgehend verborgen blieben und erst von der
neueren Geschichtswissenschaft mühsam rekonstruiert worden sind. Daneben
war seit 1634 öffentlich ein allgemeiner, großer
Friedenskongreß im Gespräch. Das Kennwort hieß, wie
erwähnt, pax universalis.
Die
Konzeption eines derartigen Kongresses stammte von Papst Urban VIII. (reg.
1623-1644). Dieser Papst verstand, wie viele seiner Vorgänger seit dem 15.
Jahrhundert, seine Aufgabe in der abendländischen Staatenfamilie nicht als
Herrscher, sondern als padre commune, als Vater für alle. Aus dieser
Rolle ergab sich unter den Bedingungen des konfessionellen Zeitalters die
besondere moralische Verpflichtung, die Konflikte zwischen den katholischen
Dynastien beizulegen, allen voran zwischen den beiden habsburgischen Linien und
Bourbon. Ihnen bot Rom sich seit 1634 als Vermittler (nicht: als Schiedsrichter)
an. Das konnten im Prinzip weder Madrid noch Wien noch Paris ablehnen; denn die
besondere Verpflichtung des päpstlichen Amtes, auf Frieden unter diesen
Großmächten hinzuwirken, war als ein Element aller Außenpolitik
für Europa eine
Selbstverständlichkeit.
Kardinal Richelieu
(1585-1642) jedoch, seit 1624 Premierminister Frankreichs, wollte um keinen
Preis auf einem Friedenskongreß den beiden Linien des Hauses Habsburg ohne
Einbeziehung all seiner Verbündeten entgegentreten. Diese Maxime hat er
eisern verteidigt, auch gegenüber dem Papst, selbst wenn ihn dies unter
erheblichen Legitimationsdruck setzte. Denn seine wichtigsten Alliierten waren
protestantische Mächte, allen voran Schweden (seit 1631) und die
niederländischen Generalstaaten (seit 1624/35), daneben (seit 1635/36)
Bernhard von Weimar und Hessen-Kassel. [5] Diese lehnten eine
päpstliche Vermittlung ebenso ab, wie auch der Papst nicht amtlich für
Gespräche mit häretischen Mächten zur Verfügung stehen
wollte. Es mußte daher für deren Teilnahme am Kongreß ein
Ausweg gefunden werden. Er bestand darin, die Mediation zwischen den
katholischen und den protestantischen Staaten einer anderen neutralen Macht zu
übertragen. Dies war Venedig.
Nunmehr
hätte im Herbst 1636 in Köln der congresso per la pace
universale seine Arbeiten aufnehmen sollen: Ein päpstlicher
Kardinallegat mit großem Gefolge reiste an; und bald erschienen
kaiserliche und spanische Delegationen. Aber dieser "Kölner Kongreß"
ist nie eröffnet worden, weil Richelieu mit immer neuen Begründungen
das tatsächliche Erscheinen der französischen Unterhändler
hinausschob. Den Vorwand dafür boten die Pässe, derer die Diplomaten
zur Anreise angeblich oder tatsächlich bedurften. Die Frage war eine
doppelte:
- wer sollte in den Besitz eines
Geleitbriefes kommen, und
- wie sollte in diesem
Schriftstück die Funktion des Paß-Inhabers auf dem künftigen
Kongreß amtlich bezeichnet werden?
Politisch bedeutete dies, daß mit der
Ausfertigung und Annahme der von den Monarchen persönlich zu
unterzeichnenden Reisedokumente ein wichtiger Teil der künftigen
Friedensverträge bereits vorentschieden wäre. Deshalb wurde das
Pässe-Problem über Jahre hinaus ein europäisches Politikum ersten
Ranges; und deshalb kam der Kölner Kongreß, neben dem sich - für
kaiserlich-schwedische Verhandlungen - 1638 ein Kongreß in
Lübeck/Hamburg etabliert hatte, nie in Gang. Man feilschte um die Begriffe
in den Geleitbriefen.
Bei diesem Streit ging es
nur vordergründig um Worte und Papiere. Dahinter standen klare politische
Ziele; der Kampf um die Pässe war Kriegszielpolitik. Die wechselnden
Forderungen und Konzessionen entsprachen daher den Wechselszenen des
Kriegstheaters, auf dessen deutschem Sektor seit 1638 Schweden und danach
Frankreich deutlich an Boden gewonnen hatten. Hingegen stellten im Jahre 1640
zunächst der katalanische Aufstand und schließlich der Abfall
Portugals, das seinen riesigen Kolonialbesitz seit 1580 in das kastilische
Imperium eingebracht hatte, die spanische Monarchie für ihre künftige
Ressourcenbeschaffung vor schwer lösbare
Probleme.
Dies ist der politische Hintergrund der
Hamburger Präliminarverträge vom 25. Dezember 1641, welche den
organisatorischen Rahmen für den westfälischen Friedenskongreß
abstecken sollten. Der Kaiser, zugleich für Spanien handelnd, vereinbarte
dort unter dänischer Vermittlung mit Frankreich und Schweden
dreierlei:
1. Wer von wem und für welche
Funktion innerhalb des künftigen oder laufenden Kongresses einen Paß
bekommen sollte, wobei eine Sonderklausel den reichsständischen Gegnern des
Kaisers die Teilnahme eröffnete;
2. daß
die getrennten Kongresse von Köln und Lübeck/Hamburg als ein einziger
Friedenskongreß [6] gelten sollten und daß dieser zur
Erleichterung der Geschäfte in die Nachbarstädte Münster und
Osnabrück verlegt werden sollte, unter gleichzeitiger Neutralisierung
dieser beiden Orte bis zum
Friedensschluß.
Diese Verlegung und
Zusammenlegung hatte Frankreich bereits im Sommer 1641 bei der Verlängerung
seiner Kriegsallianz mit Schweden vertraglich vereinbart. [7] Es war ein
großer Erfolg der französischen Diplomatie. Sie hatte auf diese Weise
ihre verbündeten Großmächte, Schweden und die Generalstaaten, in
die eigenen Friedensverhandlungen institutionell einbezogen. Wie sich jedoch
gezeigt hat, bot dies keine hinreichende Garantie gegen
Separatfrieden.
3. wurde ein präziser Termin
für den Beginn des Kongresses vereinbart: sofort nach der Ratifikation am
25. März 1642. Diese ist jedoch erst am 3. April 1643 erfolgt. Nunmehr
sollte der 11. Juli 1643 Kongreßbeginn
werden.
Dagegen wurde in Hamburg kein
Waffenstillstand für die Dauer der Friedensverhandlungen vereinbart. Ein
solches Übereinkommen ist im Verlauf des Kongresses zwar mehrfach
angestrebt worden, aber nie gelungen. Erst die Unterzeichnung der
Friedensverträge hat die militärischen Operationen
beendet. [8] Alle Vertragsklauseln wurden vereinbart, während der
Krieg weiterging.
***
Heute versteht man unter "Kongreß"
Zusammenkünfte mit Plenarversammlungen aller Beteiligten, in der Regel zu
Beginn und zum Abschluß. Eine derartige "Vollversammlung" hat es weder in
Osnabrück noch in Münster jemals gegeben. Auch deshalb läßt
sich die Frage nach dem "Beginn" und dem "Ende" des westfälischen
Friedenskongresses nicht einfach durch Angabe zweier konkreter Daten
beantworten. Der "Kongreß" begann vielmehr via facti, durch die
sukzessive Anreise der Gesandten in den Jahren 1643 bis 1646, und auf eine
ähnlich unspektakuläre Weise endete er durch die Abreise der
Unterhändler zwischen 1647 und 1649. Die höchste Zahl anwesender
Diplomaten gab es wohl in der Zeit von Januar 1646 bis Juli 1647. [9]
Insgesamt haben 109 Delegationen am westfälischen Friedenskongreß
teilgenommen und mit-, neben- und gegeneinander verhandelt. [10] Durch
sie wurden 16 europäische Staaten repräsentiert. Außerdem waren
66 Gesandte für Reichsstände und 27 andere Interessenvertreter aus dem
Reichsgebiet in Münster und/oder Osnabrück anwesend. Sie führten
oft zusätzlich die Stimme anderer Reichsstände, welche sich die
Unkosten einer eigenen Vertretung sparten, oder sie kümmerten sich als
Beauftragte um die Belange anderer Interessierter. Dadurch waren insgesamt 140
Reichsstände und 38 andere Parteien durch eigene oder fremde Gesandte beim
Kongreß vertreten.
Diese breite
reichsständische Vertretung ging weit über die Hamburger
Vereinbarungen von 1641 hinaus. Indem sich neben den
Großmächte-Vertretungen ein Quasi-Reichstag etablierte,
veränderten sich Rahmen und Ziel des Friedenskongresses natürlich
sehr. Der "Universalfriedens-Kongreß" behielt das Ziel, die Kriege
zwischen den Großmächten zu beenden, bei, übernahm aber
zusätzlich die Aufgabe, die Verfassung des Reiches zu novellieren. Dies war
das Ergebnis des massiven politischen Drucks, den die Siegermächte Schweden
und Frankreich in den Jahren 1644/45 auf den hartnäckig und lange
widerstrebenden Kaiser ausgeübt hatten, der nach einer katastrophalen
Niederlage durch schwedische Truppen bei Jankau in Böhmen (6./7. März
1645) schrittweise nachgegeben hatte. Schließlich sah er sich angesichts
seiner desolaten militärischen Lage gezwungen, am 29. August 1645 alle
Reichsstände zum Friedenskongreß zu laden und insofern auf das
völkerrechtliche Alleinvertretungsrecht für das Reich zu verzichten.
Nicht alle, aber viele kamen. So verwandelte sich die einigermaßen
überschaubare Diplomatenkonferenz der fünf Großmächte (mit
ihren Verbündeten und Anhängern) in einen Mammutkongreß. Dessen
bunte Zusammensetzung erinnert an eine heutige Vollversammlung der Vereinten
Nationen, wo neben einem Zwergstaat wie Mauritius die Super-Weltmacht USA sitzt.
Und es ging nicht mehr allein um europäische Mächtepolitik, sondern
auch um möglichst dauerhafte Lösungen für hochkomplizierte
Streitfragen der Reichsverfassung. Diese Heterogenität hatte Contarini vor
Augen, als er von einem "Weltwunder" sprach.
Die
(wie man damals sagte) "Invitation" der Reichsstände zu einer
reichstagsähnlichen Beteiligung an den Verhandlungen in Münster und
Osnabrück war das erste wichtige politische Ergebnis der westfälischen
Friedensverhandlungen. Zwar steht kein Wort davon in den zeitgeschichtlichen
Passagen der Präambel der Verträge mit dem Kaiser. Diese nehmen allein
auf die Hamburger Abkommen von 1641 als vertragsrechtlichen Rahmen des
Friedenskongresses ausdrücklich Bezug. Dennoch: Die Einbeziehung der
Reichsstände in die Traktate war ein Schritt von großer Tragweite.
Bisher war der Kaiser zusammen mit den Kurfürsten für die
Außenpolitik des Reiches zuständig gewesen, er allein hatte
Friedensverhandlungen geführt und Friedensverträge unterschrieben. Die
"Admission" aller Reichsstände zum Friedenskongreß bedeutete, sie
faktisch am Recht der Entscheidung über Krieg und Frieden des Reichs zu
beteiligen, jedenfalls für den Westfälischen Frieden. Deshalb nahmen
sie auch an der Unterzeichnung der Vertragsurkunden vom 24. Oktober 1648 teil,
obgleich ihre Präsenz in Westfalen für die machtpolitischen
Auseinandersetzungen der Großmächte "eigentlich nur schmückendes
Beiwerk" war. [11]
II. Die
Verhandlungsformen der Großmächte
Nur
ein Teil der Großmächte-Verhandlungen entsprach dem
Verhandlungstypus, den die Hamburger Präliminarien vorgesehen hatten. Nach
diesem Modell hätte alles stets über Mediatoren laufen müssen,
nach dem Schema: Partei A teilt dem Vermittler - mündlich oder schriftlich,
gegebenenfalls mit unterschiedlichem Verbindlichkeitsgrad - eine Stellungnahme
zum Problem X mit, und Partei B beantwortet dies zur Weitergabe an A in der
gleichen Weise usw. Die Kontrahenten treten sich also nie direkt gegenüber,
auch nicht unter Vorsitz des Vermittlers, sondern verkehren untereinander
ausschließlich auf dem indirekten Weg über den Mediator. Es wird im
Dreieck verhandelt.
So war es 1641 vorgesehen. In
Osnabrück jedoch konnte der Vermittler, Dänemark, nie die
Verhandlungen eröffnen. Denn Schweden begann, ehe seine Delegation am
Kongreßort vollständig beisammen war [12], im Dezember 1643
Krieg gegen den Dänenkönig Christian IV. (1588/96-1648). Damit war
dessen Mediation der Boden entzogen. Eine dänische Vermittlung ist auch
nach dem Friedensschluß der beiden nordischen Mächte (am 23. August
1645) nicht wieder aufgelebt. Schweden nämlich hielt prinzipiell
überhaupt nichts von Friedensvermittlung, sondern bevorzugte direkte
Verhandlungen mit den Kaiserlichen und den Reichsständen. Auch die
spanisch-niederländischen Verhandlungen in Münster sind ohne
Vermittler geführt worden. Beide Seiten wußten, was sie wollten, und
weder Spanien noch die Generalstaaten wünschten die Zwischenschaltung eines
Dritten, um die noch offenen Streitfragen oder veränderte Friedensziele zu
klären. Sie kamen auch am schnellsten zum angestrebten
Verhandlungsziel. [13]
Anders Frankreich.
Seine Verhandlungen mit dem Kaiser vollzogen sich allein über die beiden
Mediatoren, Nuntius Chigi [14] und Botschafter Contarini, ebenfalls
diejenigen mit Spanien. Zwischen Herbstbeginn 1646 und Frühjahr 1647, und
erneut von Ende 1647 bis Sommer 1648, haben sich zusätzlich noch die
Generalstaaten als Interpositoren in die französisch-spanischen Traktate
eingeschaltet. Man verhandelte jetzt nicht mehr nur im Dreieck, sondern im
Viereck.
Infolge dieser Verfahrensweise haben die
französische und die spanische Delegation nie, die französische und
die kaiserliche nur dreimal gemeinsam am Verhandlungstisch
gesessen [15], obgleich sie sich fünf Jahre lang gleichzeitig in
Münster aufgehalten haben. Es gab zwar, nicht oft und nicht
regelmäßig, direkte Kontakte zwischen Spitzenpolitikern der drei
Delegationen. [16] Sie mochten wichtige Aufschlüsse erbringen und
bedeuteten gewiß keine Zeitvergeudung. Aber sie waren vertragsrechtlich
gesehen Privatangelegenheiten. Sie wurden daher in den Akten terminologisch
durch den diplomatiesprachlichen Begriff discursus deutlich vom formalen
(und "amtlichen") congressus abgehoben.
Die
1641 vereinbarte Einheit der Kongreßverhandlungen, an denen Frankreich ein
so vitales Interesse hatte, war um so weniger durch die tatsächliche
Arbeitsweise des Friedenskongresses gesichert, als die fünf
Großmächte von ganz unterschiedlichen Interessen- und Rechtslagen
ausgingen. Schweden führte Krieg nicht mit Spanien, sondern allein mit dem
Kaiser und Teilen des Reichs, und es hatte bei den Reichsverfassungsfragen
ständig Rücksicht auf seine protestantische Klientel der
Reichsstände zu nehmen. Im Gleichschritt mit den Schweden zu bleiben und
deren Konfessionspolitik zu tolerieren, verlangte vom katholischen Frankreich
ständige, oft schwierige Anstrengungen, die zuweilen an die Grenze des
Erträglichen führten, aber schließlich 1648 die gleichzeitige
Unterschrift unter den Münsteraner und Osnabrücker Frieden
ermöglicht haben. Mit den Generalstaaten gelang das nicht. Sie ließen
sich von ihrem Bündnispartner Frankreich in ihren Grund- und
Detailentscheidungen je länger, desto weniger zu einer aufeinander
abgestimmten Kongreßpolitik bewegen. Im übrigen führten sie mit
dem Kaiser und dem Reich formell überhaupt nicht Krieg, bedurften also in
dieser Hinsicht auch keines Friedensschlusses. Daher sind sie auch nicht 1648
aus dem Reichsverband ausgeschieden, wie noch oft zu lesen ist. Der
Westfälische Friede enthält über die staatsrechtliche Stellung
der Niederlande zum Reich kein
Wort. [17]
Da auch Spanien keinen Krieg
mit Schweden führte, war es an den Osnabrücker Verhandlungen
unbeteiligt. Es hat andererseits, im September/Oktober 1648, nicht verhindern
können, daß Wien sich mit der Unterzeichnung des Münsteraner
Friedens spektakulär von der älteren habsburgischen Linie trennte und
dadurch eines der wichtigsten französischen Kriegsziele erfüllte.
Diese Separation hatte sich zwar seit 1645 als Möglichkeit abgezeichnet,
war damit aber noch keineswegs entschieden. Offensichtlich sind weder Madrid
noch Wien bestrebt gewesen, mit allen verfügbaren Kräften eine
wirklich gemeinsame Kongreßpolitik gegenüber Frankreich zu
vereinbaren und dauerhaft durchzuhalten. Es gab daher beim westfälischen
Friedenskongreß keine einheitliche Kriegszielpolitik des Gesamthauses
Habsburg. Die Option des Kaisers für den Münsteraner Frieden, der ihm
als Oberhaupt des Reiches wie auch als Erzherzog von Österreich jede
künftige militärische Hilfe für die Madrider Vettern
verbot [18], wurde schließlich unausweichlich, weil die
Reichsstände sonst ohne den Kaiser zu unterschreiben drohten, und er damit
auch die Kaiserkrone aufs Spiel gesetzt hätte.
Hingegen hat Spanien den Krieg mit Frankreich
über 1648 hinaus weitergeführt. Beide Mächte hatten 1648 zwar den
nahezu vollständigen Text eines Friedensvertrags vereinbart. Es fehlten
schließlich nur noch Klauseln über die Befestigung der lothringischen
Hauptstadt Nancy und über die präzise Abgrenzung der spanischen
Abtretungen an Frankreichs Nordost-, Südost- und Südgrenze - Punkte
von zweit- und drittrangiger politischer Bedeutung. Aber als allein sie 1648
noch übrig waren, wollte keine der beiden Seiten auch nur einen Zoll breit
weiter nachgeben. Warum? Frankreich fühlte sich, trotz der heranziehenden
Fronde, stark genug, über Spanien noch Herr zu werden. Das ist
tatsächlich 1659 gelungen. Aber auch die spanische Entscheidung vom Jahre
1648, den Krieg gegen Frankreich fortzusetzen, war kein irrationaler Akt der
Verblendung. Galt Spanien nicht immer noch als die mächtigste Monarchie
Europas? Dieses riesige Imperium mit seinen großen europäischen und
überseeischen Ressourcen schien im Sommer 1648 aktuell weniger bedroht als
die französische Monarchie mit einem Kind als König [19], mit
einem Staatsbankrott (am 18. Juli 1648) und mit Barrikaden in der Hauptstadt
Paris vom 26. bis 28. August 1648, die der Fronde
vorausgingen.
Daß 1648 in Münster der
Friedensschluß zwischen den beiden katholischen Kronen, Frankreich und
Spanien, verfehlt worden ist, war für die europäische Staatenwelt eine
Sache von allergrößter Bedeutung. 1648 brachte nur für das Alte
Reich eine gewisse pax generalis, nicht aber für das gesamte Alte
Europa. [20] Daran hat Contarini bei der offiziellen Gratulationscour
des 24. Oktober 1648 die Franzosen unmißverständlich
erinnert. [21] Die drei westfälischen Friedensschlüsse von
1648 eröffneten daher keine Periode gesicherten Friedens für die
gesamte Christenheit. [22] Das Kriegführen außerhalb
Deutschlands ging weiter. Im Osten, im Norden, im Süden und im Westen
Europas stand in den fünfziger Jahren die Staatenwelt immer noch oder
erneut in Flammen.
In dieser brodelnden Welt
wurde und blieb das Alte Reich, wenigstens zunächst und nicht ohne
Ausnahmen [23], eine Insel relativer Ruhe. Nach 1648 war das politische
Gemeinwesen "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" zu einer offensiven
Machtpolitik strukturell und aktuell außerstande. Es löste sich im
Westfälischen Frieden jedoch nicht in zahllose, gänzlich voneinander
unabhängige größere, mittlere, kleinere und kleinste
reichsunmittelbare Gewalten und Gemeinwesen auf [24], sondern blieb nach
innen bis zur Zeit Friedrichs des Großen (reg. 1740-1786) ein mehr oder
minder funktionierender Rechts- und Friedensverband. Hingegen versagte es als
Verteidigungsverband bei der Aufgabe, das Reichsgebiet vor der aggressiven
Außenpolitik Ludwigs XIV. zu schützen. Es wäre jedoch
kurzschlüssig, dieses spätere Versagen allein und unvermeidlich auf
die Verfassungsregelungen des Westfälischen Friedens
zurückzuführen. Die Geschichte der Reichsverteidigung nach 1648
verlief nicht auf einer
Einbahnstraße.
III. Die Novellierung der
Reichsverfassung
Die Einbeziehung der
Reichsstände in die Friedensverhandlungen erschwerte und verlangsamte die
Willensbildung und Entscheidungsfindung des Friedenskongresses ganz erheblich.
Denn ein Reichstag war eine komplizierte Institution mit umständlichen
Verfahrensweisen. Er setzte sich aus drei ständisch unterschiedenen
Kollegien zusammen: An der Spitze der reichsständischen Hierarchie stand
der Rat der sieben [25] Kurfürsten, gefolgt von der Kurie der
(insgesamt rund 70) geistlichen und weltlichen Fürsten, zu denen auch die
reichsfreien Prälaten, Grafen und Herren gehörten, die keine
Einzelstimme besaßen, und schließlich, als der dritten Kurie, den
Reichsstädten, über 60 an der Zahl, von denen 39 den
Westfälischen Frieden unterschrieben haben. Mit Rücksicht auf Schweden
etablierte sich der Fürstenrat nach schwierigen Debatten im Sommer 1645
sowohl in Münster wie in Osnabrück. Beide Teile sollten getrennt
verhandeln und gemeinsam votieren, während der Städterat de facto ein
Osnabrücker Gremium war und im Kurfürstenrat meist in
Münster [26] verhandelt wurde. Im übrigen bedurfte ein
formelles "Reichsbedenken" [27] eines übereinstimmenden Votums
wenigstens des Kurfürsten- und des Fürstenrats. [28] In den
religionsrechtlichen Fragen aber kam es weniger auf die drei Reichstagskollegien
an, sondern auf die quer über sie hinweg entstandenen konfessionellen
Gruppierungen, das Corpus Evangelicorum (Haupttagungsort wurde
Osnabrück) und das Corpus Catholicorum (Haupttagungsort wurde
Münster). Beide existierten nicht verfassungsrechtlich-formell, sondern de
facto und waren schon vor 1555 Usus geworden. Die 140 Reichsstände, die
beim Westfälischen Frieden vertreten waren, verteilten sich also auf sechs
verschiedene Institutionen, auf vier ständische und zwei konfessionelle. In
jedem dieser Kollegialgremien fiel die Meinungsführerschaft versierten
Juristen zu; denn Reichs- war wie Konfessionspolitik fast immer angewandtes
Ius Publicum und/oder Ius Ecclesiasticum, war Kampf ums Recht.
Deshalb hatten Verfahrensfragen ein besonderes Gewicht, auch bei
Verfassungsberatungen.
Die novellierte
Reichsverfassung von 1648 regelte unterschiedliche Materien: zum einen, als
Zentralstück, das Reichs-Religionsrecht, zum andern ging es um die
Verkehrs- und Handelsfreiheit, um das Zollwesen, um allgemeines Schuldrecht und,
nicht zuletzt, um eine unvollständige Aufzählung wichtiger innen- und
außenpolitischer Kompetenzen der Reichsstände.
***
Für die Akteure von Osnabrück und
Münster standen seit der "Admission der Reichsstände" die allgemeinen
politischen Rechte der Territorialherren, die iura statuum, nicht mehr im
Mittelpunkt des Streits. Diese Verfassungsbestimmungen fanden zwar schon zwanzig
Jahre später spöttische Kritik [29] eines später
berühmten Juristen. Sie sind aber erst vom 19. und 20. Jahrhundert, die den
Maßstab des anstaltlich organisierten nationalen Machtstaats für das
einzig richtige historische Bewertungskriterium hielten, als das nachgerade
Eigentliche (und Verdammenswerte) des Westfälischen Friedens interpretiert
worden. Im damaligen Verlauf der Friedensverhandlungen haben sie keine
große Rolle gespielt, waren jedenfalls in dem, was schließlich
Vertragstext wurde [30], wenig strittig. Sie waren auf Wunsch
Hessen-Kassels in die Propositionen der Kronen (Schweden und Frankreich) vom 11.
Juni 1645 gelangt und wurden vom Kaiser am 25. September 1645 in seinen
Responsionen weitestgehend akzeptiert [31], auch das ständische
Mitwirkungsrecht bei Friedensschlüssen. [32] Die Reichskollegien
bejahten in ständisch getrennten Gutachten vom 27./28. April 1646 zum
Gesamtinhalt der künftigen Friedensverträge die meisten der
kaiserlichen Verfassungsvorstellungen ohne Änderungswünsche.
Über die politischen Grundrechte der
Territorien war man sich also seit Sommer 1645 ziemlich einig, auch hinsichtlich
des Bündnisrechtes mit fremden Staaten. [33] Dieses entsprach dem
Reichsherkommen und war - entgegen einer verbreiteten Meinung - vom Prager
Frieden (1635) keineswegs verboten worden. [34] Da außerdem die
ständischen Mitwirkungskompetenzen in der Reichspolitik 1648 zwar abstrakt
normiert worden waren, aber eine "Geschäftsordnung" für die
Realisierung dieser Mitwirkungsrechte fehlte, blieb mancherlei
Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft noch offen. Und weil über
die Reservatrechte des Kaisers im Westfälischen Frieden überhaupt
nichts stand, war in dieser Hinsicht die Wiener Politik nicht auf Dauer
gefesselt. Sogar ein Verbot, bereits zu Lebzeiten eines Kaisers dessen
Nachfolger zu wählen [35], kam nicht zustande, obwohl Frankreich
daran ein besonderes Interesse hatte. Diese Praxis, welche die ständige
Sukzession des Hauses Habsburg im Kaisertum vom 15. bis zum Ende des 18.
Jahrhunderts - von einer Ausnahme abgesehen - ermöglicht hat, fand bei den
Kurfürsten und geistlichen Fürsten nachhaltig Unterstützung und
bei den weltlichen Reichsfürsten wenig Kritik. Eine Neuregelung wurde auf
einen künftigen Reichstag und damit ad kalendas graecas verschoben.
Sie ist nie erfolgt. [36]
Die
Reichsstände in ihrer Gesamtheit, das also ist festzuhalten, waren beim
westfälischen Friedenskongreß nicht grundsätzlich
kaiserfeindlich. Erst seit dem Frühjahr 1648 haben sie wegen der aktuellen
politisch-militärischen Schwäche des Kaisers ihr neues Gewicht
kongreßpolitisch voll ausgespielt und das Reichsoberhaupt so an die Wand
gedrängt, daß es sich von Spanien trennen mußte - vorher nicht.
1646 und 1647 waren sie in mancher Hinsicht eher eine gewisse Stütze der
kaiserlichen Kongreßpolitik gewesen.
***
Im dornigsten aller Punkte, dem Reichs-Religionsrecht,
erfolgte die Willensbildung in einem fließenden Viereck zwischen zwei
Großmächten, Schweden und Kaiser, und den beiden
reichsständischen Konfessionsgremien, dem Corpus Evangelicorum und
dem Corpus Catholicorum. Es waren also vier sehr ungleiche Kräfte,
die im Frühjahr 1648 in Osnabrück den Abschluß über das
Reichs-Religionsrecht erreichten. Diese Vereinbarung haben die Kaiserlichen mit
den Schweden und den protestantischen Reichsständen unter Zustimmung der
politisch mächtigeren (und gegen den Widerspruch der politisch weniger
mächtigen oder ohnmächtigen) katholischen Reichsstände
ausgehandelt. [37] Mit dieser reichsständischen
Mehrheitsentscheidung wurden für alle Zukunft religionsrechtliche
Mehrheitsentscheidungen der Reichsstände ausgeschlossen. [38]
Wesentliches Grundprinzip war vielmehr die völlige
Gleichstellung [39] der verfassungsmäßig anerkannten drei
Großkirchen der Katholiken, der Lutheraner und der Reformierten, über
deren jeweiligen Besitzstand nach dem Stichtag eines "Normaljahrs" (1. Januar
1624) entschieden worden war.
Das
Reichs-Religionsrecht von 1648 war der Sache nach eine Novelle des Augsburger
Religionsfriedens von 1555 und, wie fast alles im Westfälischen Frieden,
ein Kompromiß, und zwar der am meisten umstrittene und schwierigste. Er
bestätigte Hauptpunkte des im späteren 16. Jahrhundert von
lutherischen Juristen entfalteten staatskirchenrechtlichen Programms, doch
widersprachen seine Prinzipien und Konsequenzen sehr dem grundsätzlichen
Glaubens- und Rechtsverständnis auch der evangelischen Seite. Denn
daß der Stichtag eines "Normaljahrs" über den Konfessionsstand eines
Territoriums entscheiden müsse, war mit keiner protestantischen Theologie
zu begründen, höchstens als Notrecht akzeptabel, als unvermeidliches
Übel. Weitaus größere Abstriche an ihrem Staatskirchenrecht
mußten hingegen der Kaiser und die zustimmenden katholischen
Reichsstände machen; nur politisch, mit dem Zwang der Umstände, war
das bi- und trikonfessionelle Reichskirchenrecht von 1648 legitimierbar. So
stand die Umwandlung großer Teile des nordwestdeutschen Reichskirchengutes
in weltlich-protestantische Herzog- und Fürstentümer völlig quer
zu den Grundnormen des weltweit gültigen Corpus Iuris Canonici. Die
zustimmenden katholischen Fürsten standen daher unter erheblichem
Erklärungsdruck. Sie haben ihr Ja deshalb durch erstklassige Federn in
gelehrten Abhandlungen gegen andere Traktate, welche derartige Konzessionen
strikt verwarfen, vertreten lassen. Es ging dabei nicht um Kleinigkeiten,
sondern um die schwere Gewissensfrage, ob das Religionsrecht des
Westfälischen Friedens überhaupt kirchlich tolerabel sei oder nicht.
Der Nuntius hat immerzu Nein gesagt, und der Papst hat dieses Nein, als 1650
alles vorbei war, feierlich bekräftigt.
Die
schwierige dogmatische, moraltheologische und kirchenrechtliche Frage, ob man
überhaupt zu diesen Bedingungen Frieden schließen dürfe, wurde
also nicht allein in den Ratsstuben der Residenzen und Reichsstädte
erörtert, sondern auch öffentlich von denen diskutiert, die Zugang zur
gelehrten Welt hatten; und das waren viele in Deutschland. Die Entscheidungen
aber sind in den Regierungskollegien der Fürstenhöfe getroffen und von
den Diplomaten in Westfalen ausgeführt worden. Dabei hat man sich
allenthalben fachtheologischen Beistands versichert, zumal sich für nahezu
jede Option gute Gründe nennen ließen, deren Stringenz wesentlich
davon abhing, ob und in welchem Umfange man die politisch-militärische
Unausweichlichkeit des jeweiligen Kompromisses für gegeben erachtete oder
nicht. Das aber war ein Problem, dem allein mit der Perspektive und dem
Begriffsarsenal eines Theologen und eines Juristen nicht beizukommen war.
Die Verhandlungen über das künftige
Religionsrecht des Reiches haben fast drei Jahre gedauert. Sie begannen mit den
Propositionen der beiden Kronen an die Kaiserlichen vom 11. Juni
1645 [40] und endeten am 7./18./24. März und 21. April 1648. In
diesem Zeitraum sind rund drei Dutzend, oft sehr ausführliche
Schriftsätze vorgelegt und zum Gegenstand überaus zäher
Verhandlungen gemacht worden. Die allmähliche Entstehung des
Religionsrechts von 1648 (= Art. V und VII des Osnabrücker Friedens)
läßt sich aus diesen Verhandlungsakten bis aufs Komma rekonstruieren,
wofür hier nicht Platz ist. Wir begnügen uns mit einer groben
ereignisgeschichtlichen Übersicht und übergehen das vielfache Vor und
Zurück innerhalb der einzelnen Phasen:
1. Den
Anfang machte Schwedens Forderung vom 11. Juni 1645, in kirchlichen
Angelegenheiten den Status quo von 1618 wiederherzustellen, Verhandlungen
über alle strittigen Fragen des Augsburger Religionsfriedens aufzunehmen
und die Reformierten [41] in diesen einzubeziehen. Nachdem die
Kaiserlichen am 25. September 1645 grundsätzlich die Aufnahme solcher
Verhandlungen akzeptiert hatten, haben zunächst die lutherischen
Reichsstände ein Maximalprogramm ihrer Gravamina beraten und am 25.
Dezember 1645 vorgelegt, denen das Corpus Catholicorum am 8. Februar 1646
mit Gegenbeschwerden antwortete. Mit diesen beiden programmatischen
Ausarbeitungen, die ein halbes Buch füllen, waren die Ausgangspositionen
festgelegt. Sie fußten in mehreren Kernpunkten auf einem inkompatiblen
Begriffs- und Normenverständnis, das sich Kompromissen verschloß. Zum
Beispiel war es eine fundamentale Frage, ob der Religionsfriede von 1555 ein
Vertrag sei (wie die Lutheraner behaupteten) oder ein Gesetz (so die
Katholiken). Von der Antwort auf diese Frage hing nahezu alles Weitere ab. Aber
ein solches Problem ließ sich nicht als reine Rechtsfrage klären,
sondern setzte eine politische Entscheidung voraus. Auch deshalb ließ sich
in Direktverhandlungen der beiden konfessionellen Corpora nichts
Wesentliches erreichen. Diese wurden daher am 5. Mai 1646 ergebnislos
abgebrochen, und Trauttmansdorff [42] wurde von beiden Seiten um
Vermittlung gebeten.
2. Nun übernahmen die
Kaiserlichen, vor allem der Chefunterhändler selbst, in Fühlungnahme
mit einem Ausschuß des Corpus Evangelicorum, die Verhandlungen.
Deren erster Schlußpunkt ist durch eine Endliche Erklärung vom
30. November 1646 markiert. Sie konnte nicht mehr im Namen aller Katholiken
abgegeben werden, sondern berief sich auf die Zustimmung
"etlicher vornehmer katholischer
Stände",
während eine Zusammenstellung von evangelischer Seite zur gleichen Zeit
noch 53
"obschwebende
Prinzipal-Differentien in puncto
gravaminum"
zwischen den Konfessionsparteien ausmachte.
Der
Erklärung vom 30. November 1646 entsprach (bis auf einige, wenig
wesentliche Veränderungen) eine weitere Kaiserliche Erklärung
vom 27. Februar 1647, mit der eine neue Verhandlungsrunde begann. Jetzt
verhandelte Trauttmansdorff über die Reichsverfassung bei mehr oder weniger
starkem Widerstand im Corpus Catholicorum mit den Schweden, die sich
ihrerseits mit einem Teil des Corpus Evangelicorum abstimmten. Am Ende
standen die Religionsrechts-Artikel eines kaiserlichen Entwurfs für den
gesamten Friedensvertrag (auch Trauttmansdorffianum genannt), der am 13.
Juni 1647 veröffentlicht worden ist.
3. Das
Religionsrecht des Trauttmansdorffianums enthält im Grunde schon den
späteren Vertragstext [43], stand 1647 aber noch mitten im Streit
nahezu aller Lager mit- und untereinander. Es gab drei Hauptfronten: Reformierte
gegen Lutherische, Katholiken gegen Protestanten sowie kompromißwillige
Katholiken (Kaiserliche und Reichsstände) gegen kompromißunwillige
Katholiken (Reichsstände). Höhepunkt dieser Auseinandersetzungen war
ein Beschluß des Corpus Catholicorum vom 7. Oktober 1647 in
Münster, der alle seit Sommer 1646 durch die Kaiserlichen eingeräumten
Konzessionen an die Evangelischen rigoros verwarf. Über diesen, vom Nuntius
nachdrücklich unterstützten Einspruch [44] sind die
Kaiserlichen in Abstimmung mit den katholischen "Prinzipalisten" [45]
seit November 1647 hinweggegangen und haben die letzte Verhandlungsrunde in
Osnabrück geführt. Dort sind zwischen Januar und März/April 1648
die endgültigen Vorverträge über die Einzelteile des
Reichs-Religionsrechts vereinbart und, wie beschrieben, unterzeichnet
worden. [46]
Die
reichsverfassungsrechtlichen Regelungen des Westfälischen Friedens, der den
Anspruch einer perpetua lex et pragmatica Imperii sanctio [47]
erhob, was der Reichstag 1654 als norma iudicandi [48]
bestätigt hat, haben sich bekanntlich als einzigartig wetterfest erwiesen.
Sie blieben bis um 1800 unverändert in Geltung und erfreuten sich in dieser
Zeit größter Anerkennung. Dies gilt insbesondere für das
Religionsrecht, das dem seit der Aufklärung maßgeblichen
Toleranzdenken entgegenzukommen schien. Eine solche Interpretation war unter der
Perspektive des 18. Jahrhunderts verständlich, verfehlt aber die Ziele der
Protagonisten von 1648 erheblich. Diese entwickelten und rechtfertigten ihre
Positionen und Positionswechsel nicht unter logischem Rekurs auf ein
vorgegebenes und kohärentes System [49], und sie konstruierten den
Staat und das Staatskirchenrecht nicht, wie es seit der Aufklärung
üblich geworden ist, im Hinblick auf den Einzelmenschen [50],
sondern sie gingen von den bestehenden Sozialgebilden der Großkirchen aus,
deren konfessionelle Koexistenz in juristische Fachsprache einzufangen war -
notfalls mit raffinierten Klauseln und rabulistischen
Formelkompromissen. [51] Im übrigen diktierte der "Zwang der
Not" [52], auch purer Opportunismus. Die politisch mächtigeren
Reichsstände wollten den Krieg nicht mehr fortsetzen. Sie waren zu vielem
Nachgeben bereit, sofern die eigenen Landesinteressen gewahrt blieben. Im
eigenen Territorium galt daher weiterhin das Prinzip des Konfessionsstaates,
aber für das Gemeinwesen Heiliges Römisches Reich wurden dessen
Begriffe und Klauseln so lange zurechtgebogen, bis sie paßten. Das geschah
keineswegs aus Gleichgültigkeit gegenüber den konfessionellen Normen,
sondern weil man keinen anderen Ausweg fand. Die Wirklichkeit war zu verworren,
als daß man sie einfach auf den Begriff hätte bringen
können.
IV. Die territorialen
Veränderungen des Reiches 1648
Daß die
siegreichen Kriegsfeinde Schweden und Frankreich bei der Novellierung der
Reichsverfassung ein gewichtiges Wort mitredeten, galt durchaus als etwas
Ungewöhnliches. Dagegen handelte es sich bei der Übertragung oder
Abtretung von Teilen des Reichs an Schweden und an Frankreich und bei den
territorialen Verschiebungen und Veränderungen innerhalb des Reiches um
etwas Normaleres, um die seit eh und je am Ende eines Krieges beim
Friedensschluß übliche Neuverteilung von Besitz und Macht. Beim
Westfälischen Frieden berief man sich dafür auf zwei verschiedene
Legitimationstitel. Der erste lautete "Amnestie" und "Restitution", der zweite
"Satisfaktion" und "Rekompens".
Die Leitworte
"Amnestie" und "Restitution" hingen eng mit dem Ziel und Grundprinzip des
Frieden-Schließens zusammen, wie es gleichlautend im
Münsteraner und im Osnabrücker Frieden steht - eine
klassisch gewordene Beschreibung: Allgemeiner, dauerhafter und wahrer Friede ist
christliches Gebot. Deshalb wird ein breiter Schlußstrich hinsichtlich
aller Taten der am Krieg beteiligten politischen Gewalten und der einzelnen, die
darein verwickelt waren, gezogen: Was auch immer seit 1618 im Reich geschehen
ist, es ist auf ewig zu vergessen und fällt unter Amnestie, unter
Straffreiheit. [53] Von Kriegs- oder gar Kollektivschuld sollte nach
Friedensschluß nicht mehr die Rede sein. Die Konsequenz aus dieser Absicht
lautete: Dem Grunde nach ist alles im Reich auf den Zustand vor Beginn des
Krieges in Böhmen und der späteren (schwedischen und
französischen) Interventionen zurückzuführen [54]: Friede
bedingt Amnestie, Amnestie bedingt Restitution. Allerdings bedurfte dieses
Grundprinzip vieler Ausnahmebestimmungen. Für den kirchlichen Bereich wurde
dies im Rahmen der Erneuerung des Religionsfriedens geregelt; für den
weltlichen Bereich enthält der ausführliche Artikel IV des
Osnabrücker Friedens 45 Paragraphen mit Sonderregelungen, welche den
staatlichen Besitz der drei Fürstenhäuser Pfalz, Baden [55]
und Württemberg [56] sowie 16 reichsgräflicher
Familien [57] betrafen. Die meisten dieser Fälle waren 1635, beim
Prager Frieden, von der allgemeinen Restitution ausgenommen und auch
zwischenzeitlich nicht einvernehmlich, jedenfalls nicht endgültig, geregelt
worden. Es ging dabei um die Aufhebung der Folgen von Achterklärungen
während des Krieges, um Staatskirchen- und um dynastisches
Erbrecht.
Am schwierigsten war die Bereinigung des
Problems Pfalz, weil daran fast jeder beim Friedenskongreß aus diesen und
jenen Gründen interessiert war, am meisten natürlich die beiden
hauptbetroffenen Wittelsbacher, Pfalz und Bayern. Karl Ludwig (1617-1680), der
pfälzische Kurprätendent, forderte im Grunde das gesamte Erbe seines
1632 verstorbenen Vaters, des ehemaligen böhmischen "Winterkönigs",
zurück, das dieser 1621 durch die Reichsacht verloren hatte: die links- und
die rechtsrheinische Unterpfalz, die Oberpfalz und den Kurhut. Darüber aber
war seit langem verfügt worden. Der Kaiser hatte die linksrheinische
Unterpfalz an Spanien, die rechtsrheinische an Maximilian I. (1573-1651, seit
1597 Herzog von Bayern) vergeben, ihm ebenfalls 1623/28 die Kurwürde
übertragen und die Oberpfalz der Form nach verkauft, der Sache nach gegen
Oberösterreich ausgetauscht. Dieses Land besaß der Münchener vom
Kaiser als Pfand für 13 Millionen Gulden Kriegsschulden aus den Jahren
1620/21 - mit der 1628 vertraglich abgesicherten Klausel jedoch, daß bei
einem späteren Verlust der Oberpfalz der Rechtsanspruch auf die
Schuld-Forderung - ersatzweise Oberösterreich - wiederaufleben werde. Kam
eine Restitution der Oberpfalz auf die Tagesordnung, wurde daher auch der Kaiser
ein Hauptbetroffener. Für die anderen Kräfte und Gruppen des
Kongresses war das Thema "Pfalz" hingegen eine Art Spielmaterial. Die
Positionen, die man in der Pfalzfrage einnahm oder veränderte, bezogen sich
primär auf den vermeintlichen Nutzen und Schaden für die eigenen
Interessen und Ziele bei anderen Verhandlungspunkten. Dies gilt für alle:
für die lutherischen, die reformierten und die katholischen
Reichsstände, insbesondere für das Kurfürstenkollegium, und vor
allem für Frankreich und Schweden. Die Kronen hatten in ihren Propositionen
vom 11. Juni 1645 allen Wiener und Münchener Hoffnungen und Erwartungen,
sich mit dem Pfälzer unabhängig vom Friedenskongreß über
dessen Rückkehr ins Reich verständigen zu können, ein Ende
bereitet. Denn sie machten die Lösung des Problems Pfalz zu einer
Universalfriedens-Bedingung - Frankreich (mit Rücksicht auf Bayern)
indirekt und mit Vorbehaltsklauseln, Schweden direkt. Von diesem Zeitpunkt an
ist auf dem Friedenskongreß sowohl über die Kurwürde wie
über das Schicksal der ehemals kurpfälzischen Territorien, der
rheinischen wie der oberpfälzischen Lande, verhandelt worden. Am 15. August
1647 wurde ein Vorvertrag über die künftigen Pfalz-Artikel durch den
Kaiser, Frankreich und Schweden unterzeichnet, der 1648 Teil der
Friedensverträge geworden
ist. [58]
Die Einzelheiten der
Verhandlungsphasen können wir übergehen. Im Ergebnis bedeutete der
Friede erstens die Rückkehr der machtlosen Kurpfälzer aus dem Exil
nach Heidelberg (unter - gemessen an 1621 - erheblich reduzierten Bedingungen)
und zweitens einen sehr großen Erfolg der Kongreßpolitik Kurbayerns.
Es hat 1648 alle in der ersten Periode des Dreißigjährigen Krieges
erworbenen Positionen auf Dauer gesichert. Darin war es, keineswegs vorbehaltlos
und nicht ohne erhebliche Schwankungen, seit Ende November 1645 durch Frankreich
unterstützt worden, ebenso durch den Kaiser seit Ende 1646. Auch die
große Mehrheit der Reichsstände hat am 16./18. März 1647
zugestimmt und schließlich, am 6. April 1647, auch Schweden.
Der Inhalt der Pfalzartikel läßt sich
in vier Punkten beschreiben:
1. Kurfürst
Maximilian von Bayern bleibt im erblichen Besitz der früheren
pfälzischen Kurwürde, bleibt also wie seit 1623 der erste unter den
weltlichen Kurfürsten. Dieses Recht erstreckt sich auch auf seine
Brüder und deren Nachkommen. [59]
2.
Bayern bleibt im erblichen Besitz der Oberpfalz und kann dort durch eine
verschleiernde Klausel das religionsrechtliche Normaljahr 1624
unterlaufen.
3. Für Karl Ludwig wird in
Veränderung der Reichsverfassung eine neue, achte Kurwürde geschaffen,
deren Erbrecht sich auf die gesamte "rudolfinische" Linie des Hauses Wittelsbach
erstreckt. [60] Er wird damit belehnt, sobald er den Friedensvertrag in
aller Form angenommen und mit seinen Brüdern den bei Belehnungen
üblichen Obödienzeid vor dem Kaiser abgelegt
hat.
4. Karl Ludwig erhält als erblichen
Besitz die etwas verkleinerte rechts- und linksrheinische Unterpfalz mit
gewissen staatskirchen- und besitzrechtlichen Auflagen und Ausnahmen
zurück.
Die "Amnestie" des Pfälzers
bedeutete also keineswegs eine einfache Rückkehr zu dem Status quo ante,
sondern akzeptierte in weitem Umfange die inzwischen eingetretenen
Veränderungen. Dagegen hat der Pfälzer unverzüglich protestiert
und seine Unterhändler abberufen. Dennoch haben die Pfalz-Artikel, die als
Ergebnis sehr zäher und verwickelter Verhandlungen zustande gekommen sind,
auf Dauer Befriedung bewirkt. Sie sind daher von vielen Zeitgenossen, wie auch
später, bis zum Ende des Alten Reiches, als eine im großen und ganzen
glückliche Lösung verstanden worden. Auch haben sich die meisten
Befürchtungen, die gegen die Errichtung einer achten Kur erhoben worden
waren, weil man für künftige Kaiserwahlen mit acht Wählern ein
Stimmen-Patt befürchtete, nicht bewahrheitet. Heidelberg wurde für
Wien ein nützlicher Partner.
***
Die meisten im Westfälischen Frieden beschlossenen
Territorialverschiebungen fielen nicht unter "Amnestie" und "Restitution",
sondern standen unter den Leitworten "Satisfaktion" und "Rekompens". Diese
damals gängigen Schlagworte sind heute erläuterungsbedürftig. Das
gilt besonders für den Begriff satisfactio. Er bedeutet
wörtlich Genugtuung, Entschuldigung. Im damals gültigen
römischen Recht bezeichnete er dreierlei: erstens Befriedigung eines
Gläubigers, zweitens Abfindung eines Gläubigers und drittens
Buße für ein Vergehen. Keine dieser fachjuristischen Bedeutungen
entspricht dem Inhalt der satisfactio in der politischen Verkehrssprache
von 1648. Dort umschrieb er vielmehr das, was im Völkerrecht des 19.
Jahrhunderts unter "Kriegsentschädigung" verstanden wurde, den Ersatz der
(angeblichen) Kriegskosten des Überlegenen durch den unterliegenden Teil.
Legitimation einer solchen Zahlung ist nicht ein Rechts-Grund, sondern die
Tatsache der militärischen Niederlage, und ebenso war der "Rechts"-Grund
der Satisfaktionsforderungen der beiden Kronen [61] ihre drückende
militärische Überlegenheit. Daß die Sieger sich im Jahre 1648
dafür einer Vokabel bedienten, die eigentlich etwas rechtlich Geschuldetes
bezeichnete, war politische Semantik. Sie verschleierte, daß es sich um
nur politisch legitimierbare Forderungen handele, um Annexionen. Die
Satisfaktionsverhandlungen waren kaum kaschierte
Machtpolitik.
Dabei befanden sich Schweden und
Frankreich in unterschiedlicher Lage. Der nordische Militärstaat hatte
schon 1634 öffentlich einen Anspruch auf Pommern angemeldet, obwohl er sich
dadurch in erklärten Gegensatz zu Kurbrandenburg begab, das mit den
pommerschen Herzogtümern einen gültigen Erbvertrag hatte, der zuletzt
1529 bestätigt worden war. Als aber der letzte, kinderlose Pommernherzog
1637 starb, saßen die Schweden im Lande, und der erbvertragliche
Rechtsanspruch nützte den Hohenzollern wenig, im Gegenteil: Je mehr sich
seit den späten dreißiger Jahren Schwedens militärische Macht in
Mittel- und Norddeutschland festigte, um so stärker rückte aus
geopolitischen Gründen auch Pommern als "Satisfaktions"-Objekt wieder in
den Mittelpunkt der Stockholmer Kriegszielpolitik. Dort betrachtete man aus
strategischen Gründen die Beherrschung der Südküste der Ostsee
als lebenswichtig, und man wußte, daß Verfügungsgewalt
über die pommerschen Ostseehäfen auch laufende Zolleinnahmen
bedeutete, die für ein armes Land wie Schweden sehr zu Buche schlugen.
Dennoch stand von Pommern, überhaupt von
schwedischer Territorial-Satisfaktion, in der Proposition vom 11. Juni 1645 noch
nichts Konkretes. Das geschah erst in der Replik vom 7. Januar 1646, die mit
dürren Worten einen umfangreichen Annexionen-Katalog offerierte. Er nannte
sogar Schlesien, zielte aber auf ganz Pommern [62], auf den
mecklenburgischen Ostseehafen Wismar mitsamt des Umlandes und auf die soeben
eroberten nordwestdeutschen Hochstifte Bremen-Hamburg [63] und
Verden [64] . So war es in einer Instruktion vom 20. November 1645
festgelegt worden. Trauttmansdorff wäre durchaus bereit gewesen, diese
schwedischen Bedingungen schnell zu akzeptieren. [65] Er machte im
Januar/Februar 1646 den Versuch, kam aber nicht ins reine, weil Schweden auf
einem formellen Verzicht des Brandenburgers Friedrich Wilhelm (1620-1688, 1640
Kurfürst) bestand, weil dieser sich diesem Ansinnen strikt verweigerte und
weil - unabhängig davon - eine schnelle Einigung mit den protestantischen
Reichsständen sich ebenfalls als unmöglich erwies. Deshalb verlagerte
sich der Schwerpunkt der Verhandlungen mit dem Kaiser während der kommenden
Monate nach Münster.
Erst nach dem
kaiserlichen Satisfaktions-Agreement mit Frankreich vom 13. September 1646 (s.
unten) kam es in Osnabrück wieder zu substantiellen Verhandlungen mit
Schweden, das seinen Unterhändlern am 29. September 1646 erlaubt hatte, von
der Maximalforderung auf ganz Pommern abzugehen und dem Hohenzollern ein etwas
verkleinertes Hinterpommern [66] einzuräumen; als "Rekompens", als
Entschädigung, sollte er mit säkularisiertem Reichskirchengut im
niedersächsischen Reichskreis abzufinden sein. Politischer Hauptgrund
für dieses schwedische Einlenken war die nüchterne Einsicht in die
begrenzten Ressourcen der skandinavischen Monarchie. Sie verboten es ihr, die
Gefahr einer Trennung von dem französischen Bündnispartner zu
riskieren und womöglich den Krieg allein fortführen zu müssen.
Auch von Frankreich in begrenztem Maße unterstützt, haben die
Kaiserlichen daher im Winter 1646/47 eine Einigung mit Schweden erzielt.
Voraussetzung war ein Einlenken Kurbrandenburgs, das, von allen Seiten
bedrängt, am 13. Januar 1647 sein Einverständnis mit der Abtretung
eines staatsrechtlich vergrößerten Vorpommerns an Schweden aussprach.
Damit war der Weg zu einem unterzeichneten Vorvertrag des Kaisers mit Schweden
frei geworden. Er ist vom 18. Februar 1647 datiert und bildet ein Junktim mit
einem kaiserlich-kurbrandenburgischen Rezeß vom 19. Februar 1647 über
das aequipollens, über eine "gleichwertige" Entschädigung des
Kurfürsten. Diese beiden Abmachungen sind 1648 als Artikel X und XI in den
Osnabrücker Frieden eingegangen.
Der
Artikel X IPO enthält vier Abschnitte: Zunächst wird die Abtretung des
Herzogtums Vorpommern mit dem Fürstentum Rügen an Königin und
Krone Schweden verfügt, während Hinterpommern beim Kurfürsten von
Brandenburg verbleibt. Der Übergang an Schweden bedeutete aber kein
Ausscheiden aus dem Reichsverband, vielmehr wird Schweden neuer Reichsstand, dem
der Kaiser die Regalien nach den vorgeschriebenen Formen des Lehnsrechts
erteilen wird. Erhalten bleibt auch die vorpommersche Anwartschaft auf einen
Teil der Pfründen des ehemaligen Hochstifts Kammin in Hinterpommern, das in
der Rechtsfigur eines protestantisch gewordenen, säkularisierten
Kirchengutes (ohne Bischof) zunächst bestehen bleiben soll. Zweitens
erhält Schweden, ebenfalls als unmittelbares Reichslehen, Stadt und Hafen
Wismar mit zwei Ämtern. Drittens werden ihm das 1645 eroberte Erzstift
Bremen-Hamburg und das Hochstift Verden unter Umwandlung in ein weltliches
Herzogtum übertragen. Ein vierter Abschnitt regelt Sitze und Stimmen dieser
Territorien bei den Reichsversammlungen, verleiht das privilegium de non
appellando [67], überträgt das Recht, eine neue
Universität zu gründen, und gibt der Stadt Stralsund eine
Bestandsgarantie.
Das Pendant zu diesen
Zessionsbestimmungen bildet Artikel XI IPO. Er überträgt pro
aequivalente recompensatione (d.h. als gleichwertigen Ersatz für den im
Interesse des Friedens geleisteten Verzicht auf Vorpommern und Rügen) die
bisherigen Hochstifte Halberstadt und Minden als weltliche
Fürstentümer an Kurbrandenburg, mit Sitz und Stimme für diese
Territorien auf Reichs- und Kreistagen, nimmt auf die Regelung wegen des
ehemaligen Hochstifts Kammin Bezug und gibt Kurbrandenburg außerdem
für das Erzstift Magdeburg, das in ein weltliches Herzogtum umzuwandeln
ist, eine verbindliche Anwartschaft. Sie soll nach dem Tode des jetzigen
Administrators fällig
werden. [68]
Ganz ähnlich
entschädigt der später vereinbarte Artikel XIII IPO das Haus
Mecklenburg-Schwerin, weil es Wismar abgetreten hat, mit den ehemaligen, jetzt
förmlich zu säkularisierenden Hochstiften Schwerin und Ratzeburg. Er
verfügt außerdem noch Einzelheiten über anderes Kirchengut in
Mecklenburg, auch zugunsten der Linie Mecklenburg-Güstrow, sowie über
Elbzölle und Reichssteuern.
Wenngleich nicht
einfach als "Rekompens" legitimierbar, gehörten in diesen Zusammenhang
schließlich noch ein Dutzend Punkte zugunsten des Hauses
Braunschweig-Lüneburg in Artikel XIII IPO, über den bis zum Sommer
1648 verhandelt worden ist. Einen Entschädigungsanspruch konnten die Welfen
insofern nicht geltend machen, als die schwedische Satisfaktion ihnen keinen
unmittelbaren Besitzverlust zufügte. Wohl aber, rechneten sie dem
Kongreß vor, büßten sie Zukunftschancen ein; denn ihre sicheren
Anwartschaften auf Kirchenpfründen in Magdeburg und in Bremen-Hamburg, in
Halberstadt und in Ratzeburg würden durch die Säkularisierung dieses
Reichskirchengutes beseitigt. Indem die Welfen dieser Säkularisierung
zustimmen wollten, leisteten sie also ein "Opfer" zugunsten des künftigen
Friedens, das honoriert werden müsse. Der Hauptpreis bestand in der 1647
konzipierten Einrichtung eines "Alternats" im Hochstift Osnabrück. Dieses
sollte nach dem Friedensschluß zunächst an den katholischen
Fürstbischof Franz Wilhelm von Wartenberg (1593-1661) [69]
zurückfallen, nach dessen Tode aber einen lutherischen Fürstbischof,
den Welfenprinzen Ernst August (1629-1698), erhalten, dem wiederum ein
katholischer Bischof und diesem wiederum ein Welfenprinz folgen müsse usw.
Im übrigen habe im Hochstift Osnabrück strikt der 1. Januar 1624 als
Stichtag des Normaljahrs zu
gelten. [70]
Der gemeinsame Nenner der
halben schwedischen Satisfaktion und fast aller Rekompensationsregelungen war
der (kirchenrechtlich problematische) Rückgriff des Friedensvertrags auf
nordwestdeutsches Reichskirchengut, das 1555 noch katholisch gewesen und
inzwischen weitestgehend lutherisch geworden war. Nicht katholisch bewohnte
Gebiete, wohl aber katholische Rechte auf diese inzwischen lutherisch gewordenen
Lande haben der Kaiser und die katholischen Prinzipalisten 1647 um der
schwedischen Satisfaktion willen preisgegeben. Gaben sie damit viel auf? Das
Kirchenrecht war die eine Seite, die andere der politische, kulturelle und
wirtschaftliche Wert der Rekompensationen. Darüber ein generell
gültiges Urteil zu gewinnen ist schwer. Kurbrandenburg dürfte nicht
schlecht gefahren sein; denn die neuen Lande Halberstadt und Minden, und
später dazu noch Magdeburg, wogen den preisgegebenen Rechtsanspruch auf
Vorpommern wahrscheinlich gut auf. Während Mecklenburg wohl einen
schlechten Tausch gemacht hat, vermochte Braunschweig-Lüneburg, auch dank
hervorragender Unterhändler, viel zu erreichen.
Dagegen verlangte Hessen-Kassel im
Westfälischen Frieden nicht Rekompens, sondern Satisfaktion; denn es befand
sich auf der Siegerseite. Deshalb hatten seine Wünsche zur Änderung
der Reichsverfassung bei seinen Bündnispartnern ein offenes Ohr gefunden,
und deshalb wurden auch seine Satisfaktionsansprüche dem Grunde nach von
beiden Kronen in den Propositionen vom 11. Juni 1645 und den Repliken vom 7.
Januar 1646 bejaht. Dies bedeutete jedoch keine uneingeschränkte
Unterstützung der weit ausgreifenden Forderungen ihres Alliierten, im
Gegenteil. Hessen-Kassel dachte anfangs allein an Landerwerb durch Abtretung von
Reichskirchengut, wie es ein Schriftsatz vom 25. April 1646 festhielt, der durch
schwedische Hand den Kaiserlichen übergeben worden ist und den konkreten
Beginn dieser Satisfaktionsverhandlungen bildet. Hessen-Kassel forderte darin
ein umfangreiches Gebiet von Kurmainz und Kurköln, vom Hochstift
Münster, von den Fürstabteien Corvey und Fulda sowie das gesamte
Hochstift Paderborn und erinnerte außerdem, mehr in Parenthese, an die
frühere Reichsabtei Hersfeld. [71] Dieses Annexionsprogramm ohne
Augenmaß unterstützten nicht einmal die Schweden vorbehaltlos,
geschweige denn die Franzosen. Hessen-Kassel hat daher in den folgenden beiden
Jahren nach und nach immer weitere Abstriche an seinen Friedenszielen hinnehmen
müssen, ehe am 8. April 1648 Kurmainz und Sachsen-Altenburg die
hessen-kasselischen Satisfaktionsartikel unterzeichneten, die Teil des
Friedensvertrags geworden sind. [72] Sie
besagten:
1. Hessen-Kassel erhält als
Reichslehen die frühere Reichsabtei Hersfeld und vier seit 1640 erledigte
Schaumburger Ämter. [73]
2.
Hessen-Kassel erhält von den Erzstiften Mainz und Köln, den
Hochstiften Paderborn und Münster und der Reichsabtei Fulda eine
Geldentschädigung in Höhe von 600.000 Reichstaler. Es werden
dafür genaue Zahlungsmodalitäten festgelegt. Danach sollen die
hessen-kasselischen Besatzungstruppen Zug um Zug abgezogen
werden.
Wenig später, am 24. April, wurde in
Kassel ein Vertrag mit Hessen-Darmstadt über die Aufteilung der sogenannten
Marburger Erbschaft aus dem Jahre 1604 unterzeichnet, die 1623 durch ein Urteil
des Reichshofrats den Darmstädter Vettern zuerkannt worden war. Das wurde
jetzt zugunsten Kassels aufgehoben, was im Friedensvertrag lediglich
bestätigt worden ist. [74]
***
Der Osnabrücker Friede begründet die
Abtretungen des Reiches an Schweden als Schadensersatz für die
Rückgabe der besetzten Plätze und mit dem Willen zur Wiederherstellung
des Friedens, der Münsteraner leitet den analogen, aber
längeren Abschnitt über die Satisfaktion [75] mit dem Wunsche
ein, Frieden und Freundschaft zwischen dem Kaiser und dem König von
Frankreich zu stärken und für die öffentliche Sicherheit Vorsorge
zu treffen. Der größere Umfang des Textes erklärt sich aus
seiner Entstehung. Das Reich - genauer, in diesem Falle: das Haus
Österreich - wollte, besonders in den beiden ersten Verhandlungsrunden,
nicht als der allein gebende Teil dastehen, sondern umgekehrt, auch der
König von Frankreich sollte als Gegenleistung eine gewisse "Satisfaktion"
erbringen, indem er die elsässischen Abtretungen mit einer erheblichen
Geldsumme (3 Millionen Livres = 1,2 Millionen Reichstaler)
erkaufte [76], den alten Landesherrn vom größeren Teil der
auf dem Elsaß liegenden Staatsschulden entlastete [77] und vier
französische besetzte Städte am Oberrhein räumte [78] .
Auch für dieses asymmetrische "Tauschgeschäft" brauchte man eine
gewisse Legitimation im Ideellen.
Das war auch
deshalb geboten, weil Frankreich mit der Forderung nach territorialer
Satisfaktion in erklärten Gegensatz zu seinen früheren amtlichen
Verlautbarungen trat. Es hatte bisher seine Beteiligung am
Dreißigjährigen Krieg als selbstlose Hilfe für die angeblich
durch Habsburg bedrohte deutsche Libertät legitimiert und betont, daß
es damit keinerlei Forderungen für sich selbst verbinde. Jetzt, in der
Proposition vom 11. Juni 1645, sprach es dagegen offiziell von "schuldiger"
Satisfaktion wegen der "Mühen, Verluste und Ausgaben" im Kriege, und es
spezifizierte dies in der Replik vom 7. Januar 1646 mit der Forderung nach dem
gesamten Besitz des Hauses Österreich im Ober- und Unterelsaß, im
Sundgau und im Breisgau, einschließlich Breisachs und der Waldstädte,
und es verlangte außerdem dauerhaftes Bleiberecht in der
fürstbischöflich-speyerischen Festung Philippsburg. [79] Aus
diesem gesamten Komplex sei ein Reichslehen für Frankreich zu bilden, mit
Sitz und Stimme in den Reichsversammlungen, unter Übernahme der Pflicht zur
Beteiligung an den Reichssteuern. [80] Dieses Zessionsmodell entspricht
den späteren Vereinbarungen mit Schweden: Gebietsabtretung innerhalb des
Reichsverbandes, in und mit reichslehnrechtlichen Formen und Folgen.
Frankreichs Satisfaktionsforderungen-Paket vom
Januar 1646 mochte manchen Reichsständen den Atem verschlagen, zumal die
Replik-Begriffe "Ober-" und "Unterelsaß" gefährlich Uneindeutiges
beschrieben, da diese Termini nur geographisch klar waren, staatsrechtlich aber
keineswegs. Andere Reichsstände jedoch meinten, die militärische Lage
gebiete zwingend, sich auf Frankreich einzulassen, um es durch und nach
Erfüllung seiner Forderungen auf die eigene Seite ziehen zu können.
Dies war insbesondere Kurbayerns Kalkül, des wichtigsten kaiserlichen
Verbündeten im Reich, der nie die Unterstützungsbedürftigkeit in
der Pfalzfrage vergaß.
Der Münchener
Druck war so stark, daß der Kaiser am 2. März 1646 seinen
Chefunterhändler Trauttmansdorff anwies, Verhandlungen über das
Elsaß aufzunehmen. Er gab ihm dafür weiten Verhandlungsspielraum. Die
Kaiserlichen haben daraufhin am 28. März konkrete
Satisfaktionsverhandlungen mit Frankreich eingeleitet, bei denen es in der
ersten Runde hauptsächlich um den Komplex "Elsaß" ging (und daneben
um Philippsburg). Das entscheidende kaiserliche Angebot stammt vom 16. April.
Dann ist intensiv verhandelt worden. In einem Schriftsatz vom 29. Mai
(Postrema Declaratio = Letzte Erklärung) hat die kaiserliche
Seite das Verhandlungsergebnis der letzten zwei Monate zusammengefaßt, auf
das die Franzosen am 2. Juni schriftlich antworteten, worauf die Kaiserlichen am
5. Juni mit einer Weiteren Erklärung [81] eingingen. Danach
stockten die Verhandlungen bis Ende August. Inzwischen war der Sommerfeldzug in
vollem Gange, und vereinigte schwedisch-französische Truppen rückten
Richtung Süddeutschland und Bayern vor.
Nachdem der Kurfürst von Trier am 19. Juli
den Franzosen auch für die Friedenszeiten ein Stationierungsrecht in
Philippsburg vertraglich eingeräumt hatte, was vom Kurfürstenrat am
23. August gebilligt worden war, haben die Kaiserlichen am 31. August mit einer
Allerletzten allgemeinen Erklärung [82] die zweite
Verhandlungsrunde eröffnet. Diese ging nach ungewöhnlich
gedrängten und schwierigen Verhandlungen am 13. September 1646 zu Ende: Es
wurde ein auf 17 Tage befristetes Agreement vereinbart, die sogenannten
Satisfaktions-Artikel, auch September-Artikel genannt.
Ziele und Ergebnisse dieser beiden
Verhandlungsrunden sind bei den Historikern bisher kontrovers, weil wichtige
staatsrechtliche Begriffe, deren beide Seiten sich bedienten, uneindeutig waren.
Unter Berücksichtigung der bevorstehenden Publikation der
einschlägigen französischen und kaiserlichen Akten [83]
läßt sich folgendes sagen:
1. Die
kaiserliche Seite hat am 16. April mit einer verschleiernden Klausel ein
Abtretungsangebot für Linksrheinisches gemacht, das sich nicht auf
vorderösterreichischen Besitz beschränkte (den allein Frankreich am 7.
Januar verlangt hatte). Die französische Seite konnte das nicht sofort
durchschauen. Sie war jedoch dabei, sich durch Experten Klarheit zu verschaffen,
und lernte im Verlaufe des Mai 1646 die verwirrende personal- und
gebietsrechtliche Gemengelage des vorderösterreichischen Oberrheingebietes
gründlich kennen. Von diesem Zeitpunkt an konnte sie die Tragweite der in
den Schriftsätzen auftauchenden Formeln und Klauseln hinreichend ermessen.
Für die Kaiserlichen galt dies von Anfang
an, weil der Münsteraner Zweitbevollmächtigte Isaak Volmar (1582-1662)
aus der vorderösterreichischen Verwaltung kam. Er war einer der besten
zeitgenössischen Elsaß-Spezialisten, überhaupt ein Jurist von
hohen Graden, und wußte gut, wie man mit Begriffen hantieren
kann.
2. Wie erwähnt, setzte das Angebot vom
16. April den Verbleib der abzutretenden linksrheinischen Herrschaften und
Gebiete im Reichsverband voraus und lehnte die Abtretung von Rechtsrheinischem,
insbesondere Breisachs, kategorisch ab. Gerade darauf aber beharrte die andere
Seite unerbittlich, so daß Trauttmansdorff schließlich am 29. Mai
auch Breisach in das kaiserliche Angebot einbezog. Inzwischen hatte sich jedoch
die Qualität der französischen Satisfaktion erheblich verändert;
denn seit dem 17. Mai bot die kaiserliche der französischen Seite statt
einer Belehnung mit Gebieten und Herrschaften im Reich eine Abtretung zu
"souveränem" Besitz der französischen Königsfamilie Bourbon an,
also Ausscheiden des Zedierten aus dem Reichsverband. [84] Dies hat
Frankreich akzeptiert, obgleich man intern noch lange, noch 1647, nachgedacht
hat, ob nicht eine Eingliederung des französischen Königs in den
Reichsverband größere Vorteile biete, und obgleich Servien 1648 das
Thema Lehnsabtretung noch einmal zur Sprache brachte. Es blieb aber
schließlich bei der Abtretung.
3. Das
Reichsrecht kannte die dem französischen Staatsrecht vertraute Rechtsfigur
der Souveränität nicht. So konnten Kaiser und Reich nicht einfach
"Souveränität" abtreten; denn man kann nicht veräußern, was
man nicht hat. Außerdem mußten sie regeln, wie es in Zukunft mit den
vielen reichsunmittelbaren Nicht-Habsburgern im Ober- und vor allem im
Unterelsaß zu halten sei. Diese waren meist keine Kriegsgegner Frankreichs
geworden, standen zum Teil seit langem unter französischem Protektorat,
wollten aber nicht nach Friedensschluß der Souveränität eines
französischen Königs unterworfen sein. Also mußte festgehalten
werden, daß sie nicht zur Abtretungs-Masse gehörten. Daher enthielt
die Postrema Declaratio vom 29. Mai eine Schutzklausel für alle
kirchlichen und weltlichen Reichsunmittelbaren des
Elsaß.
4. In der zweiten Verhandlungsrunde
hat Frankreich zweierlei durchgesetzt: erstens, daß die Abtretungsklausel
sich nicht nur der im Reich üblichen fachjuristischen Begriffe für
"Landeshoheit" [85] bediente, sondern daneben noch ein ius supremi
dominii [86] nannte, womit "Souveränität" umschrieben sein
sollte. Zweitens wurde die Schutzklausel für die Reichsunmittelbaren
einerseits zwar durch Nennung von Namen konkretisiert, andererseits aber in
ihrer Bedeutung sehr entwertet, indem man einen Schlußsatz anhängte,
wonach diese Bestandsgarantien das übertragene ius supremi dominii
in keiner Weise schmälern sollten. Die Garantie galt also nur, so lange
der Inhaber der Souveränität seine Rechte dadurch nicht
beeinträchtigt sah. Der rechtliche Status der Reichsunmittelbaren im
(geographischen) Gebiet der beiden Elsaß wurde damit in Zukunft der
Ermessensentscheidung der französischen Regierung
unterworfen.
5. Was hier für das Elsaß
ausgeführt ist, galt ebenso seit dem 29. Mai für die lothringischen
Städte und Bistümer Metz, Toul und Verdun. Sie waren 1552 von den
aufständischen Reichsfürsten dem Protektorat des französischen
Königs unterstellt worden und hatten sich inzwischen in einen festen Teil
des Königreichs verwandelt. Jetzt, im Friedensschluß, sollte dieser
Zustand völker- und reichsrechtlich anerkannt werden. Dabei erhob sich
einmal die Frage, ob das Hochstift (als "staatliches" Territorium) oder das
erheblich größere Gebiet der Diözese als abgetreten gelten
solle. Trotz aller Bemühungen konnten die Kaiserlichen keine eindeutige
Beschränkung auf das Hochstift durchsetzen. Man einigte sich auf den
dilatorischen Formelkompromiß des "Bistumsbezirks" [87], der
beides bedeuten konnte, Hochstift wie Diözese. Zum zweiten ging es um den
Status der Reichsunmittelbaren im "Bistumsbezirk". Für sie galten nunmehr
die gleichen Bedingungen wie für die Reichsunmittelbaren des Elsaß.
Sie erhielten eine Rechtsbestandsgarantie, die vom Wohlwollen der
französischen Regierung abhängig
war.
Die dritte Verhandlungsphase begann
theoretisch am 1. Oktober 1646, mit dem Fristenablauf des Agreements, dessen
Text nie veröffentlicht worden ist. Er wurde amtlich publik am 11./12. Juni
1647 insofern, als die Kaiserlichen einen vollständigen Entwurf für
den Münsteraner Frieden mit Frankreich auslieferten [88],
der einen Satisfaktions-Abschnitt enthielt. Der Text von 1647 führte jedoch
in diesem Punkte hinter die September-Artikel zurück. Zwar wurde
kein Zessionsangebot widerrufen, doch enthielt das Trauttmansdorffianum
umfangreichere und präzisere Garantieklauseln für die betroffenen
Reichsunmittelbaren im Elsaß und in Lothringen. Eine genaue Beschreibung
der habsburgischen Rechte, die im Elsaß abgetreten würden, fehlte
jedoch auch hier; und nur das hätte dort wirklich Klarheit schaffen
können. Hingegen wollte das Trauttmansdorffianum allein die
lothringischen "Bistümer" (= Hochstifte) abtreten, nicht die "Gebiete der
Bistümer" (entweder Hochstift oder Diözese); und es wurde
unmißverständlich festgehalten, daß der Lehnsbesitz der
Reichsunmittelbaren in den lothringischen Bistümern von der Zession nicht
betroffen würde.
Dagegen wendete sich ein
französischer Schriftsatz vom 10. Juli [89], der in den
vollständigen und publizierten Gegenentwurf des Friedensvertrages vom 19.
Juli übernommen worden ist. Er beließ es für die Schutzklauseln
der Reichsunmittelbaren beim Wortlaut der September-Artikel, erhob aber
in anderen Punkten neue oder klarer formulierte und - vor allem - weitergehende
Forderungen. [90] Die Kaiserlichen haben das noch am 15. Juli in einer
Note zurückgewiesen; doch stagnierten nach der Abreise Trauttmansdorffs (am
16. Juli) die bilateralen Verhandlungen über die französische
Satisfaktion bis zum November.
Diese Zwischenzeit
haben die Reichsstände genutzt und versucht, auf den kaiserlichen und
französischen Entwurf des Münsteraner Friedens Einfluß zu
nehmen. In einem Beschluß vom 25. September haben sie das juristisch
Bedenkliche der französischen Zessionsformeln deutlich beschrieben, die
Schwächen der kaiserlichen Formelkompromisse hinsichtlich der
Bestandsgarantien herausgestellt und Frankreichs eklatanten Widerspruch zu
seinen öffentlichen Kriegsziel-Erklärungen seit 1634 angeprangert.
Politisch hat dies wenig bewirkt. Es zählten im Herbst nicht juristischer
Scharfsinn, sondern die jüngsten Erfolge der spanischen Kriegführung
in Katalonien, der sich abzeichnende Abschluß des niederländischen
Friedens von Münster, der Rücktritt Bayerns auf die Seite des
Kaisers [91], und es machten sich die Anfänge einer konfessionell
übergreifenden "Friedenspartei" der Reichsstände bemerkbar, die mit
Macht auf ein Ende der Verhandlungen
drängte.
Unter diesen Umständen haben
die Vermittler Anfang November die kaiserlich-französischen
Satisfaktionsverhandlungen wieder in Gang gebracht. Man nahm sich die
Satisfaktions-Artikel von 1646 noch einmal vor und arbeitete sie um.
Schon am 14. November konnte beim Nuntius ein auf den 11. November 1647
datierter Satisfaktionsvertrag des Kaisers mit Frankreich durch die
Legationssekretäre abgezeichnet werden.
Das
Verhältnis des Textes von 1647 zu dem von 1646 läßt sich in drei
Punkten fassen:
1. Der Text ist redaktionell sehr
überarbeitet worden, jedoch ohne sachliche Veränderung der
Zessionsbestimmungen. Neu formuliert waren vor allem die beiderseitigen
Vorbehaltsklauseln über Spanien und Lothringen und über das
Assistenzverbot des Kaisers für
Spanien. [92]
2. Der Vorvertrag von 1647
war unbefristet und sollte in den endgültigen Friedensvertrag
übernommen werden. Dies ist
geschehen. [93]
3. Deshalb enthielt er
eine Ne-Varietur-Klausel, sollte also unabhängig von den
künftigen Kriegsereignissen bis zum Friedensschluß gelten. Unter den
Aspekten des November 1647 bedeutete diese Vereinbarung nicht unbedingt ein
französisches Entgegenkommen gegenüber dem militärisch
schwächeren Vertragspartner.
Da auch
Frankreich den Krieg mit Krediten finanzieren mußte und völlig
überschuldet war, kam es nach dem Staatsbankrott vom Juli 1648 Ende August
zu Barrikadenkämpfen in Paris. Doch selbst jetzt hat Servien den
Reichsständen jede Konzession einer Textveränderung hinsichtlich der
Bestandsgarantie der elsässischen Reichsstädte, insbesondere der
Dekapolis [94], versagt. Es blieb bei den Vereinbarungen des
Vorvertrags. Der am 24. Oktober 1648 unterzeichnete Friede sagte also über
die Satisfaktion an Frankreich:
1. Das
supremum dominium und die iura superioritatis der lothringischen
Städte und Diözesen Metz, Toul und Verdun, namentlich die Festung
Moyenvic, gehören auf ewig der Krone
Frankreich.
2. Kaiser und Reich treten dem
Allerchristlichsten König und seinen Nachfolgern im Königreich das
ius directi dominii [95] und das ius superioritatis
über die piemontesische Grenzfestung Pinerolo
ab.
3. Kaiser, Reich und Haus Österreich
treten auf ewig dem Allerchristlichsten König und der Krone Frankreich die
iurisdictio, die superioritas und das supremum dominium an
der Stadt Breisach, der Landgrafschaft des Ober- und des Unterelsaß, dem
Sundgau und der Reichslandvogtei Hagenau über die Dekapolis [96]
ab.
4. Kaiser und Reich räumen dem
Allerchristlichsten König und seinen Nachfolgern im Königreich ein
ewiges Protektions- und Garnisonsrecht in Philippsburg ein sowie ein freies
Zufahrtsrecht dahin zu Wasser und zu Lande. Im übrigen dürfen
rechtsrheinisch zwischen Basel und Philippsburg keine neuen Befestigungen
errichtet oder der Rheinlauf verändert werden: Philippsburg und Breisach
als Frankreichs Brückenköpfe nach Deutschland hin sollten nicht
entwertet werden dürfen.
V. Die
schwedische Militär-Satisfaktion und der Nürnberger Exekutionstag
1649/50
Wenn es nur um die allgemeinen Rechte der
Reichsstände, um die Satisfaktionen an Frankreich und an Schweden und um
die Lösung der Pfalzfrage gegangen wäre, dann hätte im Herbst
1647 der Friede unterzeichnet werden können. Allerdings, wie beschrieben,
sind erst im Frühjahr 1648 die Vereinbarungen über das Religionsrecht
und über die Satisfaktion Hessen-Kassels zustande gekommen. Und auch dann
war noch nicht alles im Lot. Ein ganz heikler Punkt hieß schwedische
"Militär-Satisfaktion". [97]
Auch das
Kennwort "Militär-Satisfaktion" war ein verschleiernder Kampfbegriff der
politischen Semantik von 1648. Es ging um die Frage, wer die
Demobilmachungskosten der etwa 60.000 auf Reichsboden befindlichen schwedischen
Soldaten [98] aufbringen solle. Denn das arme Schweden leistete sich
seit Jahrzehnten einen für seine Verhältnisse völlig
überdimensionierten Militärapparat. Mit ihm konnte es unter direkter
Abschöpfung des Sozialprodukts der besetzten Länder (Stichwort:
Kontributionen) und solange regelmäßig französische Subsidien
flossen, immerzu weiter Krieg führen, und es war in den letzten Jahren des
Dreißigjährigen Krieges in diesem Metier besonders erfolgreich. Die
schwedische Militärmaschine jedoch mit eigener Kraft abzuschalten, weil man
nun im Frieden leben wollte und sollte und folglich kein oder nur wenig
Militär mehr benötigte - eine solche Aufgabe überforderte die
nordische Monarchie völlig, weil dies für sie zu teuer war. Schwedens
Armee bestand zu etwa zwei Dritteln aus fremden Söldnern, die aufgrund
einer vertraglichen Vereinbarung nicht mit dem Kriegsherrn, sondern mit ihrem
Kriegsunternehmer Soldat geworden waren. Dabei hatte jeder ein verbrieftes Recht
auf Auszahlung aller eventuell aufgelaufenen Sold-Rückstände beim
Vertragsende erworben (was in der Regel viel war), oft auch zusätzlich das
Recht auf ein erhebliches Abdankungsgeld (womöglich in Höhe eines
mehrfachen Monatssoldes). Blieb davon etwas aus, war Schlimmstes zu
befürchten. Wenn man indessen die benötigten kleineren und
größeren Einzelposten addierte, kam eine schwindelerregende Summe
zustande, welche die finanziellen Kapazitäten Schwedens um ein Vielfaches
überstieg. Friedenschließen ohne Finanzierung der schwedischen
Demobilmachung durch Dritte war faktisch ein Ding der
Unmöglichkeit.
Schon 1635 war man daher auf
den Ausweg verfallen, die Demobilmachungskosten (für Abzug und Abdankung
der Truppen) dem künftigen Friedensvertrags-Partner aufzuhalsen. An dieser
Maxime hatte man nicht mehr rütteln lassen. Schweden verlangte also eine
zusätzliche Schlußzahlung für den Abzug seiner Truppen aus dem
Reich - ähnlich wie Deutschland am 9. Oktober 1990 den Abzug der Truppen
der Sowjetunion bis zum Jahre 1994 mit einer vertraglich vereinbarten hohen
Geldzahlung honoriert hat. [99] Seine Forderungen hatte Schweden in der
Proposition vom 11. Juni 1645 dem Grunde nach angemeldet, und es hatte davon
erneut im Herbst 1647 gesprochen, jedoch vergeblich. Man hatte die Lösung
des Problems weiter vor sich hergeschoben.
Sollte
jedoch der Kongreß, wie es die reichsständische Friedenspartei im
Frühjahr 1648 unbedingt wollte, schnell zu Ende kommen, so mußte auch
diese Sache endlich angepackt werden. Da nun Steuergelder des Reiches nicht ohne
Zustimmung der Reichsstände aufzubringen waren und da der Kaiser sich
weigerte, den Reichsständen eine entsprechende Vorlage zuzuleiten, ergriff
Kurmainz die formelle Initiative (was ihm verfassungsrechtlich nicht zustand)
und brachte das Thema "Militär-Satisfaktion" vor die Osnabrücker
Reichskollegien. Vom 9. Mai bis zum 1. August 1648 haben diese mit Schweden die
Militär-Satisfaktion ausgehandelt, deren Regelungen in den
Schlußbestimmungen des Osnabrücker Friedens untergebracht
wurden. [100] Die in Münster verbliebenen Reichsstände sind in
diese Beschlußfassung nie einbezogen worden, die Kaiserlichen haben sich
erst zum Schluß eingeschaltet. Die Abmachung über die schwedische
Militär-Satisfaktion war genuine
Reichsstände-Politik.
Unmittelbar nach diesem
Abschluß haben sie mit politischem Druck erreicht, daß die
Kaiserlichen und die Schweden am 6. August 1648 das fertige Osnabrücker
Friedensinstrument kongreßöffentlich verlesen und durch Handschlag
vereinbart haben. Seit Ende September wurde dieser Vertragstext nun allenthalben
zum Kauf angeboten. Der Friede mit Schweden war im Hafen - wenn auch die
Unterzeichnung und Besiegelung mit Rücksicht auf den Bündnispartner
Frankreich [101] noch ausgesetzt wurde und erst am 24. Oktober in
Münster erfolgt ist.
Die am 12. Juni 1648 von
den Reichsständen beschlossene Höhe der Militär-Satisfaktion
betrug 5 Millionen Reichstaler. [102] Dieser Betrag sollte von sieben
Reichskreisen [103] in drei Raten ausgezahlt werden, und zwar bereits
vor der Ratifikation 1,8 Millionen in bar und 1,2 Millionen als
Schuldverschreibungen. Das belastete insgesamt jeden betroffenen Reichsstand mit
133,5 Römermonaten [104] - eine gewiß große, aber eine
keineswegs exorbitante Summe im Vergleich zu den Steuern, die im letzten
Jahrzehnt für die Kriegsfinanzierung auferlegt worden waren. Die
5-Millionen-Summe reichte übrigens, wie sich gezeigt hat, für den
erforderlichen Zweck vollständig aus. Der Teufel steckte jedoch im Detail.
Denn der Friedensvertrag enthielt "Lücken und
Ungereimtheiten" [105], die sich bis zur Ratifikation (18. Februar 1649)
unmöglich beseitigen ließen. Sie machten schließlich eine neue
reichstagsähnliche Zusammenkunft der Armee-Spitzen mit den
reichsständischen Deputierten erforderlich, den sogenannten
"Nürnberger Exekutionstag", zu dem zuerst der schwedische Generalissimus
und dann der Kaiser eingeladen haben (10. und 31. März
1649).
***
Der Nürnberger Exekutionstag hat vom Mai 1649 bis
zum Juli 1650 gedauert. Er hat mit Ausführungsverträgen vom 26. Juni
1650 (Schweden) und vom 2. Juli 1650 (Frankreich) den Abzug der fremden Truppen
aus den Quartieren im gesamten Reich in drei Etappen während der zweiten
Jahreshälfte geregelt. Erst dieser Truppenabzug bedeutete für die
meisten deutschen Menschen das wirkliche Ende des Dreißigjährigen
Krieges. Ende 1650 war es so weit. Die fremden Truppen waren bis auf wenige
Ausnahmen abgezogen. Jetzt konnte für die Zivilbevölkerung konkret der
Friede beginnen.
Nach einem langen Krieg eine
geordnete Demobilmachung zu ermöglichen, ist auch heute noch schwierig und
war damals ein logistisches Problem ersten Ranges. Seine Meisterung war eine
große organisatorische Leistung. Dies kann sich neben den Verdiensten der
Unterhändler von Münster und Osnabrück durchaus sehen lassen,
obgleich die deutsche Geschichtsschreibung bis vor kurzem von den
Nürnberger Exekutionsverhandlungen - abgesehen von dem kulturellen
Widerhall, den sie hervorriefen - nur selten gesprochen hat. Zwar ging es in
Nürnberg um ganz trockene Dinge wie Zahlungsmodalitäten,
Unterhaltskosten, Naturallieferungen, Transportunterstützung, Abzugs- und
Abdankungstermine, Umlegeverfahren, Haftungspflichten und tausend Alltagsdinge
mehr - lauter Herausforderungen an die Administration, praktische Aufgaben,
für deren Lösung in Zusammenarbeit der Besatzungstruppen mit den
kommunalen und staatlichen Instanzen klare und realisierbare Regeln
zunächst zu vereinbaren und dann einzuhalten waren. Das ist im großen
und ganzen erstaunlich reibungslos gelungen. Der
"Friedens-Exekutions-Haupt-Rezeß" mit Schweden trägt zwar einen
komplizierten Namen [106], enthielt aber wohldurchdachte Regeln und
praxisnahe Anweisungen. Sie regelten die Demobilmachung der etwa 60.000
schwedischen Soldaten, die am 24. Oktober 1648, gegen Ende der Kampfhandlungen,
im ganzen Reich - vom Bodensee bis Prag und zwischen Ems und Oder - auf
über 80 feste Plätze verstreut als Besatzung lagen und weitestgehend
von der Kontribution des jeweiligen Umlandes lebten. Es mußte aber auch
für die nicht-schwedischen Truppen Vorsorge getroffen werden, die in
über 130 anderen Quartieren und festen Plätzen lagen, die
französischen, die hessen-kasselischen auf der einen und die kaiserlichen,
kurbayerischen, spanischen und lothringischen auf der anderen Seite. Insgesamt
gab es 1648/50 etwa 125.000 bis 150.000 Soldaten im Reich - bei einer
Bevölkerung von etwa 10 bis 12 Millionen Menschen, die den
Dreißigjährigen Krieg überlebt
hatten.
Die Nürnberger Beratungen haben sich
keineswegs geradlinig und zielstrebig vom Frühjahr 1649 zum Sommer 1650 auf
das schließlich erreichte Ziel hin bewegt. Es sah mehrfach nach einem
Scheitern aus, weil zu widersprüchliche Interessen aufeinanderprallten und
sich nicht ohne Mühe bündeln ließen. Einzelheiten können
wir hier nicht ausbreiten; sie sind seit jüngstem
nachzulesen. [107] Festzuhalten ist aber, daß nicht zuletzt die
umsichtige Konsequenz der schwedischen und der kaiserlichen Generalität
alle Schwierigkeiten schließlich zu meistern erlaubt hat. Neben den
bekannten Unterhändlern des westfälischen Friedenskongresses sollten
deshalb auch die beiden Namen im Gedächtnis haften bleiben, die unter dem
Friedens-Exekutions-Haupt-Rezeß stehen: der kaiserliche
Oberbefehlshaber, General Ottavio Piccolomini (1599-1656), der schon bei
Wallensteins Untergang eine zentrale Rolle gespielt hatte und der in den
Nürnberger Akten wegen seiner süditalienischen Besitzungen als
"
Duca d'Amalfi" erscheint, vor allem aber der junge schwedische Generalissimus Karl Gustav,
Pfalzgraf von Pfalz-Zweibrücken-Kleeburg (1622-1660), der 1649 schwedischer
Thronfolger geworden war und 1654 als König Karl X. Gustav seine Cousine
Christina ablöste. Er war gewiß kein bequemer Verhandlungspartner.
Aber er hatte Augenmaß und (schließlich) Erfolg und führte die
schwedischen Truppen aus den fremden Territorien ab. Im Jahre 1650 kehrte in
Deutschland nach 30 Jahren beispielloser Kriegswirren Friede ein und ließ
sich
feiern.
ANMERKUNGEN
Die Belegstellen dieses Beitrags im einzelnen nachzuweisen, würde einen zu
umfangreichen Anmerkungsapparat erfordern. Ausgedehnte Literaturangaben für
die Zeit bis 1995 enthält Duchhardt 1996. Neueres in Duchhardt 1998 sowie
in Repgen 1998. Standardwerke bleiben Poelhekke 1948; Dickmann 1998; Oschmann
1991. Vgl. aber auch Odhner 1877, Ruppert 1979.
1.
Im folgenden als
Friede von Münster bezeichnet. - Alle Zeitangaben
im Beitrag beziehen sich auf den Gregorianischen
Kalender.
2. Im folgenden als
Osnabrücker
Friede bezeichnet, auch IPO (=
Instrumentum Pacis
Osnabrugensis).
3. Im folgenden als
Münsteraner Friede bezeichnet, auch IPM (=
Instrumentum Pacis
Monasteriensis).
4. Rechenschaftsbericht des
Alvise Contarini (1597-1651), venezianischer Botschafter, als Vermittler
für die spanischen und kaiserlichen Verhandlungen mit Frankreich 1643-1649
in Münster, aus dem Jahre 1650: Fiedler 1866, I, S.
203.
5. Außerdem wechselnde italienische
Mittelstaaten.
6.
Uterque congressus pro uno
habeatur.
7. 16. Juli 1641: Verlängerung
des französisch-schwedischen Kriegsbündnisses bis zum
Friedensschluß. 1638, bei dem Abschluß des dreijährigen
Bündnisses mit Schweden, hatte Frankreich von Schweden anerkennen lassen,
daß die künftigen Lübecker Verhandlungen mit dem Kaiser und die
geplanten Kölner Verhandlungen eine Einheit bilden
sollten.
8. Im Falle des
spanisch-niederländischen Friedens sogar erst die Ratifikation der
Verträge.
9. Die niederländische
Delegation kam am 11. Januar 1646 in Münster an, der kaiserliche
Chefunterhändler Trauttmansdorff reiste am 16. Juli 1647
ab.
10. Bosbach 1984, S.
14f.
11. Dickmann 1998, S.
275.
12. Salvius traf am 28. November 1643 ein,
Johan Oxenstierna am 6. April 1644.
13. Vom
27./30. Mai 1646 datieren die niederländische und spanische Triplik,
vermutlich am 8. Juli legten die Generalstaaten einen kompletten Vertragsentwurf
in 70 Artikeln vor. Diese bildeten die Vorstufe für die in vier Abschnitten
zwischen Mitte Dezember und Anfang Januar 1646/47 vereinbarten
"Provisionalartikel", die am 8. Januar 1647 unterzeichnet wurden. Der
Friede
von Münster wurde am 15. Januar 1648 gesiegelt, am 30. Januar
unterzeichnet, am 15. Mai ratifiziert und beschworen und am 16. Mai
öffentlich proklamiert. Bereits in dem Projekt von Anfang Juli 1646 bestand
Klarheit über die entscheidende Vereinbarung des gesamten Vertrages (Art.
1): "Der König [von Spanien] erklärt und erkennt an, daß die
Generalstaaten der Vereinigten Niederlande und ihre Provinzen [...] freie und
souveräne Stände, Provinzen und Länder
sind".
14. Fabio Chigi (1599-1667), Bischof von
Nardò, 1639-1651 Kölner Nuntius, 1644-1649 als Vermittler zwischen
Frankreich, dem Kaiser und Spanien in Münster, 1652
Kardinalstaatssekretär, 1655-1667 Papst (Alexander VII.).
15. Am 13. September 1646 bei der Vereinbarung
der Satisfaktionsartikel, am 24. Oktober 1648 bei der Unterzeichnung des
Münsteraner Friedens und am 18. Februar 1649 bei der
Ratifikation.
16. Drei Beispiele: Trauttmansdorff
mit d'Avaux
am 17. Mai und 29. Juli 1646, Servien mit Brun am 11. Dezember
1646.
17. Am 6. Juli 1648 bestätigte der
Kaiser lediglich Art. 53 des Friedens von Münster (Neutralität,
Freundschaft und gute Nachbarschaft), nicht den Gesamtvertrag. Im übrigen
vgl. Feenstra 1952.
18.
§ 3
IPM.
19. König Ludwig XIII. war 1643
gestorben, der Kronprinz Ludwig XIV. war 1638 geboren. Sein Vormund war Anne
d'Autriche,
Schwester Philipps IV. (spanischer König
1621-1665).
20. Ausdruck Blickle
1998.
21. Contarini an Senat Venedig,
Münster, 25. Oktober 1648 (Cod. Marciano 8153 fol.
277/278).
22. Eine Beilegung des
Sukzessions-Konflikts zwischen Schweden und Polen-Litauen, der 1629 und 1635
durch längerfristige Waffenstillstände unterbrochen worden war, ist
nie auf die Tagesordnung des westfälischen Friedenskongresses
gekommen.
23. Eine solche war Kurbrandenburg unter
dem Großen Kurfürsten (reg. 1640-1688) und etwas später, im
deutschen Geschichtsbild weniger präsent, das Hochstift Münster unter
dem "Kanonenbischof" Christoph Bernhard von Galen (reg. 1650-1678).
24. Die Gesamtzahl der reichsunmittelbaren
Personen und Institutionen, vom Mainzer Kurfürsten bis zum ärmsten
Reichsritter, zur kleinsten Reichsstadt und zum letzten Reichsdorf herab,
dürfte etwa 1700 betragen haben.
25. Die
Kurstimme, die die Habsburger als Könige von Böhmen führten,
wurde zwischen 1526 und 1708 nur bei Kaiser- und Königswahlen abgegeben; an
den sonstigen Abstimmungen des Kurfürstenrates nahm kein habsburgischer
Vertreter teil, so daß es für gewöhnlich vor 1648 nur sechs
stimmberechtigte Mitglieder gab.
26. 1648, bis
Ende September, in Osnabrück.
27. Bezeichnung
einer Beschlußvorlage aller Reichsstände an den
Kaiser.
28. Daß auch die Reichsstädte
ein "Decisiv"-Votum erhalten sollten, war seit 11. Juni/25. September 1645
gemeinsamer politischer Wille beider Kronen und des Kaisers. Es steht in Art.
VIII, 4 des IPO (=§ 65 IPM).
29. Der bedeutende Jurist Samuel Pufendorf
(1632-1694) publizierte 1667 unter Pseudonym eine schneidende Kritik an der
Verfassung des Reiches (Severinus de Monzambano, De statu Imperii Germanici), in
der (c.6 § 9) das berühmte Diktum steht, sie gleiche einem
"
monstrum".
30. Art. VIII, 1 IPO (=§ 62 IPM)
bestätigt mit einer Generalklausel die herkömmlichen
Territorialrechte, Art. VIII, 2 (=§ 63 IPM)
nennt im Absatz 1 fünf Materien ausdrücklich als durch den Reichstag
zustimmungsbedürftig: (1) Erlaß neuer und Interpretation bestehender
Gesetze, (2) Entscheidung über Reichskrieg, (3) Beschluß über
Steuern, Werbungen und Einquartierungen, (4) Errichtung neuer und Erneuerung
bestehender Reichsfestungen, (5) Absatz 1: Friedens- und
Bündnisschluß; Absatz 2 erlaubt reichsständische Bündnisse
untereinander und mit ausländischen Mächten, soweit sie nicht gegen
den Reichslandfrieden, den Kaiser und das Reich gerichtet
sind.
31. Nicht so das von Frankreich geforderte
Verbot der römischen Königswahl zu Lebzeiten des Kaisers, das dann
auch nicht Vertragsklausel wurde, sondern ein
negotium remissum (Art.
VIII, 3 IPO = § 64 IPM)
32. Es sei "
vergeblich, den stenden dieses
jus in disputat zu ziehen", meinten resigniert die Wiener Räte im
entscheidenden Gutachten vom Juli/August 1645 (HHStA Wien, Staatenabteilung,
Bavarica 2 c fol. 58 [v] ).
33. Gutachten
der Wiener Räte (wie Anm. 32) fol. 71-76.
34.
§ 79 des
Prager Friedens vom 30. Mai 1635 (Bierther 1997, S. 1626) betraf allein
Bündnisse innerhalb des Reiches und generalisierte, was schon 1519 in
§ 6 der
Wahlkapitulation Karls V. hinsichtlich der "Untertanen, des Adels und des
gemeinen Volks" verboten worden war (Zeumer 1913, S.
310).
35. Man nannte ihn "Römischen
König".
36.
Art. VIII, 3 IPO = § 64
IPM.
37. Unterzeichnete Vorverträge über
die Reichsjustiz (=
de reformatione iustitiae: Art. V, 53-57 IPO) am 7.
März, über das Religionsrecht der Territorien und Schlesiens
respektive der kaiserlichen Erblande (=
de autonomia: Art. V, 30-37,
38-41 IPO) am 18. März, über den Religionsfrieden (=
de
gravaminibus: Art. V, 1-29, 42-52 IPO) am 24. März 1648. Der Art. VII
(über das Religionsrecht der Reformierten) wurde am 23. April 1648
unterschrieben.
38.
Itio in partes: Art. V,
52 IPO.
39.
Aequalitas exacta mutuaque:
Art. V, 1 IPO.
40. Frankreichs Proposition vom
11. Juni 1645 enthielt unter Punkt 9 ähnliche konfessionspolitische
Postulate wie die schwedische Proposition unter Punkt 7, doch zogen die
französischen Unterhändler diese Forderung wegen des (erwarteten)
Einspruchs des Nuntius sofort zurück und legten ein neues Aktenstück
ohne diese Klausel vor, das Gegenstand aller weiteren Verhandlungen mit
Frankreich geworden ist. So war Frankreich während des ganzen Kongresses
der Schwierigkeit enthoben, zum Reichs-Religionsrecht verbindlich Stellung
beziehen zu müssen. Infolgedessen steht das Religionsrecht von 1648 im
Osnabrücker Vertrag; der Münsteraner Friede
§ 47)
begnügt sich mit einem Querverweis auf die religionsrechtlichen Regelungen
in Osnabrück unter summarischer Anerkennung und Übernahme der Artikel
V und VII IPO.
41. Hessen-Kassel, das die Anregung
zu den religionsrechtlichen Passagen der Propositionen gegeben hatte, war
reformiert.
42. Maximilian Graf Trauttmansdorff
(1584-1650), Obristhofmeister und seit dem Regierungsantritt Ferdinands III.
(1608-1657) im Jahre 1637 leitender Minister am
Kaiserhof.
43. Stärker verändert sind im
IPO 1648 die Bestimmungen über die Reichsjustiz (Art. V, 53-56 IPO) und das
Sonderrecht der habsburgischen Erblande (Art. V, 38-41 IPO), neu hinzu kamen
Regelungen für die bikonfessionellen schwäbischen Reichsstädte
Augsburg, Biberach, Dinkelsbühl und Ravensburg (Art. V, 3-11 IPO). Die
übrigen (zahlreichen) Unterschiede zwischen dem endgültigen Text vom
24. März 1648 = 24. Oktober 1648 und dem
Trauttmansdorffianum vom
13. Juni 1647 sind redaktioneller Natur.
44. Er
hat ihn Ende November 1647 in einer großen Zahl warnender Noten den
Reichsständen amtlich übermittelt und seine
Widerspruchsankündigung am 24. Dezember 1647 beim Kurmainzischen
Reichsdirektorium hinterlegt. Die formellen Proteste, zunächst gegen den
Osnabrücker und danach gegen den gesamten
Westfälischen
Frieden stammen vom 14. und 24. Oktober 1648, teilweise erweitert und
wiederholt am 19. Februar 1649. Das auf den 26. November 1648 vordatierte
päpstliche Breve (
Zelo domus Dei) ist im September 1650 publiziert
worden.
45. So nannten die Zeitgenossen die
mächtigeren (=
prinzipalsten) katholischen Reichsstände wie
Kurmainz, Kurbayern, Bamberg und
Würzburg.
46. Vgl. oben Anm.
37.
47. Schwer übersetzbar: Richtering 1948:
"ewiges und
allgemeines Grundgesetz des
Reiches";
Müller 1975:
"immerwährende
Satzung und ein Grundgesetz des
Reiches";
Buschmann 1994:
"dauerndes
Verfassungsgesetz des
Reiches";
Ralf Klötzer in Duchhardt/Jakobi 1996:
"immerwährendes
Gesetz und eine Grundordnung des
Reiches".
48.
Richtmaß für die Rechtsprechung.
49.
Wie: Toleranz versus Intoleranz.
50. Vor allem
rechtsdogmatisch wichtig sind jedoch die individualrechtlichen Regelungen des
Emigrationsrechts von 1648 (Art. V, 30, 35, 36, 37 IPO).
51. Höhepunkt war die Subsumierung der
lutherischen und calvinistischen Reichsstände - ungeachtet der
fortdauernden kirchentrennenden Unterschiede - unter der juristischen
Begriffskonstruktion einer kirchlichen Einheit der
"Augsburgischen
Konfessionsverwandten. Eine andere Kompromißklausel betraf die
Bischofswahl-Bestimmungen für das Hochstift Osnabrück mit einem
alternierenden Katholiken und lutherischen Welfenprinzen (Art. XIII,1
IPO).
52. Heckel 1983, S.
200.
53.
Perpetua oblivio et amnestia
§ 2
IPM = Art. II IPO).
54. Art. III IPO =
§ 5
IPM.
55. Art. IV, 26 und 27 IPO; vgl.
§§ 33 und
34 IPM. Es wurden dadurch die Folgen der Ächtung des Markgrafen Georg
Friedrich (1573-1638) und ein Reichshofratsurteil aus dem Jahre 1622
rückgängig gemacht.
56. Art. IV, 24 und
25 IPO; vgl.
§§ 31 und
32 IPM. Es wurden dadurch die letzten Folgen des Restitutionsedikts (1629)
für Württemberg rückgängig
gemacht.
57. Art. IV, 28-44 IPO: Brandenstein,
Croy, Erbach, Falkenstein, Hanau, Hohenlohe, Isenburg, Löwenstein-Wertheim,
Nassau-Saarbrücken, Nassau-Siegen, Öttingen, Rhein- und Wildgrafen,
Sayn, Solms, Solms-Hohensolms, Waldeck. Außerdem Privatbesitz
Khevenhüller, Löffler und Rehlingen (Art. IV, 45
IPO).
58. Art. IV, 2-19 IPO =
§§ 10-23
IPM. Art. IV,11 IPO =
§§ 19 IPM
sind noch materialiter, Art. IV,15 IPO =
§§ 23 IPM
noch redaktionell verändert worden. Die kaiserliche und französische
Urkunde enthielten jeweils eine katholische, die schwedische eine lutherische
Bestandsgarantie, die im IPO und IPM fehlen.
59.
Sie bildeten als Söhne Wilhelms V. (1548-1626, 1579-1597 Herzog von Bayern)
die
wilhelminische Linie.
60. Nachkommen
des 1319 verstorbenen Pfalzgrafen Rudolfs II., Herzog von Oberbayern. Zu ihr
gehörten 1648 außer Karl Ludwig als Abkömmling der Linie
Pfalz-Simmern noch die vier Familien Pfalz-Neuburg, Pfalz-Sulzbach,
Pfalz-Zweibrücken und Pfalz-Birkenfeld.
61.
Und, in deren Schatten, Hessen-Kassels.
62.
Einschließlich des seit 1556 de facto säkularisierten Hochstifts
Kammin.
63. Zwischen 1567 und 1585 vorherrschend
lutherisch geworden, de iure aber noch Reichskirchengut, mit einem
protestantischen Administrator.
64. In der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts de facto lutherisch geworden, de iure aber noch
Reichskirchengut, mit einem protestantischen
Administrator.
65. Ausgenommen natürlich
Schlesien, das aber nur schwedische Verhandlungsmasse
darstellte.
66. Alle drei Odermündungen und
das rechte Oderufer einschließlich Stettin sollten zu Vorpommern
geschlagen werden.
67. Ausschluß der
Reichsgerichtsbarkeit als letzter Instanz.
68. Das
trat 1680 ein.
69. 1625 Fürstbischof von
Osnabrück, 1629 von Minden, 1630 von Verden, 1633 Administrator für
Hildesheim, 1645 Apostolischer Administrator von
Bremen-Hamburg.
70. Die Bestimmungen des Artikels
XIII, 9-13 IPO (Kloster Walkenried und Gröningen, Tillysche Erbschaft und
Kapitelspfründen in Ratzeburg und Straßburg) übergehen wir hier.
71. Sie wurde seit 1606 durch hessen-kasselische
Prinzen administriert.
72. Art. XVI, 1-11 IPO =
§§ 48-56
IPM.
73. Bückeburg, Sachsenhagen, Schaumburg
und Stadthagen.
74. Art. XV,13 IPO =
§ 58
IPM.
75.
§§ 69-91
IPM.
76.
§ 88
IPM.
77.
§ 89 IPM:
zwei Drittel an Frankreich, ein Drittel an
Vorderösterreich.
78. Genannt werden die
Waldstädte: Sammelbezeichnung für Laufenburg, Rheinfelden,
Säckingen und Waldshut am Oberrhein.
79.
Südwestlich von Heidelberg, am Rhein, bei Udenheim, am 12. September 1645
durch französische Truppen erobert. Philippsburg gehörte rechtlich dem
Trierer Kurfürsten Philipp Christoph von Sötern (1567-1652, 1610
Fürstbischof von Speyer, 1623 Kurfürst von Trier, 1632
Protektionsvertrag mit Frankreich, 1635-1645 zuerst in spanischer, dann in
kaiserlicher Haft).
80. Die Bereitschaft zur
reichsrechtlichen Anerkennung des französischen Besitzes der
piemontesischen Festung Pinerolo, der lothringischen Festung Moyenvic, der
Städte Metz und Toul und der Hochstifte Metz, Toul und Verdun hatten die
Kaiserlichen seit Ende November 1645 auf verschiedenen Wegen signalisiert. Die
Replik übergeht diesen Punkt.
81.
Ulterior
Declaratio.
82.
Ultima Generalis
Declaratio.
83. APW II A 4 (Kaiserliche
Korrespondenzen vom 17. April bis 14. September 1646), APW II B 3 und 4
(Französische Korrespondenzen vom 25. November 1645 bis 7. Juni 1646 und 9.
Juni bis 23. November 1646). Franz Bosbach faßt die Ergebnisse in einer
ausführlichen Einleitung zu II B 3
zusammen.
84. Das zeitgenössische Kennwort
dafür hieß
dismembratio (von
membrum = Glied
abgeleitet).
85. Wie:
superioritas, sublime
territorii ius.
86. Oberstes
Herrschaftsrecht.
87.
Episcopatus
districtus.
88. Auch dieser wird
Trauttmansdorffianum genannt.
89. Vor der
Abreise Trauttmansdorffs übergeben.
90. Zum
Beispiel die Grafschaft Pfirt, die dem Bischof von Basel
gehörte.
91. Bayern hatte am 14. März
1647 mit Schweden und Frankreich einen Waffenstillstand abgeschlossen, den es am
14. September gegenüber Schweden kündigte, nachdem es sich am 7.
September mit dem Kaiser vertraglich über den Rücktritt auf seine
Seite geeinigt hatte. Frankreich hat auf schwedischen Druck den Waffenstillstand
mit Bayern am 29. Dezember 1647
aufgekündigt.
92. 1648 ist das an den Anfang
des Vertrags gerückt worden:
§§ 3 und 4
IPM.
93. 1648 ist jedoch die Stadt Straßburg
noch in die reichsständische Schutzklausel aufgenommen, und es ist die
Übergabe der Akten und Urkunden geregelt worden
§§ 87, 90,
91 IPM).
94. Colmar, Hagenau, Kaisersberg, Landau,
Münster im St. Georgiental, Oberehnheim, Rosheim, Schlettstadt,
Türckheim und Weißenburg.
95. Hier:
lehnsrechtliches Obereigentum.
96. Der
Reichslandvogt von Hagenau hatte ein Schutzrecht über die
Dekapolis.
97. Die Regelungen über die
hessen-kasselische Militärsatisfaktion, die erst am 5. August 1648
verabschiedet worden ist, bleiben im folgenden unberücksichtigt, ebenso die
Regelungen über die Demobilisierung der kurbayerischen und der kaiserlichen
Truppen.
98. Oschmann 1991, Anhang
II.
99. Das Regierungsabkommen "über einige
überleitende Maßnahmen" zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
der UdSSR vom 9. Oktober 1990 sah eine Summe von 3 Milliarden DM und einen
Truppenabzug bis spätestens Ende 1994 vor. Tatsächlich war der Abzug
schon Ende September 1994 vollzogen, und tatsächlich sind von Deutschland
13,95 Milliarden DM bezahlt worden.
100. Art.
XVI, 8-10, 12 IPO.
101. Im August 1648
verhandelten die Reichsstände mit Servien noch einmal (und vergeblich) um
eine Klärung der Bestandsgarantie für die Reichsunmittelbaren im
Elsaß, im September über das Verbot einer künftigen
Unterstützung Spaniens durch Wien, politisch gesprochen: um die Trennung
des Kaisers von Spanien, deren Genehmigung die Kaiserlichen am 6. Oktober den
Reichsständen mitteilten.
102. Art. XVI, 8
IPO.
103. Kurrheinischer, oberrheinischer,
schwäbischer, fränkischer, niederrheinisch-westfälischer,
niedersächsischer und obersächsischer
Reichskreis.
104. Ein "Römermonat" war die in
der Reichsmatrikel aufgeführte Berechnungseinheit für die
Reichssteuern, tabellarisch aufgeschlüsselt für einen jeden
Reichsstand.
105. Oschmann 1991, S.
481.
106. Hingegen hieß das Abkommen mit
Frankreich einfach
Haupt-Rezeß.
107.
Oschmann 1991.
© 2001 Forschungsstelle "Westfälischer Friede", Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, Domplatz 10, 48143 Münster, Deutschland/Germany. - Stand dieser Seite: 2. Mai 2002