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(94 KB)   Anon. [Wolfgang Heimbach zugeschrieben]: Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen zu Pferde / Münster, Stadtmuseum / Münster, Stadtmuseum/Tomas Samek   Informationen zur Abbildung

Anon. [Wolfgang Heimbach zugeschrieben]: Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen zu Pferde / Münster, Stadtmuseum / Münster, Stadtmuseum/Tomas Samek
FAMILIEGalen, von
VORNAMEChristoph Bernhard
TITELGraf
BERUF / FUNKTIONPriester, Domherr, Gesandter, Bischof von Münster


GESCHLECHTmännlich
GEBURT DATUM1606-10-12   Suche
GEBURT ORTHaus Bisping, Rinkerode [Drensteinfurt-Rinkerode]
KONFESSIONkath.
TOD DATUM1678-09-19   Suche
TOD ORTAhaus, Schloss
BEGRÄBNIS DATUM1678
BEGRÄBNIS ORTMünster, Dom, St. Josephs-Kapelle (Galensche Kapelle)


VATERGalen, Dietrich von (gest. 1645), Offizier, Landmarschall in Kurland und Semgallen
MUTTERHörde zu Störmede, Katharina von


ÄMTER / FUNKTIONEN | Münster, (Fürst-)Bistum < - 1802> | Landesherr | 55 | 1650-11-14 - 1678-09-19
14.11.1650: Wahl zum Fürstbischof (Devise: PIE IVSTE FORTITER); 18.09.1652: Unterzeichnung der Wahlkapitulation; 1661: Wahl zum Administrator der Fürstabtei Corvey;


BIOGRAFIEGeboren als Kind protestantischer Eltern am 12.10.1606 auf Haus Bisping bei Rinkerode im Münsterland, wurde er doch katholisch erzogen: Denn der Vater Dietrich von Galen, auch im Baltikum begütert, wo er den Titel eines kurländischen Erbmarschalls besaß, hatte während eines Landtages in Münster am 15.02.1607 den münsterischen Erbmarschall Gerd Morrien zu Nordkirchen getötet - wegen eines Jagdstreites in der Davert - und mußte zwölf Jahre auf Burg Bevergern im Arrest verbringen. Er konvertierte und siedelte nach seiner Freilassung auf seine baltischen Güter über. Der junge Christoph Bernhard wurde 1616-1622 unter der Obhut des Onkels, des münsterischen Domherrn Heinrich von Galen (gest. 1622), von den münsterischen Jesuiten am Paulinum katholisch erzogen.

Den Jesuiten verdankte Galen ein festgefügtes, konfessionellen Kriterien folgendes Weltbild, und der Eifer eines Konvertiten zeichnete ihn lebenslänglich aus. Schon als Dreizehnjähriger wurde er 1619 für eine Präbende (kirchliche Pfründe) am Domkapitel zu Münster nominiert. Seine Studien absolvierte er bei den Jesuiten in Köln und Mainz (1623-1625), an der Universität Löwen (1626) und auf einer Bildungsreise nach Frankreich, wo er sich in Bourges aufhielt, bis er im Juli 1627 nach Münster zurückkehrte. Die schwere Zeit des Dreißigjährigen Krieges war seine eigentliche politische Schule. Das Bistum Münster wurde schwer bedrängt, als im Januar 1633 hessische Truppen das Süd- und Westmünsterland besetzten. Galen, seit 1634 Geistlicher Rat und einer der wenigen politisch engagierten Domherren, übernahm viele diplomatische Aufträge, vor allem zu Verhandlungen mit den kaiserlichen Generälen in Westfalen sowie mit den Hessen über Kontributionsfragen.

Die Hilflosigkeit des Hochstifts gegenüber den äußeren Feinden verfolgte ihn fortan als ein traumatisches Schreckbild. Der Kurfürst übertrug ihm 1642 die Domküsterei und 1643 eine der drei Geheimratsstellen, die in der Regierung für Domherren reserviert waren. Bei den Friedensverhandlungen in Münster gehörte er zur kurkölnischen Gesandtschaft unter dem Osnabrücker Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg, die die katholischen "Maximalisten" vereinigte und die Verteidigung der kirchlichen Interessen betrieb.

Immerhin gelang es, im Westfälischen Frieden die Territorien des Kölner Kurfürsten Ferdinand, der seit 1612 auch als Fürstbischof von Lüttich, Hildesheim und Münster regierte und schließlich als Administrator das Hochstift Paderborn verwaltete, gegen schwedische und hessische Ansprüche zu behaupten. Entscheidend war, daß alle diese Lande inzwischen eine überwiegend katholische Bevölkerung hatten - und dies war das wesentliche Verdienst Ferdinands, der 1623 die zum Teil protestantischen Landstädte militärisch hatte besetzen lassen, um die Gegenreformation durchzuführen.

Insofern hatte Ferdinand die in ihn gesetzten Erwartungen der päpstlichen Kurie erfüllt, die gegen die Vorschriften des Trienter Konzils (1546-1563) ihm die Regierung von fünf geistlichen Staaten gestattete, für die er jeweils Weihbischöfe bestellte. Ferdinand, der nicht einmal die höheren Weihen besaß, war am 13.09.1650 in Arnsberg gestorben, auf dem Weg in seine westfälischen Bistümer, um hier seinem Neffen Max Heinrich v. Bayern den Weg zur Nachfolge zu ebnen. Gelang dies in Köln, Lüttich und Hildesheim, so fürchtete man in Paderborn und Münster, damit wieder in die europäischen Händel hineingezogen zu werden, zumal ja der Krieg zwischen Frankreich und Spanien an der Westgrenze des Deutschen Reiches andauerte.

Das Bischofsideal der katholischen "Maximalisten" dem Friedenskongreß beschrieb der Syndikus des Domkapitels, Dr. Albert Boickhorst (1600-1665) - ein Bruder des Maler Johann Boeckhorst (um 1604-1668) - in der Lebensbeschreibung eines mittelalterlichen münsterischen Bischofes, "Vita S. Erphonis". Das dem Büchlein beigegebene Bildnis des Erpho, der 1085-1097 regiert hatte und angeblich am ersten Kreuzzug (1096-1099) teilgenommen haben soll, zeigt diesen als Kreuzfahrer, als "Pastor bonus et miles Christi" (guter Hirte und Streiter Christi): unter dem Pontifikalgewand die Rüstung; Krummstab und Schwert zierte das Wappen der Fürstbischöfe. Diesem Ideal lebte Christoph Bernhard von Galen nach; als "Prälat im Harnisch", als "Soldat in der Soutane", wie ihn auch seine Kritiker nannten. So wurde er auf Karikaturen dargestellt, die sein Selbstverständnis also durchaus trafen!

Im September 1651 ließ Galen sich zum Bischof weihen. Ende 1652 entließ er den Weihbischof, um die Pontifikalien fortan selbst zu verwalten. Damit folgte er dem Bischofsideal des Konzils von Trient (1545-1563), dessen Reformdekrete er umzusetzen suchte: er beseitigte das im Klerus verbreitete Konkubinat und zog durch halbjährliche Synoden und durch Visitationen einen reformeifrigen Klerus heran. Zudem förderte Galen Wallfahrten - so die Stromberger und die Coesfelder Kreuzwallfahrten, die Wallfahrten zum Annaberg in Haltern und nach Eggerode, schließlich die Marienwallfahrten nach Bethen bei Cloppenburg und nach Telgte.

Er ließ das erste deutschsprachige Diözesangesangbuch herausgeben (1677) und führte 1675 per Synodalstatut die Schulpflicht ein. Zahlreiche Altarstiftungen und Neubauten von Kirchen, etwa in Sassenberg und Bentheim, auch Kirche und Kolleg der Coesfelder Jesuiten gingen auf ihn zurück. Besondere Bedeutung besaß der Ankauf der geistlichen Jurisdiktion im Niederstift Münster (die Ämter Emsland, Cloppenburg und Vechta) 1668 vom Bistum Osnabrück für 10.000 Taler; letzteres wurde ja seit 1661 von dem lutherischen Welfenprinzen Ernst August regiert. Bis heute gehört das Oldenburger Münsterland zur Diözese Münster.

Galens Passion jedoch galt der Außenpolitik - nach den Erfahrungen des Dreißigjährigen Krieges nicht unverständlich. Er regierte selbst, führte den Vorsitz im Geheimen Rat und öffnete eigenhändig die eingehende Post. Persönlich höflich und umgänglich, vertrug er aber keinen Widerspruch und entzweite sich selbst mit engen Beratern. Im Alter sagte man ihm Unverträglichkeit und Starrsinn nach. Das Verhältnis zum münsterischen Domkapitel war gespannt; 1667 wählten die Domherren als Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge den kunstsinnigen, als Dichter bedeutenden Paderborner Bischof Ferdinand von Fürstenberg, der aus Galens Sicht qualifiziert war, weil er sich nicht in seine Politik einmischte.

Christoph Bernhard stand bei seinem Regierungsantritt vor schweren Aufgaben. Truppen auswärtiger, überdies protestantischer Mächte hatten noch mehrere Festungen in dem unter den Spätfolgen des Krieges leidende Land besetzt: die Hessen lagen in Coesfeld, in Bevergern Niederländer, in Vechta Schweden. Es waren Pfänder für die Erlegung hoher Geldzahlungen, die der Westfälische Friedensvertrag festgelegt hatte. Doch das Geld aufzubringen, war in den vom Krieg verheerten Ländern alles andere als einfach, so daß das Hochstift Münster selbst für mehrere in Vorlage treten mußte. Zudem hatte der Westfälische Frieden einen Gutteil der Verantwortung für die Selbstverteidigung ihrer Länder den Fürsten aufgebürdet und ihnen den rechtlichen Rahmen, die Bündnisfreiheit, zugebilligt. Es war der politische Rahmen, den der junge Bischof zu nutzen sich anschickte.

Es gelang ihm, die Gelder für die Auszahlung der Hessen aufzubringen, so daß sie am 08.07.1651 aus Coesfeld abrückten. Als die oranische Garnison in Bevergern den Abzug verzögerte, ließ er die Burg am 28.08.1652 im Handstreich besetzen, was in den Niederlanden einen Sturm der Entrüstung auslöste. Schwieriger war die Rückgewinnung der Stadt Vechta. 1653/54 nahm Galen auch deswegen am Regensburger Reichstag teil. Nachdem die Stadt Münster 50.000 Taler vorgeschossen hatte, zogen die Schweden tatsächlich am 13.05.1654 ab; zur Erinnerung stiftete der Bischof eine silberne Madonna und eine jährlich zu wiederholende Prozession am Himmelfahrtstag, die bis heute gehalten wird. Ähnliche Stiftungen machte der Bischof in Bevergern und Coesfeld, in Bocholt und Borken, Meppen und Rheine - ein Mittel, um die Traumata der Kriegszeit nachdrücklich im Gedächtnis zu halten und um seine Politik militärischer Stärke zu legitimieren.

In Regensburg versuchte Galen zudem, für die Burggrafschaft Stromberg einen zusätzlichen Sitz im Reichstag zu erlangen und die Rückendeckung des Kaisers für die (übrigens berechtigten) münsterischen Ansprüche auf die Herrschaft Borkeloh (heute Borculo) in der niederländischen Provinz Gelderland zu gewinnen. Schon 1642 hatte das Reichskammergericht die Herrschaft als einziehbares münsterisches Lehen anerkannt, wogegen Sprüche eines (eigentlich unzuständigen) geldrischen Gerichtes standen. Die Wappen beider Gebiete nahm er in das bischöfliche Wappen auf, um seine Ansprüche zu demonstrieren.

Das Jahr 1654 kann auch als Gründungsjahr des stehenden Heeres im Fürstbistum gelten. Aus der kaiserlichen Armee des Dreißigjährigen Krieges in Westfalen hatte Galen 1651 1.500 Soldaten übernommen, die er nun zu einer Streitmacht von 3000 Mann aufstockte, um als Bündnispartner attraktiv zu sein - und um das "Malta des Nordens", wie er gegenüber dem Papst sein Bistum einmal nannte, gegen die protestantischen Nachbarn zu behaupten.

Der Regensburger Reichstag hatte 1654 die Landstände der deutschen Territorien verpflichtet, den Unterhalt der Landesfestungen aufzubringen und die Verteidigung zu einer Aufgabe der Landesfürsten erklärt. Bei den Städten Coesfeld (ab 1655), Münster (ab 1661) und Vechta (ab 1666) legte er moderne Zitadellen an, um die Landstände zum Unterhalt eines stärkeren Heeres zu zwingen; Garnisonen lagen zudem in den Festungsstädten Meppen, Rheine und Warendorf. Als nun Galen von der Stadt Münster die Aufnahme und d.h. auch die Verpflegung und Unterbringung seiner Soldaten forderte und die Bürgerschaft sich weigerte mit Hinweis darauf, daß sie seit unvordenklichen Zeiten selbst die Stadtverteidigung besorgt hatte, besaß der Fürstbischof im Regensburger Reichstagsabschied eine rechtliche Handhabe.

Seine Ansprüche auf Einquartierung seiner Truppen mußte er jedoch in der Stadt Münster erst durchsetzen. Es kam zum Konflikt, bei dem die Stadt sogar ihre Anerkennung als freie Reichsstadt betrieb und 1657 einer zweimonatigen Belagerung bischöflicher Truppen widerstand, bis die Generalstaaten der Niederlande der Stadt ihre Unterstützung entzogen und der Kaiser dem Bischof recht gab. Am 26.03.1661 mußte sich die Bürgerschaft unterwerfen. Der Fürst schaffte die freie Ratswahl ab, ernannte zwei neue Bürgermeister und zwölf Ratsherren und nahm ihr wesentliche Steuern - die Multersteuer auf vermahlenes Korn -, um daraus eine jährlich am Reliquienfest (2. Sonntag im Juli) zu haltende Prozession zu stiften.

Nach dem Fall Münsters überließ Galen die städtischen und seine eigenen Truppen als Dank für kaiserliche Truppenhilfe dem Kaiser für den Türkenkrieg in Ungarn; 1664 engagierte er sich auf dem Regensburger Reichstag persönlich, ließ sich zum Reichskriegsdirektor wählen, um die Versorgung der Hilfstruppen aus dem Reich zu organisieren, und begab sich nach Ungarn. Doch schon wenige Wochen nach seinem Eintreffen im Sommer 1664 wurde nach der Schlacht bei St. Gotthard der Frieden mit den Türken geschlossen.

Galens Engagement gegen die "Ungläubigen" hatte eine Fortsetzung in den Kriegen gegen die Niederlande, die ihm für beinahe gefährlicher galten als der "Erbfeind christlichen Namens", der Türke. Nachdem seine Versuche, die Herrschaft Borkeloh auf friedlichem Wege zurückzuerhalten, gescheitert waren, versuchte er die militärische Eroberung - 1665 im Bündnis mit dem englischen König, der ihm Geld für die Kriegführung versprach. Die französische und brandenburgische Intervention verhinderte einen Erfolg, so daß Galen sich im April 1666 zum Frieden von Kleve genötigt sah.

1672 unternahm er mit einer Armee von knapp 25.000 Mann einen zweiten Versuch, jetzt im Bündnis mit Frankreich und dem Kurfürsten von Köln. Nach anfänglichen Erfolgen, die der von den Niederländern "Bommen Berend" genannte Galen seiner Artillerie verdankt, blieb die münsterische Offensive im August 1672 vor Groningen stecken; der Feldzug 1673 wurde ein Fehlschlag, so daß Galen im April 1674 den Frieden von Köln abschließen und endgültig auf Borkeloh verzichten mußte.

Nun lieh er dem Kaiser Truppen für den Krieg gegen Frankreich im Elsaß. 1675 griff er von Vechta aus die schwedischen Herzogtümer Bremen und Verden an, eroberte das bis 1648 münsterische Amt Wildeshausen und 1676 gemeinsam mit Dänen und Braunschweigern Stade. Seine Truppen kämpften 1677/1678 in dänischem Sold auf Schonen und auf Rügen gegen die Schweden sowie am Rhein gegen die Franzosen. Sein Nachfolger mußte zwar auf Wildeshausen verzichten, doch konnten die Schweden erst 1698 die verpfändete Herschaft für 100.000 Taler wieder auslösen.

Galen verstand es, für den Einsatz seiner Söldner Subsidien (Hilfszahlungen für die Truppenunterhaltung) zu kassieren, so daß er teilweise unabhängig von Steuermitteln wurde. Zudem ließ er sich für die Reichsarmee mit der Stellvertretung der kleineren Fürsten des Westfälischen Reichskreises beauftragen und sich dafür bezahlen oder Quartiere in den betreffenden Territorien anweisen, so Ostfriesland, Steinfurt, Rietberg u.a. Kaum ein Nachbarstaat hat nicht zeitweise unter einem Einfall oder unter Einquartierung münsterischer Truppen gelitten, selbst die Grafschaften Lippe, Ravensberg und Lingen.

Ein Sonderfall war Bentheim, wo Galen den allzu gutmütigen, reformierten Grafen Ernst Wilhelm zur Konversion bewog, eine münsterische Garnison nach Bentheim legte und eine katholische Kirche dort baute. Schon 1661 hatten ihn die Corveyer Benediktinermönche zum Administrator der Reichsabtei gewählt, damit er gegen die Braunschweiger Herzöge, Schutzherren der Stadt Höxter, die Interessen der Fürstäbte zur Geltung bringe und durchsetzte. Galen ließ übrigens die baufällige mittelalterliche Corveyer Klosterkirche durch einen Neubau ersetzen.

Gegen die kraftvolle Außenpolitik, die die Kräfte des Landes weit überspannte, nimmt sich Galens Innenpolitik merkwürdig blaß aus. Zwar verstand er es, die ständischen Mitspracherechte spätestens durch den Sieg über die Stadt Münster auszuschalten. Grundlegendes zur Förderung des Bauernstandes und der Wirtschaftskraft läßt sich indes nicht verzeichnen. Kern seiner innenpolitischen Bemühungen war die Rekatholisierung des großenteils protestantischen Adels und eben die kirchliche Reformpolitik im Sinne des Tridentinums.

Die 1653 in Ahaus mit niederländischen Fachleuten eingerichtete Fayencemanufaktur - übrigens die früheste auf deutschem Boden überhaupt - ging schon um 1657 wieder ein; auch eine Papiermühle in Stadtlohn wurde nur kurzzeitig betrieben. 1661 ordnete Galen an, in der früheren stadtmünsterischen Leprosenstiftung Kinderhaus ein Werk- und Arbeitshaus für bettelnde, verwahrloste Jugendliche einzurichten; 1664-1666 wurde das bis heute stehende Haus errichtet, das aber nie vollendet wurde, weil hier 1666 kranke Soldaten untergebracht wurden, die das Bauholz verfeuerten. Erst 1671 nahm das Werkhaus seine Arbeit auf, blieb aber ein Zuschußbetrieb und wurde nach dem Tode des Bischofs wieder aufgegeben.

Die fürstliche, höfische Repräsentation pflegte der "Kanonenbischof" durchaus, doch blieb sie seinen politischen und kirchlichen Ambitionen nachgeordnet. So darf man den martialischen Bischof durchaus nicht als kunstsinnig bezeichnen. Wie die meisten münsterischen Bischöfe seit dem Mittelalter residierte er wechselnd auf den Amtsburgen, in Ahaus, Horstmar, Sassenberg und Wolbeck, meistens aber in Coesfeld, wo er aus Verärgerung über die Stadt Münster ab 1655 eine Residenz errichtete, die aber über einen Seitenflügel nicht hinausgedieh: die "St. Ludgerusburg", benannt nach dem ersten münsterischen Bischof. Mit deren Fertigstellung und feierlichen Einweihung 1659 wurde eine Hofkapelle, zum Teil mit Kräften der Bonner Hofkapelle begründet.

Ende der 1650er Jahre arbeitete für Galen der Weseler Bildnismaler Jacob Quinckhardt (oder Quinchard) und lieferte Bildnisgemälde; um 1670-1678 weilte der Wandermaler Wolfgang Heimbach längere Zeit am bischöflichen Hof in Coesfeld. Die von Galen bei münsterischen Malern wie Heinrich Cronenberg und Heinrich Schmitz in Auftrag gegebenen Gemälde lassen sich nur noch archivalisch fassen.

Christoph Bernhard von Galen sorgte auch für seinen Ruf bei der Nachwelt. Jesuiten und Franziskaner, auch der münsterische Stadtarzt Rottendorff und der Hofkaplan Johannes Jordanaeus verfaßten Lobeshymnen auf den Bischof. Zur Pflege seines Nachruhmes bemühte sich Galen, geeignete Geschichtsschreiber an sich zu ziehen; der Jesuit Nikolaus Schaten wechselte nach kurzer Zeit in die Dienste des Paderborner Dichter-Fürstbischofs Ferdinand von Fürstenberg. In Corvey stellte Galen den Arzt Christoph Franz Paullini als Chronist der Abtei ein, und in seinen letzten Jahren arbeitete für ihn der kaiserliche Publizist Eberhard Wassenberg. Keine dieser Arbeiten wurde je vollendet oder gar gedruckt; vielmehr prägten niederländische, in viele Sprachen übersetzte Schmähschriften das Bild des Bischofs bis in unsere Zeit. Die Biographie seines Generalvikars und engen Mitarbeiters Johann von Alpen, die 1694/1703 in zwei Bänden auf Latein erschien, vermochte dem nicht zu begegnen.

Wichtigstes Monument seines Nachruhms war das Denkmal, das er in einer der von ihm am Chorumgang des münsterischen Domes gestifteten Kapellen von seinem 1675 ernannten Hofbildhauer Johann Mauritz Gröninger (gest. 1708) schaffen ließ. Vorbild war übrigens ein Bischofsgrab im Verdener Dom, das er 1676 gesehen hatte. Es zeigt ihn kniend vor dem Kruzifix, vor den Attributen seiner Herrschaft, Schwert und Krummstab, während am Sockel eine lange Inschrift vollmundig die Erfolge seiner Regierung preist.

Was blieb von Galens Regierungszeit? Natürlich die künstlerischen Monumente, Bildnisse in vielen westfälischen Adelsfamilien, Schaumünzen in großer Zahl, das Denkmal im Dom; viele Stiftungen tragen sein Wappen. Die Eroberungen Galens gingen durchweg wieder verloren, aber seine Nachfolger setzten in dem flächenmäßig größten Fürstbistum des Alten Reiches die auf ein relativ starkes Heer gestützte Außenpolitik fort und machten damit das Fürstbistum zu einem begehrten Partner. Oft gelang es, mithilfe von Subsidiengeldern "des Stiftes Pferde an fremde Krippen zu binden", wie dies 1688 sein dritter Nachfolger Friedrich Christian von Plettenberg formulierte. Es blieben auch die Zuwendungen an seine Familie, für die er 1661/1663 die Herrschaft Dinklage im Niederstift Münster kaufte und seinem Neffen Franz Wilhelm mit dem 1663 gestifteten Amt eines Erbkämmerers als Familiensitz übergab; die Galen zu Dinklage haben dort alle Amtsdrosten zu Vechta bis 1803 gestellt. Die zweite Linie zu Assen wurde im 18. Jahrhundert von den Dinklagern beerbt.

Von nachhaltigster Wirkung war jedoch die tiefe Einwurzelung der katholischen Konfession im Münsterland. Als Galen am 19.09.1678 auf Schloß Ahaus verstarb, konnte er sich zurecht "der Kirche und des Fürstentums Münster Wiederhersteller, Bewahrer und Vermehrer" nennen lassen, wie es auf den Sterbemünzen steht: "Ecclesiae et Principatus Monasteriensis Restaurator, Conservator, Propagator".


Literatur

Grundlegend: W. Kohl: Christoph Bernhard von Galen. Politische Geschichte des Fürstbistums Münster 1650 bis 1678, Münster 1964; ders. (Hrsg.), Urkunden und Akten zur Außenpolitik des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen, 3 Bde., Münster 1980-1986; E. Marquardt, Christoph Bernhard von Galen, Fürstbischof von Münster, Münster 1951; A. Schröer, Christoph Bernhard v. Galen und die katholische Reform im Bistum Münster, Münster 1974; ders., Die Korrespondenz des Münsterer Fürstbischofs Christoph Bernhard v. Galen mit dem Heiligen Stuhl, Münster 1972; ders. (Hg.), Die Pastoralbriefe des Münsterer Fürstbischofs Christoph Bernhard v. Galen (1650-1678) in Verbindung mit den bischöflichen Lageberichten an den Papst und dem Testament des Bischofs, Münster 1998.

Neuere Einzelstudien: M. Becker-Huberti, Die tridentinische Reform im Bistum Münster unter Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen 1650-1678, Münster 1978; P. Berghaus: Künstler und Handwerker im Dienst Fürstbischof Christoph Bernhards von Galen, in: Westfalen 58, 1980, S. 133-138; P. Berghaus u.a., Bommen Berend. Das Fürstbistum Münster unter Bischof Christoph Bernhard von Galen 1650-1678, Ausstellungskatalog Westfäl. Landesmuseum Münster
1972; G. Dethlefs, Leprosenhaus - Werkhaus - Armenhaus. Die stadtmünsterische Leprosenstiftung Kinderhaus als Objekt fürstbischöflicher Sozial- und Wirtschaftspolitik 1661-1686, in: Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Münster NF. 12, Münster 1987, S. 1-33; ders., Zur Frühgeschichte der münsterischen Hofkapelle 1660-1683, in: Westfalen 64, 1986, S. 110-124; ders., Die Sterbemünzen des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen 1678 (= Westfälische Quellen im Bild Nr. 21. Beilage zu "Archivpflege in Westfalen und Lippe" Nr. 27, 1987); ders. Die Gedenkmünzen auf die Unterwerfung der Stadt Münster 1661, in: Geldgeschichtliche Nachrichten 26. Jg., 1991 (Heft 141 = Januar 1991), S. 9-28; H. Galen (Hg.), Durchsetzung des Absolutismus (= Geschichte original - am Beispiel der Stadt Münster 1), Münster 1978; U. Grote, Das Grabmal des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen, Münster 1994 (= Kunstwerke des St. Paulus-Domes zu Münster 5); H. Hugenroth, Zum dichterischen Werk des münsterschen Arztes und Humanisten Bernhard Rottendorff (1594-1671), Münster 1991 (= Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Münster NF. 15); P. Ilisch: Zur Geschichte der bischöflich-münsterischen Fayencemanufaktur in Ahaus, in: Westfalen 57, 1979, S. 24-30; H. Lahrkamp, Beiträge zur Hofhaltung des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen - mit einem Exkurs über Peter Pictorius d.Ä., in: Westfalen 71, 1993, S. 31-71.

Gerd Dethlefs
 
AUFNAHMEDATUM2003-10-07
 
Weitere Biografie/n:
  Lehsten, Lupold von | Die hessischen Reichstagsgesandten im 17. und 18. Jahrhundert | S. 33


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QUELLE    Schröer, Alois (Bearb.) | Das Bistum Münster | Bd. 1, S. 214-220
  Schulte, Wilhelm | Westfälische Köpfe | S. 085f.
  Schwarz, Reinhold | Personal- und Amtsdaten der Bischöfe der Kölner Kirchenprovinz von 1500-1800 | S. 65-67
  Bruns, Alfred (Bearb.) | Christoph Bernhard von Galen an seine Schwester (Hedwig) (1659-01-07, Coesfeld) / Notariatssignete |
  Conrad, Horst (Bearb.) | Bischof Christoph Bernhard von Galen an Generalwachtmeister Dietrich von Landsberg (1657-10-15 und 1657-10-17, Haus Brock) |
  Dethlefs, Gerd (Bearb.) | Die Sterbemünzen des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen 1678 |
   | Akten und Urkunden zur Außenpolitik Christoph Bernhards von Galen (1650-1678) |
  Schröer, Alois | Die Korrespondenz des Münsterer Fürstbischofs Christoph Bernhard v. Galen mit dem Heiligen Stuhl (1650-1678) |
   | Köln Westfalen 1180-1980 | Bd. 1, S. 468
  Kohl, Wilhelm | Christoph Bernhard von Galen (1606-1678) |
  Berkenkamp, Heinrich | Das Fürstentum Corvey unter dem Administrator Christoph Bernhard von Galen, Bischof von Münster |
  Alpen, Johann von | Leben und Thaten Christoph Bernhards von Galen, Bischofs und Fürsten von Münster, Administrators von Corvey |
  Kohl, Wilhelm | Christoph Bernhard von Galen |
  Becker-Huberti, Manfred | Die tridentinische Reform im Bistum Münster unter Fürstbichof Christoph Bernhard von Galen (1650-1678) |
  Schröer, Alois | Christoph Bernhard v. Galen und die katholische Reform im Bistum Münster |
  Hüttenhein, Erich | Die Geheimschriften des Fürstbistums Münster unter Christoph Bernhard von Galen 1650-1678 |
  Wiens, E[berhard] | Beiträge zur Geschichte der Verschwörung des Adam von der Kette gegen das Land und Leben des Fürstbischofs von Münster, Christoph Bernhard von Galen |
  Lahrkamp, Helmut | Beiträge zur Hofhaltung des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen - mit einem Exkurs über Peter Pictorius d. Ä. |
  Brandl, Rainer | Das Diamantkreuz des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen |
  Wiens, E[berhard] | Die Belagerung der Stadt Münster im Jahre 1661durch Christoph Bernhard v. Galen |
  Berghaus, Peter | Künstler und Handwerker im Dienst Fürstbischof Christoph Bernhards von Galen |
  Lahrkamp, Helmut | Galens städtische Widersacher |
  Schröoer, Alois | Der Erwerb der kirchlichen Jurisdiktion im Niederstift Münster durch Christoph Bernhard von Galen |
  Lehsten, Lupold von | Die hessischen Reichstagsgesandten im 17. und 18. Jahrhundert | S. 33

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Zeit3.3   1600-1649
3.4   1650-1699
Ort2.21   Münster, (Fürst-)Bistum < - 1802>
3.5   Münster, Stadt <Kreisfr. Stadt>
Sachgebiet3.7.2   Landesherren/-frauen, Präsidenten, Regierungschefs
3.14.4   Außenpolitik, diplomatische Beziehungen
16.6.3   Geistliche, Rabbiner, Ordensleute
16.6.5   Domkapitel / Klöster / Stifte, Klosterleben
DATUM AUFNAHME2003-10-10
DATUM ÄNDERUNG2023-03-23
AUFRUFE GESAMT20132
AUFRUFE IM MONAT1481