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(95 KB)   Dorn, Ernst, München: "... Sammelt Obstkerne zur Ölgewinnung!" Zeitgenössisches Plakat / Dortmund, Institut für Zeitungsforschung   Dorn, Ernst, München: "... Sammelt Obstkerne zur Ölgewinnung!" Zeitgenössisches Plakat / Dortmund, Institut für Zeitungsforschung
TITEL"... Sammelt Obstkerne zur Ölgewinnung!" Zeitgenössisches Plakat
URHEBER OBJEKTDorn, Ernst, München
DATIERUNG1916 [um]


INFORMATIONDer im Jahre 1915 gegründete Kriegsausschuß für Öle und Fette empfahl zur Vermehrung der Ölfruchternten das Sammeln von Obstkernen, Bucheckern und anderen öl- und fetthaltigen Früchten. Auf Plakaten in Bahnhöfen, Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden wurde für eine verstärkte Sammeltätigkeit geworben und die deutsche Jugend an ihre patriotischen Pflichten erinnert. In einem Gedenkblatt von 1916 heißt es:

"Wegen der beinahe vollständigen Unterbindung wichtiger Rohstoff-Zufuhren durch unsere uns rings umgebenden Feinde wurde es im Herbste des Kriegsjahres 1915 dringend nötig, auch unsere bisher vernachlässigten und ungenutzt verkommenden heimischen Bodenerzeugnisse so gründlich wie nur möglich für unsere Volksernährung und Volkswirtschaft zu erschließen. Namentlich mußten herangezogen werden: Eicheln und Kastanien als Viehfutter; Obstkerne, Bucheckern und Lindenfrüchte zur Ölgewinnung, die Stengel der großen Brennessel als Baumwoll- und Jute-Ersatz. Zum Sammeln wurde die Schuljugend mobil gemacht, die überraschend große Mengen von Kernen, Waldfrüchten und Nesselstangen zusammentrug. Für besonders fleißige Sammler, namentlich die freiwillig mitarbeitenden, ist dieses Gedenkblatt bestimmt. Möge es bei den damit Ausgezeichneten das erhebende Bewußtsein wachhalten, daß sie in unseres Volkes schwerster Zeit wirklich fruchtbare und wertvolle Mitarbeit am großen Werk geleistet und sich so der draußen kämpfenden, blutenden und darbenden Väter und Bruder würdig gezeigt haben. Heil dieser Jugend!" [1]

Aber nicht nur Ölfrüchte wurden gesammelt. Aus Mangel an Rohstoffen erließ das Stellvertretende Generalkommando in Münster am 02.01.1918 eine Verordnung, die die Kommunalbehörden aufforderte, die Sammeltätigkeit auszudehnen. Als Sammelgüter galten:

"1. Abfälle von Nahrungsmitteln, nähmlich Haushaltungsknochen, Obstkerne, Kartoffelschalen, Gemüseabfälle, Kaffeegrund
2 Abfälle von Hausgebrauchs- und Bekleidungsgegenständen, nämlich Flaschen, Gummiabfälle, Korke, Konservendosen, Weißblechabfälle, Metalle jeder Art (einschließlich Stanniol und Flaschenkapseln), Glühlampensockel, Bindfaden, Celluloid, Filzhüte, Schuhe, Lederabfälle, Zigarrenkisten, Stoffreste und Lampen
3. Altpapier
4. Frauenhaare
5. Naturerzeugnisse, nämlich: Weißdornfrüchte, Eicheln, Kastanien, Pilze,
Wildgemüse, Teepflanzen." [2]

Die Rohstoffe sollten durch die Schulen und sonstige städtische Einrichtungen eingesammelt werden. Die Arbeitskraft der Schüler hätte freilich nicht selten sinnvoller auf anderen Gebieten eingesetzt werden können. Eine Überwindung des Nahrungsmitteldefizits wurde durch solche Aktionen jedenfalls nicht erreicht, wie aus der folgenden kritischen Betrachtung hervorgeht:

"Nur die Kriegspsychose und die wachsenden Nahrungssorgen machen es verständlich, daß man nicht auf den Gedanken kam, daß es besser sei, die Kinder zum Kartoffelroden und Rübenroden und die Schweine zum Sammeln von Bucheckern zu verwenden, denen durch Gesetz im Jahre 1916 das Fressen der Bucheckern direkt verboten wurde. Auch die in allen Bahnhöfen und in den Eisenbahnwagen gemachten Aufrufe "Sammelt die Obstkerne" zeugen davon, wie die Not dem Menschen das klare wirtschaftliche Denken erschwert. Auf derselben Linie steht das Sammeln von Saumlaub durch die Schulkinder an den Hecken und Zäunen, während zugleich die Futter- und Zuckerrüben auf den benachbarten Feldern aus Arbeitermangel im Unkraut erstickten." [3]


[1] Bundesarchiv Koblenz, Rep. 319, R 86, Nr. 3286.
[2] Zitiert nach Eduard Schulte: Kriegschronik der Stadt Münster 1914-1918. Münster 1930, S. 325, 326.
[3] Friedrich Aereboe, Der Einfluß des Krieges auf die landwirtschaftliche Produktion in Deutschland, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1927, S. 58.


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OBJEKT-PROVENIENZDortmund, Institut für Zeitungsforschung


QUELLE    Roerkohl, Anne | Der Erste Weltkrieg in Westfalen | Dia 02, S. 22f.
PROJEKT    Diaserie "Westfalen im Bild" (Schule)

SYSTEMATIK / WEITERE RESSOURCEN  
Typ35   Bildmaterial (Reproduktion, Foto)
160   Plakat
Zeit3.9   1900-1949
Sachgebiet9.4   Konsum, Nahrung
DATUM AUFNAHME2004-02-25
AUFRUFE GESAMT7101
AUFRUFE IM MONAT306