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Presse-Infos | Kultur
Mitteilung vom 02.06.25
Aus Dornröschenschlaf erweckt: Mosaikfliesenboden und Deckengewölbe aus dem 19. Jahrhundert
LWL erklärt restauriertes Erdgeschoss der Villa Schlüter in Gütersloh zum Denkmal des Monats
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zeichnet die ehemalige Villa Schlüter in Gütersloh als Denkmal des Monats Juni aus. Das Erdgeschoss des 1888 erbauten Wohnhauses wurde bei einer Umgestaltung in den 1960er-Jahren stark verändert: Hochwertige Mosaikfliesen wurden mit Zement überdeckt, Gewölbedecken abgehängt und Ausstattungsdetails entfernt. Im Rahmen einer jetzt durchgeführten Sanierung konnten viele Elemente der originalen Ausstattung freigelegt und wiederhergestellt werden. Dies gelang durch die Zusammenarbeit der Beteiligten, vom engagierten Eigentümer über die in der Denkmalpflege erfahrenen Planer und Handwerksbetriebe bis hin zum LWL-Denkmalfachamt sowie der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Gütersloh.
Die rote Backsteinvilla mit Werksteinelementen aus ockerfarbenem Teutoburger Sandstein ließ der Arzt Dr. Wilhelm Schlüter (1844-1930) 1888 nach Plänen eines Königlichen Regierungsbaumeisters erbauen. "Schlüter verwirklichte mit dem Haus seine Vorstellung des repräsentativen Wohnens und einer Arztpraxis unter einem Dach", erklärt LWL-Denkmalpflegerin Dr. Barbara Pankoke. "Im Erdgeschoss seines noblen Wohnhauses befanden sich neben den privaten Repräsentationsräumen der Familie auch die Räume der Arztpraxis, bestehend aus Wartezimmer und Sprechzimmer." Die Patienten betraten den Warteraum über ein kleines Foyer, während der Arzt die Praxis über den Flur seiner Privatwohnung erreichte, die durch eine zweiflügelige Tür mit Oberlicht zum Praxiseingang abgeschlossen war. "Die großzügigen Privaträume waren mit hohen Stuckdecken und im Bereich der Halle mit bemalten Gewölben ausgestattet", so Pankoke. Pilaster mit floralen Kapitellen, wie sie sich im Eingang erhalten haben, waren ursprünglich auch im privaten Flur und in der Vorhalle vorhanden.
"In den 1960er-Jahren wurde dann eine moderne Arztpraxis im gesamten Erdgeschoss eingerichtet - mit gravierenden Folgen", sagt LWL-Denkmalpflegerin Pankoke. "Um die hohen Decken der Räume aus energetischen Gründen abzuhängen, wie damals vielfach praktiziert, wurden die Kapitelle der Wandvorlagen ohne Rücksicht auf Verluste abgeschlagen." Zudem wurden die schmuckvollen farbigen Bodenfliesen im Flur und in der Halle mit Zement überdeckt und mit einem pflegeleichteren Bodenbelag versehen. Die zentrale Vorhalle wurde durch eine Wand abgetrennt und das Treppenhaus in einen rückwärtigen modernen Anbau verlegt.
"Bei den kürzlich abgeschlossenen Sanierungsmaßnahmen wurden nun viele Elemente der bauzeitlichen Ausstattung wiederentdeckt und instandgesetzt", berichtet Pankoke. "Möglich war dies dank der kompetenten und in der Denkmalpflege erfahrenen Planer und Handwerksbetriebe, in enger Abstimmung mit unserem LWL-Fachamt und der Unteren Denkmalbehörde." So fand man im Bereich des Flurs und der Vorhalle den bauzeitlichen Feinsteinzeug-Fliesenboden mit Mosaikprägung wieder. Der Fliesenboden korrespondiert mit dem Zierfries aus Fliesen am Außenbau, unterhalb des Kranzgesimses der Villa. Der Boden war 1888 mit quadratischen monochromen und polychromen Fliesen belegt worden.
"Häufig heißt es, ein Freilegen solcher Fliesenböden sei technisch nicht möglich", sagt Pankoke. "Hier machte sich jedoch der erfahrene Handwerksbetrieb die Mühe, die Fugen Stück für Stück aufzutrennen und die Fliesen aufzunehmen. Das war zwar sehr zeitaufwändig, aber technisch zu einem großen Teil ohne Beschädigung möglich." Die Fliesen wurden in einem Reinigungsbad abgewaschen. Statt sie wieder im Sandbett zu verlegen, wurde ein neues Fundament gegossen und bei der Gelegenheit auch eine Dämmschicht aufgebracht. Die intakten Fliesen wurden darauf geklebt, neu verfugt und mit rot eingefärbtem Estrich ergänzt. Die kostenintensiven Arbeiten konnten anteilig aus Denkmalmitteln des LWL gefördert werden. Ebenso wurden das wiederentdecke Kreuzrippengewölbe in der Vorhalle, Hängekuppeln in den vier Jochen im Flur und Foyer sowie Stuckdecken im angrenzenden Wohnzimmer und Salon und die Wände im Wintergarten freigelegt, gereinigt und ergänzt.
"Der Boden und die Decken im Erdgeschoss der Villa Schlüter sind nun wieder ein echter Blickfang", so LWL-Denkmalpflegerin Pankoke. "Durch die fach- und denkmalgerechte Restaurierung ist die bauzeitliche Ausstattung heute wieder erlebbar, als Beispiel bürgerlichen Wohnens im späten 19. Jahrhundert." Die repräsentativen Räume sind nun das Domizil für eine Versicherungsagentur.
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Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
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