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Presse-Infos | Psychiatrie

Mitteilung vom 19.11.24

App mit Chatbot soll Versorgungslücke für junge Menschen mit Depressionen schließen

Marsberg (lwl). Die LWL-Kinder- und Jugendpsychiatrie in Marsberg nimmt noch Patient:innen für das neuentwickelte, dreimonatige Programm "iCAN" (intelligente, Chatbot-assistierte ambulante Nachsorge) an. Das Programm soll 13- bis 25-jährigen Menschen mit Depressionen helfen, nach einer Klinikbehandlung gut in den Alltag zurückzukehren. iCAN besteht aus einer Chatbot-Anwendung für Smartphones und Telefongesprächen mit Psychologinnen und Psychologen.

Die Wirksamkeit des iCAN-Programms wird noch bis Ende 2024 in einer deutschlandweiten Studie überprüft, an der auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie des LWL-Klinikums Marsberg (Hochsauerlandkreis) beteiligt ist. Es werden weiterhin Patientinnen und Patienten gesucht. Bislang haben an der Studie 160 Patientinnen und Patienten teilgenommen. Erste Ergebnisse zeigen, dass das Programm sehr gut angenommen wird und die Betroffenen nach der Klinikzeit gut unterstützen kann.

Depressionen bei Kinder und Jugendlichen verbreitet
Depressionen zählen weltweit zu den häufigsten und schwerwiegendsten psychischen Erkrankungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In Deutschland sind rund sechs Prozent aller Kinder und Jugendlichen betroffen. In schweren Fällen ist oft ein Klinikaufenthalt nötig.

Nach der Entlassung aus der Klinik ist eine zeitnahe ambulante Nachsorge von entscheidender Bedeutung, in Form von ambulanter Psychotherapie und/oder psychiatrischer Weiterbehandlung. Ziel ist dabei, Rückfälle zu verhindern und die in der Klinik erzielten Fortschritte zu festigen.

Programm als Antwort auf lange Wartezeiten für Therapieplätze
Oft stellt der Übergang von einer stationären Depressionsbehandlung in die ambulante Nachsorge eine Herausforderung dar. Die langen Wartezeiten auf Therapieplätze von durchschnittlich sechs Monaten - in ländlichen Regionen oft noch länger - erschweren den Zugang. Auch zögern viele junge Betroffene aufgrund von Scham oder dem Wunsch, ihre Probleme selbst zu bewältigen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Hier setzt iCAN an: Junge Menschen mit Depressionen erhalten nach der Klinikzeit Zugang zur App, in der sie Übungen machen, die dabei helfen, im Alltag besser zurechtzukommen. Dabei werden sie von einem Chatbot, einem Dialogsystem, unterstützt, der regelmäßig nach der Stimmung fragt und motiviert, die Übungen nutzen. Zudem erleichtert der in der App eingebaute Navigator die Suche nach einer Anlaufstelle wie z.B. einer ambulanten Therapie. Zusätzlich erhalten die Patientinnen und Patienten eine persönliche Begleitung durch Telefongespräche mit Psychologinnen und Psychologen.

Studie zur Überprüfung der Wirksamkeit des Programms
In einer großangelegten klinischen Studie mit Betroffenen im Alter zwischen 13 und 25 Jahren wird das Programm erforscht. Die Studie soll ermitteln, ob Teilnehmende nach drei bzw. sechs Monaten weniger depressive Symptome aufweisen als Studienteilnehmende, die die Standardversorgung erhalten. Zudem wird analysiert, ob iCAN-Teilnehmende schneller Nachsorgeangebote finden und seltener wieder in der Klinik behandelt werden müssen.

Hintergrund
Die iCAN-Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Eva-Lotta Brakemeier und Diplom-Psychologe Stefan Lüttke von der Universität Greifswald ist eine Kooperation von Expertinnen und Experten für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Greifswald und Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sowie Expertinnen und Experten für Gesundheitspsychologie der Universität Greifswald.

An dem Projekt sind außerdem die beiden Unternehmen mentalis GmbH und 100 Worte Sprachanalyse GmbH sowie zahlreiche Krankenkassen (AOK Baden-Württemberg, AOK Nordost, AOK Rheinland-Pfalz / Saarland, Bahn BKK, mkk, HEK, Mobil Krankenkasse, Pronova BKK, Siemens-Betriebskrankenkasse, TK) beteiligt.  Unterstützt wird das Projekt von 32 Kliniken in Deutschland sowie von Berufs- und Fachverbänden, der Bundespsychotherapeutenkammer und der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention.

An dieser Studie können junge Patienten zwischen 13 und 25 Jahren teilnehmen, die wegen Depressionen in einer der teilnehmenden Kliniken oder Tageskliniken behandelt werden, ein Smartphone besitzen und bei einer Gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Die Anmeldung erfolgt direkt in den teilnehmenden Kliniken beim Klinikpersonal. Weitere Informationen sind auf der Webseite ican-studie.de verfügbar.

Pressekontakt:
Julia Hollwedel, LWL-Klinikum Marsberg, Telefon 02992 601-1303, julia.hollwedel@lwl.org und Thorsten Fechtner, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Privatdozent Dr. Robert Waltereit, Ärztlicher Direktor des LWL-Klinikums Marsberg und Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik und Studienkoordinatorin Dr. Johanna Waltereit (beide vorne im Bild) mit ihrer Forschungsgruppe.
Foto: LWL/Julia Heuwedel


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