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Presse-Infos | Kultur
Mitteilung vom 18.09.20
Die Geschichte des Gemäldes "Patroklusturm in Soest"
Ausstellung "Eine Frage der Herkunft" im LWL-Museum für Kunst und Kultur
Münster/Soest (lwl). Das LWL-Museum Für Kunst und Kultur in Münster zeigt bis zum 10. Januar in der Ausstellung "Eine Frage der Herkunft. Geschichte(n) hinter den Bildern" Ergebnisse der Provenienzforschung am Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Durch die Rekonstruktion der Besitzverhältnisse eines Werkes seit seiner Entstehung kann geklärt werden, ob es sich um NS-Raubkunst handelt. Ein Beispile ist der "Patroklusturm in Soest" (1922) von Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976).
Der "Patroklusturm in Soest" ist ein Beispiel für ein Objekt, das als "unbedenklich" eingestuft werden kann. Da seine Eigentümer zwischen 1933 und 1945 bekannt sind, kann aus-geschlossen werden, dass es sich um NS-Raubkunst handelt. Es war das erste Gemälde von Schmidt-Rottluff, das Einzug in die Sammlung Klassischer Moderne am LWL-Museum für Kunst und Kultur hielt. Die Hamburger Galerie Hoffmann hatte 1955 den Verkauf des Gemäldes aus der großen, expressionistischen Sammlung Rauert an das Westfälische Landesmuseum vermittelt.
Das Ehepaar Paul und Martha Rauert besaß eine beeindruckende Sammlung, die unter anderem Werke von Emil Nolde, Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner umfasste. Die Rauerts förderten durch ihre Ankäufe vor allem junge Künstler. 1907 hatten sie Emil Nolde bei einer Ausstellung in Hamburg getroffen. Diese Begegnung war der Beginn ihrer Begeisterung für den Expressionismus. Im selben Jahr lernten die Rauerts Schmidt-Rottluff kennen, das Ehepaar wurde zu seinen wichtigsten Sammlern und Förderern. 1908 erwarb Martha Rauert sogar die passive Mitgliedschaft in der Künstlergemeinschaft "Brücke". Mit Schmidt-Rottluff war sie bis an ihr Lebensende 1958 be-freundet, er war regelmäßig Gast im Hause Rauert und sie besaß 17 seiner Gemälde.
Schmidt-Rottluff gehörte zu den "Entarteten Künstlern", die Nationalsozialisten hatten mehr als 600 seiner Werke aus den deutschen Museen entfernt und 1939 mehrere seiner Bilder öffentlich verbrannt. Trotzdem ermöglichte Martha Rauert ihm 1941 eine Verkaufsausstellung seiner Aquarelle in ihren eigenen Wohnräumen, was zu dieser Zeit nicht ungefährlich war. Ihre eigene Sammlung konnte Martha Rauert über den Zweiten Weltkrieg hinaus zum größten Teil zusammenhalten. In den 1950er Jahren entschloss sie sich jedoch dazu, einige Werke zu verkaufen, so auch den "Patroklusturm in Soest".
Hintergrund
In beispiellosem Ausmaß und mit einer nie gekannten Brutalität beraubten die Nationalsozialisten vor allem Menschen jüdischen Glaubens ihres Eigentums, darunter zahlreiche Kulturgüter. Unzählige Sammlungen wurden zerschlagen und in ihren Einzelteilen weit verstreut, sei es durch Beschlagnahme, Zwangsverkäufe oder weil ihre Besitzer sie auf der Flucht zurücklassen mussten. So gelangten viele Werke in Umlauf, während das Wissen über ihre Herkunft erst verschwiegen und später verloren oder vergessen wurde.
Gesamte Bildunterschrift:
Das Gemälde "Patroklusturm in Soest" von Karl Schmidt-Rottluff wurde 1955 vom Museum angekauft und war somit das erste Werk des Künstlers in der Sammlung Klassischer Moderne.
Karl Schmidt-Rottluff, Patroklusturm in Soest, 1922, Schenkung des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI e.V. © LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster.
Foto: Sabine Ahlbrand-Dornseif.
Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Theresa Gesenhoff, LWL-Museum für Kunst und Kultur, Telefon 0251 5907-220, presse.mueumkunstkultur@lwl.org
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