Für die Menschen, für Westfalen-Lippe
Logo des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe

Landschaftsverband Westfalen-Lippe
https://www.lwl.org

URL dieser Seite: https://www.lwl.org/pm49054



Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 11.09.19

Älter und jünger als gedacht
LWL-Archäologen datieren Gräberfeld in Löhne neu

Löhne (lwl). Bei der Auswertung einer bereits vor einigen Jahren abgeschlossenen Grabung erlebten Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) jetzt eine Überraschung: Die Funde sind älter als gedacht und reichen bis in das 8. Jahrhundert vor Christus zurück.

Bereits in den Jahren 2012 und 2013 hatte die LWL-Archäologie für Westfalen in Löhne (Kreis Herford) auf dem Scheidkamp Ausgrabungen unternommen. Die Experten des LWL entdeckten damals ein Gräberfeld und datierten es anhand der Funde auf die Zeit um 400 nach Christus. Diese Funde sollen nun in einer Ausstellung des Heimatmuseums der Stadt Löhne gezeigt werden.

Aus diesem Anlass beschloss die LWL-Archäologie einige der Gräber mithilfe moderner Methoden genauer zu datieren. "Damals wurden die Toten verbrannt und dann in Gräbern bestattet", erläutert Dr. Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie. "Die in der Asche enthaltenen Holzreste können wir mithilfe der sogenannten Radiokarbonmethode datieren." Auf diese Weise lässt sich der Zeitraum der Bestattungen genauer bestimmen.

Einige der Gräber waren rund 200 Jahre älter, als bisher angenommen, andere dafür rund 200 Jahre jünger. "Das war für uns eine kleine Überraschung", erzählt LWL-Archäologin Dr. Julia Hallenkamp-Lumpe. "Aus diesem Anlass haben wir uns dazu entschieden noch weitere Gräber zu untersuchen." Dabei stellte sich heraus, dass manche Bestattungen sogar noch älter waren und in einen Zeitraum zwischen dem 8. und 5. Jahrhundert vor Christus zurückreichten.

"Für die Region ist das etwas Besonderes", so Spiong. "Das Gräberfeld wurde offenbar über einen Zeitraum von bis zu 1.500 Jahren immer wieder von den ortsansässigen Menschen aufgesucht und genutzt." Wie groß das Gräberfeld ursprünglich war, kann nicht mehr erschlossen werden, da die Fläche inzwischen überbaut wurde. Auch ob der Friedhof kontinuierlich genutzt wurde oder ob es größere zeitliche Lücken gab, ist nicht mehr zu klären. "In jedem Fall war das aber ein lokal sehr wichtiger Platz", betont Hallenkamp-Lumpe. "Ansonsten wäre der Ort nicht über so einen langen Zeitraum immer wieder für Bestattungen genutzt worden."

Bei den Ausgrabungen damals wurden insgesamt 42 Befunden erfasst. Unter den Gräbern stach besonders das des sogenannten Gohfelder Reiters hervor: Ein reich ausgestattetes Männergrab, in dem unter anderem ein Paar eiserner Reitersporen mit Zinnverzierung lag. Diese Sporen und die Ausstattung dieses Urnengrabes kennzeichnen den um die Mitte des 5. Jahrhunderts nach Christus verstorbenen Mann als Angehörigen einer lokalen Elite. Alle anderen Gräber enthielten bis auf ein weiteres Urnengrab unterschiedlich viele Keramikscherben, aber fast gar keine weiteren Beigaben.

Anhand dieser Funde wurde bislang die Datierung des Gräberfeldes vorgenommen. "Ein in der Archäologie übliches Verfahren", sagt Spiong. Die fundleeren Gräber konnten so aber nicht datiert werden. "Dafür braucht es aufwendige und teure Methoden, wie die Radiokarbondatierung." Erst so war es jetzt möglich, etliche Gräber ohne Funde zu datieren.

Die Sporen des Gohfelder Reiters, weitere Funde und die ersten Ergebnisse der wissenschaftlichen Auswertung, zeigt die Sonderausstellung "Der Gohfelder Reiter" ab dem 13. September 2019 im Heimatmuseum der Stadt Löhne. Hier wird eine Auswahl der Funde zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt. "Auf diese Weise kann dieser bedeutende Fundplatz allen Interessierten nähergebracht werden", freut sich Sonja Voss vom Heimatmuseum Löhne. "Und die neuen Ergebnisse sind natürlich der absolute Höhepunkt."

Die LWL-Experten haben die Ausstellungsstücke für den Transport vorbereitet, in Löhne ziehen die Stücke dann kurz vor der Eröffnung der Ausstellung am 13. September bis zum Ende der Sonderausstellung am 15. Dezember 2019 ins Museum ein.

Am 14. November 2019 um 18 Uhr halten Dr. Sven Spiong und Dr. Julia Hallenkamp-Lumpe einen Vortrag in der VHS Löhne. Hier können Interessierten mehr über die Archäologie in Löhne und Umgebung sowie über das Gräberfeld auf dem Scheidkamp erfahren.

Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Jens Schubert, LWL-Archäologie für Westfalen, Tel.: 0251 591-3504
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Zusammen mit Sonja Voss vom Heimatmuseum Löhne (l.) präsentiert Dr. Julia Hallenkamp-Lumpe von der LWL-Archäologie einen der Reitersporne, die in der neuen Ausstellung im Museum zu sehen sein werden.
Foto: LWL/S. Spiong

Foto zur Mitteilung
Im Grab des sogenannten Gohfelder Reiters befanden sich mehrere Beigaben, darunter auch die Reitersporen, die dem Toten im Nachhinein seinen Namen gaben.
Foto: LWL/C. Hildebrand

Foto zur Mitteilung
Die Reitersporen zeichnen den Toten als ein Mitglied der lokalen Elite aus, denn nicht jeder konnte sich ein Pferd leisten.
Foto: LWL/C. Hildebrand


Die gezeigten Fotos stehen im Presseforum des Landschaftsverbandes zum Download bereit.



Das Presseforum des Landschaftsverbandes im Internet: https://www.lwl.org/pressemitteilungen