Für die Menschen, für Westfalen-Lippe
Logo des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe

Landschaftsverband Westfalen-Lippe
https://www.lwl.org

URL dieser Seite: https://www.lwl.org/pm47988



Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 20.05.19

"Boom!"
LWL-Industriemuseum zeigt Sonderausstellung über Henrichshütte zwischen Abbruch und Aufbruch

Hattingen (lwl). Um die wechselvolle Geschichte der Henrichshütte vom Kaiserreich über die Weltkriege und die Zeit des Wiederaufbaus bis zum Strukturwandel geht es in einer neuen Sonderausstellung, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Freitag (24.5.) in seinem Hattinger Industriemuseum eröffnet. Den roten Faden bilden die Umbrüche in der Geschichte der Henrichshütte: der Einbruch der Industrie in das Idyll der Ruhrlandschaft sowie Zäsuren durch neue Technologien, neue Besitzer und neue Produkte. Es kommen Frauen und Männer zu Wort, die dabei waren, als es "Boom!" machte und große Teile des Werks abgerissen wurden. Zeitzeugen des Strukturwandels erzählen von der Angst vorm Stillstand, dem Mut, Entscheidungen zu treffen und den Chancen, die ein Neuanfang bieten kann.

Die Ausstellung ist Teil des Verbundprojektes "Alles nur geklaut? Die abenteuerlichen Wege des Wissens" mit insgesamt sechs Ausstellung an verschiedenen Standorten des LWL-Industriemuseums. Die gleichnamige Hauptausstellung läuft aktuell auf der Zeche Zollern in Dortmund.

"Den philosophischen Überbau bildet die Vorstellung, dass jedes Ende auch immer die Chance eines Neuanfangs bietet", erläuterte Kuratorin Delia Pätzold am Montag (20.9.) bei der Vorstellung der Ausstellung in Hattingen. Meilensteine der Hüttengeschichte werden in der Schau auf dieses Prinzip hin befragt.

Mit der Gründung des Hüttenwerkes begann 1854 eine wechselhafte Geschichte voller Umbrüche. Innovative technische Verfahren wurden entwickelt, etabliert und wieder abgelöst. Die Besitzer wechselten, von Graf Henrich zu Stolberg-Wernigerode zu Henschel & Sohn, Ruhrstahl, Rheinstahl bis zur Thyssen AG - der Name "Henrichshütte" blieb erhalten. Der wirtschaftliche "Boom" der Henrichshütte veränderte auch die Hattinger Ruhrlandschaft: Als 1959 der Ruhrverlauf verlegt wurde, um das Produktionsgelände des Hüttenwerkes zu vergrößern, spiegelt dies die zeitgenössischen Prioritäten wider. Pätzold: "Heute wird diskutiert, sich dem ursprünglichen Zustand durch Renaturierung wieder anzunähern."

Mit der Stilllegung der Henrichshütte ab 1987 begann ein neues Kapitel: Die Henrichshütte wurde Standort des LWL-Industriemuseums. Nicht länger als Produktionsstätte, sondern als Schauplatz für Bildung und Kultur, entwickelte sich die Hütte über die Grenzen der Stadt Hattingen hinaus zum gesellschaftlichen Ankerpunkt. "Auch das Museum selbst vollzieht in dieser Zeit eine Wandlung", betont LWL-Museumsleiter Robert Laube, "von der Asservatenkammer der Vergangenheit zum Forum für die Menschen."

Filme, Objekte und Geschichten
Filmdokumente, Fotos und Objekte veranschaulichen in der Schau den Wandel: der Spaten von der Grundsteinlegung, der Eisenträger vom Abriss des Stahlwerkes ebenso wie Objekte, die die persönlichen Geschichten der Menschen erzählen, in deren Leben die Hütte eine Rolle spielte und noch immer spielt. Laube: "Das sind Erinnerungsstücke, die weit über ihren materiellen Wert hinaus eine emotionale Bedeutung besitzen und als materielle Zeugnisse zeigen, dass die Henrichshütte auch über 30 Jahre nach der Stilllegung noch ihren Platz im kollektiven Gedächtnis der Region hat."

Mit der "Cupola" - dem "Fenster zum All" - kommt außerdem ein ganz besonderes Objekt aus der Endphase der Hüttenproduktion zur Henrichshütte zurück: Die "Cupola" wurde im Jahr 2000 von der VSG Energie- und Schmiedetechnik in Hattingen gefertigt und ist eine baugleiche Version der Beobachtungskuppel der internationalen Raumstation ISS. Sie bietet mit ihren sechs seitlich angebrachten Fenstern und einem etwa 80 Zentimeter großen Fenster auf dem "Dach" einen Panoramablick auf die Erde.

"In dieser Ausstellung geht es um Wandel und unsere Haltung zu ihm. Veränderung ist Arbeit, kein Schicksal", erklärt Monika Schnieders-Pförtzsch, stellvertretende Vorsitzende der LWL-Landschaftsversammlung. Sie begrüßt die Gäste bei der Eröffnung am Freitag (24.5.) um 19 Uhr. Interessierte sind dazu herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei.

Begleitprogramm
Unter dem Titel "Ruhriydll, Rüstungsbetrieb, Rostiger Riese?" bietet das LWL-Industriemuseum jeden Samstag um 15 Uhr eine offene Führung für interessierte Besucher an. Unter dem Motto "Streiten, streiken, diskutierenâ¿Š Meinungen und Transparente machen" gibt es außerdem ein besonderes Angebot für Schulklassen: Nach einem Rundgang durch die Ausstellung entwickeln die Museumspädagogen gemeinsam mit den Jugendlichen Parolen und gestalten dazu passende Transparente.


Boom! Die Hütte zwischen Abbruch und Aufbruch
24.5.-3.11.2019

LWL-Industriemuseum Henrichshütte Hattingen
http://www.allesnurgeklaut.lwl.org

Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Robert Laube, LWL-Industriemuseum, Telefon: 02324 9247-0
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Museumsleiter Robert Laube und Kuratorin Delia Pätzold mit einem Transparent des Hattinger Künstlers Egon Stratmann aus der Zeit des Hüttenkampfes.
Foto: LWL / Hudemann

Foto zur Mitteilung
Die Frauen-Initiative Henrichshütte hat den Arbeitskampf mit eigenen Aktionsformen unterstützt. Das Bild wurde am Tag des letzten Abstichs am 18. Dezember 1987 aufgenommen. Als die Arbeiter Hochofen 3 verließen, wurde jeder von ihnen mit einer roten Nelke verabschiedet.
Foto: LWL

Foto zur Mitteilung
Sprengung des Stahlwerks im Januar 2005. Im Hintergrund der sogenannte "Satkom Tower" mit der markanten Erdkugel. Er entstand im Jahr 2000 durch den Umbau eines ehemaligen Luftschutzbunkers zum Veranstaltungs- und Technologiezentrum.
Foto: LWL

Foto zur Mitteilung
Nach der Stilllegung im Dezember 1987 wurde ein Großteil der Anlagen der Henrichshütte Hattingen demontiert. Während Hochofen 3 heute das wichtigste Exponat des Museums ist, wurde Hochofen 2 zur Weiternutzung nach China überführt.
Foto: LWL

Foto zur Mitteilung
Heute präsentiert sich die Henrichshütte als lebendiger Veranstaltungsort. Das Foto zeigt das mitternächtliche Feuerwerk bei der Extraschicht im Jahr 2017.
Foto: LWL/Gerlach

Foto zur Mitteilung
Auch die Schuhe des Hüttenarbeiters Hans-Peter Freise sind in der Ausstellung zu sehen. Als Schmelzer geriet er 1980 bei einem Unfall in die Rinne mit flüssigem Eisen und verletzte sich schwer.
Foto: LWL

Foto zur Mitteilung
"Boom!" Sprengung des Gasometers der Henrichshütte am 24. Dezember 1994.
Foto: LWL/Vollmer


Die gezeigten Fotos stehen im Presseforum des Landschaftsverbandes zum Download bereit.



Das Presseforum des Landschaftsverbandes im Internet: https://www.lwl.org/pressemitteilungen