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Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 28.02.19

Pfostenlöcher und Pfeilspitzen aus Feuerstein:
Archäologen entdecken Siedlungsspuren aus der Jungsteinzeit in Ense

Ense (lwl). Am Nordrand von Ense-Bremen (Kreis Soest), wo in Kürze ein neues Wohngebiet entsteht, haben schon vor über 7.000 Jahren Menschen der frühen Jungsteinzeit gelebt und ihre Häuser gebaut. Das bestätigen aktuelle Ausgrabungen von Archäologen, die in Abstimmung mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeiten. Die Jungsteinzeit markiert einen der wichtigsten Wendepunkte der Geschichte: Um etwa 5.500 vor Christus wurden die Menschen in Mitteleuropa erstmals sesshaft, errichteten Häuser und betrieben Ackerbau und Viehzucht.

Auf der 7.000 Quadratmeter großen Fläche am Ruhner Weg haben die Forscher rund 400 Befunde freigelegt. Zu diesen Befunden zählen beispielsweise Pfostenlöcher, die von den vergangenen Holzhäusern stammen. Mithilfe dieser Pfostenlöcher lassen Gebäude mit einer Größe von etwa 25 mal 8 Metern rekonstruieren. Die Häuser erfüllten mehrere Funktionen wie Wohnen und Getreidelagerung.
"Die Überreste gehören zu einer Siedlung der sogenannten Linearbandkeramik, der ersten Epoche jungsteinzeitlicher Bauerngesellschaften in Mitteleuropa", so Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen.

Darüber hinaus entdeckten die Wissenschaftler verfüllte Gruben. "Solche Gruben sind für uns wie ein Archiv", erläutert Baales. "Darin haben die Menschen häufig ihren Abfall entsorgt, der uns Aussagen über ihre Lebensweise ermöglicht." Die Archäologen entdeckten darin Scherben von Keramikgefäßen. Die Scherben tragen eingeritzte Bandmuster, die dieser Epoche in der Wissenschaft den Namen gab: Linearbandkeramik. Außerdem stießen die Archäologen auf sorgfältig bearbeitete Werkzeuge aus Feuerstein wie Klingen und Pfeilspitzen. Nicht selten stammt der Feuerstein aus den südlichen Niederlanden, was die weiträumigen Beziehungen der damaligen Menschen unterstreicht.

Vor der jetzigen Maßnahme hatten Probegrabungen den Verdacht der LWL-Archäologen bestätigt, die an dieser Stelle Siedlungsspuren vermutet hatten. Daraufhin vereinbarte der LWL mit der Gemeinde Ense eine Untersuchung. Die aktuelle Ausgrabung führt eine von der Gemeinde beauftragte archäologische Fachfirma durch.

Die fruchtbaren Löss-Böden in der Hellwegregion waren für die ersten Bauerngesellschaften besonders attraktiv. So ist dies auch nicht die erste frühjungsteinzeitliche Siedlung in Ense.
Vor Jahrzehnten wurden beim Lehmabbau weiter westlich bereits Überreste einer Siedlung der Linearbandkeramik entdeckt und teilweise untersucht. "Es ist ganz typisch für diese Zeit, dass mehrere dieser dorfartigen Siedlungsplätze, die aus mehreren Hofstellen bestehen, benachbart liegen", so Baales.

Wenn die Archäologen in wenigen Wochen die Untersuchung abgeschlossen haben, kann das Gelände nach über 7.000 Jahren erneut bebaut werden.

Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Nils Wolpert, LWL-Archäologie für Westfalen, Telefon: 0251 591-8901
presse@lwl.org



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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Das Drohnenfoto zeigt Streifen, in denen der Bagger den Oberboden entfernt hat. In dem hellen Unterboden sind die dunklen Befunde - Gruben und Pfostenspuren - der Linearbandkeramik deutlich zu erkennen. Manche sind von den Archäologen bereits bearbeitet worden.
Foto: EggensteinEXCA

Foto zur Mitteilung
Die verfüllten Gruben werden zunächst in der Fläche und dann auch in ihrer Tiefe gezeichnet, fotografiert und beschrieben.
Foto: LWL/M. Baales

Foto zur Mitteilung
Eine schön erhaltene dreieckige Pfeilspitze und ein Klingenbruchstück aus Feuerstein.
Foto: LWL/M. Baales

Foto zur Mitteilung
Eine typische Scherbe der jüngeren Linearbandkeramik mit dem Rest eines Bandmusters, das mit vielen kleine Einstichen gefüllt ist.
Foto: LWL/M. Baales

Foto zur Mitteilung
Das Profil einer rundlichen Siedlungsgrube offenbart eine komplexe Verfüllungsgeschichte aus rötlichem Brandlehm und dunklen Holzkohlelagen. Darin befinden sich oft auch verkohlte Getreidereste.
Foto: EggensteinEXCA


Die gezeigten Fotos stehen im Presseforum des Landschaftsverbandes zum Download bereit.



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