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Presse-Infos | Kultur
Mitteilung vom 20.07.18
"Von Guten Mächten": Gottvertrauen im Martyrium
Höhepunkte der Ausstellung "Frieden von der Antike bis heute"
Münster. 400 Jahre nach Ausbruch des 30-jährigen Krieges (1618), 370 Jahre nach Abschluss des Westfälischen Friedens (1648) und 100 Jahre nach dem Friedensschluss von Versailles (1919), der den Ersten Weltkrieg beendete, beschäftigt sich die Ausstellung "Frieden. Von der Antike bis heute" (bis 2.9.) mit der Frage, warum Menschen zu allen Zeiten den Frieden wünschen, seine Bewahrung auf Dauer aber nie gelang. Frieden ist mehr als der Verzicht auf Gewalt - mit ihm verbindet sich die Hoffnung auf Harmonie, Freundschaft, Liebe, Glück, Wohlstand und Gerechtigkeit.
In Münster, der Stadt des Westfälischen Friedens, zeigen das LWL-Museum für Kunst und Kultur, das Kunstmuseum Pablo Picasso Münster, das Archäologische Museum der West-fälischen Wilhelms-Universität, das Bistum Münster und das Stadtmuseum Münster in einer Kooperation von fünf Institutionen diese Ausstellung, die in interdisziplinärer Kooperation mit dem Exzellenzcluster "Religion und Politik" der Universität erarbeitet worden ist. Eine Serie stellt ausgewählte Werke aus den fünf Ausstellungen vor.
Das Bistum Münster zu Gast im LWL-Museum für Kunst und Kultur: Bonhoeffer-Brief
In seiner Ausstellung "Frieden. Wie im Himmel so auf Erden?" zeigt das Bistum Münster auch einen Brief von Dietrich Bonhoeffer aus der Houghton Library der Harvard Universität in Boston. Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten des Widerstands im nationalsozialistischen Deutschland. Er bezog direkt nach der Machtübernahme 1933 Stellung gegen die Rassenideologie. Ab 1940 unterlag er dem Rede- und Schreibverbot des Regimes.
Nach dem gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 verschlechterte sich die Situation für Bonhoeffer zusehends und er wurde wegen Hochverrat angeklagt. Seit Oktober 1944 war er in inhaftiert und wurde dann in verschiedene Konzentrationslager überführt. Am 9. April 1945 fand seine Hinrichtung durch Erhängen statt. Aus der Haftzeit Bonhoeffers sind zahlreiche Briefe erhalten, die er unter anderem mit Hilfe des ihm wohlgesonnenen Wachpersonals aus dem Gefängnis schmuggeln konnte.
Das am 19. Dezember 1944 im Kellergefängnis des Berliner Reichssicherheitshauptamtes niedergeschriebene und sieben Strophen umfassende Gedicht "Von guten Mächten" war von ihm als Weihnachtsgruß an seine Verlobte Maria von Wedemeyer, seine Eltern und Geschwister gedacht. Der Brief spiegelt durch die Bitte um "Unterhosen, die nicht rutschen" die Trostlosigkeit und Banalität des Gefängnisalltags wider. Zugleich wird das tiefe Gottvertrauen Bonhoeffers deutlich: Er sieht sich "von guten Mächten treu und still umgeben" und im Frieden mit sich selbst. Das ist das letzte theologische Zeugnis Dietrich Bonhoeffers. Es wurde seit 1953 mehrfach vertont, wobei die Fassung von Siegfried Fietz aus dem Jahre 1972 heute wohl zu den beliebtesten Kirchenliedern im deutschsprachigen Raum gehört. Bei Taufen, Einsegnungen und besonders an Weihnachten wird das Lied in der Gemeinde gesungen.
Nach dem Tod Marias von Wedemeyer 1977 gab ihre Schwester Ruth-Alice von Bismarck die Korrespondenz zwischen den Verlobten als Buch heraus. Die letzten Zeilen des Weihnachtsbriefes legen noch einmal Zeugnis ab, welches Gottvertrauen Bonhoeffer trotz der nahenden Hinrichtung in sich trug. Man dürfe nicht glauben, er sei unglücklich, schreibt er seiner Verlobten: "Was heißt denn glücklich und unglücklich? Es hängt ja so wenig von den Umständen ab, sondern eigentlich nur von dem, was im Menschen vorgeht." In der Ausstellung des Bistums ertönen die Klänge des vertonten Bonhoeffer-Gedichts. Der Besucher wird hineingezogen in die Situation des Gefangenen, der vor über 70 Jahren hingerichtet wurde und der der Angst vor dem Tod mit Gottvertrauen entgegentrat.
Allgemeine Informationen zur Ausstellung unter http://www.ausstellung-frieden.de
Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und ist als Gemeinschaftsprojekt "Frieden.Europa" von Münster und Osnabrück ein Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr.
Die Ausstellung wird unterstützt von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Kulturstiftung der Länder, des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, der Kunststiftung NRW, der Stiftung Kunst³ für das LWL-Museum für Kunst und Kultur, der Sparkasse Münsterland Ost, der Friede Springer Stiftung und weiteren Förderern.
Pressekontakt:
Claudia Miklis, presse@ausstellung-frieden.de, Telefon 0251 5907-168
presse@lwl.org
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