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Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 29.06.18

"Mann mit Schaf" - Picassos Kommentar zur kriegerischen Gegenwart
Höhepunkte der Ausstellung "Frieden von der Antike bis heute"

Münster. 400 Jahre nach Ausbruch des 30-jährigen Krieges (1618), 370 Jahre nach Abschluss des Westfälischen Friedens (1648) und 100 Jahre nach dem Friedensschluss von Versailles (1919), der den Ersten Weltkrieg beendete, beschäftigt sich die Ausstellung "Frieden. Von der Antike bis heute" (bis 2.9.) mit der Frage, warum Menschen zu allen Zeiten den Frieden wünschen, seine Bewahrung auf Dauer aber nie gelang. Frieden ist mehr als der Verzicht auf Gewalt - mit ihm verbindet sich die Hoffnung auf Harmonie, Freundschaft, Liebe, Glück, Wohlstand und Gerechtigkeit.

In Münster, der Stadt des Westfälischen Friedens, zeigen das LWL-Museum für Kunst und Kultur, das Kunstmuseum Pablo Picasso Münster, das Archäologische Museum der West-fälischen Wilhelms-Universität (WWU), das Bistum Münster und das Stadtmuseum Münster in einer Kooperation von fünf Institutionen diese Ausstellung, die in interdisziplinärer Kooperation mit dem Exzellenzcluster "Religion und Politik" der Universität erarbeitet worden ist.

In einer Serie werden ausgewählte Werke aus den fünf Ausstellungen vorgestellt.


Kunstmuseum Pablo Picasso Münster: Picasso - Von den Schrecken des Krieges zur Friedenstaube

Eine der wohl außergewöhnlichsten Figuren, die Picasso während des Zweiten Weltkrieges geschaffen hat, ist die überlebensgroße Bronzeskulptur "Mann mit Schaf" (1943). Die Hinwendung Picassos zur großformatigen Plastik wurde biografisch auch durch den Umstand begünstigt, dass er für sein berühmtes Antikriegsbild "Guernica" ab 1937 über ein größeres Atelier in Paris verfügte. Picassos skulpturales Schaffen ist eher unbekannt, viele der Arbeiten wollte der Künstler einer breiten Öffentlichkeit nicht zugänglich machen. Da Picasso sich eigentlich der Malerei verschrieben hatte, konnte er sich in der Bildhauerei ungezwungen bewegen und profitierte von einer besonderen Schaffensfreiheit.

Die Plastik "Mann mit Schaf" nimmt eine Sonderstellung in Picassos Werk im besetzten Paris ein. Das Motiv einer Figur, die ein Lamm trägt, erscheint erstmals im Kontext einer Radierung, die vom 14. Juli 1942 datiert ist. Die Motivik des tragenden Schafes hat sich durch die Jahre verändert: von einer schützenden Haltung des Tragenden zu einer eher bedrohenden. Die Motive der Fesselung des Schafes an seinen Läufen und eines scheinbar angstvollen geöffneten Mauls tauchen ab August 1942 in Zeichnungen erstmals auf. Diese zeichnerischen Überlegungen übersetzt Picasso 1943 in eine Skulptur.

Welchen bedeutenden Stellenwert Picasso diesem Werk beimaß, belegen 50 Zeichnungen zum "Mann mit Schaf". Die fertige eher instabile Tonfigur ließ Picasso sofort in

Gips abgießen, die eher grobe Ausführung der einzelnen Extremitäten erklärt er so: "Ich hätte sie gern so modelliert wie das übrige. Aber ich hatte keine Zeit." Der Künstler greift auf eine traditionelle Modelliertechnik zurück, das Vorbild antiker Bildwerke ist hier unverkennbar. Auffällig ist die starre und frontale Haltung des Mannes.

Picasso spielt hier auf das christliche Sujet vom "Guten Hirten" an. Die Vorstellung vom Hirten als Christusfigur, der seine Gläubigen behütet, umsorgt und für die er den Opfertod stirbt, verkehrt Picasso in seiner Arbeit: Hier ist es der Schlächter, der das Opferlamm zur Schlachtbank führt. Die Skulptur lässt sich nicht aus dem biografisch-historischen Schaffenskontext des Künstlers lösen. Er selbst verwies immer wieder auf die enge Verbindung zwischen seinem Werk und seiner Biografie, indem er das Schaffen von Kunstwerken in Analogie zum Führen eines Tagebuchs gesetzt hat.

Der aktuellen Forschungslage nach zu urteilen kommentiert Picasso mit seiner Arbeit die politischen Umstände - die Judenverfolgung 1942 in Paris - in denen er lebte. Jedoch zeugen die zahlreichen Vorzeichnungen der Skulptur auch von Picassos Unschlüssigkeit im Hinblick auf die Ausformulierung des Themas, das immer wieder schwankt zwischen einer friedvollen Darstellung des "Guten Hirten" und einer modernen, eher auf ein Ritualopfer hindeutenden Uminterpretation.

Es existieren drei Bronzeabgüsse vom "Mann mit Schaf", das Exemplar, was gerade im Picasso-Museum Münster zu sehen ist, stammt aus dem Picasso-Museum Paris und wird seit über 30 Jahren erstmals wieder in Deutschland präsentiert.



Allgemeine Informationen zur Ausstellung unter http://www.ausstellung-frieden.de

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und ist als Gemeinschaftsprojekt "Frieden.Europa" von Münster und Osnabrück ein Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr.

Die Ausstellung wird unterstützt von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Kulturstiftung der Länder, des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, der Kunststiftung NRW, der Stiftung Kunst³ für das LWL-Museum für Kunst und Kultur, der Sparkasse Münsterland Ost, der Friede Springer Stiftung und weiteren Förderern.

Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Claudia Miklis, presse@ausstellung-frieden.de, Telefon 0251 5907-168
presse@lwl.org



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