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Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 24.03.15

Goldener Hochaltar in St. Viktor neu entdeckt:
Restaurierung lässt Blicke auf Details der vielfigurigen und geschnitzten Szenen zu

Schwerte (lwl). In der evangelischen Kirche St. Viktor in Schwerte haben Denkmalexperten des Landschaftsverbandes (LWL) ein Gerüst vor dem überregional bekannten goldenen Hochaltar aufgebaut, um ihn zu untersuchen. ¿Der 1523 errichtete Antwerpener Schnitzaltar ist einer der größten und besterhaltenen Flügelaltäre Westfalens mit originaler Farbfassung und Vergoldung und von großer Bedeutung für die Kunstgeschichte. Unsere Untersuchung lässt sonst nicht mögliche Blicke auf wichtige Details des Altars zu¿, erklärte LWL-Denkmalpflegerin Dr. Bettina Heine-Hippler, die die denkmalpflegerischen Maßnahmen an der Kirche koordiniert.

Während der Innensanierung der Kirche sind alle Ausstattungstücke geschützt worden, damit sie weder Staub und Schmutz noch Klimaschwankungen ausgesetzt waren. Große Objekte wie der Hochaltar mussten im Kirchenraum fachgerecht ¿eingehaust¿ werden. ¿Ein Baudenkmal und seine Innenausstattung bedürfen der kontinuierlichen Pflege. Daher überprüfen und bewerten wir nun den Verschmutzungsgrad des Mitttelschreins, die Gefahr des mikrobiellen Befalls sowie die Stabilität der Farbfassung und des Holzbildträgers. Unser Ziel ist es, ein Konservierungskonzept zu erstellen, das auch auf die Nutzungsanforderungen des Kirchenraums reagiert¿, so LWL-Restauratorin Anke Dreyer.

Die Arbeit am Hochaltar ist eine von zahlreichen Tätigkeiten der LWL-Denkmalpflege, die durch den städtebaulichen Wettbewerb zur Gestaltung des historischen Zentrums von Schwerte, dem auch St. Viktor und sein Kirchhof angehören, angestoßen wurden. So waren seit 2010 parallel zu den Planungen des neuen Gemeindehauses, das an die Kirche anschließt, Experten des LWL vor Ort, angefangen von der Denkmalpflegerin über die Restauratoren bis hin zu den Bauforschern. Sie konnten in Zusammenarbeit mit den Bauherren, der Unteren Denkmalbehörde sowie mit dem Architekten und den Handwerkern Bauschäden durch aufsteigende Feuchtigkeit beheben, die Sakristei und die Gewölbemalereien restaurieren und eine Orgel einbauen. Ergänzend untersuchten sie Ausstattungsstücke wie Säulen, das Taufbecken, die Sakramentsnische oder die Fassaden.

¿Unsere praktische und wissenschaftliche Arbeit ist eine wichtige Grundlage für Maßnahmenkonzepte und damit für den Erhalt des von unterschiedlichen Bauphasen geprägten Gotteshauses¿, erläutert Heine-Hippler. Pfarrer Klaus Inhetveen und Kirchbaumeister Ulrich Halbach sind froh über die konstruktive Zusammenarbeit mit dem LWL.¿Wir sind erleichtert, dass wir auch die Konservierung, Reinigung und Schutzverglasung des Chorscheitelfensters und der beiden Scheiben im südlich benachbarten Fenster gemeinsam bewerkstelligen konnten. So ist es gelungen, eines der wenigen Zeugnisse spätmittelalterlicher Glasmalerei in Westfalen gemäß seinem hohen künstlerischen und historischen Wert wiederherzustellen und vor weiterem Verfall zu schützen.¿

Auch die LWL-Bauforscher nutzen die Baustelle für ihre Arbeit. Die Gerüste boten die seltene Möglichkeit, die Gewölbe und höher liegenden Wandpartien aus nächster Nähe im Detail zu untersuchen. Ziel waren neue Erkenntnisse zu Bauphasen, zur spätmittelalterlichen Konstruktions- und Wölbtechnik. Die Zwischenergebnisse werden zurzeit für eine Publikation aufbereitet.

Hintergrund: die evangelische Kirche St. Viktor:
Die Baugeschichte der evangelischen Kirche St. Viktor in Schwerte geht zurück in das 11. Jahrhundert: 1032 wurde hier eine erste Saalkirche mit einem eingezogenen Chor vom Viktorstift in Xanten errichtet. Die Saalkirche wurde im 11. oder frühen 12. Jahrhundert um ein Querhaus ergänzt. Im 13. Jahrhundert fügte man Seitenschiffe (am westlichen Saaljoch und an das Ostjoch) an und baute den Saal zu einer Hallenkirche. 1508-23 wurde der Chor neugebaut. Bei Restaurierungen in den Jahren 1954/55 wurden bedeutende Wandmalereien freigelegt. Der Westturm der gotischen Hallenkirche ist stadtbildprägend.

¿Die Architektur und Ausstattung des spätgotischen Chores der Schwerter Kirche bilden ein Gesamtkunstwerk des frühen 16. Jahrhunderts, das selten als so vollständige Einheit erhalten ist. Unter den zahlreichen Zeugnissen mittelalterlicher Kunst in der Schwerter Stadtkirche beeindruckt auf den ersten Blick vor allem der 1523 errichtete Antwerpener Schnitzaltar, der einer der größten und besterhaltenen Flügelaltäre Westfalens mit originaler Farbfassung und Vergoldung ist¿, sagte Heine-Hippler. Der große Altar mit dem hohen Schrein, seinen Reliefs und den gemalten Flügeln beherrscht den spätgotischen, 1508 begonnenen Chorneubau von St. Viktor. In originaler Farbfassung und Vergoldung zeigt dieses Schnitzretabel in 15 geschnitzten Bildfeldern Szenen aus dem Leben Christi sowie auf den doppelten Flügeln Heiligengeschichten, darunter die Vita des heiligen Viktor.

Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung


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Foto zur Mitteilung
Der 1523 errichtete Antwerpener Hochaltar mit aufgeklappten Flügeln.
Foto: LWL/Dreyer


Die gezeigten Fotos stehen im Presseforum des Landschaftsverbandes zum Download bereit.



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