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Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 17.06.14

Musikalischer Schatz gehoben
Ersteinspielung: CD-Projekt nimmt mit in die Gründungszeit des Klosters Dalheim

Lichtenau-Dalheim (lwl). Das Kloster Dalheim ist um eine musikalische Attraktion reicher. Ein CD-Projekt versetzt Zuhörer jetzt in die Gründungszeit des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstifts (Kreis Paderborn). Auf Initiative der Stiftung Kloster Dalheim hat das Berliner Vokalensemble ¿Vox Nostra¿ in der Dalheimer Klosterkirche Mönchsgesängen des 15. Jahrhunderts eingespielt, deren Ursprung auch auf das Kloster Dalheim verweist. Die ein- und mehrstimmige Festtagsmusik erscheint unter dem Titel ¿heylich ist der dag¿ auf CD und ist ab sofort für 20 Euro im Kloster Dalheim ¿ auch über das Internet ¿ erhältlich.

Live können Konzertbesucher die Gesänge im Rahmen einer Uraufführung am Samstag (28. 6.) um 19 Uhr in der Dalheimer Klosterkirche erleben. Karten (25/20/15 Euro, ermäßigt 22/17/12 Euro) für das Konzert mit ¿Vox Nostra¿ unter Leitung von Burkard Wehner sind ab sofort erhältlich unter Telefon 05292 9319-224.


Ursprung
Die Gesänge sind Teil einer mittelalterlichen Handschrift aus einem Schwesterkloster Dalheims, dem Augustiner-Chorherrenstift Eberhardsklausen bei Trier, das ebenso wie Dalheim der Windesheimer Kongregation, einer spätmittelalterlichen Reformbewegung, angehörte und sich der Frömmigkeitsbewegung ¿Devotio moderna¿ verpflichtet fühlte. Beide Klöster verbindet das westfälische Kloster Böddeken: Von hier aus wurde Dalheim im 15. Jahrhundert gegründet und Eberhardsklausen reformiert.

Heute befindet sich die betreffende Handschrift unter der Nr. 322 in der Stadtbibliothek Trier. Auf der Suche nach den ¿Dalheimer Gesängen¿, den Zeugnissen der frühen musikalischen Praxis der Chorherren am Ort, wurde sie nun für die Museumsarbeit wiederentdeckt. Der Musikwissenschaft ist die Handschrift nicht unbekannt. Sie betrachtet sie als eine wichtige Quelle für die Musik der Augustiner-Chorherren der Windesheimer Kongregation.


Musikalischer Schatz
¿Ein musikalischer Schatz, den wir für das Kloster Dalheim nutzbar machen konnten¿, ordnet Dr. Ingo Grabowsky, neuer Museumsleiter der Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur, den Stellenwert der Handschrift und der Ersteinspielung ein. Die Aufnahmen in der Klosterkirche gäben einen Eindruck davon, wie der Dalheimer Konvent vor 500 Jahren hier gesungen haben könnte. Grabowsky: ¿Eine äußerst berührende Reise in die Dalheimer Geschichte.¿


Klangraum Klosterkirche ¿ gestern und heute
Burkard Wehner, Leiter des 5-köpfigen, solistisch besetzen Ensembles ¿Vox Nostra¿ aus Berlin, erläuterte bei einer Vorstellung der CD am Dienstag (17.06.) die besondere Qualität der Aufnahme in der Dalheimer Klosterkirche. ¿Die mittelalterlichen Klosterkirchen waren Orte des gesungenen Gebetes¿, berichtete Wehner: ¿In der imposanten Klanglichkeit der spätgotischen Dalheimer Kirche finden die überlieferten mönchischen Gesänge demgemäß ihr akustisches und architektonisches Gegenstück.¿

Die CD-Aufnahme erfolgte in der ¿historisch informierten Praxis¿, d.h. die Gesänge auf der CD sind in reiner Stimmung intoniert, und die Obertöne klingen in der Akustik der Klosterkirche hörbar mit. Außerdem wurden die Gesänge an typischen, historisch nachgewiesenen Orten und nicht frontal auf einer Bühne aufgenommen. Für Dalheim sind das zum Beispiel der Kreuzgang und die Position des Chorgestühls in der Klosterkirche, aber auch der heute nicht mehr vorhandene historische Lettner ¿ einst eine steinerne Querschranke, die Chorherren und Laien in der Kirche voneinander trennte.

Um die überlieferte Form und den damit verbundenen besonderen Klang des Gesangs von einer erhobenen Bühne inmitten des Kirchenraums zu simulieren, wurde für die CD-Aufnahmen eine dem Lettner nachempfundene Bühne nachgebaut. ¿Weitere bei der Aufnahme eingenommene Positionen sind nicht historisch nachgewiesen, loten aber den Klangraum Klosterkirche weiter aus. So bewegte sich Vox Nostra bei den Aufnahmen beispielsweise auch singend im Raum¿, sagte Wehner, der die Arbeiten im Kloster Dalheim als ¿beeindruckendes Erlebnis¿ beschrieb.

Der Aufnahme voran ging ein aufwendiges Quellenstudium, in dessen Zuge Wehner die Handschrift musikwissenschaftlich einordnete, Christoph Burmester die ursprünglich in Mensural-Notation niedergeschriebenen Noten neu editierte Dr. Wolfgang Katzenschlager die größtenteils lateinischen Texte ins Deutsche übertrug. Gemeinsam mit farbigen Abbildungen der Musikhandschrift (fol. 207r-215r) erscheinen diese Daten zusätzlich zum eigentlichen Tonträger auf einer weiteren dazugehörigen CD.

Die Verantwortlichen dankten Prof. Dr. Michael Embach, Leiter der Stadtbibliothek Trier, für den großzügigen Zugang zur Handschrift und die Gewährung der Reproduktionsrechte.


¿Dalheimer Gesänge¿
Quellen zur musikalischen Praxis im Kloster Dalheim sind rar. Wie große Teile der Einrichtung der gesamten Anlage ging auch der Bestand der Bibliothek bei der Auflösung des Klosters (1803) verloren oder nahm unwiederbringlich Schaden. ¿Die Atmosphäre der Kirchenkonzerte am Ort ist jedoch so beindruckend, dass uns die Frage nach den ursprünglichen ¿Dalheimer Gesängen` nie losgelassen hat¿, erläuterte Elisabeth Fisch, Leiterin des CD-Projekts und im Haus verantwortlich für das Musikprogramm jenseits des Dalheimer Sommers, den Hintergrund des Projekts. Ein Hinweis des Musikwissenschaftlers Prof. Dr. Rudolf Ewerhart (Köln) brachte die Dalheimer Museumsleute auf die Trierer Handschrift. ¿Ihre weitergehende Erschließung und das Wiedererklingen der dort verzeichneten Gesänge bringt uns den Dalheimer Klostergründern nahe¿, sagte Fisch weiter.


Festtagsmusik
Die aufgenommenen Gesänge bieten einen Querschnitt durch die formenreiche geistliche Musik des Spätmittelalters. Sie waren unzweifelhaft dafür bestimmt, kirchliche Hochfeste (Ostern, Weihnachten, Heiligenfeste) mit ihrer musikalischen Pracht zu bereichern und die Themen der ¿Devotio moderna¿ ¿ Christus und Maria ¿ widerzuspiegeln. Mehrstimmige Gesänge (Motetten) gehören ebenso zum vorgefundenen Spektrum wie einstimmige lateinische und deutsche Lieder ¿ darunter auch das titelgebende ¿heylich ist der dag¿. Die deutschen Texte in den mehrstimmigen Liedern sind eine Rarität und belegen die aufkommende Verwendung der Volkssprache in der Sphäre der ¿Devotio moderna¿ und der Augustiner-Chorherren der Windesheimer Kongregation.


Vox Nostra
¿Vox Nostra¿ (Winnie Brückner, Philipp Cieslewicz, Christoph Burmester, Burkard Wehner, Tobias Hagge, musikalische Leitung Burkard Wehner) ist ein internationales und solistisch besetztes Ensemble aus Berlin, das 1999 von Burkard Wehner gegründet wurde und sich auf die Vokalmusik des Mittelalters spezialisiert hat. Das Singen aus den Originalhandschriften mit Neumen-, Modal- und Mensuralnotationen gehört zur musikwissenschaftlichen fundierten Arbeitsweise des Ensembles.

Der obertonreiche Vokalklang verleiht den komplexen Zusammenhängen dieser Musik in Räumen mit adäquater Akustik entsprechende Wirkung, was durch die Aufnahmen in der Klosterkirche Dalheim Bestätigung findet. Eine weitere Besonderheit von ¿Vox Nostra¿ ist die ortsspezifische Positionierung und die Bewegung der Solistinnen und Solisten im Raum. Auf diese Weise wird die Musik optisch und akustisch ¿ im Gegensatz zur starren Aufführungspraxis des 19. Und 20. Jahrhunderts ¿ neu erfahrbar gemacht.


Aufnahmetechnik
Die Tonaufnahmen in der Dalheimer Klosterkirche wurden in Kunstkopf-Stereophonie realisiert. Diese spezielle Technik ermöglicht die originalgetreue dreidimensionale Wiedergabe der individuellen akustischen Gegebenheiten des jeweiligen Aufnahmeorts.


Dank
Die Verantwortlichen der Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur dankten insbesondere Prof. Dr. Horst Ziegler, 2012 verstorbenes Mitglied des Vorstands der Stiftung Kloster Dalheim, der die Erforschung und Präsentation geistlicher Vokalmusik viele Jahre gefördert hat. Ihm ist die Doppel-CD ¿heylich ist der dag¿ gewidmet.


Konzert und CD
Die CD ist ab sofort für 20 Euro im Kloster Dalheim ¿ auch über das Internet ¿ erhältlich. Herausgeber ist die Stiftung Kloster Dalheim.

Live können Konzertbesucherinnen und -besucher die Gesänge im Rahmen einer Uraufführung am Samstag, 28. Juni, um 19 Uhr in der Dalheimer Klosterkirche erleben. Karten (25/20/15 Euro, ermäßigt 22/17/12 Euro) für das Konzert mit Vox Nostra sind erhältlich unter Telefon 05292 9319-224.

Pressekontakt:
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Maria Tillmann, Stiftung Kloster Dalheim, LWL-Landesmuseum für Klosterkultur, Tel.: 05292/9319-114
presse@lwl.org



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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
"Heylich ist der dag": Dr. Ingo Grabowsky, Museumsdirektor der Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur, Burkard Wehner, Christoph Burmester und Winnie Brückner vom Ensemble Vox Nostra sowie Elisabeth Fisch, Leiterin des CD-Projekts bei der Stiftung Kloster Dalheim (v.l.) präsentieren stolz die in Zusammenarbeit enstandene CD mit Gesängen aus der Gründungszeit des Klosters Dalheim.
Foto: LWL/Tillmann

Foto zur Mitteilung
Doppel-CD: heylich ist der dag.
Foto: LWL/Axel Thünker
Gestaltung: Klein und Neumann, Iserlohn

Foto zur Mitteilung
Ersteinspielung: Das Ensemble Vox Nostra nahm im Kloster Dalheim klösterliche Gesänge des 15. Jahrhunderts auf.
Foto: Harald Morsch, Paderborn


Die gezeigten Fotos stehen im Presseforum des Landschaftsverbandes zum Download bereit.



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