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Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 14.05.14

Brautmode: Von schwarz und hochgeschlossen zu rückenfrei dekolletiert
LWL- Volkskundlerin berichtet über Hochzeitskleider damals und heute

Westfalen (lwl). Im Heiratsmonat Mai werden die meisten Bräute es sicher schon besitzen: Das Kleid für ihren großen Tag. Ob die Hochzeit standesamtlich oder kirchlich gefeiert wird, ist dabei heutzutage fast egal. Der Großteil der Bräute heiratet im weißen oder cremefarbenen Kleid, das mit viel Liebe zum Detail ausgesucht wurde. ¿Für die Ausstattung der Braut werden heutzutage häufig keine Kosten und Mühen mehr gescheut¿, so Katharina Klapdor, von der Volkskundlichen Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). ¿Von der Unterwäsche über das Strumpfband, zu den Schuhen und sogar dem Haarschmuck wird alles aufeinander abgestimmt. Es kann schon in Stress ausarten, wenn nicht nur das Kleid mehrmals anprobiert und angepasst wird, sondern auch Probetermine für Make-up und Frisur anstehen¿, fügt Klapdor hinzu.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein war die Auffassung darüber, wie eine Braut gekleidet sein sollte, ganz anders. Auf dem Land war es üblich, dass die Braut einfach ihr bestes Kleid, also ihren ¿Sonntagstaat¿ trug. Dies war häufig ein schwarzes Kleid mit passender Schürze und Haube. Das Kleid war am Hals hochgeschlossen und langärmelig, auch war es meist bodenlang, so dass kaum nackte Haut zu sehen war. Über die Zeit um 1900 berichtet ein Gewährsmann aus Herne für das Archiv der Volkskundlichen Kommission folgendes: ¿Unsere Mütter waren als Braut schwarz gekleidet, was auch heute noch vereinzelt vorkommt. Meist aber ist die Braut weiß angezogen. Schon vor dem ersten Weltkrieg kam das auf¿. Trendsetter war hier der Adel, bereits zur Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert trugen Frauen in höheren Kreisen weiße Kleider bei der Hochzeit.

Im Laufe der Jahrzehnte und spätestens auf dem Höhepunkt der Emanzipationsbewegung in den 1960er und 1970er Jahren veränderten sich die Maßgaben von Sitte und Anstand und damit auch die Vorstellungen von angemessener Hochzeitsmode. ¿Ab den 1960er Jahren wurde teilweise in Jeans und Turnschuhen geheiratet, um sich gegen die als verstaubt empfundenen Sitten aufzulehnen¿, so Klapdor. Hochgeschlossene Brautkleider gibt es heute noch, im Unterschied zu früher zeigen Bräute heutzutage aber gerne Dekolleté oder tragen Kleider mit ausgeschnittener Rückenpartie. Auch kurze Kleider sind beliebt. ¿Das Bedürfnis, in Weiß zu heiraten und damit Reinheit auszustrahlen steht heute nicht mehr im Widerspruch dazu, Kleider zu tragen, die den Körper betonen und den Phantasien freien Lauf lassen¿, ergänzt Klapdor. Letztlich ist auch immer die wirtschaftliche Situation der Menschen ausschlaggebend dafür, wie viel Aufwand um ein Kleid betrieben werden kann.

Der aus England stammende Brauch, dass die Braut etwas Altes, etwas Neues, etwas Geliehenes, etwas Blaues und einen Cent im Schuh tragen soll, ist heute ebenfalls weit verbreitet. Das Alte steht in dem Fall für das bisherige Leben der Braut vor der Ehe, das Neue für die gemeinsame Zukunft, das Geliehene ist ein Symbol für Freundschaften, die man auch als Ehepaar weiter pflegen möchte und die Farbe Blau steht für Treue. Mit dem Cent im Schuh hofft man, sich vor möglichen finanziellen Notlagen zu schützen.

¿Auf welchem Weg dieser Brauch in Westfalen gelandet ist, darüber kann man nur spekulieren. Vielleicht gibt es ja einen Zusammenhang mit den Adelshochzeiten in England, die nicht erst seit der Hochzeit von Kronprinz Charles und Lady Diana auch hierzulande auf großes Interesse stoßen. Bereits das Hochzeitskleid der Prinzessin Victoria, das sie 1840 bei ihrer Vermählung mit dem deutschen Prinzen Albert von Sachsen-Gotha trug, war wegweisend für die Brautmode in ganz Europa. Und das Brautkleid von Catherine, Herzogin von Cambridge, aus dem Jahr 2011 hat auch in der deutschsprachigen Wikipedia einen eigenen Eintrag¿, fügt Klapdor hinzu. Kein Wunder also, dass auch bei Nicht-Adeligen der Wunsch aufkam, mit einem aufwändigen Hochzeitskleid für einen Tag zur Prinzessin zu werden.

Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



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Foto zur Mitteilung
Brautpaar aus den 1920er Jahren aus Remscheid, Braut mit weißem Kleid und Schleier.
Foto: LWL-Archiv

Foto zur Mitteilung
Braut im schwarzen Kleid aus Netphen (Kreis Siegen-Wittgenstein) aus der Zeit zwischen 1890 und 1903.
Foto: LWL-Archiv/Schmeck


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