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Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 12.08.11

Mariä Himmelfahrt läutet den ¿Frauendreißiger¿ ein
Volkskundlerinnen des LWL auf den Spuren der Kräuterweihe

Westfalen (lwl). Am kommenden Montag (15. August) ist Mariä Himmelfahrt. An diesem Tag, der auch ¿Maria Würzweich¿ genannt wird, brachten die Kinder früher Krautbünde zur Weihe in die Kirche. ¿In manchen katholischen Gemeinden wird auch heute noch der alte Brauch der Kräuterweihe gepflegt¿, erklärt die Kulturwissenschaftlerin Evelyn Hammes von der Volkskundlichen Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). ¿Doch ob die geweihten Kräuter nach wie vor so vielseitige Verwendung finden, ist zweifelhaft.¿

Die Zusammensetzung und Anzahl der Pflanzen, die zu einem Strauß zusammengebunden wurden, unterschied sich von Region zu Region. Besonders beliebt waren: Alant, Beifuß, Rainfarn, Johanniskraut, Schafgarbe, Wermut, Tausendgüldenkraut, Königskerze, Thymian, Donnerkraut und Salbei. Zudem war es in manchen Gegenden üblich, je eine Ähre der Hauptgetreidearten sowie einen Apfel hinzuzufügen. Dieser ¿Kruitwiggenappel¿ wurde unter den Hausbewohnern verteilt; das geweihte Getreide der nächsten Saat beigemischt.
¿Der Wiggebund, wie man den geweihten Krautbund mancherorts auch nannte, wurde getrocknet und zum Schutz gegen böses Geschick meist im Herrgottswinkel aufgehängt. Bei Unwettern, Krankheiten und Sterbefällen fand er besondere Verwendung¿, erläutert die Volkskundlerin. Bei Gewittern warf man die Kräuter beispielsweise ins offene Feuer, um von Unheil verschont zu bleiben.

Folgendes wusste eine Gewährsperson aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis für die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zu berichten: ¿Gebraucht wurde es bei krankem Vieh. Nach dem Melkwerden oder Kalben der Kühe erhielten sie den 1. Sud, eine Art Tee von den Kräutern des Bundes, desgleichen bei Erkältungen. ¿ Bei Beerdigungen räucherte man den Sarg und die Leichenkammer damit aus.¿ Auch bei Pferdekoliken kamen die geweihten Kräuter zum Einsatz.

Vor allem in den Gegenden Süddeutschlands wird Mariä Himmelfahrt mit Wallfahrten und feierlichen Prozessionen begangen. Auch in Warendorf locken die Feierlichkeiten zu Mariä Himmelfahrt alljährlich Tausende Besucher an. Am 20. und 21. August, stellen die Bewohner aufwändig verzierte Triumphbögen auf, dekorieren ihre Häuser und Schaufenster mit Mariensymbolen und richten prachtvolle Blumenteppiche für die große Stadtprozession am Sonntagmorgen her, in der das Gnadenbild durch die Stadt getragen wird. Bereits am Vorabend sorgt die festliche Illumination für eine ganz besondere Atmosphäre.

Hintergrund
Doch wie kommt es zu dieser eigentümlichen Verbindung von Marienverehrung und Kräuterweihe? Märiä Himmelfahrt ist das ¿Fest der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel¿. Eine Legende besagt, dass die Jünger nach Marias Tod das Grab öffneten und statt ihres Leichnams duftende Blumen und Kräuter vorfanden. Ob der Brauch der Kräuterweihe auf dieser Legende beruht, ist ungewiss. Fest steht jedoch, dass die Gottesmutter schon früh als ¿Blume des Feldes und Lilie in den Tälern¿ (Hoheslied 2, 1) verehrt wurde, woraus sich unter anderem die Darstellung der ¿Madonna im Ährenkleid¿ entwickelte.

¿Dazu gesellt sich noch der profane Umstand, dass der 15. August schlicht und einfach exakt in die hochsommerliche Blütezeit fällt¿, merkt Hammes an. So bildet Maria Himmelfahrt, auch als ¿Großer Frauentag¿ bekannt, den Auftakt zu dem so genannten ¿Frauendreißiger¿: der Zeitspanne bis zu Mariä Namen am 12. September, beziehungsweise dem Gedächtnis der Schmerzen Mariens am 15. September. In dieser Periode der besonderen Marienverehrung (mit dem ¿Kleinen Frauentag¿ am 8. September ¿ Mariä Geburt) werden den Kräutern besondere Heilkräfte nachgesagt.

Neben Ostern, Pfingsten und Weihnachten zählt Mariä Himmelfahrt zu den vier Hochfesten der katholischen Kirche. Es ist das höchste und älteste Marienfest. Ende des 6. Jahrhunderts wurde es vom oströmischen Kaiser Mauritius auf den jetzigen Tag gelegt. Auf der Mainzer Synode von 813 wurde das Marienfest auch in Deutschland offiziell eingeführt. 1950 erhob Papst Pius XII. die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel zur Glaubenswahrheit. Auf einen arbeitsfreien Feiertag können sich hier in Deutschland jedoch nur das Saarland und Teile Bayerns freuen.

Pressekontakt:
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



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Foto zur Mitteilung
Kinder mit dem geweihten Krautbund in Arnsberg (Hochsauerlandkreis), 1927.
Foto: Archiv LWL/Voko


Foto zur Mitteilung
Die große Stadtprozession in Warendorf (2006).
Foto: Archiv LWL/Voko



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