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Presse-Infos | Kultur

Mitteilung vom 08.07.09

Erzkabinett und Erddynamo:
Neues auf dem Weg des Eisens im LWL-Industriemuseum Henrichshütte in Hattingen

Hattingen (lwl). Gleich zwei neue Ausstellungen eröffnet der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am 12. Juli um 15 Uhr, in den ehemaligen Materialbunkern seines Hattinger Museumsstandortes Henrichshütte.

Ein Meteorit, Erdkern-Eisen aus 2.900 Kilometer Tiefe, Amethyst und Schörl, Granate, Olivin, Hämatite, Pyrit und Limonit von drei verschiedenen Kontinenten ¿ im neuen ¿Erzkabinett¿ erfahren die Museumsgäste künftig auf ungewöhnliche Weise, welche Variationen an eisenhaltigen Mineralien die Natur zu bieten hat. ¿Wir wollen zeigen, dass es zwar Hunderte eisenhaltige Verbindungen gibt, sich aber nur einige für die industrielle Eisengewinnung eignen¿, erläutert Anja Hoffmann, Wissenschaftliche Referentin im LWL-Industriemuseum, die neue Abteilung auf dem Weg des Eisens.

Das wissenschaftliche Team trug gemeinsam mit dem ehemaligen Leiter des Labors der Henrichshütte Stefan König und mit Unterstützung der Bergakademie TU Freiberg und der ThyssenSteel AG in Duisburg die Exponate aus der ganzen Welt zusammen und erarbeitete ein Konzept rund um die Frage: Welche Eigenschaften muss ein Mineral mitbringen, um für den Hochofenprozess geeignet zu sein? ¿Das Erzkabinett präsentiert mit teils unscheinbaren, teils atemberaubend schönen Steine Antworten auf diese Frage¿, so Hoffmann.

Die Mineralverbindungen müssen über einen hohen Anteil Eisen verfügen. Die Begleitelemente müssen für den Hochofenprozess geeignet sein und das Mineral muss an einer Stelle in großer Menge vorkommen. Nur wenn all das erfüllt ist, lohnt sich der Abbau und die ¿Verhüttung¿ von Eisenerz wirtschaftlich. Jahrzehntelange Versuche haben gezeigt, dass der Schmelzprozess im Ofen schneller und ertragreicher verläuft, wenn Erze, Zuschläge und Koks so aufeinander liegen, dass sich zwischen den einzelnen Stücken Lücken ergeben. Durch sie kann das Gas im Hochofen aufsteigen und die einzelnen Stücke von allen Seiten erreichen. In der Erzvor- und -aufbereitung der Henrichshütte versuchten die Hüttenleute daher, die Erze dieser Idealform möglichst nahe zu bringen. ¿Man muss sich z.B. eine Riesenmenge Feinerz vorstellen, die in den Gruben bei der Erzgewinnung abgesiebt wird. Das Material ist so feinkörnig wie Sand. Es wäre natürlich zu schade, das einfach ungenutzt zu lassen¿, erklärt Dr. Jörn Mandel, ehemaliger Leiter der Sinter-, Erzbrech- und Siebanlage. ¿Es wird daher als Feinerz in Sinteranlagen eingesetzt. `Sintern` bedeutet eine Mischung aus Feinerzen und Kalksteinmehl oder gebranntem Kalk unter Zusatz von Koksgruß zu einem körnigen Material zu verbacken. Noch heiß wird der fertige Sinter in Stücke gebrochen, in der Regel zu einem Korn, das kleiner als 50 Millimeter ist. Dieses Material im Kornbereich von 5 bis 50 Millimeter wird in den Hochofen eingesetzt.¿

Erddynamo ¿ Eisen fließt
Das Projekt ¿Erddynamo ¿ Eisen fließt¿ der Remscheider Künstlerin Angela B. Clement führt die Museumsgäste in der Möllerung symbolisch zum Mittelpunkt der Erde. ¿Ich möchte hier in der Möllerung einen anderen Blick auf das häufigste Erdmetall Eisen, auf seine extraterrestrische Herkunft und seine für die Menschen überlebensnotwendige Wirkung bieten¿, erklärt Clement.
Das Kunstwerk interpretiert, wie vor 4,6 Millionen Jahren der Erdkern in einer Art natürlichem Hochofenprozess entstand und wie das flüssige Eisen im Erdkern ein Magnetfeld erzeugt, das die Erde zusammen mit der Atmosphäre vor schädlicher Strahlung aus dem Weltall schützt.

Farbige Stahlelemente auf der linken Seite des Stollens symbolisieren meteoritisches, dann fließendes und sich zum Erdkern hin sammelndes Eisen. Sie führen zur Erdmantel-Erdkern-Grenze in 2.900 Kilometer Tiefe und erzählen frühe Erdgeschichte: Als die Erde noch ein glühender schmelz-flüssiger Ball war, brachten Asteroiden- und Meteoriteneinschläge große Mengen schweren Nickel-Eisens aus dem Weltraum mit, die sich auf dem Boden des Magma-Ozeans sammelten und so den Erdkern über Jahrmillionen hin größer und schwerer werden ließen.

Der innere Erdkern bildete sich bei einem Druck von über 3,6 Millionen bar und einer Temperatur von bis zu 7.000 Grad aus festem auskristallisiertem Eisen und hat einen Radius von ca. 1.220 Kilometern. Er schwimmt im dünnflüssigen Erdkern, den die Künstlerin am Ende des Stollens als Scheibe vor der Felswand aus Ruhrsandstein dargestellt hat. Hier ¿arbeitet¿ der Erddynamo und erzeugt das Magnetfeld der Erde.

Auf der rechten Seite des Stollens führen zwei je 25 Meter lange magnetische Feldlinien auf schmalen Stahlplatten zurück zum Ausgang. Sie stehen für den Dynamoeffekt des fließenden Eisens im Erdkern, der das Magnetfeld der Erde erzeugt. Zusammen mit der Atmosphäre ermöglicht das Magnetfeld das Leben auf unserem Planeten. Die magnetischen Feldlinien bilden in der Morse-Schrift des ersten elektromagnetischen Telegraphen von 1837 die Botschaft: "FLOWING IRON SAVES OUR EARTH". Vor dem Ausgang findet sich auf einer ovalen Stahlscheibe eine vereinfachende Skizze der Magnetosphäre unserer Erde.

Pressekontakt:
Anja Hoffmann, LWL-Industriemuseum, Telefon: 0231 6961-139, und Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
presse@lwl.org



Der LWL im Überblick:
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen sowie zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.



Foto zur Mitteilung
Das LWL-Museum zeigt in seinem neuen Erzkabinett Limonit, das sich aus Pyrit (Katzengold) entwickelt und durch seinen quadratischen Aufbau fasziniert.
Foto: LWL


Foto zur Mitteilung
Angela B. Clement verwendete in ihrem Projekt unter anderem Späne des 4,5 Milliarden alten Gibeon-Eisenmeteoriten und grüne, eisensilikathaltige Olivine aus der Erdkruste.
Foto: LWL



Die gezeigten Fotos stehen im Presseforum des Landschaftsverbandes zum Download bereit.



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